Key words
prostate - PI-RADS - prostate cancer - uroradiology - MR imaging
Einleitung
Das Prostatakarzinom ist nach dem Bronchialkarzinom global die zweithäufigste maligne,
nichtkutane Tumorerkrankung des Mannes. Es war mit weltweit 1.276.106 Neuerkrankungen
im Jahr 2018 für 3,8 % aller krebsbedingten Todesfälle bei Männern verantwortlich
[1]. In der Diagnostik dieser Erkrankung hat die multiparametrische Magnetresonanztomografie
(mpMRT) der Prostata in den letzten Jahren deutlich an Stellenwert gewonnen und ist
gegenwärtig wichtiger Bestandteil aktueller europäischer Leitlinien [2]. Die mpMRT der Prostata verbessert hierbei nicht nur die Diagnostik und das lokale
Staging, sondern hilft auch entscheidend in der Prognoseeinschätzung und Therapieindividualisierung
[3]
[4].
Im Jahr 2012 erschienen mit der Leitlinie der European Society of Urogenital Radiology
(ESUR) erstmals auf einem breiten Konsens basierende Empfehlungen zur Standardisierung
von Durchführung, Auswertung und Befundung der MRT der Prostata [5]. Der Kern dieses Dokuments, das Prostate Imaging – Reporting and Data System (PI-RADS),
etablierte sich als Name für die Leitlinie, deren erste Fortsetzung im Jahr 2015 erschien
(PI-RADS 2.0) [6].
PI-RADS 2.0 führte zur Vereinfachung erstmals das Konzept der dominanten Sequenz (DWI
in der peripheren Zone, T2 in der Transitionszone) ein. Insgesamt wurde die neue Version
gut aufgenommen. Studien zeigen jedoch weiterhin eine relativ geringe Detektionsrate
von Karzinomen in der Transitions- im Vergleich zur peripheren Zone und eine relativ
hohe Interreader-Variabilität, die zum Teil auf missverständliche Formulierungen in
der PI-RADS-Version 2.0 zurückgeführt wurde [7]
[8]
[9]
[10]
[11]. Unter Berücksichtigung dieser Kritikpunkte und um die fortschreitende technische
Entwicklung abzubilden, veröffentlichten die AdMeTech Foundation, die ESUR und das
American College of Radiology (ACR) als PI-RADS Steering Committee im Frühjahr 2019
die PI-RADS-Version 2.1 [12].
Die aktualisierte Version implementiert Änderungen, welche Unsicherheiten im Scoring
minimieren und die Interreader-Variabilität vermindern sollen, ohne den etablierten
Anwendungsalgorithmus im Grundsatz zu ändern [13]. Dieser Übersichtsartikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen der
PI-RADS-Version 2.1 und diskutiert mögliche klinische Implikationen.
Änderungen in der Bildakquisition
Änderungen in der Bildakquisition
Unverändert zur Version 2.0 empfiehlt auch die überarbeitete PI-RADS-Version 2.1 die
multiparametrische MRT (mpMRT) aus T2-gewichteten (T2w), diffusionsgewichteten (diffusion
weighted imaging, DWI) sowie kontrastmittelgestützten (dynamic contrast-enhanced,
DCE) Sequenzen. Die biparametrische MRT (bpMRT), gleichbedeutend mit dem Verzicht
auf kontrastmittelgestützte Sequenzen, wird in der Leitlinie mit ihren Vor- und Nachteilen
diskutiert, jedoch nicht als Standard empfohlen.
Ebenfalls unverändert zur PI-RADS-Version 2.0 empfiehlt auch die aktuelle Version
2.1 die Verwendung von MRT mit einer Feldstärke von 1,5 oder 3 Tesla. Eine generelle
Empfehlung zur Nutzung von Endorektalspulen gibt auch PI-RADS-Version 2.1 nicht, insbesondere
da aktuelle Scanner beider Feldstärken ein adäquates Signal-zu-Rausch-Verhältnis auch
ohne deren Einsatz gewährleisten können.
T2-gewichtete Bildgebung
Die T2-Wichtung bleibt die dominante Sequenz in der Beurteilung der Transitionszone.
Während PI-RADS 2.0 noch die Akquisition T2-gewichteter Sequenzen in allen 3 Standard-Raumebenen
(axial, sagittal, koronar) empfahl, genügt nach PI-RADS 2.1 die T2w in axialer Orientierung
sowie mindestens einer weiteren orthogonalen Raumebene. Auch wenn PI-RADS 2.1 hierbei weder die sagittale
noch die koronare Raumebene explizit favorisiert, wird über die empfohlene Volumenbestimmung
der Prostata unter Zuhilfenahme der sagittalen Raumebene indirekt die Kombination
aus mindestens der transversalen und sagittalen T2w befürwortet.
Aufgrund von möglichen Partialvolumeneffekten ist nach Ansicht der Autoren, sofern
es das Zeitbudget zulässt, eine Akquisition der T2w in allen 3 Standard-Raumebenen
vorteilhaft. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die in PI-RADS 2.1 neu eingeführte
Differenzierung von typischen und atypischen BPH-Knoten anhand der Durchgängigkeit
der T2-hypointensen Kapsel in Knoten der Transitionszone (s. u.). Ergänzend zu den
2-dimensionalen T2-gewichteten Sequenzen können 3D-T2w-Bilder nützlich sein, um eine
bessere anatomische Übersicht zu gewinnen. Teilweise ist hierbei jedoch der Weichteilkontrast
gegenüber 2D-T2w-Bildern unterlegen.
Anders als PI-RADS 2.0 gibt Version 2.1 nun eine Empfehlung zur Ausrichtung der axialen
(T2w-) Sequenz. Die Orientierung sollte hierbei entweder streng axial zum Patienten
(unabhängig von der Lage der Prostata) oder in schräg axialer Ausrichtung senkrecht
zur Prostata-Längsachse (senkrecht zur max. Ausdehnung der Prostata zwischen Basis
und Apex in der sagittalen Ebene) erfolgen. Die letztgenannte Vorgehensweise hat den
Vorteil, dass sie i. d. R. die Fusion mit den Ultraschallbildern bei der transrektalen
Biopsie erleichtert.
Diffusionsgewichtete Bildgebung
Die Diffusionsbildgebung (diffusion weighted imaging, DWI) bleibt die dominante Sequenz
in der Beurteilung der peripheren Zone.
Da die ADC-Werte in Abhängigkeit der zugrunde liegenden b-Werte gewissen Schwankungen
unterliegen können, wurden in PI-RADS 2.0 Empfehlungen gegeben, um diese Schwankungen
möglichst gering zu halten. So empfahl PI-RADS 2.0 die Akquisition der niedrigen b-Werte
zwischen 50 und 100 s/mm2, um störende Pseudoperfusionseffekte bei einem b-Wert von 0 s/mm2 zu vermeiden [14]
[15]. Da die technischen Anforderungen für die Einhaltung der Vorgabe von PI-RADS 2.0
zum Teil schwieriger zu erfüllen sind, ist nach PI-RADS 2.1 nun auch ein niedriger
b-Wert von 0 s/mm2 erlaubt. Als hoher b-Wert für die ADC-Berechnung sollen 1000 s/mm2 nicht überschritten werden, um Kurtosis-Effekte zu vermeiden [16]
[17].
Abgesehen von der DWI mit mindestens zwei b-Werten zwischen 0 und 1000 s/mm2 zur ADC-Berechnung, die stets durchgeführt werden soll, konnte inzwischen vielfach
gezeigt werden, dass zusätzliche „ultrahohe“ b-Werte den T2-Durchscheineffekt reduzieren
und den Kontrast zwischen Tumor und normalem Prostatagewebe erhöhen [18]
[19] ([Abb. 1]). Die PI-RADS-Version 2.1 verlangt daher, einen ultrahohen b-Wert von mindestens
1400 s/mm2 (a) entweder aus den zur ADC-Berechnung akquirierten b-Werten (b0 bis b1000) zu extrapolieren
oder (b) zusätzlich separat zu messen. Da die Detektion von Prostatakarzinomen signifikant
verbessert wird [20]
[21]
[22]
[23], sind die seit PI-RADS 2.1 obligatorischen ultrahohen b-Werte eine zweifellos sinnvolle
Neuerung.
Abb. 1 Unterschiedliche b-Werte der DWI bei einem 80-jährigen Mann mit einem PSA von 6,01 ng/ml
ohne vorangegangene Biopsie. Die T2w a zeigt eine signalabgesenkte Region, basisnah in der anterioren Transitionszone links
mit abgesenktem ADC-Wert. b Das b1000-Bild c zeigt nur eine flaue Signalanhebung im korrespondierenden Areal, welche sich im b1400-Bild
d deutlicher zur Umgebung abgrenzen lässt. Das errechnete b2000-Bild e zeigt die Läsion am deutlichsten. Die 1,7 cm große Läsion entspricht einem PI-RADS-5-Befund.
Die Biopsie ergab ein Karzinom mit einem Gleason-Score von 3 + 4 = 7a.
Wichtig ist es, bei der Wahl des ultrahohen b-Wertes die Feldstärke des MR-Systems
zu berücksichtigen; grundsätzlich sind bei 3,0 T unter sonst gleichen Bedingungen
höhere b-Werte als bei 1,5 T möglich [24]. Ob die Neuerung des obligatorischen ultrahohen b-Wertes sich auch bei weniger leistungsfähigen
MR-Systemen als technisch umsetzbar erweist, wird die klinische Praxis in den nächsten
Jahren zeigen.
Dynamische kontrastmittelgestützte Sequenz
PI-RADS 2.1 empfiehlt in der Bildakquisition nach i. v.-Kontrastmittelgabe die Verwendung
3-dimensionaler T1-Sequenzen und betont die Vorteile einer hohen räumlichen Auflösung gegenüber 2D-T1-Sequenzen. Hierbei kann die DCE u. a. dabei helfen, periprostatische
Venen besser von pseudokapselnah gelegenen kleinen Karzinomen zu differenzieren [25].
Da die zeitliche Auflösung bei der Akquisition auch immer mit Kompromissen bei der
räumlichen Auflösung verbunden ist, empfiehlt Version 2.1 nun eine zeitliche Auflösung
von bis zu 15 Sekunden (PI-RADS 2.0: ≤ 10s; < 7 s bevorzugt), da das mögliche Risiko,
hierbei ein frühes KM-Enhancement von Läsionen zu verpassen, vernachlässigbar ist
[26]. Um die Auswertung der dynamischen kontrastmittelgestützten Sequenzen möglichst
zu vereinfachen, empfiehlt PI-RADS eine einfache qualitative visuelle Beurteilung
der DCE und fordert keine quantitative Auswertung. Unverändert zur Vorversion empfiehlt
PI-RADS 2.1 nach KM-Applikation eine Mindestuntersuchungszeit von 2 Minuten.
Multi- oder biparametrische MRT?
Die biparametrische MRT (bpMRT) der Prostata, also die Beschränkung auf T2- und DWI-Sequenzen,
hat in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse erfahren. Studien belegen, dass
die bpMRT in großen Zentren gute Ergebnisse zeigt [27]
[28]. Gleichzeitig ist die bpMRT schneller und kostengünstiger als die mpMRT, was aufgrund
der deutlich ansteigenden Fallzahlen nicht unberücksichtigt bleiben kann [29]. Durch einen Verzicht auf Gadolinium-haltige Kontrastmittel entfallen zudem gleichermaßen
deren mögliche Risiken.
Das PI-RADS Steering Committee bezieht in PI-RADS 2.1 erstmals Stellung zur Rolle
der bpMRT, empfiehlt diese jedoch nicht zur generellen Anwendung. Ein Grund hierfür
sind Studien, die eine höhere Sensitivität der mpMRT durch die DCE-MRI zeigen [30]
[31]
[32]
[33]
[34]. Dies gilt insbesondere in Settings mit weniger erfahrenen Befundern. Zudem „verlässt
sich“ die bpMRT vollumfänglich auf eine qualitativ hochwertige T2 und DWI und verliert
damit die DCE-MRI als wichtige „Back-Up-Sequenz“ in Fällen einer suboptimalen DWI
([Abb. 2]). Auch kann der Wegfall der DCE-MRI in der Vergabe von mehr PI-RADS-3- und weniger
PI-RADS-4-Läsionen münden [35]. Eine hohe Zahl von PI-RADS-3-Läsionen gilt als problematisch, da diese Wertung
keine einheitliche weitere Vorgehensweise nach sich zieht. In Abwesenheit der DCE-MRI
gibt es Überlegungen von Befürwortern der bpMRT, das klinische Management von Kategorie-3-Läsionen
vom Volumen der jeweiligen Läsion abhängig zu machen. Hierbei würden Patienten mit
einer PI-RADS-3-Läsion, die ein Volumen < 0,5 cm3 aufweist, einem Follow-up aus PSA-Kontrollen und jährlich wiederholter bpMRT zugeführt,
und jene mit einem Läsions-Volumen > 0,5 cm3 der gezielten Biopsie [36]
[37].
Abb. 2 DCE-MRI als „Backup-Sequenz“ bei DWI von geringer Qualität. 77-jähriger Mann mit
einem PSA von 4,7 ng/ml nach 2 negativen Stanzbiopsien. In der T2w a zeigt sich eine fokale unscharf begrenzte Signalabsenkung. Distorsionsartefakte durch
reichlich Luft im Rektum verzerren die Bilder der DWI. Während die ADC-Werte in diesem
Areal fokal abgesenkt sind b, ist das b1000-Bild c in dieser Region nicht diagnostisch. In diesem Fall kann eine kontrastmittelgestützte
Sequenz d ein korrespondierend fokales früharterielles Enhancement (Pfeil) belegen – die Läsion
wird hochgestuft auf eine Gesamt-PI-RADS-Kategorie 4. Die Biopsie ergab ein Prostatakarzinom
mit einem Gleason-Score von 3 + 4 = 7a. An diesem Beispiel wird deutlich, dass eine
Enddarm-Entleerung vor der Untersuchung entscheidend zum technischen Gelingen und
zu hoher diagnostischer Genauigkeit beiträgt.
Die Autoren schließen sich der Empfehlung des PI-RADS Steering Committees an, wonach
die mpMRT immer dann Vorrang haben sollte, wenn die Priorität der Untersuchung ist,
kein klinisch signifikantes Prostatakarzinom zu verpassen. Die bpMRT sollte zunächst
qualifizierten Zentren und spezialisierten Radiologen mit großer Erfahrung vorbehalten
bleiben und ihre Rolle im Rahmen von Studien weiter evaluiert werden.
Zusammenfassung der wichtigsten Änderungen in der Bildakquisition nach PI-RADS 2.1
-
T2w-Bilder sollen in axialer Orientierung sowie mindestens einer weiteren orthogonalen
Raumebene akquiriert werden.
-
Die axialen T2w-Bilder sollen entweder streng axial oder schräg axial senkrecht zur
Prostata-Längsachse ausgerichtet sein.
-
Akquisition der niedrigen b-Werte nun auch zwischen 0 du 100 s/mm2 möglich (50–100 s/mm2 ist zu bevorzugen).
-
Maximaler hoher b-Wert für die ADC-Berechnung ist ≤ 1000 s/mm2.
-
Ein hoher b-Wert von mindestens 1400 s/mm2 ist entweder zu extrapolieren oder zusätzlich separat zu messen.
-
3D-T1w-Sequenzen sind nach i. v.-Kontrastmittelgabe gegenüber 2D-T1w-Sequenzen zu
bevorzugen.
-
Bei der Akquisition dynamischer KM-gestützter Sequenzen ist eine zeitliche Auflösung
von bis zu 15 Sekunden möglich.
-
Die bpMRT wird gegenwärtig noch nicht zur generellen Anwendung empfohlen.
Änderungen in der Befundinterpretation
Änderungen in der Befundinterpretation
Während sich der in PI-RADS 2.0 etablierte Befundungsalgorithmus ausschließlich auf
Läsionen der peripheren Zone und der Transitionszone bezieht, werden in PI-RADS 2.1
das anteriore fibromuskuläre Stroma (AFMS) und die zentrale Zone als relevante Regionen
zusätzlich mit aufgenommen. Diese Regionen erhalten jedoch kein eigenes Scoring-System
und bedürfen bei unauffälligem Befund auch keiner gesonderten Erwähnung im radiologischen
Befund. Kleine, jedoch klinisch durchaus relevante Anpassungen gibt es zudem beim
Scoring von Läsionen der Transitionszone sowie in der Interpretation von DWI und DCE-MRI.
Zentrale Zone
Die zentrale Zone (central zone, CZ) ist histologisch den Samenbläschen sehr ähnlich
und erstreckt sich, die Ductus ejaculatorii umgebend, von der Basis der Prostata und
dorsal der TZ nach kaudal in Richtung Prostata-Apex bis auf Höhe des Colliculus seminalis
(Verumontanum). In der koronaren Ebene ist die CZ aufgrund ihrer V-förmigen Konfiguration
häufig besser und in bis zu 93 % der mpMRT zu identifizieren [38]
[39].
Die normale CZ zeigt sich in T2w und ADC als bilateral symmetrisch signalabgesenkte
Region mit dezenter Signalanhebung in der DWI. Aufgrund ihrer histologischen Ähnlichkeit
zu den Samenbläschen und deren geringer Karzinominzidenz sind auch Karzinome der CZ
äußerst selten und verantwortlich für weniger als 5 % aller Prostatakarzinome. Ihre
ätiologische und lokoregionäre Verbundenheit zu den Samenbläschen erklärt wiederum
deren häufige Infiltration durch Tumoren der CZ [40]. Tumoren der CZ zeigen sich häufig als asymmetrische Raumforderungen mit Signalabsenkung
in der T2w, hyperintensem Signal in der DWI und frühem Enhancement in der DCE-MRI.
PI-RADS 2.1 zielt durch die Diskussion dieser anatomischen Region der Prostata und
ihres physiologischen Signalverhaltens darauf ab, eine mögliche Fehlinterpretation
der normalen CZ als Karzinom zu vermeiden und andererseits basisnah gelegene Tumoren
am Übergang von peripherer Zone zur Transitionszone nicht als CZ fehlzuinterpretieren
(„pitfall oft the pitfall“).
Anteriores fibromuskuläres Stroma
Das normale anteriore fibromuskuläre Stroma (AFMS) wird wie die CZ in PI-RADS 2.1
speziell aufgegriffen, da es Probleme in der Abgrenzung gegenüber ventral gelegenen
Tumoren verursachen kann [41]. Es besteht aus vertikal verlaufenden Muskelbündeln und Bindegewebe, welche die
Prostata als nicht glanduläres Gewebe nach ventral begrenzen. Das bilateral symmetrische
AFMS weist dementsprechend eine geringe Signalintensität in T2w, DWI und ADC und ein
verzögertes KM-Enhancement auf („low on all sequences“) [13]. Karzinome entstehen nicht originär im AFMS, können aber aus der Transitionszone
oder der peripheren Zone in das AFMS einwachsen [42]. Die Bewertungskriterien für Läsionen innerhalb des AFMS sind somit entsprechend
der Ursprungsregion (PZ oder TZ) zu wählen. Da diese jedoch nicht immer zweifelsfrei
zu bestimmen ist, verbleibt in solchen Fällen eine gewisse diagnostische Unsicherheit,
die auch das PI-RADS Steering Committee als Limitation des Bewertungssystems anerkennt.
Transitionszone
Etwa 30 % der Prostatakarzinome entstehen in der Transitionszone (TZ) [43]. Bekanntermaßen sind Sensitivität und Spezifität der mpMRT für Karzinome in der
TZ geringer als in der PZ [43]. In der TZ finden sich regelhaft BPH-Knoten unterschiedlicher Morphologie und Signalgebung,
zystische Veränderungen und stromale Veränderungen mit inhomogenem T2-Signal [44]. Da „typische“ BPH-Knoten (s. u.) in der TZ bei Patienten mit dem Verdacht auf ein
Prostatakarzinom der Regelfall sind, reklassifiziert die PI-RADS-Version 2.1 „typische“
BPH-Knoten in der TZ von einem PI-RADS-Score 2 (in Version 2.0) zu einem PI-RADS-Score
1 (in Version 2.1) (siehe Diagramm in [Abb. 3]).
Abb. 3 Befundungsschema entsprechend der aktuellen PI-RADS-Version 2.1. Die Änderungen zu
PI-RADS-Version 2.0 sind durch einen roten Rahmen hervorgehoben.
Typische BPH-Knoten sind Läsionen, die in der T2w vollständig von einer Kapsel umgeben sind ([Abb. 4], [5a]). Die Erfahrung in der klinischen Routine mit PI-RADS 2.1 und Studien werden zeigen,
ob eine genauere Definition bezüglich der Kapsel erforderlich wird, z. B. eine Festlegung,
in wie vielen Raumebenen eine vollständige Kapsel nachweisbar sein muss.
Abb. 4 „Typischer Knoten“ der Transitionszone (TZ) bei einem 60-jährigen Mann mit einem
PSA-Anstieg auf 6,38 ng/ml und 1-malig negativer Stanzbiopsie. In der T2w zeigt sich
ein ovalärer, vollständig bekapselter (Pfeile) BPH-Knoten in der linken TZ. Auf dem
ADC-Bild und den hohen b-Wert-DWI-Bildern (nicht abgebildet) ist kein Befund zu erkennen.
Nach PI-RADS 2.1 handelt es sich um einen PI-RADS-1-Befund, der somit im Befund in
der Regel nicht gesondert zu erwähnen ist.
Abb. 5 Schematische Darstellung der verschiedenen Formen der atypischen BPH-Knoten im Vergleich
zum typischen BPH-Knoten.
Atypische BPH-Knoten erhalten hingegen den PI-RADS-Score 2 und werden als Knoten definiert,
die folgende Eigenschaften erfüllen:
-
größtenteils (aber nicht vollständig) bekapselt ([Abb. 5b])
-
homogen hypointens, umschrieben, ohne Kapsel ([Abb. 5c])
-
homogen gering hypointenses Areal zwischen Knoten ([Abb. 5d])
Auch das Vorkommen von Mikrozysten innerhalb von BPH-Knoten findet in PI-RADS 2.1
seine Abbildung, wird als benigne Veränderung gewertet [45] und mit dem PI-RADS-Score 1 (vollständig bekapselter Knoten) bzw. 2 (größtenteils,
aber nicht vollständig bekapselter Knoten) bedacht.
Insgesamt verwendet PI-RADS 2.1 eine ausführlichere und differenziertere Beschreibung
von Veränderungen der T2-Kategorien PI-RADS 1 und 2, um den vielen unterschiedlichen
nodulären Veränderungen, die in diese Kategorien fallen, Rechnung zu tragen (siehe
[Abb. 3]).
Neben dem veränderten T2-Scoring in der TZ wertet PI-RADS 2.1 zudem die Bedeutung
der Diffusionsbildgebung in der TZ auf: Atypische Knoten der TZ (PI-RADS-Score 2,
s. o.) können nun mittels DWI auf einen Gesamt-PI-RADS-Score 3 hochgestuft werden,
wenn eine Diffusionsrestriktion mit einem Score von ≥ 4 vorliegt (siehe [Abb. 3], [6]). Ein Upgrade einer T2w-Score-3-Läsion auf einen Gesamt-PI-RADS-Score von 4 kann
weiterhin nur durch einen DWI-Score von 5 erreicht werden (siehe [Abb. 3]).
Abb. 6 Upgrade einer PI-RADS-2- zu einer PI-RADS-3-Läsion bei einem 62-jährigen Mann mit
einem PSA von 6,08 ng/ml. In der T2w a zeigt sich am anterioren Rand der TZ paramedian links eine umschriebene Signalabsenkung
ohne Kapsel, entsprechend einem PI-RADS 2 im T2-Bild („atypischer Knoten“). Neben
einer deutlichen Absenkung der ADC-Werte b zeigt sich eine korrespondierende deutliche Signalerhöhung im b1000-Bild c, im b1400-Bild d und im b2000-Bild (e), entsprechend eines PI-RADS-4-Befundes in der DWI. Nach PI-RADS
2.1 ergibt sich somit ein PI-RADS-Gesamtscore von 3.
Durch den stärkeren Einbezug der DWI in PI-RADS 2.1 soll die Sensitivität der Detektion
von Läsionen der TZ erhöht werden. Dies wird jedoch nur der Fall sein, wenn entsprechende
PI-RADS-3-Läsionen auch gezielt biopsiert werden. Erste Ergebnisse deuten darauf hin,
dass sich Prostatakarzinome der TZ durch PI-RADS 2.1 signifikant besser detektieren
lassen als unter Verwendung von PI-RADS 2.0 bei gleichzeitig reduzierter Interreader-Variabilität
[44].
Interpretation der DWI
Die Kategorien 2 und 3 der DWI waren in der Version 2.0 nicht ganz eindeutig definiert
und haben in der Befundung gelegentlich Schwierigkeiten verursacht. PI-RADS 2.1 hat
beide Kategorien nun überarbeitet (siehe [Abb. 3]). In der [Tab. 1] sind die Definitionen der DWI-Kategorien 2 und 3 aus den PI-RADS-Versionen 2.0 und
2.1 einander gegenübergestellt.
Tab. 1
Änderungen der Definitionen der PI-RADS-Kategorien 2 und 3 der DWI aus den Versionen
PI-RADS 2.1 gegenüber PI-RADS 2.0.
|
PI-RADS 2.1
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PI-RADS 2.0
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DWI PI-RADS-Kategorie 2
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lineare/trianguläre ADC-Absenkung und/oder lineare/trianguläre Signalerhöhung auf
hohen b-Wert-Bildern (keine fokalen Herde) ([Abb. 7])
|
unscharfe ADC-Absenkung
|
|
DWI PI-RADS-Kategorie 3
|
fokale ADC-Absenkung (gering, jedoch deutlicher als der Hintergrund) und/oder fokale
Signalerhöhung in den hohen b-Werten der DWI, oder deutliche ADC-Absenkung oder deutliche
Signalerhöhung auf hohen b-Wert-DWI-Bildern, aber nicht auf beiden
|
fokale geringe/moderate ADC-Absenkung und isointens/gering hyperintens auf hohen b-Wert-DWI-Bildern
|
Abb. 7 Typische PI-RADS-2-Läsion in der DWI bei einem 50-jährigen Mann ohne vorangegangene
Biopsie mit einem PSA-Anstieg von 3,76 ng/ml auf 4,17 ng/ml innerhalb von 5 Monaten.
Entsprechend der neuen Formulierung der Leitlinie handelt es sich hier um eine lineare,
bandförmige, jedoch nicht fokale Signalabsenkung in der posteromedialen PZ rechts
(Pfeil) in der T2w a mit korrespondierend abgesenktem ADC-Wert b und entsprechender Signalanhebung sowohl im b1400-Bild c als auch im b2000-Bild d.
Der Terminus „deutlich“ („marked“ im englischen Original) meint hierbei eine stärkere
Signalabweichung als an jedem anderen Fokus der gleichen Zone. Bei mehreren Herdbefunden
können nach PI-RADS 2.1 (analog zu Version 2.0) bis zu 4 Läsionen der Kategorien 3–5
angegeben werden, wobei die Indexläsion derjenigen mit dem höchsten PI-RADS-Score
entspricht und im Falle gleichwertiger Läsionen derjenigen mit extraprostatischer
Ausdehnung (wenn nicht zutreffend, die größte Läsion).
Interpretation der DCE
Bei unveränderter Definition eines positiven Kontrastmittel-Enhancements in der DCE
spezifiziert PI-RADS 2.1 die Definition einer negativen Wertung eines Kontrastmittel-Enhancements
dahingehend, dass diffuse oder multifokale Anreicherungsmuster nicht karzinomtypisch, sondern vielmehr Ausdruck entzündlicher Veränderungen sind. Unverändert wird auch
ein fokales Kontrastmittel-Enhancement von in der T2w typischen BPH-Knoten nicht als
positiver Befund gewertet.
Volumenbestimmung der Prostata
Zu jedem mpMRT-Befund der Prostata soll eine Volumenbestimmung des Organs erfolgen,
nicht zuletzt, um hieraus die individuelle PSA-Dichte (bspw. Cut-off > 0,15 ng/ml/cm3) als klinischen Biomarker mit wachsender Bedeutung für klinische Entscheidungsprozesse
[46]
[47], zu errechnen. Neu in PI-RADS 2.1 gegenüber PI-RADS 2.0 ist die Empfehlung, die
größte anterior-posteriore (ap) Ausdehnung des Organs in einer mittleren sagittalen
Schicht (nicht wie zuvor axial) zu messen. Hiermit soll erreicht werden, dass die
ap-Ausdehnung unabhängig von der Ausrichtung der axialen Raumebene senkrecht zur Längsachse
der Prostata (senkrecht zur max. Ausdehnung der Prostata zwischen Basis und Apex in
der sagittalen Ebene) gemessen wird. Alternativ kommen zusätzlich Verfahren zur automatischen
Segmentierung der Prostata in Betracht [17].
Sektorenkarte der Prostata
Die Sektorenkarte der Prostata soll es vereinfachen, beschriebene und klassifizierte
Läsionen möglichst genau einer anatomischen Region der Prostata zuzuordnen. Hierzu
wurden in der ersten PI-RADS-Version 27 und in der zweiten Version 36 Prostata-Sektoren
bestimmt. PI-RADS 2.1 führt nun 2 weitere Sektoren ein, sodass die Sektorenkarte der
Prostata, neben nun 38 prostatischen Sektoren, 2 Sektoren für die Bläschendrüsen und
einem Sektor für die membranöse Urethra, insgesamt aus 41 Sektoren besteht. Neu benannt
in PI-RADS 2.1 sind die posteromedialen Zonen der peripheren Zone (PZpm) links und
rechts im Bereich der Prostatabasis.
Zusammenfassung
Die aktuelle PI-RADS-Version 2.1 adressiert verschiedene kleinere Änderungen bezüglich
Untersuchungstechnik und Befundinterpretation und versteht sich dabei als „Evolution“
gegenüber PI-RADS 2.0, dessen Grundkonzept der zonenbezogenen dominanten Sequenzen
beibehalten wird.
Von besonderer Relevanz ist die stärkere Wichtung der Diffusionsbildgebung in der
Transitionszone, die auf eine Erhöhung der immer noch vergleichsweise geringen Sensitivität
der mpMRT in dieser Zone abzielt. Auch die neu eingeführte Unterscheidung zwischen
„typischen“ und „atypischen“ BPH-Knoten durch die T2-Sequenzen in der Transitionszone
rückt diese Zone stärker als bisher in den Fokus. Zu begrüßen ist auch die obligatorische
Einführung des ultrahohen b-Wertes in der DWI, mit der viele Zentren bereits gute
Erfahrungen gemacht haben. Aufgrund der zunehmenden Diskussionen zur biparametrischen
MRT ist es nur folgerichtig, dass die PI-RADS-Version 2.1 auf diese Möglichkeit eingeht.
Zunächst bleibt die multiparametrische MRT jedoch die Methode der Wahl, insbesondere
in Einrichtungen mit geringerem Fallaufkommen.
Des Weiteren sollen Vereinfachungen im Scoring-Algorithmus, Präzisierung spezifischer
Signalveränderungen und die weitere Standardisierung in der Bildakquisition dabei
helfen, die Interreader-Variabilität zu senken und den Stellenwert der mpMRT in der
Detektion klinisch signifikanter Prostatakarzinome weiter zu stärken.
Ausblick
PI-RADS ist kein starres Konstrukt und unterliegt einem stetigen Wandel. Zukünftige
Versionen müssen sich klinischen und technischen Fortschritten stellen. Aufgrund der
guten Erfahrungen bezüglich Detektion und Lokalisation des Prostatakarzinoms drängen
sich zunehmend Fragen nach der Anwendbarkeit von PI-RADS oder anderen Scoring-Systemen
im Rahmen der Active Surveillance und des posttherapeutischen Settings auf [31]. Die rasanten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz und der Deep-Learning-Algorithmen
werden vermutlich in der Zukunft im Rahmen der Befundinterpretation unterstützend
zur Seite stehen [48]. Möglicherweise gelingt es zukünftig auch unter Zuhilfenahme neuer, noch zu evaluierender
qualitativer und quantitativer Faktoren, das PI-RADS-System, ähnlich dem Verfahren
nach BI-RADS, unter Einbezug weiterer klinischer und vor allem laborchemischer Parameter
(z. B. PCA-3 etc.) mit konkreten Handlungsanweisungen bezüglich einer bioptischen
Befundsicherung zu verknüpfen [49].