Die Polyposis nasi als immunologische Erkrankung der Atemwegsmukosa
Histologisch ist die NP charakterisiert durch eine subepitheliale und perivaskuläre
Infiltration von Entzündungszellen bei ödematösem Stroma. Aktivierte T-Lymphozyten
spielen eine wesentliche Rolle in der Steuerung dieser Immunantwort [5 ]. Die T-Zell-Subpopulationen bei chronischer Sinusitis und NP werden unterteilt in
CD8-positive (CD8 +) T-Suppressorzellen und CD4 +-T-Helferzellen, die sich in T-Helfer
(Th) 1, Th2, Th9, Th17, Th22 und follikuläre T-Helferzellen differenzieren [35 ]
[36 ]. Die Balance zwischen diesen T-Helferzell-Subtypen ist bei den persistierenden Entzündungsprozessen
bei der NP verändert, häufig findet sich eine eosinophile, Th2-dominierte Zellinfiltration
[5 ].
Eine Barrierestörung macht die Mukosa durchlässig für verschiedene Antigene, z. B.
Allergene, bakterielle oder mykotische Superantigene oder Nanopartikel. Durch Produktion
von Thymic stromal lymphopoietin (TSLP) sind Epithelzellen in der Lage, dendritische Zellen (DC) in der Umgebung zu
aktivieren. Durch die Interaktion zwischen dem OX40-Rezeptor (= CD134) auf naiven
T-Zellen und dem OX40-Liganden auf DCs wird in CD4 +-T-Helferzellen die Ausdifferenzierung
zu Th2-Zellen induziert [37 ]
[38 ]. Am Entzündungsprozess sind weiterhin die Interleukin (IL) -4- und IL-5-Produktion
dieser Th2-Zellen beteiligt sowie eosinophiles kationisches Protein (ECP) und Eotaxin-1/-2/-3
[39 ]
[40 ]. Jedes dieser Zyto- und Chemokine hat spezifische Funktionen. IL-4 ist ein Mediator
und Modulator der Immun- und Entzündungsantwort und wird hauptsächlich von Th2-Zellen
produziert. Zusätzlich ist IL-4 in der Lage, die Differenzierung von CD4 +-T-Zellen
in Th2-Zellen zu fördern und zudem die IFN-γ-Produktion und Th1-Antwort zu inhibieren
[41 ]
[42 ]. In nasalen Polypen kommt es zu einer Hochregulation von IL-4, während sich keine
Unterschiede zwischen nasalen Polypen und gesundem Nasengewebe für IFN-γ fanden [40 ]
[43 ]
[44 ]. Auch IL-5 als das wichtigste Eosinophilen-aktivierende und das Überleben von reifen
Eosinophilen im Gewebe fördernde Zytokin [45 ]
[46 ] ist in nasalen Polypen hochreguliert [47 ]. ECP und Eotaxin sind ebenfalls in NP-Gewebe erhöht nachweisbar und begünstigen
die Anlockung und Aktivierung von Eosinophilen [39 ]
[40 ]
[48 ]. IL-6 inhibiert als proinflammatorisches Zytokin die Neutrophilen-Rekrutierung [49 ]
[50 ]
[51 ] und findet sich erhöht bei NP [10 ]
[52 ]. Gleichartig verändert ist IL-32 [53 ]
[54 ], das regulatorische Eigenschaften für z. B. Monozyten und Makrophagen besitzt [55 ]
[56 ]
[57 ]
[58 ]
[59 ]
[60 ].
IL-25 und IL-33 sind Zytokine, die in sinunasalen Epithelzellen gebildet werden und
die Th2-dominierte Entzündung bei NP aufrechterhalten [61 ]
[62 ]
[63 ].
IL-33 ist ein lokales Alarmin für verschiedene Immunzellen und ein Chemoattractant
für Th2-Zellen, das die Produktion von Th2-Zytokinen wie IL-4, IL-5 und IL-13 fördert
und von Epithelzellen produziert wird, während dessen Rezeptor u. a. durch Eosinophile
und Th2-Lymphozyten exprimiert wird [64 ]. Unbehandelte Patienten mit NP weisen eine erhöhte Grundexpression von IL-33 in
Epithelzellen auf im Vergleich zu Patienten nach Behandlung mit Methylprednisolon
[65 ]
[66 ]. IL-33 spielt eine bedeutende Rolle in der Aufrechterhaltung der Th2-vermittelten
eosinophilen Entzündung [67 ], und Polymorphismen innerhalb des IL-33-Rezeptorgens, dem Interleukin-1-Receptor-like-1
(IL1RL1) -Gen, korrelieren mit dem Schweregrad der NP [68 ]. IL-25 und IL-33 könnten an der Kommunikation zwischen Epithelzellen und Th2-Lymphozyten
wesentlich beteiligt sein [61 ].
Die Zytokine IL-25, IL-33 und TSLP haben auch Effekte auf Typ 2 innate lymphoid cells (ILC2) [69 ]. Bei ILCs handelt es sich um Lymphozyten-ähnliche Zellen, die keine Antigen-spezifischen
T-Zell-Rezeptoren exprimieren. ILC2-Zellen werden als Gegenstück von Th2-Zellen betrachtet,
da beide Zytokine wie IL-5 und IL-13 produzieren [70 ]. Somit können durch IL-33- und IL-25-aktivierte ILC2 s eine eosinophile Atemwegsentzündung
induzieren [71 ]
[72 ]. ILC2 s sind in nasalen Polypen reichlich vorhanden und stehen in Verbindung mit
einer erhöhten Anzahl von Eosinophilen im Blut und Gewebe von Patienten mit NP und
einer schwerwiegenden klinischen Symptomatik [73 ]
[74 ].
Neben den Chemokinen CCL11/CCL24/CCL26 (Eotaxin-1/-2/-3) wurden verschiedene weitere
Chemokine wie CCL5 (RANTES), CXCL8 (IL-8), CCL23, CCL18, CXCL12 (SDF-1α) und CXCL13
(BCA-1) mit der selektiven Rekrutierung von Entzündungszellen in das Schleimhautgewebe
bei NP verknüpft. RANTES ist ein Mitglied der CC-Chemokin-Familie und ein starkes
Chemoattractant für Eosinophile und T-Lymphozyten, jedoch nicht für Neutrophile, und
wird primär von nasalen Epithelzellen sezerniert [75 ]
[76 ]
[77 ]; es wurde schon früh in NP in erhöhter Konzentration nachgewiesen [76 ]
[78 ].
Sowohl B-Zellen als auch die von ihnen produzierten Antikörper vom Typ IgA und IgE
wurden in Nasenpolypen vermehrt nachgewiesen [79 ]
[80 ]. Diese B-Zellen werden durch Chemokine wie CXCL12 (SDF-1α) und CXCL13 (BCA-1) angelockt
und durch SDF-1α (CXCR4 und CXCR7) und BCA-1 (CXCR5) rekrutiert und im Gewebe erhalten
[81 ].
Therapeutische Möglichkeiten bei CRSwNP
Bisherige (Standard-) Therapien
Dekongestiva sollten bei der Indikation NP aufgrund ihres Nebenwirkungspotenzials
an der Nasenschleimhaut und des nicht ursächlich ausgerichteten Therapieansatzes einer
Blockade von Alpharezeptoren keine therapeutische Rolle spielen, mit Ausnahme der
Behandlung akuter Komplikationen [6 ]
[82 ]. Dennoch wenden fast die Hälfte der betroffenen Patienten regelmäßig rezeptfrei
verfügbare Dekongestiva dauerhaft an [82 ].
Die Studienlage für die Anwendung von Sekretolytika/Mukolytika bei NP ist uneinheitlich
und wird als Therapieoption nur für Exazerbationen und bestimmte Subgruppen von Patienten
empfohlen [5 ]
[6 ].
Die Datenlage zur Anwendung von Antihistaminika bei NP ist begrenzt und erscheint
nur bei Vorliegen einer allergischen Komorbidität sinnvoll [5 ]
[6 ].
Die Anwendung von Leukotrienantagonisten wurde bei NP allein und in Kombination mit
topischen und systemischen Glukokortikoiden untersucht [83 ]
[84 ]
[85 ] und erscheint eine Option in der postoperativen Phase zur Verhinderung einer Rezidiv-Polyposis,
vor allem bei Patienten mit AIS/NERD [29 ].
Die Anwendung von topisch-nasalen Glukokortikosteroiden (nGKS) gilt als therapeutischer
Standard bei NP [5 ]
[6 ]
[86 ]
[87 ].
In einem Cochrane Review wurde eine konsistente Verbesserung der subjektiven Symptomatik,
speziell von Nasenatmung, Rhinorrhoe, Riechstörungen und Kopf- und Gesichtsschmerzen,
nachgewiesen [54 ], aber auch eine Verringerung der Größe von nasalen Polypen sowie eine Senkung der
Rezidivhäufigkeit von Polypen nach Nasennebenhöhlenoperationen [83 ].
Die topische Gabe von Glukokortikoiden zur Nasenspülung, als Inhalation/Aerosol oder
mit anderen Applikationsmodi wird derzeit wissenschaftlich evaluiert [5 ]
[6 ].
Die systemische Anwendung von GKS (sGKS) kann allein oder additiv zur topischen nGKS-Therapie
erfolgen und weist bei kombinierter Applikation eine größere Effektstärke auf [88 ]
[89 ]. Bei längerfristiger Anwendung sind unerwünschte Wirkungen von sGKS jedoch relativ
häufig und können Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse verursachen,
aber auch Hyperglykämie und Diabetes mellitus, gastrointestinale Nebenwirkungen wie
gastrale Blutungen, peptische Ulzerationen, avaskuläre Nekrosen, okuläre Nebenwirkungen,
kardiovaskuläre Nebenwirkungen, eine erhöhte Infektanfälligkeit, verzögerte Wundheilung
und neuropsychiatrische Effekte [90 ]. Eine längerfristige sGKS-Gabe bei CRSwNP sollte daher nur unter strenger Indikationsstellung
und mit intensivem Monitoring erfolgen [90 ].
Bei der adaptiven ASS-Desaktivierungsbehandlung (ADB) soll durch die wiederholte Applikation
von ASS eine Toleranz gegenüber Analgetika, insbesondere COX-1-Inhibitoren, bei Patienten
mit AIS/N-ERD induziert werden [29 ].
Nach einer Einleitungsphase mit Überschreiten einer individuellen Schwellendosis und
der damit verbundenen Toleranzinduktion werden die AIS/N-ERD-Patienten auf eine orale
ASS-Erhaltungsdosis eingestellt, die über einen längeren Zeitraum eingenommen werden
sollte [28 ]
[91 ]
[92 ]
[93 ]. Verschiedene Applikationsformen (oral, intravenös, nasal, bronchial) der ADB sind
beschrieben worden [28 ]
[91 ]
[92 ]
[93 ]. In publizierten Studien variieren sowohl die in der Einleitungsphase erreichte
Dosis und das Aufdosierungsprotokoll als auch die in der Erhaltungsphase applizierte
Dosis [28 ]
[91 ]. Letztere liegt in zahlreichen Studien jedoch zwischen 100 mg und 300 mg ASS [94 ]
[95 ]
[96 ].
Es liegen keine Studien vor, die eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung bei der ADB aufzeigen.
Klinisch kann bei CRSwNP eine signifikante Verbesserung der Sinusitis-Symptome, des
Riechvermögens, eine Verringerung des Auftretens von Rezidiv-Polypen bei gleichzeitig
geringerer Notwendigkeit einer medikamentösen Therapie mit topischen und systemischen
Glukokortikoiden und eine verringerte Rate an Revisionsoperationen erreicht werden,
und auch die Häufigkeit von Asthma-Exazerbationen wird reduziert [28 ]
[91 ]
[92 ]
[93 ]
[94 ]
[95 ]
[96 ]
[97 ]
[98 ]
[99 ]. Allerdings werden diese positiven Wirkungen nur bei circa 1/3 der Patienten über
einen längeren Zeitraum als 3–5 Jahre erzielt [28 ]
[91 ]
[92 ]. Entsprechend ist die Compliance dieser Langzeittherapie häufig eingeschränkt und
die Abbruchrate relativ hoch mit bis zu 55 % [100 ]. Eine bessere Compliance wird erreicht, wenn innerhalb von ca. 6 Wochen nach einer
NNH-Operation mit der ABD begonnen wird, was die Kombination aus Operation und ADB
zu einem bislang häufig angewendeten Vorgehen macht [100 ].
Insbesondere im Hinblick auf verfügbare Biologika sollte die Therapieoption ADB bei
der schweren CRSwNP in kontrollierten und prospektiven Studien genauer evaluiert werden.
Therapie mit Biologika
Für CRSwNP-Patienten, die unter einer Behandlung mit o. g. Medikamenten (auch mit
einer Kombinationstherapie) und/oder chirurgischen Sanierung bislang weiterhin unter
wiederholten Rezidiven litten, keine dauerhafte Verbesserung des Geruchssinns und/oder
der Nasenatmung erreichten und damit per definitionem an einer therapierefraktären,
unkontrollierten CRSwNP litten, existierten bislang keinerlei therapeutische Alternativen.
Auch eine weitere Gruppe von CRSwNP-Patienten war bislang unversorgt. Bei diesen Patienten
kann zwar eine Verbesserung der Kontrolle ihrer CRSwNP unter einer Dauertherapie mit
sGKS erreicht werden, dies aber nur unter Duldung erheblicher unerwünschter Wirkungen
der sGKS.
In den letzten Jahren haben sich in Indikationsgebieten mit ähnlichen Entzündungsabläufen,
wie z. B. Asthma bronchiale, Urtikaria oder atopische Dermatitis, diverse immunmodulierende
Antikörper erfolgreich in Zulassungsprogrammen bewährt. Diese greifen entweder in
IgE-vermittelte Immunreaktionen (Omalizumab), Interleukin (IL) -5 (Mepolizumab, Benralizumab)
oder IL-4/IL-13 (Dupilumab) -vermittelte Immunreaktionen bei der CRSwNP ein.
Aktuell gibt es einen für die Primärtherapie der CRSwNP zugelassenen Antikörper (Dupilumab),
während sich weitere Biologika im Zulassungsprozess für die Indikation CRSwNP befinden.
Ziel dieses Positionspapiers ist es, das derzeitige Wissen über die Studienlage und
Ergebnisse von Biologika-Studien bei CRSwNP aufzuzeigen und Indikationen für Biologika
in diesem Krankheitsbild für das deutsche Gesundheitssystem zu definieren.
Wirtschaftlichkeitsgebot für Verordnungen im deutschen GKV-System: ausreichend, zweckmäßig,
notwendig – Bedeutung für die Therapie mit Biologika
Die chronische Rhinosinusitis gehört in Deutschland zu den häufigsten entzündlich-chronischen
Krankheiten überhaupt. Neben dieser quantitativen Betrachtung resultiert ihre hohe
sozioökonomische Bedeutung jedoch auch aus der individuellen Krankheitslast („disease
burden“) sowie den hiermit verbundenen direkten, indirekten und intangiblen Kosten.
Die Wirtschaftlichkeit von Interventionen ergibt sich aus dem Nutzen der Maßnahmen
in Relation zu den dafür eingesetzten Aufwendungen, insbesondere den Kosten. Wesentliche
Themenbereiche der Kosten-Nutzen-Bewertung sind die Krankheitskosten sowie die Kosteneffektivität
der therapeutischen Maßnahmen und das Vorhandensein therapeutischer Alternativen.
Die Begriffsdefinition des Wirtschaftlichkeitsgebots im SGB V § 12 lautet:
„Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen
das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig sind,
können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen Leistungserbringer nicht bewirken und
die Krankenkassen nicht bewilligen.“
Wirtschaftlichkeit wird hierbei als gegeben angenommen, wenn der Vertragsarzt (Leistungserbringer)
die (notwendigen, ausreichenden und zweckmäßigen) Leistungen mit einem möglichst geringen
Aufwand an Kosten (im Sinne von Ausgaben der Krankenkassen) erbringt. Die Begriffe
„zweckmäßig“, „ausreichend“ und „notwendig“ sind nach Kassenärztlicher Bundesvereinigung
(KBV) wie folgt zu interpretieren:
Zweckmäßig ist eine ärztliche Maßnahme, die objektiv geeignet ist, auf den angestrebten
Zweck, den Heilerfolg hinzuwirken.
Ausreichend sind Leistungen, wenn sie dem Einzelfall angepasst sind, dem allgemein
anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen
Fortschritt berücksichtigen. Die Leistung muss gerade dazu genügen, den angestrebten
Heilerfolg zu erzielen. Der Leistungserbringer bzw. Leistungsveranlasser ist zu mengenmäßigen
Betrachtungen seiner Handlungen verpflichtet.
Notwendig ist eine Behandlung, die nicht über den Umfang dessen hinausgeht, was im
Einzelfall zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit unentbehrlich ist.
Notwendig ist alles, worauf der Arzt bei der Behandlung eines Patienten nach dem Stand
der medizinischen Erkenntnisse nicht verzichten darf, andernfalls ist die Behandlung
nicht ausreichend.
Zielen die Kriterien zweckmäßig und ausreichend darauf ab, dass nicht weniger geschieht,
als zur Erzielung des Heilerfolgs geschehen muss, soll mit dem Kriterium notwendig
sichergestellt werden, dass nicht mehr geschieht, als diesem Ziel entspricht.
Übertragen auf die Therapie der CRSwNP mit Biologika bedeutet dies, dass immer dann,
wenn die o. g. Standardtherapien einen ausreichenden und zweckmäßigen Heilerfolg erzielen,
diese auch anzuwenden sind und eine (mit höheren Kosten verbundene) Therapie mit Biologika
unwirtschaftlich wäre.
Umgekehrt ist immer dann eine Therapie mit Biologika ausreichend, zweckmäßig und notwendig,
wenn sie im Einzelfall zur Wiederherstellung der Gesundheit unentbehrlich ist, wovon
bei einer nicht ausreichenden CRSwNP-Kontrolle trotz durchgeführter „Standardtherapien“
und/oder bei Auftreten inakzeptabler Nebenwirkungen der „Standardtherapien“ oder trotz
operativer Sanierung und/oder unvertretbar hohem Operationsrisiko auszugehen ist.
In diesen Fällen kann ein Arzt bei der Behandlung eines Patienten nach dem Stand der
medizinischen Erkenntnisse nicht auf Biologika verzichten, andernfalls ist die Behandlung
nicht ausreichend.
Um nun diese Überlegungen in praxisnahe Empfehlungen umsetzen zu können, wird zunächst
der Stand der medizinischen Erkenntnisse zu Biologika bei CRSwNP aufgearbeitet.
Hierzu werden:
geeignete Patienten-Selektionskriterien dargestellt. Die Ein-/Ausschlusskriterien
aktueller Phase-III-Studien erscheinen am besten geeignet, um eine Patientenauswahl
zu treffen. Für Medikamente mit bereits erfolgter Zulassung entspricht diese Patientenselektion
auch den zulassungsrelevanten Parametern.
der „Stand der medizinischen Erkenntnisse“ zu Biologika bei CRSwNP dargestellt, welcher
auf den Ergebnissen aktueller DBPC-Studien beruht. Auf Grundlage dieser Ergebnisse
wird der Stand der medizinischen Erkenntnisse definiert.
praktische Empfehlungen für die Anwendung von Biologika bei CRSwNP auf der Grundlage
von a) und b) entwickelt.
Ad a) Patienten-Selektionskriterien aus aktuellen Phase-III-Studien zu Benralizumab,
Dupilumab, Mepolizumab, Omalizumab, Reslizumab
Nachfolgend werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Ein- und Ausschlusskriterien
aus verschiedenen Biologika-Studien bei CRSwNP dargestellt.
Gemeinsame Einschlusskriterien für alle Biologika-Phase-III-Studien:
Einschlusskriterien bei Studien mit Dupilumab [101 ]
[102 ]
allgemein: Patientenalter ≥ 18 Jahre
bilaterale NP mit Erfordernis einer bereits erfolgten Therapie mit oralen Glukokortikosteroiden
(oGKS) in den letzten 2 Jahren vor Screening und/oder medizinische Kontraindikation
zu oGKS und/oder eine vorab erfolgte NNH-Operation
NP-Score min. 5 bis max. 8
CRS-Symptome über mindestens 8 Wochen; Nasenatmungsbehinderungsscore (NAB-Score) moderat
bis schwer (2–3), tägliche Registrierung ab Screening, bei Randomisierung MW > 1 erforderlich
sowie weitere CRS-Symptome wie Hyposmie, Rhinorrhoea anterior/posterior ohne erforderliche
Mindest-Scores
nGKS nicht erforderlich vor der Screening-Untersuchung
oGKS zeitlich direkt bis vor dem Screening möglich
Einschlusskriterien bei Studien mit Mepolizumab [103 ]
allgemein: Patientenalter ≥ 18 Jahre; Gewicht ≥ 40 kg
NNH-OP innerhalb der letzten 10 Jahre (FESS/Polypektomie)
Nasenatmungsbehinderung (NAB) oder Rhinorrhoe anterior/posterior mindestens 12 Wochen
und mindestens ein folgendes weiteres Symptom: Rhinorrhoe, Gesichtsschmerzen/-druck
oder Hyposmie
NAB VAS-Score > 5 zum Zeitpunkt des Screenings
Schweregrad der CRS-Beschwerden entspricht Erfordernis zu NNH-OP:
NCS inklusive Kortisontropfen min. 8 Wochen vor Screening ohne Dosisangabe, keine
Präparatänderung innerhalb der letzten 4 Wochen vor Screening möglich
erfolgte OCS-Therapie ist nicht obligat als Einschlusskriterium, letzte OCS-Gabe bis
4 Wochen vor Screening möglich
Einschlusskriterien bei Studien mit Omalizumab [105 ]
[106 ]
allgemein: Patientenalter 18–75 Jahre
NP-Score min. 5 bis max. 8
SNOT > 20 bei Screening und bei Randomisierung
NAB ≥ 2 bei Screening und im MW > 1 pro Woche vor Randomisierung mit mindestens 1
der folgenden CRS-Symptome: Rhinorrhoe (anterior/posterior) und/oder Hyposmie ohne
Mindestanforderungsscore
Mometasonfuroat Mindestdosis 200 µg/Tag oder ein anderes nGKS in vergleichbarer Dosierung
4 Wochen vor Screening
Serum gesamt IgE ≥ 30 und ≤ 1500 kU/l und ≥ 30 kg und ≤ 150 kg entsprechend Herstellervorgaben
erfolgte oGKS-Einnahme ist nicht obligat als Einschlusskriterium, letzte OCS-Einnahme
2 Monate vor Screening möglich; wenn oGKS-Gabe wegen NP erfolgt, dann zeitlich direkt
bis vor Screening möglich
Besonderheit Screening-Phase: zentrale Kontrolle NP-Score 1 Woche vor Randomisierung
Einschlusskriterien bei Studien mit Benralizumab [107 ]
[108 ]
allgemein: 18–75 Jahre; Gewicht ≥ 40 kg
bilaterale NP trotz stabiler Dosis mit nGKS in 4 Wochen vor Screening mit Anamnese
von oGKS oder frühere NNH-OP (NNH-OP ohne erforderliches Zeitintervall); weiterhin
Erfordernis zu NNH-OP
NP-Score min. 5 bis max. 8
persistierende Symptome von min. 12 Wochen: Nasal-blockage-Score (NBS) 2 oder 3 2
Wochen vor Screening
SNOT-22 ≥ 30 beim Screening
erforderlicher Nasal-blockage-Score (NBS) bei Randomisierung ≥ 1,5 innerhalb 2 registrierter
Wochen
Besonderheit Screening-Phase: zentrale Kontrolle NP-Score 1 Woche vor Randomisierung
Einschlusskriterien bei Studien mit Reslizumab [126 ]
Ausschlusskriterien in Biologika-Studien zu CRSwNP:
Dupilumab
Mepolizumab
Omalizumab
Benralizumab
Reslizumab
rhinologische/respiratorische Faktoren:
Zeitpunkt letzte NNH-Operation vor Screening
< 6 Mo
< 6 Mo
< 6 Mo
< 3 Mo
nicht bekannt
Nasenseptumdeviation eine Nasenseite verlegend
x
x
x
x
nicht bekannt
antrochoanale Polypen
x
x
x
x
nicht bekannt
Churg-Strauss-Syndrom
x
x
x
x
nicht bekannt
Morbus Wegener
x
x
nicht bekannt
zystische Fibrose
x
x
x
x
nicht bekannt
primäre Zilienfunktionsstörung
x
x
x
x
nicht bekannt
Rhinitis medicamentosa
x
x
x
x
nicht bekannt
Pilzsinusitis
x
x
x
nicht bekannt
unkontrollierte Epistaxis
2 Mo vor Screening
nicht bekannt
akuter oberer Atemwegsinfekt
x
2 Wo vor Screening
während Run in
2 Wo vor Screening
nicht bekannt
Asthma-Exazerbation
Hospitalisierung 4 Wo vor Screening
Hospitalisierung 4 Wo vor Screening
nicht bekannt
Medikation Karenzzeiten:
Leukotrienrezeptor-Antagonisten 4 Wochen vor Screening
x
x
x
x
nicht bekannt
allergiespezifische Immuntherapie Initiierung/Therapieänderungen
3 Mo vor Screening
3 Mo vor Screening
nicht bekannt
Omalizumab oder andere Th2-Biologika
6 Mo vor Screening
130 Tage vor Screening
6 Mo vor Screening
6 Mo vor Screening
nicht bekannt
Biologika gegen z. B. rheumatoide Arthritis
5 HWZ bzw. 2 Mo vor Screening
5 HWZ
5 HWZ bzw. 2 Mo vor Screening
nicht bekannt
ASS-Desaktivierung
Initiierung/Dosisänderung
4 Mo vor Screening
während Run-in period
nicht bekannt
Immunglobuline/Blutprodukte
30 Tage vor Screening
nicht bekannt
attenuierter Lebendimpfstoff
4 Wo vor Screening
30 Tage vor Randomisierung
nicht bekannt
Infektionen:
Infektion
systemische AB 4 Wo vor Screening
Hospitalisierung 4 Wo vor Screening; orale AB 2 Wo vor Screening
systemische AB 14 Tage vor Screening
nicht bekannt
parasitäre Infektionen
x
6 Mo vor Screening
6 Mo vor Screening
6 Mo vor Screening
nicht bekannt
aktive Tuberkulose
x
Therapie 12 Mo vor Screening
nicht bekannt
HIV
x
x
x
x
nicht bekannt
Immundefekt
x
Weitere Erkrankungen:
aktive Autoimmunerkrankungen, z. B. Hashimoto-Thyreoiditis
x
x
x
nicht bekannt
hepatische Erkrankungen aktive Hepatitis B/C
x
x
x
x
nicht bekannt
kardiovaskuläre Erkrankungen
x
x
x
x
neurologische Erkrankungen
x
x
x
Guillain-Barré-Syndrom
nicht bekannt
weitere Erkrankungen, z. B. renal, metabolisch
x
x
x
x
nicht bekannt
Tumoren:
maligne Tumoren
< 5 Jahre vor Screening[* ]
< 5 Jahre vor Screening*
< 5 Jahre vor Screening*
< 5 Jahre vor Screening*
nicht bekannt
Alkohol/Drogen/Nikotin:
Alkohol/Drogenabusus
x
2 Jahre vor Screening
6 Mo vor Screening
12 Mo vor Screening
12 Mo vor Screening
Nikotin
kein Ausschlusskriterium
6 Mo vor Screening
kein Ausschlusskriterium
kein Ausschlusskriterium
x
Gravidität:
keine effektive Kontrazeption
x
x
x
x
x
Allergie gegen Biologika:
bekannte Allergie gegen Biologika
x
x
x
x
x
Diagnostik/Laborparameter:
Spirometrie:
FEV1 ≤ 50 %
nicht bekannt
Gesamt-IgE
< 30 und > 1500k/l
nicht bekannt
AB = Antibiotika; HWZ = Halbwertszeiten; iv = intravenös; im = intramuskulär; Mo = Monate;
NCS = nasale Kortikosteroide; OCS = orale Kortikosteroide; Wo = Wochen.
* Ausnahmen: therapiertes In-situ-Zervixkarzinom und squamöses oder Basalzellkarzinom
der Haut (nicht metastasiert).
Ad b) Stand der medizinischen Erkenntnisse zu Biologika bei CRSwNP: Ergebnisse aktueller
Phase-II- und -III-Studien zu Dupilumab, Mepolizumab, Omalizumab, Reslizumab und Benralizumab
Anti-IgE
Omalizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der durch rekombinante DNA-Technologie
in einer Säugetier-Zelllinie aus dem Ovar des chinesischen Hamsters (Chinese Hamster
Ovary, CHO) hergestellt wird. Er bindet an zirkulierendes IgE und verhindert damit
die Bindung an den IgE-Rezeptor [109 ]. Zudem wird die IgE-Rezeptordichte auf Mastzellen, Basophilen und dendritischen
Zellen herunterreguliert [110 ].
Omalizumab ist seit 2005 in der EU zugelassen zur Therapie des Asthmas bronchiale
mit nachgewiesenem perennialem Allergen und seit 2014 zur Therapie der chronisch spontanen
Urtikaria ohne erforderlichen Nachweis eines Allergens [111 ]
[112 ]
[113 ]. In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie mit 24 Patienten
mit einer CRSwNP und einem komorbiden Asthma wurde der endoskopische Polypen-Score
(Total nasal endoscopic polyp score, TPS) nach 16 Wochen evaluiert. Hier zeigte sich
eine signifikante Reduktion des Scores, die sich auch im CT-Score nach Lund-Mackay,
einem sekundären Endpunkt, bestätigte. Nachgewiesen wurde eine signifikante Reduktion
der nasalen Polyposis sowohl bei Patienten mit als auch bei Patienten ohne Allergien.
Weitere sekundäre Endpunkte waren Nasenatmungsbehinderung, Geruchsstörungen und anteriore
Rhinorrhoe, die eine signifikante Besserung unter Therapie zeigten [114 ]. Ein Patient entwickelte 1 Jahr nach Beendigung der Studie ein lymphoblastisches
Lymphom. In der EXELS-Studie wurde bei schweren Asthmapatienten keine Häufung maligner
Prozesse bei > 5000 Patienten mit Omalizumab-Therapie versus einer Kontrolle von fast
3000 Asthmatikern ohne eine Omalizumab-Therapie über einen Zeitraum von 5 Jahren festgestellt
[115 ].
Zwei randomisierte, Placebo-kontrollierte Phase-III-CRSwNP-Studien mit 127 bzw. 138
Patienten sind abgeschlossen. Die Ergebnisse sind bisher noch nicht publiziert [105 ]
[106 ]. In einer retrospektiven Studie an 16 Patienten zeigte sich bei AIS/N-ERD-Patienten
eine signifikante Reduktion der nasalen Polyposis und eine signifikante Verbesserung
der pulmonalen Parameter nach 3 Monaten Therapie mit Omalizumab. Interessanterweise
ergab die Kontrollgruppe von ebenfalls 16 Patienten mit einer AIS/N-ERD, die eine
ASS-Desaktivierungstherapie mit einer Erhaltungsdosis von 300 mg ASS erhielten, keine
signifikante Reduktion der nasalen Polyposis [116 ].
Anti-IL-4/IL-13
Als einziges Biologikum wurde Dupilumab für die Indikation der schweren CRSwNP im
November 2019 von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassen. Das Label
der Zulassung wurde erteilt zur Add-on-Therapie zu nGKS bei CRSwNP zur Behandlung
von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP, die mit systemischen Kortikosteroiden und/oder
chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden können. Dupilumab ist
in der EU ebenfalls zugelassen zur Therapie des schweren eosinophilen Asthmas bronchiale
seit 2019 und zur Therapie der schweren atopischen Dermatitis seit 2017. Dupilumab
ist ein rekombinanter, humaner, monoklonaler IgG4-Antikörper, der mittels rekombinanter
DNA-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO) produziert wird und
die Signalwege von Interleukin-4 und Interleukin-13 hemmt. Den IL-4-Signalweg hemmt
Dupilumab über den Typ-I-Rezeptor (IL-4Rα/γc) und sowohl den IL-4- als auch den IL-13-Signalweg
über den Typ-II-Rezeptor (IL-4Rα/IL-13Rα) [33 ]. IL-4 und IL-13 sind wichtige Zytokine, die eine Typ-2-Inflammation fördern, und
eine Hemmung des IL-4-/IL-13-Signalwegs reduziert viele Mediatoren der Typ-2-Inflammation.
Die empfohlene Dosierung bei erwachsenen Patienten ist 14-tägig 300 mg als Dauerbehandlung.
Bei Patienten, die nach 24 Wochen nicht auf die Behandlung ansprechen, sollte ein
Abbruch der Behandlung erwogen werden [34 ].
In die beiden zur Zulassung führenden multinationalen, multizentrischen, randomisierten,
Placebo-kontrollierten Phase-III-Studien (LIBERTY NP SINUS-24 und LIBERTY NP SINUS-52)
wurden Patienten über 18 Jahre mit einer beidseitigen CRSwNP eingeschlossen, die unter
topischen Kortikosteroiden symptomatisch waren und in den vorausgegangenen 2 Jahren
mit systemischen Kortikosteroiden behandelt worden waren oder vorab ohne zeitliche
Einschränkung eine Nasennebenhöhlenoperation erhalten hatten. Von den eingeschlossenen
Patienten waren 63 % mindestens 1-mal an den Nasennebenhöhlen operiert worden und
15 % mehr als 3-mal. 59 % der Patienten hatten ein komorbides Asthma und 28 % ein
AIS/N-ERD. Bei Einschluss betrug der durchschnittliche Polypen-Score 5,97 von maximal
8 erreichbaren Punkten, und der zur Evaluation verwendete SinoNasal-Outcome-Test (SNOT-22)
lag prätherapeutisch bei 50,9 von 110 erreichbaren Punkten. Nach 24 Wochen Therapie
fiel der Polypen-Score auf 3,75 (LIBERTY NP SINUS-24) bzw. 4,46 (LIBERTY NP SINUS-52)
Punkte und der SNOT-22 lag bei 18,6 (LIBERTY NP SINUS-24) bzw. 23,9 (LIBERTY NP SINUS-52)
Punkten. Bei 12,5 % der Patienten unter Dupilumab-Therapie wurde bis Woche 52 eine
„Rescue“-Therapie im Sinne einer systemischen Kortisontherapie oder einer Nasennebenhöhlenoperation
notwendig. Bei Patienten in der Placebogruppe wurde diese Therapie bei 41,8 % der
Patienten notwendig. Das oft komorbid vorkommende Asthma besserte sich ebenfalls unter
der Therapie [117 ].
In einer weiteren randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie erfolgte
2016 bei 60 Patienten mit einer therapierefraktären CRSwNP eine Therapie mit Dupilumab
300 mg alle 14 Tage. Auch hier erfolgte dies zusätzlich zu einem dauerhaft angewendeten
topischen Mometason-Nasenspray. Es zeigten sich eine signifikante Verbesserung des
Polypen-Scores und des CT-Scores nach 16 Wochen sowie signifikante Verbesserungen
im SinoNasal-Outcome-Test (SNOT-22) und im Riechvermögen. Die häufigsten Nebenwirkungen
waren Nasopharyngitis, Reaktionen an der Einstichstelle und Kopfschmerzen [118 ].
Anti-IL-5
Mepolizumab bindet als monoklonaler Antikörper an IL-5 und verhindert damit die Bindung
an die α-Untereinheit des IL-5-Rezeptors auf Eosinophilen. Es ist in der EU seit 2015
für die Zusatztherapie des schweren refraktären eosinophilen Asthmas zugelassen [119 ].
Zur Wirksamkeit bei der CRSwNP erfolgte eine randomisierte Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie
bei 105 Patienten, die unter einem nGKS ein CRSwNP-Rezidiv entwickelt hatten und zur
erneuten Nasennebenhöhlenoperation vorgesehen waren. Primärer Endpunkt war die Anzahl
der Patienten, die in Woche 25 keine Nasennebenhöhlenoperation mehr benötigten. Die
Notwendigkeit zur Operation wurde dabei anhand eines zusammengesetzten Scores aus
endoskopischem Polypen-Score und einer vom Patienten ausgefüllten visuellen Analogskala
(VAS) zum Ausmaß der Beschwerden durch die CRSwNP festgelegt. In der Verum-Gruppe
mit 750 mg Mepolizumab alle 4 Wochen benötigten 30 % der Patienten keine Nasennebenhöhlenoperation
mehr im Vergleich zu 10 % in der Placebogruppe. An den sekundären Endpunkten zeigte
sich eine signifikante Verbesserung in den VAS für Rhinorrhoe, Nasenatmungsbehinderung
und Geruchsvermögen. Der SNOT-22 verbesserte sich in der Verum-Gruppe von 51,5 auf
28,8 Punkte und in der Placebogruppe von 49,5 auf 38,2 Punkte [120 ].
Eine randomisierte, doppelt verblindete Phase-III-Studie mit Mepolizumab 100 mg s. c.
alle 4 Wochen für 52 Wochen bei 413 Patienten mit schwerer CRSwNP ist bereits aktiv.
(ClinicalTrials.gov Identifier: NCT03 085 797). Auch bei dieser Studie erfolgte eine
Basistherapie mit Mometason-Nasenspray [104 ].
Auch Benralizumab richtet sich gegen IL-5, bindet allerdings direkt an die α-Untereinheit
des IL-5-Rezeptors und verhindert damit die Eosinophilenaktivierung. Es ist in der
EU seit 2018 zugelassen für die Add-on-Erhaltungstherapie des schweren eosinophilen
Asthmas bei erwachsenen Patienten. Es ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper
und wird ebenfalls mittels rekombinanter DNA-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen
Hamsters produziert [121 ].
Zu seiner Wirksamkeit bei der CRSwNP sind bisher keine Studien publiziert. Es gibt
allerdings 4 Studien, die aktuell bereits Patienten mit der Indikation CRSwNP rekrutieren
bzw. demnächst mit der Rekrutierung beginnen.
ClinicalTrials.gov Identifier NCT03 450 083: Benralizumab Effect on Severe Chronic
Rhinosinusitis With Eosinophilic Polyposis: A Phase II Randomized Placebo Controlled
Trial.
In diese Studien sollen 32 Patienten eingeschlossen werden. Primärer Endpunkt ist
die Polypengröße nach 24 Wochen [122 ].
ClinicalTrials.gov Identifier NCT04 157 335: A Multicentre, Randomised, Double-Blind,
Parallel-Group, Placebo-Controlled Phase 3 Efficacy and Safety Study of Benralizumab
in Patients With Eosinophilic Chronic Rhinosinusitis With Nasal Polyps (ORCHID).
In diese Studien sollen 148 Patienten eingeschlossen werden. Primäre Endpunkte sind
der endoskopische Polypen-Score in Woche 56 und der Nasenatmungsbehinderungsscore
in Woche 56 [108 ].
ClinicalTrials.gov Identifier NCT04 185 012: Nasal Polyps: Inflammatory & Molecular
Phenotyping of Responders to Benralizumab.
In diese Studien sollen 20 Patienten eingeschlossen werden. Primärer Endpunkt ist
ebenfalls eine Reduktion im endoskopischen Polypen-Score [123 ].
ClinicalTrials.gov Identifier NCT03 401 229: A Multicenter, Randomized, Double-Blind,
Parallel-Group, Placebo-Controlled Phase 3 Efficacy and Safety Study of Benralizumab
in Patients with Severe Nasal Polyposis (Ostro-Studie).
In diese Studien sollen 413 Patienten eingeschlossen werden, die insgesamt 8 Dosen
Benralizumab erhalten sollen bei einer Basistherapie mit Mometason-Nasenspray. Primäre
Endpunkte sind hier ebenfalls Änderungen im endoskopischen Polypen-Score und im Nasenatmungsbehinderungsscore
[107 ].
Ein IL-5-bindender humanisierter monoklonaler Antikörper ist Reslizumab, der im Rahmen
einer Phase-I-Studie bereits 2006 von Gevaert et al. untersucht wurde. Hier wurden
im Rahmen einer randomisierten Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie insgesamt
24 Patienten mit bilateraler CRSwNP nach einer einmaligen Injektion von Reslizumab
nachbeobachtet. Hier zeigte sich im Polypen-Score eine Reduktion bei der Hälfte der
Patienten nach 4 Wochen. Das Ansprechen war dabei von den IL-5-Spiegeln im Nasensekret
abhängig. Da es vor allem um die Sicherheit und Pharmakokinetik ging, erfolgte nur
eine 1-malige Injektion [124 ].
Bisher wurde Reslizumab 2016 zugelassen in der Zusatztherapie des schweren eosinophilen
Asthmas bei erwachsenen Patienten [125 ].
Aktuell wird für Reslizumab eine Phase-III-Studie durchgeführt, die Patienten mit
chronischer Sinusitis rekrutiert (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT02 799 446). Hier
wird alle 4 Wochen Reslizumab in einer Dosierung von 3 mg/kg KG gegeben. Primärer
Endpunkt ist eine Veränderung im CT-Score [126 ] ([Tab. 1 ]).
Tab. 1
Aktuelle Zulassungsstudien zur Therapie der CRSwNP mit Biologika.
Antikörper
Ziel
Patienten
Dosierung
Ergebnis
Autoren
geplante/ausstehende Studien
Dupilumab
IL-4
724 bzw. 60
300 mg alle 14 Tage
Verbesserung Polypen-Score, CT-Score, Nasenatmungsbehinderung, Riechvermögen
[117 ]
[118 ]
[127 ]
Mepolizumab
IL-5
105
750 mg i. v. alle 4 Wochen
30 % der Patienten benötigten keine Nasennebenhöhlenoperation mehr im Vergleich zu
10 % in der Placebogruppe, signifikante Verbesserung in den VAS für Rhinorrhoe, Nasenatmungsbehinderung
und Riechvermögen
[120 ]
[104 ]
Benralizumab
IL-5
30 mg s. c.
[107 ]
[108 ]
[122 ]
[123 ]
Reslizumab
IL-5
24
3 mg/kg KG
1-malige Injektion, Reduktion des Polypen-Scores um die Hälfte
[124 ]
[126 ]
Omalizumab
IgE
Gewicht und Serum-IgE adaptiert
Verbesserung Polypen-Score, CT-Score, Nasenatmungsbehinderung, Riechvermögen, anteriore
Rhinorrhoe
[114 ]
[105 ]
[106 ]
Weitere Angriffspunkte für die Therapie mit Biologika bei CRSwNP ([Tab. 2 ])
Tab. 2
Studien zum Einsatz von Biologika bei Polyposis nasi (modifiziert nach Klimek 2019).
Gruppe
Antikörper
Wirkweise
Details
Phase
Indikation
IgE-Blockade
Omalizumab
bindet an die Cɛ3-Domäne von freiem IgE
Omalizumab s. c. vs. Placebo
zugelassen in den USA und Europa[* ]
CRSwNP bei komorbidem Asthma
Omalizumab s. c. vs. Placebo
Phase II
Xolair CRS
CRSwNP
Omalizumab s. c. vs. Placebo
Phase III
Polyp I & II
CRSwNP
IL-5-Blockade
Mepolizumab
bindet freies IL-5
Mepolizumab i. v. vs. Placebo
Phase II
CRSwNP
Mepolizumab + Mometasone NS vs. Placebo + Mometasone NS
Phase II
CRSwNP
Reslizumab
Reslizumab i. v.
(1-malige Gabe)
Phase I
CRSwNP
Benralizumab
blockiert den IL-5-Rezeptor
Benralizumab s. c. + Mometasone NS vs. Placebo + Mometasone NS
Phase III
OSTRO
CRSwNP
IL-4-/IL-13-Blockade
Dupilumab
blockiert die gemeinsame UE IL-4-Rα des IL-4-R und IL-13-R
Dupilumab s. c. +Mometasone NS vs. Placebo
Phase II
CRSwNP
Dupilumab s. c. + Mometasone NS vs. Placebo + Mometasone NS
Phase III
SINUS-24
(24 Wochen)
CRSwNP
Dupilumab s. c. + Mometasone NS vs. Placebo + Mometasone NS
Phase III
SINUS-52
(52 Wochen)
CRSwNP
IL1RL1-Blockade
AMG282
blockiert den IL1RL1 vor Bindung von IL-33 am Rezeptor
AMG282i. v./s. c. vs. Placebo
Phase I
CRSwNP/Asthma
SIGLEC8-Bindung/Blockade
AK001
bindet an SIGLEC8, u. a. auf Eosinophilen
AK001 low/high dose vs. Placebo
Phase II
CRSwNP
IL1RL1 = IL-1-receptor-like 1; IL2Rα = IL-2-receptor-alpha.
* für mittelschweres bis schweres therapierefraktäres Asthma.
Durch die Untersuchung der Expression von Entzündungsmediatoren und zellulären Markern
in nasalem Polypengewebe werden laufend neue potenzielle Angriffspunkte für die zielgerichtete
Therapie mit Biologika identifiziert, oftmals erneut aufbauend auf Erfahrungen aus
der Asthma-Therapie, deren Übertragbarkeit für die NP überprüft wird. So konnten erhöhte
Konzentrationen von Thymic stromal lymphopoietin (TSLP) im Polypengewebe von Patienten nachgewiesen werden [128 ]
[129 ]
[130 ] mit vermehrter Expression des TSLP-Rezeptors und des OX40-Liganden (OX40 L) dendritischer
Zellen (DC) im Gewebe [128 ]. Anti-TSLP- und Anti-OX40L-Antikörper wurden bereits bei Asthma bronchiale in klinischen
Studien untersucht und konnten eine Reduktion der Eosinophilen im Sputum, Anti-TSLP-Antikörper
auch der Eosinophilen im Blut bewirken [131 ]
[132 ]. Die Ergebnisse weiterer Studien mit Anti-TSLP-Antikörpern stehen aktuell noch aus.
Aktuell sind keine Zulassungsstudien zur Untersuchung einer TSLP- oder OX40L-Blockade
bei NP bekannt.
Ähnliches gilt für AMG282, einen monoklonalen Antikörper, der die Bindung von IL-33
(dessen Schlüsselrolle bereits oben beschrieben wurde) an seinen Rezeptor IL1RL1 verhindert
und in Phase-I-Studien bei Patienten mit NP bzw. Asthma bronchiale geprüft wurde.
Des Weiteren wird in einer Phase-II-Studie mit AK001 die Wirksamkeit eines SIGLEC8-Liganden
bei NP geprüft [133 ]. SIGLEC8 wird auf Eosinophilen, Mastzellen und Basophilen exprimiert, und die Bindung
eines SIGLEC8-Liganden induziert Apoptose bei Eosinophilen [134 ].
Ad c) Praktische Empfehlungen für die Anwendung von in Deutschland zugelassenen Biologika
für CRSwNP
Dupilumab ist bislang das einzige in Deutschland zugelassene Biologikum für die Indikation
der schweren CRSwNP und im Label angezeigt als Add-on-Therapie mit intranasalen Kortikosteroiden
zur Behandlung von Erwachsenen, die mit systemischen Kortikosteroiden und/oder chirurgischem
Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden können.
Gemäß Fachinformation sollte die Behandlung von einem Arzt begonnen werden, der in
der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen erfahren ist, bei denen Dupilumab angewendet
wird. Die Substanz wird als Dupixent 300 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze
oder Dupixent 300 mg Injektionslösung im Fertigpen angeboten. Fertigspritze und Fertigpen
zur 1-maligen Anwendung enthalten je 300 mg Dupilumab in 2 ml Lösung (150 mg/ml).
Die empfohlene Dosierung für Dupilumab bei erwachsenen Patienten ist eine Anfangsdosis
von 300 mg s. c., gefolgt von 300 mg s. c. alle 2 Wochen.
Dupilumab ist für die Langzeitbehandlung bestimmt. Bei Patienten, die nach 24 Wochen
nicht auf die Behandlung der CRSwNP ansprechen, ist eine Beendigung der Behandlung
in Betracht zu ziehen. Einige Patienten mit einem anfänglich partiellen Ansprechen
können von einer über 24 Wochen hinaus fortgeführten Behandlung profitieren. Falls
eine Dosis versäumt wird, ist diese so schnell wie möglich nachzuholen. Danach ist
die Dosierung zum regulären planmäßigen Zeitpunkt wiederaufzunehmen.
Bei älteren Patienten (≥ 65 Jahre) wird keine Dosisanpassung empfohlen, ebenso bei
Patienten mit einer leichten oder mäßigen Nierenfunktionsstörung. Für Patienten mit
einer schweren Nierenfunktionsstörung und für Patienten mit einer Leberfunktionsstörung
liegen nur sehr begrenzt Daten vor.
Für Erwachsene mit CRSwNP wird keine körpergewichtsbezogene Dosisanpassung empfohlen.
Bei Patienten von 12 bis 17 Jahren mit atopischer Dermatitis beträgt die empfohlene
Dosis alle 2 Wochen 200 mg (< 60 kg) bzw. 300 mg (≥ 60 kg).
Die Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern unter 18 Jahren mit CRSwNP sind nicht erwiesen,
da hierfür keine Daten vorliegen.
Dupilumab sollte subkutan in den Oberschenkel oder das Abdomen injiziert werden, außer
in einem Umkreis von 5 cm um den Bauchnabel herum. Falls die Injektion durch eine
andere Person erfolgt, kann auch der Oberarm als Injektionsstelle gewählt werden.
Es wird empfohlen, bei jeder Injektion eine andere Injektionsstelle zu wählen. Dupilumab
darf weder in empfindliche, verletzte oder vernarbte Hautstellen noch in Hautstellen
mit Hämatomen injiziert werden.
Sofern der behandelnde Arzt dies als angemessen erachtet, kann Dupilumab durch den
Patienten selbst oder durch eine Pflegeperson injiziert werden. In diesem Fall sind
die Patienten und/oder Pflegepersonen vor der Anwendung gemäß den in der Packungsbeilage
enthaltenen Hinweisen zur Anwendung zu unterweisen, wie Dupilumab vorzubereiten und
zu verabreichen ist.
Um die Rückverfolgbarkeit biologischer Arzneimittel zu verbessern, sollten der Name
und die Chargenbezeichnung des verabreichten Arzneimittels eindeutig dokumentiert
werden.
Auf folgende unerwünschte Wirkungen sollte besonders geachtet werden: Im Entwicklungsprogramm
zu atopischer Dermatitis wurde nach der Anwendung von Dupilumab in sehr seltenen Fällen
von Serumkrankheit/Serumkrankheit-ähnlichen Reaktionen berichtet. Eine nach Anwendung
von Dupilumab auftretende anaphylaktische Reaktion wurde sehr selten im Rahmen des
Asthma-Entwicklungsprogramms gemeldet. Falls eine systemische Überempfindlichkeitsreaktion
(unmittelbar oder verzögert) auftritt, muss die Anwendung von Dupilumab sofort beendet
und eine geeignete Therapie eingeleitet werden. Bei erwachsenen Patienten, die im
Rahmen des Entwicklungsprogramms für Asthma und CRSwNP mit Dupilumab behandelt wurden,
wurden Fälle berichtet von eosinophiler Pneumonie sowie einer Vaskulitis, ähnlich
einer eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA). Bei Patienten mit Eosinophilie
sollte daher besonders auf das Auftreten von vaskulitischem Hautausschlag, einer Verschlechterung
der Lungensymptomatik, Herzkomplikationen und/oder einer Neuropathie geachtet werden.
Dupilumab kann durch Hemmung der IL-4-/IL-13-Signalwege theoretisch die Immunantwort
auf eine Helminthose beeinflussen. Patienten mit einer bestehenden Helminthose sind
zu behandeln, bevor die Dupilumab-Therapie eingeleitet wird. Wenn der Patient sich
während der Dupilumab-Therapie infiziert und nicht auf eine Behandlung gegen Helminthose
anspricht, muss die Behandlung mit Dupilumab ausgesetzt werden, bis die Infektion
abgeklungen ist. Die bisherigen Erfahrungen sind jedoch beschränkt, da Patienten mit
einer bekannten Helminthose von den klinischen Studien ausgeschlossen wurden.
Patienten, die unter der Dupilumab-Behandlung eine Konjunktivitis entwickeln, die
nach der Standardbehandlung nicht abklingt, sollten sich zeitnah einer ophthalmologischen
Untersuchung unterziehen; bislang wurden Komplikationen im Augenbereich lediglich
bei Patienten mit einer atopischen Dermatitis beschrieben, die eine Dupilumab-Therapie
erhielten [135 ]
[136 ].
Patienten mit atopischer Dermatitis oder CRSwNP, die mit Dupilumab behandelt werden
und ein komorbides Asthma haben, sollten ihre Asthma-Behandlung ohne vorherige Absprache
mit ihren behandelnden Pneumologen weder anpassen noch absetzen und regelmäßige pneumologische
Kontrollen sollten nach pneumologischem Standard erfolgen. Lebendimpfstoffe und attenuierte
Lebendimpfstoffe sollten nicht zeitgleich mit Dupilumab angewendet werden, da die
klinische Sicherheit und Wirksamkeit nicht erwiesen wurde. Es wird daher empfohlen,
vor der Behandlung mit Dupilumab den Impfstatus von Patienten hinsichtlich Impfungen
mit Lebendimpfstoffen und attenuierten Lebendimpfstoffen entsprechend den aktuellen
Impfempfehlungen auf den neuesten Stand zu bringen.
Empfehlenswert ist die Ausstellung eines Medikamentenausweises.
Dokumentationsbogen für die Indikationsstellung und Therapiekontrolle
Um die Indikationsstellung zu erleichtern, wurde ein Dokumentationsbogen entwickelt,
der als Grundlage für eine sachgerechte Indikationsstellung genutzt werden kann ([Abb. 1 ]).
Abb. 1 Dokumentationsbogen für die Indikationsstellung einer Therapie mit Biologika bei
Polyposis nasi (CRSwNP)
.
Diskussion
Die NP ist eine bislang phänotypisch klassifizierte chronisch-entzündliche Erkrankung
der Schleimhäute von Nase und Nasennebenhöhlen (Mukositis). Immunologisch stellt sie
eine heterogene Gruppe von Mukosa-Erkrankungen unterschiedlicher Pathophysiologie
dar.
Diese unterschiedlichen Endotypen weisen differierende Signalwege vom Prozess der
Entzündungsauslösung, -aufrechterhaltung, -chronifizierung, bis zur Gewebsdestruktion
auf [9 ]
[137 ]. Die Endotyp-basierten Behandlungsansätze zielen häufig auf die T2-basierte und
Eosinophilen-dominierte Entzündung bzw. die weiteren Endotypen, die unterschiedliche
therapeutische Ansätze nahelegen [10 ]
[138 ]. Hierdurch ist der Einsatz von Biologika wie Dupilumab (Anti-IL-4/-13), Mepolizumab
(Anti-IL-5), Benralizumab (IL-5, IL-3, GM-CSF) oder Omalizumab (Anti-IgE) [9 ]
[137 ]
[139 ]
[140 ] möglich und Erfolg versprechend, die auf einen spezifischen pathophysiologischen
Signalweg zielen und somit auf einer sorgfältigen Selektion der Patientenpopulation
basieren.
Mit der europäischen Zulassung von Dupilumab als Add-on-Therapie mit intranasalen
GKS zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP, die mit systemischen GKS und/oder
chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden können, steht erstmals
ein Biologikum zur Primärtherapie der CRSwNP zur Verfügung, das in Deutschland verordnungs-
und erstattungsfähig ist.
Darüber hinaus bestehen Erfahrungen mit CRSwNP-Patienten, die außerhalb von klinischen
Studien aufgrund von Komorbiditäten mit anderen Erkrankungen wie Asthma bronchiale,
Urtikaria oder atopische Dermatitis behandelt wurden, die die in Deutschland zugelassenen
Indikationen darstellen [137 ].
Da es sich bei Biologika um kostenintensive Präparate handelt, die prinzipiell eine
lebenslange Therapiedauer bedeuten, ist die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots
aus SGB V § 12 für die Anwendung insbesondere im deutschen GKV-System von besonderer
Bedeutung. Der Vertragsarzt hat die notwendigen, ausreichenden und zweckmäßigen Leistungen
mit einem möglichst geringen Aufwand an Kosten für die Krankenkassen zu erbringen.
Dies wird immer dann der Fall sein, wenn therapeutische Alternativen bereits erfolglos
angewandt wurden oder aufgrund von Nebenwirkungen oder insbesondere bei Operationen
aufgrund inakzeptabler Belastungen oder Risiken nicht zur Verfügung stehen. Für exaktere
Wirtschaftlichkeitsanalysen gilt es zukünftig jedoch, systematischere Studiendaten
zu generieren und ökonomische Modellierungen zu initiieren.
Die Definition einer „schweren“ CRSwNP hat die EUFOREA in einem Kriterienkatalog erfasst,
dessen Kriterien Fragen der Lebensqualität ebenso wie vorangegangene konservative
und operative Therapieverfahren umfassen [141 ]. Hierzu gehören vorausgegangene Operationen, Nachweis einer Typ-2-Inflammation,
Gebrauch systemischer Glukosteroide in den letzten 2 Jahren, signifikant geminderte
Lebensqualität, signifikante Riechstörung und Asthma bronchiale als Komorbidität.
Zum rationalen Einsatz der Biologika ausschließlich für Patienten mit endonasal nachweisbaren
Polypen bzw. zum Ausschluss einer Rezidiv-Symptomatik anderer Ursache, wie z. B. lateralisierten
mittleren Nasenmuscheln oder einer Mukozele, erscheint die Durchführung einer Nasenendoskopie
vor Einleitung sowie unter Therapie bei klinischer Verschlechterung als Mindeststandard.
Aktuell laufende Zulassungsstudien werden helfen, weitere Indikationen für Biologika
bei NP zu bestimmen (als Alternative zur aktuellen Standardtherapie oder nur für besonders
schwere, therapierefraktäre Fälle, nur für bereits operierte Patienten mit Polypenrezidiv
oder bereits zur Primärtherapie bislang nicht operierter Patienten). Aufgrund der
primär inflammatorisch bedingten Pathophysiologie der NP und wegen der ungleich höheren
Kosten der Biologika ist davon auszugehen, dass auch zukünftig topisch nasale Glukokortikosteroide
die Basistherapeutika darstellen und auch operative Therapien unverzichtbar bleiben
werden.
In Ergänzung dieser Basis-Therapieoptionen könnten Biologika jedoch zukünftig helfen,
das Prinzip der „personalisierten Medizin“ auch für die NP zu realisieren. Zur Etablierung
in der klinischen Routine werden leicht bestimmbare Biomarker [41 ]
[142 ] und klinische Dokumentationsparameter [143 ] benötigt, deren Entwicklung derzeit vorangetrieben wird.