Bewegung und Sport für Frauen während der Schwangerschaft und
danach
Regelmäßige körperliche Aktivität und Sport
fördern die Gesundheit generell und haben für Schwangere
grundsätzlich dieselben gesundheitlichen Vorteile wie für alle
anderen Erwachsenen. Daher sollen alle gesunden Frauen mit einer unkomplizierten
Schwangerschaft zu regelmäßiger Bewegung mit mittlerer
Intensität als Teil eines gesunden Lebensstils motiviert werden.
Gesunde Frauen, die während der Schwangerschaft regelmäßig
Bewegung ausüben, verbessern oder erhalten unter anderem die
Leistungsfähigkeit ihres Herz-Kreislauf-Systems, reduzieren das Risiko einer
übermäßigen Gewichtszunahme sowie das Risiko für
Schwangerschaftshochdruck, Schwangerschaftsdiabetes, Präeklampsie und
Geburtskomplikationen. Nach der Geburt zeigen sich positive Effekte wie eine
kürzere benötigte Erholungszeit, ein besseres psychisches
Wohlbefinden (Reduktion von depressiven Verstimmungen und Stimmungsschwankungen)
sowie eine Stärkung des Beckenbodens und damit die Vorbeugung einer
späteren Inkontinenz [4]
[5].
Wissenschaftliche Studien zeigen auch, dass regelmäßig
ausdauerorientierte Bewegung mit mittlerer Intensität während der
Schwangerschaft weder mit einem erhöhten Risiko Kinder mit niedrigem
Geburtsgewicht zur Welt zu bringen, noch eine Früh- oder Fehlgeburt zu
erleiden, verbunden ist. Körperlich aktive Schwangere müssen also
grundsätzlich keine negativen Auswirkungen auf ihr Kind befürchten
und profitieren hinsichtlich des Gesundheitsnutzens selber stark davon [5]
[6]
[7]
[8].
Nach der Geburt hat körperliche Aktivität mit mittlerer
Intensität keine negativen Auswirkungen auf die Menge und Zusammensetzung
der Muttermilch sowie auf das Wachstum des Säuglings [4], bringt aber für die Mutter die
beschriebenen positiven Effekte.
Zielgruppe Die Bewegungsempfehlungen gelten sowohl für gesunde Frauen
während einer unkomplizierten Schwangerschaft als auch für Frauen
nach einer Spontangeburt, unabhängig davon, ob sie vor der Schwangerschaft
regelmäßig körperlich aktiv waren oder nicht.
Empfehlungen für Frauen während einer problemlosen
Schwangerschaft
Frauen, die bis zur Schwangerschaft nicht regelmäßig
körperlich aktiv waren, sollen jede Gelegenheit nützen,
körperlich aktiv zu werden. Vor allem der Wechsel von
„körperlich inaktiv“ zu „ein wenig
körperlich aktiv“ ist ein wichtiger erster Schritt.Zur
Entwicklung, Erhaltung und Durchblutung der Muskulatur werden
tägliches Beckenbodentraining und zusätzlich
muskelkräftigende Übungen ohne Pressatmung an 2 oder mehr
Tagen der Woche empfohlen.Um die Gesundheit zu fördern und zu
erhalten, werden mindestens 150 Minuten (2 ½ Stunden) pro Woche
ausdauerorientierte Bewegung mit mittlerer Intensität
empfohlen.Bereits vor der Schwangerschaft aktive Frauen, die diese
Empfehlungen überschreiten, können die gewohnten Bewegungs-
und Sportaktivitäten im bisherigen Umfang weiterführen,
solange sie sich dabei wohlfühlen. Gegebenenfalls können Art
und Technik angepasst sowie Dauer oder Intensität reduziert
werden.Langandauerndes Sitzen soll vermieden beziehungsweise immer wieder
durch Bewegung unterbrochen werden.
Empfehlungen für gesunde Frauen nach einer Spontangeburt
Gezieltes, angeleitetes Beckenbodentraining soll von allen Frauen gleich nach
der Geburt begonnen und bis zu 6 Monate fortgesetzt werden. Ab 4 bis 6
Wochen nach der Entbindung wird empfohlen, den Bewegungsumfang schrittweise
zu steigern bis die Bewegungsempfehlungen für Erwachsene wieder
erreicht werden, nämlich:
-
An 2 oder mehr Tagen der Woche muskelkräftigende
Übungen durchführen, bei denen alle großen
Muskelgruppen berücksichtigt werden.
-
Mindestens 150 Minuten (2 ½ Stunden) pro Woche
ausdauerorientierte Bewegung mit mittlerer Intensität
ausüben.
-
Langandauerndes Sitzen soll vermieden beziehungsweise immer wieder
durch Bewegung unterbrochen werden.
Erläuterungen
Aktivitätsstatus
Für Frauen, die bis zur Schwangerschaft nicht
regelmäßig körperlich aktiv waren, ist jeder Schritt
hin zu mehr Bewegung wichtig, da dadurch die Gesundheit von Mutter und Kind
gefördert wird. Es wird empfohlen, den Bewegungsumfang pro Woche
langsam zu steigern. Zuerst geht es darum, möglichst täglich
Bewegungseinheiten in den Alltag einzubauen. Anschließend kann die
Dauer der Bewegungseinheiten erhöht werden bis die 150 Minuten
Bewegung mit mittlerer Intensität pro Woche erreicht sind.
Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft körperlich aktiv waren,
können die gewohnten Bewegungs- und Sportaktivitäten im
bisherigen Umfang weiterführen. Gegebenenfalls soll die sportliche
Aktivität im 2. und 3. Trimester reduziert werden [8].
Leistungssportlerinnen, die auch während der Schwangerschaft ihr
Training fortsetzen wollen, benötigen besondere medizinische
Aufsicht und sind im interdisziplinären Setting, z. B. durch
Trainer/innen und Sportärztinnen/-ärzte, zu
betreuen.
Art der Bewegung
Bei der Auswahl gesundheitswirksamer Bewegung soll die Sicherheit für
Mutter und Kind oberste Priorität haben. Zum Erreichen der
Bewegungsempfehlungen können Bewegungsminuten mit mittlerer
Intensität zusammengezählt werden. Dabei werden die in [Tab. 1] dargestellten
ausdauerorientierten Bewegungsformen als geeignet angesehen.
Tab. 1 Geeignete Bewegungsformen mit mittlerer
Intensität während einer problemlosen
Schwangerschaft.
Bewegungsformen
|
Zügiges Gehen oder Nordic Walking
|
Wandern (bis 2000m Seehöhe)
|
Fahren am Fahrradergometer
|
Schwangerschaftsgymnastik (z. B.
schwangerschaftsadaptiertes Yoga oder Pilates)
|
Low-impact Aerobic
|
Schwimmen oder Wassergymnastik
|
Tanzen
|
Sportarten mit erhöhtem Verletzungsrisiko und/oder hohen
Belastungsintensitäten wie Fußball, Tennis, Squash, Reiten,
Alpinskifahren, Gewichtheben oder körperliche Aktivitäten
über 2000 Meter Seehöhe sollen vermieden werden.
Ergänzend wird tägliches Beckenbodentraining während
der Schwangerschaft und besonders nach der Geburt empfohlen, um die
Festigkeit und Durchblutung dieser Muskulatur zu fördern und
späterer Inkontinenz vorzubeugen (Kahlmeier et al. 2018).
Hervorzuheben ist, dass Beckenbodentraining unter Anleitung zu einer
Erhöhung der Trainingswirksamkeit führen kann [4]
[5]
[8]
[9]. Besonderes Augenmerk sollte nach
der Geburt auch auf Übungen gelegt werden, die der
Rückbildung der Rektusdiastase (= Auseinanderstehen
der geraden Bauchmuskeln) dienen. Die Rektusdiastase entsteht physiologisch
ca. ab dem 5. Schwangerschaftsmonat.
Wöchentlicher Bewegungsumfang
Der wöchentliche Bewegungsumfang setzt sich aus der
Häufigkeit, der Intensität und der Dauer der
Bewegungseinheit zusammen.
Idealerweise soll die körperliche Aktivität auf mehrere Tage
in der Woche, aber zumindest auf nicht weniger als 3 Tage pro Woche verteilt
werden. Günstiger ist es, jeden Tag körperlich aktiv zu
sein. Die Dauer der Bewegungseinheit hängt vom Fitnessniveau ab. Auf
jeden Fall ist es wichtig, ausreichend zu trinken, weil während der
Schwangerschaft erhöhter Flüssigkeitsbedarf besteht [4]. Ab etwa der 16.
Schwangerschaftswoche soll außerdem Sport im Liegen vermieden werden
[4]
[5].
Besonders wichtig während der Schwangerschaft ist die
Wohlfühlkomponente. Das bedeutet, dass Bewegungs- und
Sportaktivitäten beim Auftreten von Beschwerden oder Unwohlsein
abgebrochen werden sollen. Das Motto lautet hier „Hören Sie
auf Ihren Körper und treffen Sie die richtigen Anpassungen“
[5]
[8].
Auch während der Schwangerschaft ist das subjektive
Belastungsempfinden ein besserer Ratgeber bezüglich der Steuerung
der Belastungsintensität, als bspw. eine Herzfrequenzmessung oder
andere gerätebasierte Rückmeldesysteme der
Belastungsintensität.
Nach der Geburt: Generell gilt es, ab 4 bis 6 Wochen nach der Geburt den
ausdauerorientierten Bewegungsumfang langsam zu steigern. Für den
Wiedereinstieg werden beckenbodenschonende Sportarten (z. B.
Fahrradfahren, Nordic Walking, Schwimmen) empfohlen. Bei Sportarten, durch
die Sehnen, Bänder und Muskulatur stark belastet werden, ist
frühestens nach 12 Wochen wieder ein volles Training zu empfehlen.
Die Expertinnen und Experten weisen darauf hin, dass High-Impact-Belastungen
(z. B. Joggen, Springen) erst wieder 4 bis 6 Monate nach der Geburt
ausgeübt werden sollen. Abhängig vom Geburtsverlauf bzw. vom
Trainingszustand kurz vor der Geburt können diese Wartezeiten auch
variieren, weshalb das Sporttreiben individuell anzupassen ist.
Besondere Hinweise
Stillen und Bewegung
Generell haben Bewegung und Sport mit mittlerer Intensität keine
Auswirkungen auf das Stillen. Wichtig ist, dass stillende Mütter
auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Nährstoffzufuhr
achten. Stillen oder Abpumpen vor der Bewegung kann in Betracht gezogen
werden, um das unangenehme Gefühl spannender Brüste zu
vermeiden. Ein besonders stützender BH oder ein Sport-BH
können deutlich zum Wohlbefinden beitragen.
Bewegung nach einem Kaiserschnitt
Es wurden keine Bewegungsempfehlungen für Frauen nach einem
Kaiserschnitt, der in Österreich bei rund 30% der
Geburten durchgeführt wird [10], formuliert, weil individuell abzuklären ist,
wann aus medizinischer Sicht mit einer schrittweisen Steigerung des
Bewegungsumfanges begonnen werden kann. Hierzu eignet sich die
fachärztliche Kontrolluntersuchung 6 bis 8 Wochen nach der
Entbindung. Als Ausnahme ist hier das Beckenbodentraining anzusehen, mit
welchem je nach individueller Situation, vorzugsweise angeleitet, schon
früher begonnen werden soll.
Schwangere mit gesundheitlichen Problemen und/oder
Komplikationen in der Schwangerschaft
Bei Frauen mit gesundheitlichen Problemen und/oder Komplikationen
in der Schwangerschaft kann Bewegung vielfältige positive
Effekte haben, kann aber auch kontraindiziert sein [5]. Bei Vorliegen der folgenden
Pathologien soll diesbezüglich eine fachärztliche
Begutachtung stattfinden [4]
[5]
[8]:
Bewegungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche ohne und mit
Körper-, Sinnes- oder Mentalbehinderung
Die Kindheits- und Jugendjahre sind wichtige Jahre für die Entwicklung eines
Menschen, unter anderem auch in Bezug auf die Bewegungskompetenz und das
Gesundheitsverhalten sowie für die Entwicklung körperlicher und
geistiger Fähigkeiten [3].
Bereits für Kinder unter 6 Jahren wurden bedeutsame
gesundheitsfördernde Effekte bei einem Bewegungsumfang von mindestens einer
Stunde täglich für die kognitive und psychische Entwicklung sowie
für die Entwicklung der Knochenstruktur und das Körpergewicht
festgestellt [2]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15].
Für Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren ist die Beweislage
umfangreicher. Im Vergleich zu wenig körperlich aktiven Kindern
verfügen gesundheitswirksam aktive Kinder über eine höhere
Fitness und weisen signifikant bessere Entwicklungseffekte in Bezug auf den
Bewegungsapparat, das Körpergewicht, das Kreislaufsystem, den Stoffwechsel,
die psychische Gesundheit und die schulische Leistung auf [2].
Vor dem Hintergrund eines gesundheitswirksamen Lebensstils wird die Rolle der
körperlichen Aktivität gerade um eine wichtige Facette erweitert.
Ergänzend zum Energiebilanzmodell wird Bewegung nicht nur als
energieverbrauchende „Output-Komponente“ betrachtet, sondern als
Vermittlerin der Regulation des Essverhaltens und der Verstoffwechselung von
Nährstoffen [16]. In diesem
Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass Kinder, die lange Zeit vor dem Fernseher
bzw. vor einem Bildschirm sitzen häufiger ein Snacking-Verhalten aufweisen,
als jene Kinder, die geringere Sitzzeit aufweisen [2]
[16]
[17]. Daher sollte langandauerndes Sitzen bei
Vorschulkindern, Kindern und Jugendlichen reduziert werden.
Schließlich: Bei Kindern unter 6 Jahren nehmen Eltern bzw. alle an der
Erziehung beteiligte Erwachsene eine verantwortliche Rolle ein, um ein
gesundheitswirksames Bewegungsverhalten im Alltag zu gewährleisten. Diese
sollten deshalb von Expertinnen und Experten dabei unterstützt werden, eine
altersadäquate bewegungsfördernde Umgebung für Kinder und
Jugendliche zu schaffen [2]
[18].
Zielgruppe
Die nachfolgenden Bewegungsempfehlungen beziehen sich auf Kinder im Kindergartenalter
(3 Jahre bis Schulbeginn) und auf Kinder und Jugendliche (6 bis 18 Jahre),
unabhängig von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und
Körper-, Sinnes- oder Mentalbehinderungen.
Empfehlungen für Kinder im Kindergartenalter
Bewegung soll allen Kindern im Kindergartenalter von den Eltern und
betreuenden Erwachsenen täglich ermöglicht werden.Kinder im
Kindergartenalter sollen täglich mindestens 3 Stunden
körperlich aktiv sein. Diese Zeitspanne kann über den Tag
verteilt werden. Von diesen täglichen 3 Stunden Bewegung sollen
mindestens 60 Minuten (1 Stunde) für Bewegung mit mittlerer bis
höherer Intensität genützt werden.Auf Freude an der
Bewegung, altersentsprechende Bewegungsformen sowie ein möglichst
breites motorisches Spektrum soll geachtet werden.
Langandauerndes
Sitzen soll vermieden beziehungsweise immer wieder durch Bewegung
unterbrochen werden.
Empfehlungen für Kinder und Jugendliche
Bewegung soll allen Kindern und Jugendlichen täglich ermöglicht
werden.
Kinder und Jugendliche sollen sich täglich mindestens 60
Minuten (1 Stunde) bewegen.
Zur Förderung der Ausdauer soll der
Großteil der täglichen mindestens 60-minütigen Bewegung
mit mittlerer oder höherer Intensität ausgeübt werden.
An 3 Tagen der Woche wird ausdauerorientierte Bewegung mit höherer
Intensität empfohlen.
Als Teil der täglichen 60 Minuten
Bewegung werden an mindestens 3 Tagen der Woche muskelkräftigende und
knochenstärkende Aktivitäten empfohlen.
Auf Freude an
der Bewegung, altersentsprechende Bewegungsformen sowie ein möglichst
breites motorisches Spektrum soll geachtet werden.Langandauerndes Sitzen soll
vermieden beziehungsweise immer wieder durch Bewegung unterbrochen werden.
Erläuterungen
Aktivitätsstatus
Weitgehend inaktive Kinder und Jugendliche (4 bis 18 Jahre) sollen dazu
motiviert werden, ihren Bewegungsumfang schrittweise zu erhöhen,
wobei die Bewegungsformen so zu wählen sind, dass bei der
Ausübung Freude erlebt wird und die Verletzungsgefahr gering bleibt.
Hierfür eignen sich für Kinder unter 6 Jahren
Bewegungsspiele mit Aufgabencharakter wie z. B. ein als Schatzsuche
verpackter Orientierungslauf.
Eine Zusammenarbeit mit Bewegungsexpertinnen oder -experten könnte v.
a. für inaktive Kinder mit Körper-, Sinnes- oder
Mentalbehinderung hilfreich sein, um zu verstehen, welche
Aktivitäten und welche Bewegungsumfänge geeignet sind.
Bewegungsexpertinnen und -experten können auch die Aufrechterhaltung
der Motivation unterstützen.
Bereits bewegungsaktive Kinder und Jugendliche sollen vom sozialen Umfeld
motiviert werden, den Bewegungsumfang aufrecht zu erhalten bzw. weiter zu
erhöhen. Ziel ist es, diese dabei zu unterstützen, (weitere)
Sportarten zu erlernen oder einem Sportverein beizutreten, um an
strukturierten Bewegungsangeboten teilzunehmen [19].
Kinder und Jugendliche, die bereits sehr aktiv sind, weil sie z. B.
in einem Verein regelmäßig eine Sportart ausüben,
sollen bei der Vereinbarkeit mit den schulischen Anforderungen
unterstützt werden [19].
Art der Bewegung
Die Gesundheit durch Bewegung zu stärken und die Bewegungskompetenz
durch vielfältige Angebote zu verbessern kann längerfristig
gelingen, wenn ein freudvolles Erleben von Bewegung ermöglichet
wird. Im Wesentlichen kann dies durch altersentsprechende Bewegungsformen
gelingen, die ein breites motorisches Spektrum an Bewegungsaufgaben
umfassen.
Geeignete Bewegungsformen für Kinder im Kindergartenalter sind bspw.
Herumtollen und Spielen am Spielplatz, kindgerechte Bewegungsspiele (Spiele,
die z. B. Gesang, Geschichten oder Rollenspiele enthalten),
Tretroller oder (Lauf-)Rad fahren. Während des „freien
Spiels“ im Kindergarten sollen die Bewegungsaufgaben (z. B.
balancieren, springen, laufen, klettern, rutschen, tanzen, werfen usw.), die
motorischen Beanspruchungsformen (Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit) sowie
die Bewegungsintensitäten rasch wechseln. Möglicherweise
reicht das freie Spielen für Kinder im Kindergartenalter nicht aus,
um ein breites Spektrum motorischer Fertigkeiten anzuwenden. Zur
Förderung des Bewegungsapparats auf vielfältige Weise eignen
sich neben dem freien Spiel daher auch strukturierte und angeleitete
Bewegungseinheiten, wie sie z. B. in Sportvereinen oder
Bewegungsexpertinnen und -experten angeboten werden [19]
[20].
Für Kinder in der Primärstufe bzw. in der Volksschule sind
Bewegungsspiele mit spielerischer Anwendung motorischer Fähigkeiten
sowie das Erlernen motorischer Fertigkeiten wie Radfahren, Schwimmen,
Kombinationen motorischer Aufgaben am Boden und an Geräten und
Ballspiele und ähnliches mehr geeignet. Während der Pausen
oder in der freien Spielzeit sollen Kinder im Volksschulalter die
Bewegungsformen (z. B. Springen, Laufen, Klettern, Werfen usw.), die
motorischen Beanspruchungsformen (Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit) sowie
die Bewegungsintensitäten rasch wechseln. Dieses breite motorische
Spektrum gehört zum Bewegungsrepertoire von Kindern im
Volksschulalter, wenn sie den Bewegungsraum dafür erhalten. Sie
benötigen üblicherweise kein angeleitetes Muskeltraining,
weil muskelkräftigende Übungen Teil der Bewegungen im Rahmen
des freien Spiels sind. Wenn Kinder Freude an muskelkräftigenden
Programmen haben, ist das zu begrüßen. Das Training ist
nicht gesundheitsschädlich, wenn es richtig und unter Aufsicht
durchgeführt wird [1].
Jugendliche erreichen die Bewegungsempfehlungen im Rahmen der aktiven
Mobilität (Zufußgehen, Radfahren), des freien Spiels, im
schulischen Setting, während der Ausübung von Sportarten und
in angeleiteten Kursen. Angeleitete Kurse können auch
muskelkräftigende Übungen wie Gewichtheben, Übungen
mit elastischen Bändern oder Übungen mit dem eigenen
Körpergewicht (z. B. Liegestütz) beinhalten.
Muskelkräftigende Übungen tragen dann zur Erfüllung
der Bewegungsempfehlungen bei, wenn damit eine mittlere bis hohe Anstrengung
verbunden ist und dabei die großen Muskelgruppen wie Bein-,
Hüft-, Brust-, Rücken-, Bauch-, Schulter- und Armmuskulatur
beansprucht werden. Muskulatur kräftigende Bewegung ist gleichzeitig
auch knochenstärkende Bewegung, da Aufbau und Masse von Muskeln sehr
gut mit dem Aufbau und der Masse von Knochen korrelieren. Weitere
Bewegungsformen, die dem Knochenaufbau dienen, sind Aktivitäten, bei
denen der Knochen einen Reiz, sich selbst zu stärken,
erhält, also sogenannte „High-impact“ Sportarten,
die Elemente des Hüpfens, Springens und Laufens beinhalten.
Zur Förderung der psychosozialen Gesundheit und um Verletzungen
vorzubeugen, sollten sich Jugendliche eine fundierte Kompetenz für
das Krafttraining aneignen oder bei der Ausübung von Expertinnen und
Experten angeleitet werden.
Einige Beispiele für gesundheitsförderliche Bewegung
für Kinder und Jugendliche (4 bis 18 Jahre) sind in [Tab. 2] dargestellt. Eine Kombination
aus allen Bereichen über den Tag verteilt wird empfohlen.
Tab. 2 Ausgewählte Beispiele für die
Ausdauer verbessernde, die Muskulatur kräftigende und
die Knochen stärkende Bewegung für Kinder und
Jugendliche.
Wirkrichtung*
|
Kinder im Kindergarten, 4- bis 6-Jährige
|
Kinder und Jugendliche, 6- bis 18-Jährige
|
Ausdauer verbessernd
|
-
Spielen und Bewegung im Freien,
Lauf-/Fangspiele auf kleinerem Raum,
Bewegung im Wasser
-
Ballspiele mit verschiedenen Ballformen und dabei
werfen, fangen und kicken,
Mini-Fußball
|
-
Schnelles Gehen, Bewegung in der Natur,
Radfahren, Ballspiele, Schatzsuche
-
Mountainbiking, Sportspiele wie Fußball,
Basketball, Volleyball und Handball;
Orientierungslauf; Langlaufen
|
Muskulatur kräftigend
auch Ausdauer verbessernd
|
-
Dreirad- und Laufradfahren, Balancieren auf einer
Linie oder auf einem Seil am Boden, auf einem Bein
stehen
-
Klettern, Rangeln, Bewegung im Gelände,
Kinderturnen,
-
leichtathletische Bewegungsformen, Skifahren,
Langlaufen, an Geräten Turnen,
Schwimmen
|
-
Stufensteigen; Kraftübungen mit
Eigengewicht und mit Bändern
-
Kraftübungen an Geräten oder mit
freien Gewichten, Schwimmen, Turnen
-
Klettern, Ski fahren, Snowboarden,
Bergsteigen
|
Knochen stärkend
|
-
Hüpfen und Springen, Laufen
-
Klettern,
Seilhüpfen/-springen
-
Kinderturnen
|
-
Hüpfen und Springen, Seilspringen
(Boxtraining)
-
Sportarten mit Zug-/Druckbewegung
(z. B. Eishockey, Handball), mit
/Sprungbewegung (z. B. Volleyball,
Basketball), mit Stoppbewegungen (z. B.
Tennis),
-
Parcours, Ski-Freestyle, Geräteturnen
|
* Die Beispiele sind aufsteigend für eher
inaktive, bereits aktive und sehr aktive Kinder und Jugendliche
angeführt.
Wöchentlicher Bewegungsumfang
Kinder unter 6 Jahren sollten sich den ganzen Tag über bewegen
können, um das körperliche Wachstum und die kognitive
Entwicklung sowie die Entwicklung der Sinnesorgane zu fördern.
Basierend auf der verfügbaren Evidenz zur Wirksamkeit von Bewegung im
Kleinkindalter (0–5 Jahre) ist zu empfehlen, dass Eltern bereits ihr
Neugeborenes über 30 Minuten am Tag verteilt in der Wachzeit in die
Bauchlage drehen sollten, um die organische und kognitive Entwicklung zu
fördern. Kleinkinder sollten so oft wie möglich am Tag die
Möglichkeit bekommen, verschiedene Bewegungsformen beim Spielen
auszuprobieren, um sich auf diese Weise ein breites Spektrum an motorischen
Fertigkeiten anzueignen [15]
[19]
[21]. Neben
regelmäßiger Bewegung von geringer bis anstrengender
Intensität fördern bereits kurzdauernde Bewegungseinheiten
kognitive Funktionen wie das Erinnerungsvermögen, die
Konzentrationsfähigkeit, die Lerngeschwindigkeit und die
Fähigkeit, Worte und Zahlen („literacy“) in diesem
Alter zu lernen [19].
Insgesamt sollten sich Kinder ab zwei Jahren täglich mindestens 3
Stunden bewegen können, d. h. um ein gesundes Aufwachsen zu
fördern, sollte deren Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt
werden. Sitzzeiten vor dem Bildschirm oder am Handy sollten vermieden werden
und bei den 2- bis 4-Jährigen allenfalls nicht mehr als 1 Stunde
über den Tag verteilt ausmachen. Neugeborene und Kinder ≤ 1
Jahr sollten überhaupt nicht mit Bildschirmaktivität (Handy,
Tablet, TV, usw.) konfrontiert werden [15].
Kinder und Jugendliche im Alter von 6–18 Jahren sollten sich
täglich 60 Minuten oder mehr mit mittlerer bis hoher
Intensität an allen Tagen in der Woche aerob, d. h.
Sauerstoff verbrauchend bewegen. An mindestens 3 Tagen davon sollten sie
Muskulatur kräftigende und Knochen stärkende Bewegungsformen
durchführen, um einen effektiven Gesundheitsnutzen zu erzielen [15]
[19].
Zu beachten ist, dass Jugendliche sich selbständig organisieren, um
Sport zu treiben oder sich zu bewegen. Sie trainieren alleine oder in der
Gruppe. Während dieser Zeit kann es auch zu einem deutlichen Abfall
des Bewegungsumfangs kommen. Aufgrund des dokumentierten
Geschlechtsunterschieds in Bezug auf den Bewegungsumfang wird empfohlen,
neben speziellen Angeboten für männliche Jugendliche auch
und v. a. Mädchen im Jugendalter mit für sie attraktiven
Bewegungsangeboten zu fördern [19]
[22].
Besondere Hinweise
Soziale Unterstützung
Da Kindergartenkinder noch sehr stark auf die Unterstützung und
Förderung durch Erwachsene angewiesen sind, müssen
Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen über die
Bewegungsempfehlungen aufgeklärt werden und dabei
unterstützt werden, eine bewegungsfördernde Umgebung zu
schaffen und Bewegung im Alltag altersentsprechend mit den Kindern
umzusetzen.
Bewegung für Kinder unter 3 Jahren
Im Jahr 2019 wurden von der Weltgesundheitsorganisation
Bewegungsempfehlungen für Säuglinge (unter 1 Jahr) und
Kleinkinder (1 bis unter 3 Jahre) veröffentlicht [15]. Da es derzeit jedoch keine gut
abgesicherten Daten zur Gesundheitswirksamkeit eines definierten
Bewegungsumfanges für diese Zielgruppe gibt, wird diese
Altersgruppe noch nicht dezidiert in die Österreichischen
Bewegungsempfehlungen aufgenommen.
Inaktivität
Für Kinder und Jugendliche wird empfohlen, längere
Inaktivität, wie langandauerndes Sitzen vor einem Bildschirm, zu
vermeiden. Strategien hierfür sind, die Sitzdauer zu reduzieren
und die aktive Mobilität sowie Spiele im Freien zu
fördern. Für Jugendliche gilt, langandauerndes
Sitzverhalten vor dem Bildschirm zu vermeiden und so oft wie
möglich zu unterbrechen.
International wird zudem empfohlen, dass Kinder im Kindergartenalter
Bildschirmmedien nicht mehr als 1 Stunde über den Tag verteilt
nutzen [15].