Zusammenfassung
Die Autorin wagt eine Hypothese zur Frage, warum es im letzten Jahrzehnt zu einer signifikanten Zunahme von Frau-zu-Mann-Transsexuellen gekommen ist. Sie stellt die Frage, ob diese Entwicklung als zeitgeschichtliches Phänomen verstanden werden könnte und schlägt vor diesem Hintergrund einen Bogen von dem Kampf um die Anerkennung der Vielfalt des Begehrens zum Kampf um die Vielfalt des Geschlechts. Vor einem feministischen Hintergrund greift sie auf Christina von Brauns Arbeit zu anorektischen Frauen zurück, die die Anorexie als Auflehnung gegen die kulturelle Form von Weiblichkeit versteht. Könnte die Zunahme transsexuellen Begehrens von jungen Transmännern heute ähnlich verstanden werden, nämlich als Verwerfung von Weiblichkeit in einer Gesellschaft, in der Frauen nach wie vor der Zugang zur (Definitions-)Macht massiv erschwert wird?
Abstract
The author ventures a hypothesis concerning the question as to why a significant increase in female-to-male transsexuals has been observed over the past decade. She asks if this development could be understood as a historical phenomenon and draws parallels between the struggle for the recognition of diverse desires to the struggle for gender diversity. From a feminist perspective she falls back on the work of Christina von Braun concerning anorectic women, who understood anorexia as rebelling against the cultural form of femininity. Could the contemporary increase in the transsexual desire of young transmen be understood in a similar way, namely as discarding femininity in a society in which women are still denied access to power (of definition)?
Schlüsselwörter Feminismus - Geschlechtsdysphorie - Transgender - Transidentität - Transsexualität
Key words feminism - gender dysphoria - transgender - trans identity - transsexuality