Pneumologie 2020; 74(11): 742-749
DOI: 10.1055/a-1266-5207
Empfehlungen

Die neuen WHO-Empfehlungen für schnelle Diagnostik und Therapie resistenter Tuberkulose in Deutschland, Österreich und der Schweiz

The New WHO Guidelines for Rapid Diagnostics and Treatment of Drug-Resistant Tuberculosis Commented for Germany, Austria and Switzerland
R. Otto-Knapp
 1   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose e. V. (DZK), Berlin
,
M. Knappik
 2   Klinik Penzing, Abteilung für Atemwegs- und Lungenkrankheiten, Wien
,
B. Häcker
 1   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose e. V. (DZK), Berlin
,
K. Starzacher
 1   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose e. V. (DZK), Berlin
,
T. Bauer
 1   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose e. V. (DZK), Berlin
 3   Deutsche Gesellschaft für Pneumologie e. V. (DGP)
 4   Helios Klinikum Emil von Behring, Lungenklinik Heckeshorn, Berlin
,
C. Lange
 5   Medizinische Klinik und FG Klinische Infektiologie, Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum, Borstel
 6   Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Klinische Tuberkuloseforschung, Standort Borstel-Hamburg-Lübeck-Riems
 7   Respiratory Medicine & International Health, Universität zu Lübeck, Lübeck
 8   Exzellenzcluster Präzisionsmedizin bei chronischer Entzündung, Kiel
,
F. P. Maurer
 9   Nationales Referenzzentrum für Mykobakterien, Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum, Borstel
10   Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
T. Schaberg
 1   Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose e. V. (DZK), Berlin
,
G. Günther
11   Universitätsklinik für Pneumologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern, Schweiz
12   Department of Medicine, Faculty of Health Sciences, University of Namibia, Windhoek, Namibia
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die erfreulicherweise zunehmende Evidenz hat in den letzten Jahren mehrfache Änderungen der internationalen Empfehlungen für die Diagnostik und Therapie der resistenten Tuberkulose notwendig gemacht. In diesem Jahr hat die WHO umfassende Empfehlungen veröffentlicht, die die Entwicklungen der letzten Jahre berücksichtigen. Die aktuelle deutsche Tuberkuloseleitlinie erschien im Jahr 2017 und weicht in einigen Bereichen von diesen Empfehlungen ab. Hier werden die Neuerungen der WHO-Empfehlungen von 2020 für schnelle Diagnostik und die Therapie resistenter Tuberkulose zusammengefasst und relevante Abweichungen für Deutschland, Österreich und die Schweiz kommentiert. Eine Neubewertung der Literatur findet derzeit im Rahmen der Aktualisierung der deutschsprachigen AWMF-2k-Leitlinie statt.


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Abstract

The increasing evidence has made it necessary to change international recommendations for the diagnosis and treatment of resistant tuberculosis repeatedly in the recent years. This year, the WHO has published comprehensive recommendations that take into account these developments. The current German tuberculosis guideline was published in 2017 with differing recommendations in some areas. Here the new WHO recommendations of 2020 for rapid diagnosis and therapy of resistant tuberculosis are summarized and the relevant differences are commented for Germany, Austria and Switzerland. A complete re-evaluation of the literature is currently taking place by updating the German-language AWMF 2k guidelines.


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Das Erreichen des weltweiten Ziels, die Tuberkulose (TB) zu eliminieren, wird aktuell durch die notwendigen Maßnahmen zur Kontrolle der SARS-CoV-2-Pandemie erschwert. Der derzeit deutliche Rückgang der TB-Inzidenz in einigen Ländern könnte hierbei auf eine verzögerte Fallfindung zurückzuführen sein [1]. Eine Modellierungsstudie der Stop TB Partnership kommt zu der Einschätzung, dass es zwischen 2020 und 2025 zu zusätzlichen 1,4 Millionen TB-Todesfällen kommen könnte, unter Annahme eines 3-monatigen Lockdowns mit einer 10-monatigen Phase der Wiedereinführung der TB-Versorgung [2]. Aber auch vor der Pandemie war der Rückgang der Tuberkuloseinzidenz um jährlich etwa 2 % nicht ausreichend, um die angestrebte Elimination der Tuberkulose, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert, bis zum Jahr 2035 zu erreichen. V. a. in Hochprävalenzländern muss dringend der Zugang zu Diagnostik und Therapie verbessert werden. Zudem werden weitreichende Präventionsmaßnahmen benötigt, und die Entwicklung einer wirksamen Impfung gegen den Tuberkuloseerreger wird von entscheidender Bedeutung sein.

Die WHO schätzt, dass im Jahr 2018 ca. 10 Millionen Menschen an Tuberkulose erkrankten und 1,45 Millionen daran verstarben. Der regional zunehmende Anteil multiresistenter Tuberkulose (MDR-TB), mit Antibiotikaresistenzen gegen mindestens Rifampicin und Isoniazid, stellt bei der Versorgung der TB-Patienten eine der größten Herausforderungen dar [3]. Neben den benötigten personellen Ressourcen kann die Finanzierung der MDR-Therapie problematisch sein. Bevor eine gezielte Therapie eingeleitet werden kann, muss jedoch eine möglichst schnelle Erregerdiagnostik inklusive Resistenztestung zur Verfügung stehen. Von den für das Jahr 2018 geschätzten 500 000 neuen MDR-TB-Erkrankungen wurden jedoch nur 187 000 Fälle diagnostiziert und der WHO gemeldet [4]. Aktuell liegt der Therapieerfolg bei MDR-TB laut Jahresbericht der Weltgesundheitsorganisation weltweit bei nur 56 % [4]. Es verbleibt ein entsprechend großer Anteil von MDR-TB-Patienten, die nicht diagnostiziert oder nicht ausreichend behandelt sind, um eine Weiterübertragung zu verhindern. In Regionen mit einem hohen Anteil von MDR-TB an den Neudiagnosen werden daher immer häufiger auch direkte Übertragungen von MDR-Tuberkulosestämmen beobachtet [4].

Aus diesem Grund sind in den letzten Jahren vermehrt Ressourcen in die Entwicklung von Resistenztests zur schnellen Detektion und von Wirkstoffen zur Behandlung der MDR-TB geflossen. Die Empfehlungen der WHO wurden auf Grundlage der vorhandenen Evidenz zunächst 2019 aktualisiert [5]. Im Jahr 2020 folgte ein vollständiges Update der Empfehlungen mit den zugehörigen Companion Handbooks, die die Empfehlungen um praktische Aspekte bereichern sollen [6] [7].

Die Neuerungen in den Empfehlungen der WHO zur schnellen Diagnostik und Therapie der medikamentenresistenten TB wurden bereits für die Schweiz zusammengefasst und kommentiert [8]. Basierend auf dieser Arbeit sollen im Folgenden die Unterschiede zur TB-Leitlinie von 2017 für Deutschland, Österreich und die Schweiz für die Behandlung von MDR-TB-Patienten im deutschsprachigen Raum herausgestellt werden. Die deutschsprachige Leitlinie wird derzeit aktualisiert, um den aktuellen Stand der Daten einzuordnen. Die Veröffentlichung des Leitlinien-Updates kann jedoch nicht vor 2021 erwartet werden.

Epidemiologie und Prognose

In Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde in den letzten Jahren ein nur geringer Anteil von MDR-TB an den Neudiagnosen beobachtet ([Tab. 1]). Die Anzahl der MDR-TB-Fälle ist in den letzten Jahren in Deutschland weitgehend stabil geblieben. Der überwiegende Anteil der MDR-TB-Fälle wird mit einem Geburtsland außerhalb Deutschlands, v. a. in Osteuropa, registriert. Häufig handelt es sich um Patienten, deren Tuberkuloseerreger nicht nur gegenüber Rifampicin und Isoniazid resistent sind, sondern weitere Resistenzen aufweisen, die die Therapie verkomplizieren. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die MDR-TB-Fallzahlen gering, und es stehen ausreichende Ressourcen zur Verfügung. Dennoch konnte in Deutschland nur bei 39 % der MDR-Patienten ein Behandlungserfolg dokumentiert werden [9]. Stichtag für die Auswertung dieser an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelten Behandlungsergebnisse war allerdings der 1.  März 2019, und bei knapp 45 % der Patienten war die Therapie zum Zeitpunkt der Auswertung noch nicht abgeschlossen. Nachträgliche Berechnungen mit einer verlängerten Nachbeobachtungszeit weisen auf einen tatsächlich höheren Therapieerfolg hin (etwa 60 % für MDR-TB-Fälle aus dem Jahr 2016, Stichtag 1. 3. 2019) [10]. Die geringe Erfolgsrate in der Behandlung ist sehr wahrscheinlich Folge fehlender Daten zum Stichtag der Auswertung. Für MDR-TB-Patienten, die in einem Behandlungszentrum individualisiert nach ausführlicher Resistenztestung behandelt werden, wird eine deutlich bessere Prognose angenommen [11] [12].

Tab. 1

Multiresistente Tuberkulose (TB)-Fälle im deutschsprachigen Raum in den Jahren 2018 und 2019.

MDR-TB-Fälle 2018

MDR-TB-Fälle 2019

Anzahl

Anteil an Neudiagnosen

Anzahl

Anteil an Neudiagnosen

Deutschland [9] [13]

118

3,1 %

87

2,6 %

Österreich [14]

 15

3,1 %[*]

 4

0,8 %[*]

Schweiz [8]

  7

1,4 %[*]

10

2,3 %[*]

* eigene Berechnungen



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Diagnostik

Bei Verdacht auf eine Lungentuberkulose sollten laut WHO-Empfehlungen mindestens 2 Sputumproben guter Qualität auf Mykobakterien untersucht werden [15] [16]. Den höchsten Stellenwert in der initialen Diagnostik haben in den letzten Jahren Nukleinsäure-Amplifikationstests (NAATs) für pulmonale und auch extrapulmonale Formen der TB gewonnen. Durch NAATs ist es möglich, M. tuberculosis-Komplex von nichttuberkulösen Mykobakterien (NTMs) zu unterscheiden. Mit automatisierten Verfahren wie bspw. dem Xpert® MTB/RIF kann ein Testergebnis zur Erregeridentifikation und zur Rifampicin-Resistenz schon nach weniger als 2 Stunden erwartet werden. Die neue Version des Xpert® MTB/RIF Ultra zeigte, verglichen mit der Vorversion, eine verbesserte Gesamtsensitivität (90 % vs. 85 % [16]), besonders auch bei paucibazillärer pulmonaler Tuberkulose ohne mikroskopischen Nachweis der Mykobakterien (Sensitivität 77 % vs. 67 % [17]). Diese Verbesserung ging jedoch mit einer verminderten Spezifität einher (96 % gegenüber 99 % [16]). V. a. bei Patienten mit einer TB in der Vorgeschichte der letzten 5 Jahre ist ein positives Ergebnis nicht automatisch mit einem Rezidiv gleichzusetzen [17].

Die WHO empfiehlt seit 2020 molekularbiologische Schnelltests in der initialen Erregerdiagnostik wie auch in der Resistenzdiagnostik den mikroskopischen und kulturellen Verfahren vorzuziehen. Dies gilt insbesondere für den NAAT Xpert® MTB/RIF und den Xpert® MTB/RIF Ultra der Firma Cepheid bei pulmonaler TB. Beide Tests zeigen zusätzlich zur Erregerdiagnostik eine Rifampicin-Resistenz an. Alternativ können laut WHO die Tests Truenat® MTB, MTB Plus und MTB-RIF Dx der Firma Molbio eingesetzt werden. Für die Liquor-Diagnostik bei Verdacht auf TB-Meningitis wird eine starke Empfehlung für den Einsatz des Xpert® MTB/RIF Ultra als initialen Test ausgesprochen. Für andere Probenmaterialien bei Verdacht auf eine extrapulmonale Tuberkulose rechtfertigen die analysierten Daten nur eine schwache Empfehlung in erster Linie für den Xpert® MTB/RIF [17].

Zusätzlich von der WHO empfohlen wird der LAMP-Test (loop-mediated isothermal amplification), der amplifizierte DNA-Sequenzen nach Konjugation mit einem entsprechenden Substrat unter UV-Licht mit dem bloßen Auge nachweisbar macht. Dieser Test bedarf nur einer einfachen Laborausstattung, es ist aber keine Resistenzbestimmung möglich. TB-LAMP kann daher in Ländern mit geringen Ressourcen als Alternative zur Mikroskopie für die Sputumdiagnostik bei Erwachsenen mit Verdacht auf Lungentuberkulose ohne Resistenzrisiko verwendet werden. In Deutschland, Österreich und der Schweiz wird diese Methode nicht eingesetzt.

Als weitere schnelle Möglichkeit zur mykobakteriellen Diagnostik empfiehlt die WHO einen Urintest zum Nachweis des mykobakteriellen Zellwandbestandteils Lipoarabinomannan (LAM). Es handelt sich um einen leicht durchzuführenden „point-of-care“-Test mit allerdings unzureichender Sensitivität und Spezifität. Für HIV-Patienten mit reduzierter CD4-Zellzahl ist die Sensitivität besser. Daher wird der LAM für HIV-Infizierte mit weniger als 200 CD4-Helferzellen bei hospitalisierten Patienten oder weniger als 100 CD4-Helferzellen bei ambulanten Patienten in Kombination mit anderen Testverfahren empfohlen. Kommerziell ist derzeit nur Alere DetermineTM LAM Ag (Abbot, USA) erhältlich. Der neu entwickelte Fujifilm SILVAMP® TB LAM wird derzeit noch in Studien getestet [18]. Auch der LAM wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht routinemäßig eingesetzt.

In Deutschland ist bei guter Laborkapazität weiterhin ein mikroskopischer Nachweis von säurefesten Stäbchen als Erstdiagnostik empfohlen. Durch die Mikroskopie des Sputums erhält man einen Hinweis auf die Bakterienlast des Sputums und damit das Infektionsrisiko. Allerdings ist eine Übertragung auch bei negativer Mikroskopie und positiver Kultur möglich [19].

Bei jedem Verdacht auf eine Tuberkulose sollte eine kulturelle Anzucht des Erregers angestrebt werden. Die Kultur stellt aktuell noch in Deutschland, Österreich und der Schweiz den Standard der TB-Diagnostik dar. Im Vergleich zu festen Kulturmedien besitzt die Flüssigkultur dabei eine etwas höhere Sensitivität, zudem ist ein Wachstum von Mykobakterien methodisch bedingt etwa 2 Wochen früher erkennbar.

Diagnostik von Medikamentenresistenzen

Trotz methodischer Herausforderungen hat die kulturelle oder phänotypische Resistenztestung derzeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiterhin einen hohen Stellenwert für klinische Therapieentscheidungen [20]. Die phänotypische Resistenztestung von Isoniazid, Rifampicin, Fluorchinolonen, Aminoglykosiden und Polypeptiden erscheint hierbei zuverlässiger als bei anderen Tuberkulosemedikamenten [21]. Erregeranzucht und phänotypische Resistenztestung können 2 – 10 Wochen in Anspruch nehmen. In dieser Zeit müsste eine kalkulierte Therapie durchgeführt werden, die, sofern möglich, an lokalen Resistenzmustern ausgerichtet ist [21] [22].

Wesentlich schneller stehen die Ergebnisse einer molekularbiologischen oder genotypischen Resistenztestung zur Verfügung. Diese kann in vielen Fällen auch aus Direktmaterial (z. B. erregerhaltigem Sputum) durchgeführt werden und ermöglicht den Nachweis der häufigsten Resistenz-assoziierten Mutationen im Erregergenom. Die Ergebnisse sollten nach wenigen Stunden bis Tagen zur Verfügung stehen und ermöglichen eine gezielte Therapieeinleitung. Die Chance auf ein interpretierbares Testergebnis korreliert mit der Erregerlast in der Patientenprobe und ist für mikroskopisch positive Proben deutlich höher als für mikroskopisch negative. Die molekularbiologischen Tests zeigen v. a. für die Medikamente der Standardtherapie eine gute Übereinstimmung mit den phänotypischen Ergebnissen [23]. In ersten Studien wird versucht, mittels moderner Sequenzierverfahren auch Resistenzen gegenüber Zweitrangmedikamenten ohne vorherige kulturelle Erregeranreicherung zu erfassen [24]. Die Ergebnisse molekularbiologischer Schnelltests sollten i. d. R. durch eine phänotypische Resistenztestung bestätigt werden. Zunehmend liefert die Sequenzierung des Gesamtgenoms zuverlässige Ergebnisse und ersetzt in einigen Ländern bereits die phänotypische Resistenztestung für Erstlinienmedikamente [23] [25].

Zur schnellen Diagnostik werden von der WHO sog. Line Probe Assays (LPAs) empfohlen. Sie können bei mikroskopisch oder kulturell positiven Sputumproben zur Diagnostik einer Rifampicin- und Isoniazid-Resistenz (z. B. HAIN Lifescience GenoType® MTBDRplus) eingesetzt werden. LPAs für Zweitlinienmedikamente (GenoType® MTBDRsl) können laut WHO anstelle phänotypischer Tests zur Bestimmung von Resistenzen gegen Fluorchinolone (FQs) und Amikacin eingesetzt werden, wenn zuvor eine Rifampicin-Resistenz festgestellt wurde. Die gleiche Empfehlung gilt bei Isoniazid-Monoresistenz vor Einleitung einer Therapie mit Fluorchinolonen. Phänotypische Resistenztests werden von der WHO weiterhin empfohlen, wenn bei der Testung mit LPAs keine Resistenz festzustellen ist, die Wahrscheinlichkeit für zusätzliche Resistenzen über die MDR-TB hinaus jedoch hoch erscheint [16] [17].

Im laufenden Jahr soll der neue NAAT-Schnelltest Xpert® MTB/XDR zur zeitgleichen Bestimmung von Resistenzen gegen Isoniazid, Fluoroquinolone, Amikacin, Kanamycin, Capreomycin und Ethionamid von der WHO evaluiert werden.


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Sequenzierung

Mit der Sequenzierung des Gesamtgenoms (whole genome sequencing, WGS) existiert eine Technik, mit der auch seltene, mit Medikamentenresistenzen assoziierte Mutationen, detektiert werden können. Zudem kann die Sequenzierung angewendet werden, um epidemiologische Daten zu analysieren und bei Ausbrüchen von Tuberkuloseerkrankungen den Ursprung nachzuverfolgen [26] [27] [28]. Eine umfassende phänotypische und genotypische Resistenztestung inklusive Sequenzierung wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz von Referenzlaboren angeboten und sollte zumindest für jeden MDR-TB-Stamm durchgeführt werden. Für die Identifizierung von Antibiotikaresistenzen bei Erstlinienmedikamenten ist die Methodik inzwischen sehr genau [23]. Die molekularbiologische Vorhersage von Antibiotikaresistenzen bei Zweitlinienmedikamenten befindet sich derzeit in Entwicklung [29] [30].


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Behandlung der Tuberkulose mit Isoniazid-Monoresistenz

Etwa 8 % der TB-Erkrankungen weltweit werden durch Isoniazid (INH)-resistente Tuberkulosebakterien verursacht, die empfindlich gegenüber Rifampicin (RMP) sind [31]. Basierend auf den Ergebnissen einer Metaanalyse mit individuellen Patientendaten hat die WHO 2018 eine gesonderte Empfehlung zur Therapie bei INH-Monoresistenz veröffentlicht, in der eine 4-fach-Therapie mit Levofloxacin zusammen mit oder anstelle von INH über die gesamte Therapiedauer von 6 Monaten empfohlen wird [5] [31] [32]. Diese Empfehlung wurde in die aktuellen WHO-Empfehlungen 2020 übernommen [6] [7].

In Deutschland lag der Anteil der INH-Resistenzen im Jahr 2018 bei 9,4 %. Es handelt sich hierbei um INH-Monoresistenzen und INH-Resistenzen mit weiteren Resistenzen [9]. In der Schweiz waren es gemäß Angaben des Bundesamtes für Gesundheit 6,2 % der getesteten TB-Stämme [8]. Die Empfehlung für die Therapie der INH-Monoresistenz ([Tab. 2]) wird bei der Aktualisierung der deutschen Leitlinie erneut bewertet. Zunächst haben die Empfehlungen von 2017 aber für die Behandlung in Deutschland Bestand. Eine wichtige Voraussetzung für die Behandlung der INH-Monoresistenz ist die schnelle und zuverlässige Testung von Resistenzen gegen die in dieser Situation eingesetzten Fluorchinolone.

Tab. 2

Therapieempfehlungen bei Monoresistenzen oder Unverträglichkeiten gegenüber einem Medikament der Standardtherapie [20].

Monoresistenz oder Unverträglichkeit

Initialphase

Kontinuitätsphase

Gesamttherapiedauer

Rifampicin (RMP)[1]

2 Monate INH, PZA, EMB, FQ[2]

10 – 18 Monate INH, EMB, FQ[2]

12 – 20 Monate

Isoniazid (INH)

2 Monate RMP, FQ[2], PZA, EMB

4 – 7 Monate RMP, EMB, FQ[2]

6 – 9 Monate

Pyrazinamid (PZA)

2 Monate INH, RMP, EMB, (FQ[2] , [3])

7 Monate INH, RMP

9 Monate

Ethambutol (EMB)[4]

2 Monate INH, RMP, PZA, (FQ[2] , [3])

4 Monate INH, RMP

6 Monate

FQ = Fluorchinolone

1 Empfehlung gilt nur bei Unverträglichkeit, eine Rifampicin-Monoresistenz wird wie eine MDR-Tuberkulose behandelt.


2 Moxifloxacin 400 mg/Tag; Levofloxacin 15 mg/kg KG: 750 – 1000 mg/Tag; Der Einsatz von Ciprofloxacin wird nicht mehr empfohlen. In Kombination mit Rifampicin wurden verminderte Serumkonzentrationen von Moxifloxacin gemessen, daher sollte diese Kombination mit besonderer Vorsicht angewendet und wenn möglich durch eine therapeutische Serumspiegelbestimmung überwacht werden [33 – 35].


3 zusätzlich Fluorchinolone bei ausgedehnter Erkrankung


4 betrifft nur Unverträglichkeiten, Monoresistenzen treten praktisch nicht auf



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Behandlung der Tuberkulose mit Rifampicin-Monoresistenz oder -Unverträglichkeit

Eine Rifampicin-Resistenz (RR) kommt in Westeuropa nur selten ohne Isoniazid-Resistenz vor. Da das Fehlen von Rifampicin gravierende Auswirkungen auf den Therapieerfolg hat, werden MDR- und RR-TB von der WHO oft gleichgesetzt und die Therapieempfehlungen zusammengefasst. Die aktuelle deutsche Therapieleitlinie empfiehlt für Patienten mit Rifampicin-Unverträglichkeit eine von der Rifampicin-Resistenz abweichende Therapie ([Tab. 2]). Die wissenschaftliche Basis für diese Empfehlung ist gering, und das Intervall für die Dauer der empfohlenen Therapie ist weit gefasst, da Antibiotikaresistenz nicht das einzige Kriterium für die Wahl der Medikamente und die Dauer der Therapie sein sollte. Der Immunstatus eines Patienten, die Schwere der Erkrankung und das Therapieansprechen sind weitere wichtige Parameter, die in zukünftigen Leitlinien diskutiert werden sollten.


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Behandlung multiresistenter Tuberkulose

Die Therapie multiresistenter Tuberkulosen ist komplex und sollte immer in Rücksprache mit einem erfahrenen Experten erfolgen. Verschiedene Faktoren wie Resistenzmuster, Vortherapie, Begleiterkrankungen, Wechselwirkungen mit Dauermedikation, potenzielle Nebenwirkungen etc. müssen bei der Auswahl des Therapieregimes berücksichtigt werden.

Die für die Behandlung der medikamentenresistenten TB verfügbaren Medikamente werden von der WHO seit 2018 in neue Gruppen eingeteilt ([Tab. 3]). Diese wurden in die neuen Empfehlungen von 2020 übernommen. V. a. dem neuen Medikament Bedaquilin, aber auch dem Linezolid wird mit den neuen Empfehlungen ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt. Die MDR-TB-Therapie ist für die meisten Patienten nun als vollständig orale Therapie möglich.

Tab. 3

Neue WHO-Einteilung der Tuberkulosemedikamente [5].

WHO-Gruppen (und Empfehlung)

Medikamente (WHO-Abkürzung)

Gruppe A
(alle 3 Medikamente verwenden)

Levofloxacin oder Moxifloxacin

Bedaquilin[1]

Linezolid

Gruppe B
(eines oder beide Medikamente hinzufügen)

Clofazimin

Cycloserin oder Terizidon

Gruppe C
(Medikamente hinzufügen, wenn es nicht möglich ist, die Therapie mit Medikamenten der Gruppe A und B zu vervollständigen)

Ethambutol

Delamanid

Pyrazinamid

Imipenem – Cilastin oder Meropenem

Amikacin (oder Streptomycin)

Ethionamid oder Protionamid

Para-Aminosalicylsäure

1 Bedaqulin wird für mindestens 6 Monate empfohlen. Eine längere Nutzung scheint sicher. Ob es das Therapieergebnis positiv beeinflusst, ist aktuell unklar.


Die WHO empfiehlt, für die MDR-Tuberkulose-Therapie [36] eine Kombination aus mindestens 4 wirksamen Medikamenten zusammenzustellen.

  • Alle 3 Medikamente der Gruppe A sollen, wenn möglich, verwendet und durch 1 Medikament der Gruppe B ergänzt werden.

  • Wenn nur 1 oder 2 Medikamente der Gruppe A verwendet werden können, dann werden beide Medikamente der Gruppe B ergänzt.

  • Sollte sich aus den Gruppen A und B keine vollständige Therapie zusammenstellen lassen, soll durch Medikamente der Gruppe C ergänzt werden.

Hier gibt es eine Diskrepanz zu den Empfehlungen der European Respiratory Society (ERS), American Thoracic Society (ATS) und Infectious Disease Society of America (IDSA), welche mindestens 5 wirksame Medikamente in der Intensivphase und 4 Medikamente im Anschluss für eine MDR-TB-Therapie empfehlen [37]. Für die Wahl der Medikamente ist eine umfangreiche Antibiotikaresistenztestung notwendig.

Die neuen Empfehlungen der WHO schlagen weiterhin eine Therapiedauer von 18 – 20 Monaten vor. Allerdings wird kommentiert, dass die Therapiedauer an das individuelle Ansprechen auf die MDR-TB-Therapie angepasst werden kann. Für die meisten MDR-TB-Patienten sollte eine Therapiedauer von 15 – 17 Monaten nach Kulturkonversion ausreichend sein.

Eine bedeutende Neuerung ist die Herabstufung der Aminoglykoside in der MDR-TB-Therapie. Die WHO empfiehlt diese, wenn möglich, aus der Therapie zu entfernen. Nur Amikacin (alternativ Streptomycin) sollte noch eingesetzt werden, wenn keine andere Möglichkeit besteht, eine MDR-TB Therapie zu vervollständigen. Capreomycin und Kanamycin werden generell nicht mehr empfohlen. Sofern Amikacin oder Streptomycin verwendet wird, sollten für die Intensivphase mit Aminoglykosiden in den meisten Fällen 6 – 7 Monate ausreichend sein [5].

Mit den neuen WHO-Empfehlungen von 2020 wird nun auch der Einsatz von Bedaquilin

  • über 6 Monate hinaus,

  • gleichzeitig mit dem neuen Medikament Delamanid

  • und in der Schwangerschaft

als ausreichend sicher angesehen. Die Datengrundlage für diese Empfehlungen war limitiert, daher muss die Therapie gerade in solchen Situationen gut überwacht werden können [6] [7].

Aus mikrobiologischer Sicht ist bez. der neuen WHO-Empfehlungen anzumerken, dass für einige der genannten Substanzen (Cycloserin/Terizidon, Para-Aminosalicylsäure) aktuell keine kritischen Konzentrationen zur Unterscheidung in „sensibel“ oder „resistent“ etabliert sind [38]. Zudem ist die Empfindlichkeitsprüfung von Bedaquilin technisch anspruchsvoll und sollte in spezialisierten Laboren erfolgen, die diese Untersuchung regelmäßig durchführen.

Eine begleitendende HIV-Infektion macht die Therapie durch Medikamenten-Interaktionen und -Nebenwirkungen i. d. R. komplizierter. Interaktionen können unter Berücksichtigung aktueller Literatur unter www.hiv-druginteractions.org geprüft werden. Die Behandlung der Koinfektion sollte nur in Zentren mit entsprechender Erfahrung erfolgen.

Stellungnahme zu den WHO-Empfehlungen für den deutschsprachigen Raum

Nach der Aktualisierung der WHO-Empfehlungen 2019 wurde eine gemeinsame Stellungnahme durch das Forschungszentrum Borstel (FZB) und das DZK veröffentlicht, in der die neuen WHO-Empfehlungen unterstützt werden.

Für die MDR-TB-Behandlung in Deutschland wird die Einleitung einer aus 5 Medikamenten bestehenden MDR-Therapie mit Bedaquilin, Linezolid, Levo- oder Moxifloxacin, Clofazimin und Terizidon nach molekularbiologischem Nachweis einer Rifampicin-Resistenz und Ausschluss von Fluorchinolon-Resistenzen (gyrA Gen Position 90, 91 und 94 Wildtyp) empfohlen. Im Fall des molekularbiologischen Nachweises einer Fluorchinolon-Resistenz sollte ein intravenöses Portsystem implantiert und eine Therapie mit Bedaquilin, Linezolid, Clofazimin, Terizidon, Amikacin oder Meropenem/Amoxicillin-Clavulansäure eingeleitet werden. Ziel bleibt es, initial mindestens 5 wirksame Substanzen zu verabreichen. Die Wahl zusätzlicher Medikamente der Gruppe C sollte in Abhängigkeit der Ergebnisse der Resistenztestung erfolgen [39].

Amikacin wird dabei für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit einer MDR-/RR-TB nur empfohlen:

  • wenn ein Therapieregime aus Medikamenten der Gruppen A und B nicht zusammengestellt werden kann,

  • die Ergebnisse der Resistenztestung eine Wirksamkeit des Medikaments nahelegen und

  • sichergestellt werden kann, dass ein engmaschiges Monitoring erfolgt, um die Entwicklung von Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen [40]

Mehr als 10 % der Patienten, die mit Aminoglykosiden, PAS oder Linezolid wegen einer MDR-TB behandelt werden, erleiden Nebenwirkungen, die i. d. R. zum Wechsel der Therapie führen [41].

Ein engmaschiges Monitoring ist in den meisten spezialisierten Zentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz realisierbar, sodass Amikacin hier weiterhin eine Therapieoption bleibt. Die neuen WHO-Empfehlungen von 2020 unterstützen diese Position unter den genannten Bedingungen [6].


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Kurzzeittherapie der multiresistenten Tuberkulose

Seit 2016 empfiehlt die WHO für selektierte MDR-TB-Patienten eine Kurzzeittherapie über 9 – 12 Monate mit einer fixen Medikamentenkombination und bevorzugt diese mit den neuen Empfehlungen 2020 gegenüber der längeren individualisierten Therapie [6] [7] [40]. Voraussetzung für eine solche Kurzzeitbehandlung ist die nachgewiesene Empfindlichkeit des Erregers gegen Fluorchinolone und idealerweise alle anderen eingesetzten Substanzen. Zudem darf der Patient mit keinem der eingesetzten Medikamente zuvor für mehr als 1 Monat behandelt worden sein. In Europa trifft dies vermutlich nur für wenige Patienten zu, da ein hoher Anteil der MDR-TB-Fälle zusätzliche Resistenzen aufweist [22] [42]. Eine bevorzugte Anwendung der Kurzzeittherapie kann daher in Deutschland aktuell nicht empfohlen werden [20] [39].

Die 2016 von der WHO empfohlene Medikamentenkombination enthielt Aminoglykoside, welche nicht mehr eingesetzt werden sollten. Nun zeigten aktuelle Daten aus Südafrika, dass eine vollständig orale Kurzzeittherapie unter Einsatz von Bedaquilin die Therapieergebnisse verbessert und zu weniger Therapieabbrüchen führt [43]. Für Patienten mit MDR-TB-Stämmen, bei denen eine Fluorchinolon-Empfindlichkeit nachgewiesen wurde und eine Kurzzeittherapie indiziert ist, empfiehlt die WHO daher seit 2020, auf Aminoglykoside zugunsten von Bedaquilin zu verzichten. Die vollständig orale Kurzzeittherapie über 9 – 12 Monate soll Bedaquilin, Levo- oder Moxifloxacin, Ethionamid, Ethambutol, Pyrazinamid, hochdosiertes Isoniazid und Clofazimin enthalten [6] [7].


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Neue Kombinationstherapie für MDR-TB mit Fluorchinolon-Resistenz

Das neue Nitroimidazol Pretomanid wurde durch die gemeinnützige Organisation TB-Alliance entwickelt und in der Kombinationstherapie BPaL mit Bedaquilin und Linezolid in Südafrika an 109 Patienten erprobt. Zur Zulassung führte eine Open-Label-Studie ohne Vergleichsarm (Nix-TB), die mit einem Therapieerfolg von 90 % eine gute Wirksamkeit bei komplizierter Resistenzlage zeigen konnte [44]. Allerdings traten bei 25 % der Patienten schwere Nebenwirkungen wie Knochenmarksdepression und periphere Neuropathien auf, die als dosisabhängige unerwünschte Nebenwirkungen von Linezolid bekannt sind. Weitere Studien mit dem Ziel, die Verträglichkeit der Medikamentenkombination zu verbessern, werden derzeit durchgeführt. In der ZeNix-Studie werden bspw. verschiedene Linezolid-Dosierungen getestet.

Seit Juli 2020 ist Pretomanid in Kombination mit Linezolid und Bedaquilin auch in der EU für die Behandlung von XDR-TB und MDR-TB ohne andere Therapieoption zugelassen. Die WHO empfiehlt die Anwendung von BPaL nur unter Studienbedingungen und ohne vorherige Therapie mit Bedaquilin oder Linezolid über mehr als 2 Wochen. Diese oft letzte Behandlungsoption sollte Zentren mit hinreichender Erfahrung in der Therapie komplex resistenter Tuberkulosen vorbehalten bleiben.

Derzeit haben 10 neue Wirkstoffe zur Therapie der Tuberkulose die klinische Entwicklungsphase II erreicht. Diese Situation gibt Anlass zur Hoffnung auf neue Therapieoptionen. Nie zuvor in der Geschichte der Tuberkulosetherapie gab es so viele neue Substanzen in der klinischen Erprobung [45].


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Zusammenfassung und Ausblick

Die resistente Tuberkulose stellt nicht nur betroffene Patientinnen und Patienten, sondern auch behandelnde Ärztinnen und Ärzte vor große Herausforderungen. Resistente Tuberkulose ist auch eine große finanzielle und soziale Belastung.

In den letzten Jahren haben die intensivierte Forschung im Bereich Diagnostik und die klinische Entwicklung neuer Therapieoptionen zu erfreulichen Fortschritten in der Behandlung der MDR-Tuberkulose geführt. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die MDR-TB-Fallzahlen gering, und es stehen ausreichende Ressourcen zur Nutzung dieser neuen Möglichkeiten zur Verfügung.

Die größten Herausforderungen der TB-Kontrolle im 21. Jahrhundert betreffen in erster Line Hochinzidenzländer mit limitierten Ressourcen, zu denen auch Anrainerstaaten der EU in Osteuropa gehören [46]. Dabei sind neben innovativen Weiterentwicklungen in Diagnostik und Therapie präventive Maßnahmen und die Entwicklung einer wirksamen Impfung von entscheidender Bedeutung für die Bekämpfung der Tuberkulose. Dringend sollte aber bereits jetzt weltweit Zugang zu den vorhandenen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten für alle Menschen ermöglicht werden.

Beratungsangebote in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Bei Resistenzen empfiehlt sich immer die frühe Konsultation eines TB-erfahrenen Zentrums.

In Deutschland gibt es 2 Möglichkeiten zur Beratung. Das Forschungszentrum Borstel bietet mit dem TBinfo-Telefonservice eine täglich erreichbare fachärztliche Beratung unter 04537-1880 an. Behandlungsempfehlungen für Patienten werden hier in einem interdisziplinären TB-Board 1-mal wöchentlich diskutiert. Das DZK ist wochentags unter der Telefonnummer 0 30-81 49 09 22 zur Tuberkuloseberatung erreichbar.

In Österreich bezieht man sich sowohl auf die S2k-Leitlinien als auch auf die WHO-Empfehlungen von 2020. Für Fragen zur Diagnostik ist die Nationale Referenzzentrale der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) zuständig. Konsiliarische Anfragen bzgl. Therapie von MDR-Tuberkulosen können an die Tuberkulosestation Severin, Klinik Penzing, in Wien gerichtet werden.

In der Schweiz gibt es keine eigenen Empfehlungen für die Therapie der MDR-TB. Aktuell empfehlen das Bundesamt für Gesundheit und die Lungenliga die Konsultation von Experten im Falle einer Rifampicin-Resistenz. Dabei sind werktags von 8–12 und 14–17 Uhr Experten über die kostenfreie Telefonnummer der Lungenliga Schweiz 08 00-3 88-3 88 erreichbar. Koordiniert von der Lungenliga gibt es eine Expertengruppe aus Klinikern, Mikrobiologen und Public Health-Spezialisten, die auf einer Online-Plattform komplexe Fälle diskutieren und Fragen der Behandler beantworten.


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Interessenkonflikt

Ralf Otto-Knapp hat Honorare der Firmen Novartis, Gilead, Boehringer Ingelheim, Berlin Chemie, Insmed, Astra Zeneca für Vorträge erhalten, die von den genannten Firmen finanziell unterstützt oder organisiert wurden. Die Firmen hatten keinen Einfluss auf die Inhalte der Präsentationen.
Brit Häcker: 2018 finanzielle Unterstützung durch Otsuka für Erstellung einer Datenbank für MDR-Patienten.
Christoph Lange erhielt Vortragshonorare von Chiesi, Gilead, Janssen, Novartis, Berlin Chemie und Insmed für Vorträge auf Symposien, die von diesen Firmen unterstützt/veranstaltet wurden und hat gegen Honorarzahlung Oxfordimmunotec wissenschaftlich beraten. Er hat beim Europäischen Patentamt ein Patent für einen Biomarker zur Individualisierung der Therapie der Tuberkulose angemeldet (EP20158652.6).
Florian Maurer erhielt Honorare der Akademie für Infektionsmedizin und Biomerieux für Vorträge ohne Einfluss auf den Inhalt.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Ralf Otto-Knapp
Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose e. V. (DZK)
Walterhöferstr. 11, Haus Q
14165 Berlin
Deutschland   

Publication History

Article published online:
17 November 2020

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