Pneumologie 2020; 74(12): 805
DOI: 10.1055/a-1263-2195
Pneumo-Fokus

IPF-Mortalität im Alltag mit und ohne antifibrotische Therapie

Behr J. et al.
Survival and course of lung function in the presence or absence of antifibrotic treatment in patients with idiopathic pulmonary fibrosis: long-term results of the INSIGHTS-IPF registry.

Eur Respir J 2020;
56: 1902279
 

Die antifibrotische Therapie mit Pirfenidon und Nintedanib konnte in klinischen Studien die Verschlecherung der forcierten Vitalkapazität (FVC) als Zeichen eines Krankheitsprogresses bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF) verlangsamen. Wie sich die Therapie in der klinischen Routine auf den Krankheitsverlauf und die Mortalität auswirkt, untersuchte eine prospektive Registerstudie.


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Das deutsche Register INSIGHTS-IPF ist eines der größten IPF-Register weltweit und wurde von akademischer Seite initiiert. Seit November 2012 werden prospektiv Patienten aus der klinischen Routineversorgung in 20 pneumologischen Zentren in Deutschland dokumentiert. Die aktuelle Analyse von Jürgen Behr vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und Kollegen vergleicht den Krankheitsverlauf von insgesamt 588 Patienten, von denen 290 nie eine antifibrotische Therapie erhalten hatten, und 298 Patienten, die antifibrotisch behandelt worden waren. Bekannte Unterschiede in den Basischarakteristika beider Patientengruppen wurden in der Auswertung mit Propensity Scores berücksichtigt.

Ergebnisse

Das mittlere Alter der Patienten lag bei 69,8 (± 9,1) Jahren. Die Mehrzahl der Patienten war männlich (81 %). Die IPF-Diagnose lag im Mittel 1,8 (±3,4) Jahre zurück. Bei Erfassung m Register lag die mittlere FVC bei 68,6 % (± 18,8 %) vom Soll, die Diffusionskapazität (DLCO) bei 37,8 % (± 18,5 %) vom Soll.

Während der Beobachtungszeit von im Mittel 1,2 (± 0,7) Jahren verstarben 194 Patienten, was einem Drittel der Kohorte entspricht. Die 1-Jahres-Überlebensrate betrug bei antifibrotischer Therapie 87 %, ohne eine solche Behandlung 46 %. Ein ebenso deutlicher Unterschied zugunsten der antifibrotischen Therapie zeigte sich auch beim 2-Jahres-Überleben (62 % vs. 21 %). Insgesamt war das Mortalitätsrisiko mit der antifibrotischen Therapien um 37 % verringert (Hazard Ratio 0,63; 95 % Konfidenzintervall 0,45 – 0,87; p = 0,005). Diese Ergebnisse waren robust und blieben auch in der multivariaten Analyse statistisch signifikant.

Allerdings sind die Autoren bei der Diskussion dieser Ergebnisse vorsichtig und sprechen von einem scheinbaren Vorteil. Das geringere Mortalitätsrisiko in der Patientengruppe mit antifibrotischer Therapie war v. a. auf weniger Todesfälle mit unbekannter Ursache zurückzuführen. Die Assoziation zwischen antifibrotischer Therapie und IPF-bedingten Todesfällen war nicht statistisch signifikant. Auch war der Abfall der Lungenfunktion in den beiden Gruppen unerwarteterweise nicht signifikant unterschiedlich. FVC und DLCO nahmen in beiden Gruppen nur langsam und nicht unterschiedlich schnell ab.

Fazit

Die Autoren betonen, dass in der Praxis ein vorzeitiges Versterben auch bei stabiler Lungenfunktion nicht ausgeschlossen werden kann. Unklar bleiben die Ursachen für den Mortalitätsunterschied. Die Autoren vermuten, dass häufigere akute Exazerbationen in der nicht antifibrotisch behandelten Gruppe einen wesentlichen Beitrag zur höheren Sterblichkeit geleistet haben.

Friederike Klein, München


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Publication History

Article published online:
08 December 2020

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