Intensivmedizin up2date 2021; 17(01): 43-60
DOI: 10.1055/a-1193-3070
Allgemeine Intensivmedizin

Akute bakterielle Haut- und Weichteilinfektionen in der Intensivmedizin

Tim Rahmel

Haut- und Weichteilinfektionen (Skin and soft Tissue Infections, SSTI) zeigen sich mit einem breiten klinischen Spektrum der Krankheitsschwere. Bei kompliziertem Verlauf ist eine systemische Ausbreitung mit foudroyantem Verlauf und Sepsis möglich. Vor allem nekrotisierende SSTI weisen häufig fulminante Verläufe mit Notwendigkeit der intensivmedizinischen Behandlung auf. Dieser Artikel bietet einen Überblick zu den aktuellen Aspekten der Behandlung von SSTI in der Intensivmedizin.

Kernaussagen
  • Haut- und Weichteilinfektionen (SSTI) gehören weiterhin zu den häufigsten Infektionserkrankungen und zählen nach wie vor zu den 5 häufigsten Ursachen einer Sepsis.

  • Aktuell besteht kein einheitliches Einteilungssystem für SSTI. Allerdings empfiehlt sich für die klinische Routine (insbesondere auch für die Intensivmedizin) die Einteilung nach dem Schweregrad, der auch eine Aussage zur Behandlungsdringlichkeit impliziert.

  • Als Infektionserreger treten v. a. grampositive Keime der Hautflora auf. Unter anaeroben Bedingungen und bei tiefer gelegenen Infektionen mit nekrotisierenden Prozessen müssen Gasbildner und je nach Lokalisation auch gramnegative Erreger in das zu erwartende Keimspektrum einbezogen werden.

  • Vor allem bei Patienten unter Immunsuppression, vorbestehender antiinfektiver Therapie, einem längeren stationären Aufenthalt oder einem beruflichen Expositionsrisiko (z. B. Tätigkeit in der Schweinezucht) ist mit multiresistenten Erregern zu rechnen.

  • Für die Diagnosestellung einer SSTI ist die charakteristische klinische Symptomatik entscheidend. Eine zusätzliche bildgebende Diagnostik ist für die Diagnosestellung nur in seltenen Fällen indiziert, kann aber zur Abschätzung der Lokalisation und Ausbreitung wichtige Zusatzinformationen liefern.

  • Abszedierende, tiefe und/oder nekrotisierende Wundinfektion bedürfen immer einer chirurgischen Herdsanierung. Vor allem bei schweren nekrotisierenden Weichgewebeinfektionen ist das sofortige operative Débridement der Nekrosen lebensrettend.

  • Zur Behandlung von A-Streptokokken ist Penicillin weiterhin Mittel der 1. Wahl.

  • SSTI mit Staphylokokken (MSSA) können mit Clindamycin, Cephalosporinen der 2. Generation oder Flucloxacillin behandelt werden. Bei Infektionen mit MRSA stehen Glykopeptide, Linezolid, Daptomycin oder auch Ceftarolin (Cephalosporin der 5. Generation) als Behandlungsoptionen zur Verfügung.



Publication History

Article published online:
19 February 2021

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