Van Gassel RJJ.
et al.
High Prevalence of Pulmonary Sequelae at 3 Months after Hospital Discharge in Mechanically
Ventilated Survivors of COVID-19.
Am J Respir Crit Care Med 2021;
203: 371-374
DOI:
10.1164/rccm.202010-3823LE
Für die Maastricht Intensive Care COVID-Kohortenstudie waren alle klinischen und Nachsorgedaten
von Patienten mit COVID-19, die in der Intensiveinheit der Universitätsklinik Maastricht
behandelt worden waren, registriert worden. Beatmungsstrategien umfassten eine lungenprotektive
Ventilation (Atemvolumen ≤ 6 ml/kg) und eine positive Titration nach dem endexpiratorischen
Druck mit der elektrischen Impedanztomografie. Eine Bauchlagerung wurde erwogen, wenn
das Verhältnis von arteriellem Sauerstoffpartialdruck zur inspiratorischen Sauerstofffraktion
(PaO2 /FiO2) auf unter 112,5 mmHg (15 kPa) abfiel und über mindestens 12 Stunden anhielt.
3 Monate nach Entlassung aus dem Krankenhaus wurden Überlebende in einer multidisziplinären
Ambulanz nachuntersucht. Durchgeführt wurden Lungenfunktionsuntersuchungen (u. a.
Spirometrie, Lungenvolumen, Hämoglobin-adjusterte CO-Diffusionskapazität), eine hochauflösende
Thorax-CT (HRCT) und ein 6-Minuten-Gehtest (6-MWT). 2 erfahrene Radiologen bewerteten
die HRCT-Bilder und die Lappenbeteiligung auf einer 5-stufigen Skala (0 = keine Beteiligung
bis 5 = Beteiligung ≥ 75 %). Der Schweregrad der HRCT-Befunde insgesamt ergab sich
aus der Summe der Einzelwerte. Die HRCT-Scans wurden mit der Bildgebung bei Einlieferung
in die Notaufnahme oder in die Intensivstation verglichen.
Ergebnisse
In der ersten Pandemiewelle zwischen März und Mai 2020 umfasste die Maastricher Kohorte
94 Patienten. 52 Patienten (55 %) lebten 3 Monate nach Entlassung aus dem Krankenhaus
noch. 48 von ihnen nahmen die Nachsorgeuntersuchungen am Zentrum nach median 120 Tagen
nach Intubation und median 90 Tagen nach Entlassung wahr. Die Übrigen wurden andernorts
nachbetreut.
Ergebnisse aus Lungenfunktionstests standen für 43 Patienten zur Verfügung. Bei 23
Patienten zeigte sich eine verminderte totale Lungenkapazität (TLC), bei 36 eine verringerte
Diffusionskapazität, aber keine Atemwegsobstruktion. 5 Teilnehmer zeigten keine abnormen
Befunde in der Lungenfunktion. Die mediane 6-Minuten-Gehstrecke lag bei 482 m, was
82 % des zu Erwartenden entspricht. 2 Patienten erhielten zu Hause unterstützend Sauerstoff.
4 Studienteilnehmer entwickelten einen signifikanten Sättigungsabfall während des
6-MWT (> 4 % drop).
In der HRCT fand sich nur bei 2 Teilnehmern kein Zeichen von COVID-19-assoziierten
Veränderungen im Nachsorgescan. 41 Patienten (89 %) wiesen im HRCT immer noch Milchglastrübungen
auf. Zeichen einer Retikulation inklusive fibröser Bänder mit oder ohne offensichtliche
parenchymale Distorsion, Bronchiektasie und Bronchiolektasie fanden sich bei 31 der
nachuntersuchten Patienten (67 %) und wurden als Zeichen einer Fibrose gewertet. Ein
Viertel der nachuntersuchten Überlebenden zeigte neue emphysematöse Destruktionen
oder Kavitationen, die beim ersten Scan nicht aufgefallen waren oder die eine deutliche
Verschlechterung eines vorbestehenden Emphysems darstellten. Eine leichte Lungenüberblähung
wiesen viele Teilnehmer auf, aber war ebenso wenig ein führendes Symptom wie die selten
beobachteten Traktionsbronchiektasen.
Der Schweregrad der Veränderungen im HRCT reichte in der Nachuntersuchung von 0–25
mit einem Median von 11. Bei nur geringen Restbefunden zeigten sich v. a. subpleurale
parenchymale Bänder oder kleine Plattenatelektasen. Ein Vorherrschen von Restbefunden
in bestimmten Lungenregionen konnten die Wissenschaftler nicht feststellen. Häufig
waren sie dort, wo bei der Eingangsuntersuchung eine Milchglastrübung mit Retikulation
festzustellen war. Dagegen waren Areale mit Konsolidierungen zu Beginn später ausgespart.
Die Diffusionskapazität korrelierte signifikant mit TLC und 6-MWT, dagegen nicht mit
der Schwere der HRCT-Befunde.
Die Autoren betonen, dass die Mehrheit der mechanisch beatmeten Patienten, die COVID-19
überlebt hatten, nach 3 Monaten noch eine veränderte Lungenfunktion und Befunde im
HRCT haben. Daher sollten alle mechanisch beatmeten COVID-19-Patienten engmaschig
pneumologisch nachbeobachtet werden. Es ist aber zu erwarten, dass viele Befunde weiter
zurückgehen. Daher ist es von großer Bedeutung, solche Auswertungen wie die aus Maastricht
über längere Zeiträume fortzuführen.
Friederike Klein, München