„Das eine“ Rheuma gibt es nicht. Unter dem Begriff der
entzündlich-rheumatischen Erkrankungen werden sehr unterschiedliche
Krankheitsbilder zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit eine Fehlsteuerung des
Immunsystems ist. Hierdurch kommt es zu Angriffen auf körpereigenes
Gewebe und in der Folge zu chronischen Entzündungen. „Weil
Immunzellen und ihre Botenstoffe frei im Körper zirkulieren,
können prinzipiell alle Körperbereiche von der
Entzündung betroffen sein“, sagt Prof. Andreas Krause,
Vorstandsmitglied der DGRh und Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin. Wie
Daten aus der Kerndokumentation des Deutschen Rheumaforschungszentrums zeigen,
sind rund 80% der Patienten mit klassischem Gelenkrheuma von mindestens
einer Begleiterkrankung betroffen, bei anderen rheumatischen Erkrankungen liegt
die Zahl ähnlich hoch.
Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Beschwerden, Lungenerkrankungen oder
Depressionen haben einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität der
Patienten, den Krankheitsverlauf und die Wirksamkeit der Medikation. „Es
wird deutlich, dass Rheumatologen internistisch ausgebildet sein sollten, denn
dies ist die notwendige Basis, um bei der Therapie die Begleiterkrankungen
mitberücksichtigen zu können“, sagt Krause.
„Dazu gehört auch, dass aktiv nach ihnen gesucht wird, denn nur
dann lässt sich frühzeitig gegensteuern“. Nicht alle
Erkrankungen seien jedoch gleichermaßen im Bewusstsein der behandelnden
Ärzte präsent: Während das erhöhte Osteoporose-
oder Infektionsrisiko von Rheumapatienten in der Regel berücksichtigt
werde, sei das bei anderen Komorbiditäten wie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen oft nicht der Fall.
Auch eine Lungenbeteiligung wird oft lange nicht erkannt. Von großer
Bedeutung sind hier die sog. interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD), die das
Binde- und Stützgewebe der Lunge betreffen und es durch die permanente
Entzündung vernarben lassen. Hierdurch geht gesundes Lungengewebe
verloren, mit der Zeit leiden die Patienten an Kurzatmigkeit und Husten, und in
10−20% der Fälle tragen die Lungenschäden auch
zum vorzeitigen Tod der Patienten bei. Interstitielle
Lungenveränderungen treten oft schon sehr früh im
Krankheitsverlauf auf, verursachen aber lange Zeit keine Beschwerden.
„In Computertomographie-Aufnahmen finden sich bei 60% der
Gelenkrheuma-Patienten Anzeichen für eine ILD, klinische Symptome
allerdings nur bei 6%“, sagt Krause. Daher sollten Patienten mit
Rheumatoider Arthritis bereits bei der Erstdiagnose und dann in
regelmäßigen Abständen wieder auf eine ILD untersucht
werden.
„Auch um andere Begleiterkrankungen frühzeitig erkennen und
behandeln zu können, sind sorgfältige Vorsorgeuntersuchungen
notwendig“, mahnt auch DGRh-Kongresspräsident und
-Vorstandsvorsitzender Prof. Hendrik Schulze-Koops vom Klinikum der
Universität München. Die hierfür notwendige Zeit stehe
aufgrund des rheumatologischen Fachärztemangels jedoch häufig
nicht zur Verfügung. Kurzfristige Abhilfe könnten einfache,
wenig zeitaufwändige Screeningmethoden schaffen, die eventuell auch vom
nicht-ärztlichen rheumatologischen Assistenzpersonal übernommen
werden könnten, so die DGRh. Auf Dauer sei eine angemessene Versorgung
von Patienten mit Begleiterkrankungen jedoch nur möglich, wenn die Zahl
internistisch-rheumatologischer Fachärzte deutlich gesteigert werde.
Nach einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für
Rheumatologie