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DOI: 10.1055/a-1282-5337
Liebe Leserinnen und Leser,
das erste Jahr mit Corona geht zur Neige. Wer hätte vor einem Jahr geahnt, dass ein Virus derart die Welt verändern kann? Dabei ist das Thema nicht unbekannt. Pandemien sind im Laufe der Geschichte immer wieder aufgetreten und scheinen häufiger zu werden, insbesondere aufgrund des zunehmenden Auftretens von Viruserkrankungen bei Tieren. Das Pandemierisiko wird durch das beschleunigte Ausbreitungsrisiko aufgrund der globalen Mobilität erhöht. Und seit Jahren wird eine erneute Influenza-Pandemie erwartet. Influenza wurde wiederholt als der wahrscheinlichste Erreger einer schweren Pandemie bezeichnet. Trotz der SARS-Erfahrung von 2003 hat kaum jemand SARS-CoV-2 geahnt. Unser tägliches Leben ist derzeit durch die massiven Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie und die kontroverse Diskussion darüber geprägt. Dass notwendige politische Entscheidungen bei mangelnder Datenlage schwer zu treffen und zu begründen sind, ist nachvollziehbar. Dass aber auch nach 9 Monaten Pandemie noch so viele zentrale Fragen zur Pandemie offen sind, ist erschreckend. Als ob sehr viel mehr Energie und Geld für die Entwicklung von Impfstoffen eingesetzt wurde als für die Erforschung von Übertragungs- und Verbreitungswegen, von Risikobereichen und effektiven Infektionsschutzmaßnahmen. Warum werden hierzu nicht alle verfügbaren Forschungsinstitute in Deutschland und in Europa aufgefordert, sich in koordinierter und abgestimmter Weise an solchen Forschungen zu beteiligen mit entsprechend großzügiger Unterstützung seitens der staatlichen Stellen, die gerade viele Millionen für Impfstoffkontingente ausgeben? Auch hier zeigt sich: Forschungsbereiche ohne Assoziation zu Produkten, mit denen Geld verdient wird, haben oft das Nachsehen. Hier könnte dies fatal sein, denn noch wissen wir nicht, ob sich die Hoffnungen im Zusammenhang mit der Impfung erfüllen, aber sicher ist, dass wir weiter mit angeordneten Restriktionen leben müssen, die weitaus besser akzeptiert würden, wenn sie mit klaren wissenschaftlichen Daten begründet werden könnten. Dass die Ernährungsmedizin eine nicht unwichtige Rolle in der Prävention und Behandlung von COVID-19 spielt, unterstreicht die Bedeutung unseres Fachgebiets. Sowohl Mangelernährung (s. Beitrag ESPEN/WHO in Heft 3, Aktuelle Ernährungsmedizin 2020; 45: 182–192) als auch Adipositas (s. Deutsches Ärzteblatt 17. August 2020: „COVID-19: Morbide Adipositas erhöht Sterberisiko bei „jüngeren“ Männern“ basierend auf Analysen eines kalifornischen Krankenversicherers publiziert in den Annals of Internal Medicine 2020; doi:10.7326/M20-3742) sind klare Risikofaktoren für Infektion mit SARS-CoV-2 und schweren Verlauf der Erkrankung. Siehe auch die im vorliegenden Heft kommentierte Arbeit von de Watteville A et al. Easy-to-prescribe nutrition support in the intensive care in the era of COVID-19. Clin Nutr ESPEN 2020; 39: 74–78. Nicht zuletzt aus diesen Gründen sollten wir Ernährungsmediziner uns mit COVID-19 wissenschaftlich und klinisch auseinandersetzen. Alles COVID oder was? Nicht ganz: Das vorliegende Heft bietet Wissenschaft in Form von zwei Originalarbeiten zur Therapie der Adipositas bzw. zum Stoffwechsel bei Tumorpatienten sowie Fortbildung zu den Themen Ernährung und Mikrobiom (Übersicht) bzw. Ernährungstherapie bei Herzinsuffizienz und kardialer Kachexie (CME). Darüber hinaus ein Kommentar zur personalisierten Ernährungsmedizin unseres Section-Editors Christian Sina sowie eine Kasuistik zum Stellenwert der Telemedizin in Pandemiezeiten.
Bleiben Sie zuversichtlich und lesen Sie die Aktuelle Ernährungsmedizin!
Ich wünsche Ihnen trotz aller Einschränkungen eine schöne Weihnachtszeit
Ihr
Stephan C. Bischoff
Editor
Publication History
Article published online:
07 December 2020
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