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DOI: 10.1055/a-1373-3883
Risikostratifizierung in der Rheumatologie: Analgetika-Therapie
Risk Stratification in Rheumatology: Analgesic Therapy- Zusammenfassung
- Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
- Paracetamol und Metamizol
- Opioide
- Analgetika-Therapie in der Schwangerschaft
- Ausblick
- Literatur
Zusammenfassung
Auch im Biologika-Zeitalter ist Schmerz ein häufiges Symptom bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen. NSAR sind dabei unverändert meist Mittel der ersten Wahl. Insbesondere aufgrund ihres gastrointestinalen, kardiovaskulären und renalen Nebenwirkungspotenzials erfordert ihr Einsatz eine individuelle Risikostratifizierung beim Patienten in Abhänggigkeit von der zugrundeliegenden Erkrankung, den Komorbiditäten und der Komedikation.
Bei NSAR-Versagen oder -Unverträglichkeit stehen nur wenige Nichtopioid-Analgetika als Alternative zur Verfügung. Paracetamol ist häufig nicht ausreichend effektiv und bedarf eines hepatischen Monitorings. Beim Einsatz von Metamizol ist bei meist guter Wirksamkeit und allgemein guter Verträglichkeit über die sehr seltene Möglichkeit einer Agranulozytose und deren Symptome aufzuklären. Sofern auch hiermit keine zufriedenstellende Schmerzkontrolle möglich ist, können Opioide zum Einsatz kommen. Die Risikostratifizierung erfordert hier ein leitliniengerechtes Abwägen des zu erwartenden Nutzens in Abhängigkeit von der Grunderkrankung einerseits und den Risiken andererseits, wobei v. a. psychische Effekte einschl. Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial, Übelkeit, Obstipation und erhöhtes Sturzrisiko im Fokus stehen.
Für die nahe Zukunft sind keine wesentlichen Neuentwicklungen bei den Analgetika zu erwarten, sodass die individuelle Risikostratifizierung für die derzeit verfügbaren Präparate langfristig entscheidend für eine optimale Therapie des einzelnen Patienten bleiben wird.
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Abstract
Even in the age of biologics, pain is a common symptom in patients with rheumatic diseases. NSAIDs continue to be the drugs of first choice. Especially because of their gastrointestinal, cardiovascular and renal side effects, their use requires individual risk stratification in patients depending on the underlying disease, comorbidities and comedication. In cases of NSAID failure or intolerance, only a few non-opioid analgesics are available as alternatives. Paracetamol is often not sufficiently effective and requires hepatic monitoring. If metamizole is used, it is usually effective and generally well-tolerated, and the very rare possibility of agranulocytosis and its symptoms should be explained. Opioids can be used if this does not provide satisfactory pain control. Risk stratification requires a guideline-based assessment of the expected benefit in relation to the underlying disease on the one hand and the risks on the other, with a focus on psychological effects including the potential for abuse and dependence, nausea, constipation and increased risk of falling.
No significant new developments in analgesics are expected in the near future, so that individual risk stratification for the currently available preparations will remain decisive in the long term for optimal therapy of the individual patient.
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Obgleich neue medikamentöse Therapieoptionen die Behandlung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen in den letzten 2 Jahrzehnten revolutioniert haben, benötigt weiterhin eine Vielzahl unserer Patienten eine begleitende Analgetika-Therapie. So geben etwa nach Daten der rheumatologischen Kerndokumentation auch im Biologika-Zeitalter noch ca. 15–20% der Patienten mit Rheumatoider Arthritis starke Schmerzen an (Stärke 7–10 auf einer 10er Skala) [1]. Damit bleiben Analgetika in der Betreuung von Rheumapatienten in der täglichen Routine unverzichtbar und ein ständig aktuelles Thema.
Im Gegensatz zur Entwicklung bei den Biologika haben sich aber bezüglich der Analgetika-Therapie in den letzten Jahren kaum neue Therapieoptionen ergeben. Vielmehr ist die Diskussion über das Nebenwirkungspotenzial der verfügbaren Präparate stark in den Vordergrund getreten. Diese Konstellation mit fortbestehendem Analgetika-Bedarf einerseits, aber schwieriger Risiko-Nutzen-Abwägung andererseits, unterstreicht die Notwendigkeit einer Risikostratifizierung für den individuellen Patienten.
Dabei ist die medikamentöse Schmerztherapie nicht isoliert zu sehen, sondern immer eingebettet in ein multimodales Therapiekonzept. Insbesondere bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen liegt dabei der Fokus primär auf anderen medikamentösen Therapie-Optionen (DMARDs, Glucocorticoide), die das Potenzial haben, die Entzündung als Schmerzursache längerfristig zu kontrollieren und damit den Analgetika-Bedarf und das damit verbundene Risiko zu reduzieren. In Abhängigkeit von der Schmerzursache und der Schmerzcharakteristik (entzündlich/nozizeptiv, neuropathisch, akut/chronifiziert) sind zudem eine ganze Reihe von nichtmedikamentösen Therapieoptionen einzubeziehen (physio-/ergotherapeutisch, (rheuma)chirurgisch, psychologisch, rehabilitativ, Patientenschulung).
Ist eine Analgetika-Therapie erforderlich, so bedarf diese einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung. Diese erfolgt anhand klinischer Parameter unter Berücksichtigung der zu erwartenden analgetischen Wirksamkeit des Präparats in Abhängigkeit von der Grunderkrankung, den Komorbiditäten und der Komedikation. Wichtige allgemeine Therapieregeln sind, die Analgetika in der niedrigsten noch ausreichend wirksamen Dosis für den kürzesten notwendigen Zeitraum einzusetzen und die Therapienotwendigkeit regelmäßig zu überprüfen.
Säulen der medikamentösen Analgetikatherapie sind weiterhin die traditionellen nichtsteroidalen Antirheumatika (tNSAR), die selektiven Cox2-Hemmer (Coxibe), als alternative Nicht-Opioid-Analgetika Metamizol und Paracetamol sowie letztlich die Opioide, weswegen auf diese Gruppen in diesem Beitrag näher eingegangen werden soll.
Trotz ihres schmerzlindernden Effekts bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind Glucocorticoide (GC) nicht den Analgetika zuzuordnen, da sie selbst keine eigene analgetische Wirkung haben und auch die Wirkung von Analgetika nicht verstärken. Ihr schmerzlindernder Effekt entsteht indirekt durch ihre ausgeprägte antiphlogistische Wirkung. In diesem Zusammenhang ist kritisch zu sehen, dass bei Patienten mit bekannten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die über eine Schmerzzunahme klagen, nicht selten sofort GC eingesetzt werden bzw. bei laufender GC-Therapie die Dosis erhöht wird. Dies hat nur dann eine Berechtigung, wenn Symptomatik bzw. Entzündungsparameter tatsächlich eine entzündliche Aktivitätszunahme ausweisen. Der längerfristige und höher dosierte Einsatz von GC bei nichtentzündlichem Schmerz ist nicht nur aufgrund der typischen GC-Nebenwirkungen problematisch, sondern fördert auch die Entstehung einer GC-Abhängigkeit, die das spätere Ausschleichen der GC durch Auftreten von Myalgien und Arthralgien bei Dosisreduktion erschwert (sog. „Steroidpseudorheumatismus“).
Koanalgetika (Antiepileptika wie Gabapentin oder Pregabalin, Antidepressiva wie Amitriptylin und Duloxetin) haben zweifellos ihren Stellenwert bei der Behandlung des neuropathischen Schmerzes, dessen Aspekte sich auch bei bis zu 30% der Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen finden, sowie beim chronifizierten Schmerz. Sie sollen hier aufgrund ihrer fehlenden Wirksamkeit auf den Nozizeptor-Schmerz entzündlicher Genese nicht besprochen werden. Diesbezüglich kann auf ausführliche Beiträge zu dieser Problematik in einem anderen Themenheft dieser Zeitschrift verwiesen werden [2] [3].
Ebenso wird nicht näher auf die Cannabinoide eingegangen, für die die Datenlage bei entzündlich-rheumatischen Erkrankung weiterhin sehr schlecht ist und die daher bisher nur in Einzelfällen eine Therapieoption darstellen.
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
NSAR sind bei entzündlichen Manifestationen am Bewegungsapparat sehr wirksame Präparate (NNT für eine Schmerzreduktion von 50% etwa 2–6) und stellen daher häufig die First-Line Therapie dar. tNSAR sind Hemmer der Zyklooxygenase 1 (Cox1), die für die Synthese von Prostaglandinen vorwiegend für physiologische Vorgänge entscheidend ist, als auch der Cox2, die bei Entzündung lokal induziert wird. Letzterer Effekt dominiert bei den Coxiben als selektiven Cox2-Hemmern. Schon seit langem ist insbesondere das durch die Cox1-Hemmung und damit die verminderte Synthese gastroprotektiver Prostaglandine verursachte gastrointestinale (GI) Nebenwirkungspotenzial der NSAR bekannt. So ist unter langfristiger tNSAR-Einnahme bei 15–40% der Patienten mit abdominellen Beschwerden, bei 5–20% mit gastroduodenalen Mukosaläsionen und bei 1–2% der Patienten mit GI Komplikationen wie symptomatischem Ulkus, Blutung, Perforation zu rechnen. Dabei wird die klinische Beurteilung noch dadurch erschwert, dass der Schweregrad der Symptomatik häufig nicht mit den endoskopisch nachweisbaren Läsionen korreliert.
Seit 2004 ist aber, ausgelöst durch die Marktrücknahme von Rofecoxib, zusätzlich das erhöhte kardiovaskuläre (CV) Risiko für die Risikostratifizierung stark in den Vordergrund getreten. Pathogenetisch wird dieser Effekt vor allem durch die NSAR-Wirkungen auf die Cox1-abhängige Synthese des (thrombogenen) Thromboxans (TXA2) und des (atheroprotektiven) Prostacyclins (PGI2) erklärt. Da die Prostacyclinsynthese in der Endothelzelle Cox2-abhängig ist, kommt es unter Cox2-Hemmern zu einer Verschiebung des TXA2/PGI2-Verhältnisses zugunsten von TXA2 mit resultierender Erhöhung des atherogenen Potenzials. Da aber alle NSAR in unterschiedlichem Maße Cox2 hemmen, handelt es sich beim erhöhten CV Risiko (CVR) nicht um ein Problem allein der Coxibe, sondern es ist hier von einem Klasseneffekt aller NSAR auszugehen.
In einer Vielzahl von Metaanalysen wurde das CVR für die verschiedenen NSAR quantifiziert. Auch wenn diese sich im Detail unterschieden, so zeichnete sich doch eine gewisse Gruppenbildung ab (so beispielhaft in [4]):
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Unter Naproxen und low-dose Ibuprofen ist das CVR kaum erhöht (RR <1,1).
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Eine mäßige Erhöhung des CVR (RR 1,1–1,4) findet sich unter Celecoxib, Meloxicam und höher dosiertem Ibuprofen.
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Von einer deutlicheren CVR-Erhöhung (RR 1,4–1,7) ist unter Diclofenac, Indometacin und Etoricoxib auszugehen.
Dabei besteht eine deutliche Dosisabhängigkeit des CVR, was nicht nur für Ibuprofen, sondern auch für Diclofenac gezeigt werden konnte [4]. Eine bestimmte kumulative Dosis ist aber nicht erforderlich, die CVR-Erhöhung war bereits bei Patienten mit nur einwöchiger NSAR-Einnahme nachweisbar [5].
CVR unter CelecoxibDie letzte große Studie zum CVR unter NSAR wurde Ende 2016 für Celecoxib veröffentlicht. In der PRECISION-Studie mit über 24 000 Patienten bei einer mittleren Therapiedauer von 20 Monaten und einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 34 Monaten konnte gezeigt werden, dass das CVR unter Celecoxib mit dem von Naproxen vergleichbar und tendenziell niedriger als bei Ibuprofen ist. Allerdings wurden hier keine äquipotenten Dosen eingesetzt: Celecoxib war niedrig bis moderat dosiert (mittlere Dosis 209 mg/d); Ibuprofen (Ø2045 mg/d) und Naproxen (Ø852 mg/d) jedoch höher dosiert. Zumindest lässt die Studie aber die Schlussfolgerung zu, dass niedrig dosiertes Celecoxib (bis 200 mg/d) bezüglich des CVR mit Naproxen und niedrig dosiertem Ibuprofen gleichgestellt werden kann [6]. Für dessen Einsatz ist aber zu beachten, dass Coxibe bei manifester CV Erkrankung (koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlusskrankheit, zerebrovaskuläre Erkrankung) entsprechend Fachinformation kontraindiziert sind.
CVR bei RAFür den Rheumatologen ist es wichtig zu wissen, dass dieser CV Risikogradient bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) wahrscheinlich geringer ausgeprägt ist. So konnte in einer großen dänischen Kohortenstudie gezeigt werden, dass das CVR bei RA Patienten gegenüber Kontrollen konsistent unter verschiedenen NSAR geringer ausgeprägt war (RR für „major CV event“ 1,22 bei RA vs 1,51 bei den Kontrollen) [7]. Möglicherweise wirkt bei den RA-Patienten der antientzündliche Effekt der NSAR der CV-Risikoerhöhung zumindest teilweise entgegen.
GI-/CV-Risikostratifizierung unter NSAR
Empfehlungen für den Einsatz von NSAR in Abhängigkeit vom GI- und CV-Risiko
gibt [Abb. 1] in Anlehnung an Empfehlungen einer europäischen Expertengruppe [8] und der DGRh [9] sowie unter Berücksichtigung der PRECISION-Studie [6].
Zunächst muss für den Patienten eine individuelle GI- und CV-Risikostratifizierung erfolgen. Als Risikofaktoren für ein erhöhtes GI-Risiko sind dabei zu berücksichtigen: eine Ulkus-/Blutungs-Anamnese (ein florides GI-Ulkus stellt eine Kontraindikation für alle NSAR einschl. der Coxibe dar), ein Alter über 60–65 Jahre, schwere Komorbiditäten sowie eine Komedikation mit ASS, Antikoagulanzien, Glucocorticoiden und/oder Antidepressiva (SSRI/SSNRI).
Bezüglich des CVR besteht bei Patienten mit bereits manifesten CV Erkrankungen für Coxibe und Diclofenac eine Kontraindikation, für alle NSAR zudem für Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz (NYHA III/IV). Bei Patienten ohne manifeste CV Erkrankung stehen zur Abschätzung des CVR verschiedene Kalkulationsmodelle zur Verfügung. So kann etwa mittels SCORE (Systematic Coronary Risk Evaluation [10]) das 10-Jahresrisiko für tödliche Herz-Kreislauferkrankungen unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Raucherstatus, Blutdruck und Cholesterinwerten abgeschätzt werden (ein Risiko >10% gilt als hoch).
Empfehlung für Patienten mit niedrigem CVRBesteht gleichzeitig ein niedriges GI-Risiko, so können tNSAR eingesetzt werden. Bei mittelhohem GI-Risiko (entsprechend den oben genannten GI-Risikofaktoren) sind Coxibe oder aber tNSAR in Kombination mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) zu bevorzugen. Bei hohem GI-Risiko (etwa bei frisch abgeheiltem oberen GI-Ulkus) kann in Ausnahmefällen, sofern eine dringliche NSAR-Indikation besteht, ggf. ein Coxib in Kombination mit einem PPI zum Einsatz kommen.
Empfehlung für Patienten mit hohem CVRBesteht begleitend ein niedriges oder mittelhohes GI-Risiko, so kommt a.e. der Einsatz von Naproxen oder von niedrig dosiertem Ibuprofen in Frage (jeweils in Kombination mit einem PPI). Sofern noch keine manifeste CV Erkrankung vorliegt, kann ggf. auch niedrig dosiertes Celecoxib (bis 200 mg/d) eingesetzt werden.
Besteht sowohl ein hohes GI- als auch CV-Risiko, so ist der Einsatz von NSAR generell zu vermeiden. In Ausnahmefällen bei dringendem NSAR-Bedarf und Fehlen manifester CV Erkrankungen käme allenfalls der Einsatz von niedrig dosiertem Celecoxib in Kombination mit einem PPI in Frage.
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass sich bei einem hohen CVR häufig ASS als Komedikation findet. ASS wirkt als irreversibler Cox1-Hemmer durch Inhibierung der TXA2-Synthese thrombozytenaggregationshemmend. NSAR können als reversible Cox-Hemmer diese kardioprotektive Wirkung von ASS nicht ersetzen, können aber bei gleichzeitiger Gabe mit ASS interagieren. Während der antiaggregatorische Effekt von ASS durch Naproxen eher erhöht wird, vermindert sich dieser unter Diclofenac und vor allem unter Ibuprofen. Deswegen wird empfohlen, Ibuprofen frühestens 2 Stunden nach ASS einzunehmen.
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Renales und hepatisches Risiko unter NSAR
Neben dem GI- und CV-Risiko sind vor einer NSAR-Therapie auch das renale und das hepatische Risiko zu berücksichtigen.
Cox1 und Cox2 spielen für die Nierenfunktion eine wichtige Rolle. Renale Nebenwirkungen von NSAR sind vielfältig:
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Störungen im Salz- und Wasserhaushalt (durch Natrium- und Wasserretention kann es zu Ödemen kommen, zusätzlich Hypertonus, Hyperkaliämie)
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Akutes Nierenversagen (hämodynamisch; prärenal oder durch eine akute interstitielle Nephritis).
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chronische interstitielle Nephritis
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nephrotisches Syndrom bei sekundärer minimal change oder membranöser Glomerulonephritis.
In einer großen prospektiven Studie über 4 Jahre mit RA-Patienten waren NSAR nur bei Patienten mit bereits fortgeschrittener Nierenfunktionseinschränkung (GFR<30 ml/min) ein unabhängiger Prädiktor für einen beschleunigten Nierenfunktionsverlust [11]. Entsprechend sind NSAR bei einer Nierenfunktionseinschränkung im Stadium 4 kontraindiziert. Im Stadium 3 (GFR 30–60 ml/min) ist die Behandlung mit NSAR möglich, dies aber mit niedrigen Dosen und unter regelmäßigen (quartalsweisen) Kontrollen der Nierenfunktion. Dies gilt insbesondere bei Therapiebeginn bzw. in der Einstellungsphase. Neben einer vorbestehend eingeschränkten Nierenfunktion sind als Risikofaktoren für eine renale Funktionsverschlechterung ein Alter über 65 Jahren sowie eine Kombination von NSAR mit ACE-Hemmern/Sartanen und Diuretika zu beachten. Da unter NSAR generell das Hypertonie-Risiko erhöht ist, sind darüber hinaus regelmäßige Blutdruckkontrollen und ggf. Anpassung der antihypertenisven Medikation erforderlich. Zusätzlich sollte der Urin auf Vorliegen einer Proteinurie (Albumin, alpha-1-Mikroglobulin) getestet sowie eine Urinsedimentuntersuchung (Leukozyten, Leukozytenzylinder) durchgeführt werden, um eine interstitielle Nephritis bzw. sekundäre Glomerulopathien rechtzeitig zu erkennen. Im Zweifelfall muss eine Nierenbiopsie erfolgen. Eine zusätzliche Medikation mit potentiell nephrotoxischen Medikamenten sollte vermieden werden. Ein akutes Nierenversagen kann prinzipiell auch bei Therapie mit Cox2-Hemmern auftreten [12].
Schwere hepatotoxische NSAR-Reaktionen (Cox-unabhängig) sind sehr selten, gelegentlich finden sich aber milde Transaminasenerhöhungen, insb. unter Diclofenac. Transaminasen-Kontrollen sind daher empfohlen; die Werte sollten vor und während der NSAR-Therapie nicht über dem 3-fachen der oberen Norm liegen.
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Paracetamol und Metamizol
Sind NSAR unzureichend wirksam oder können wegen Unverträglichkeit oder Kontraindikationen nicht eingesetzt werden, dann bleiben beim Rheumatiker als Nichtopioide im wesentlichen nur Paracetamol und Metamizol als Option für die Behandlung des somatischen Schmerzes.
Bei Paracetamol stellt die Risikostratifizierung durch die im Allgemeinen gute Verträglichkeit kein besonderes Problem dar. Zwar gibt es auch hier Hinweise auf ein erhöhtes CV und GI Risiko, dies besteht aber in relevantem Maße nur bei längerfristiger und höher dosierter Therapie [13]. Da Paracetamol als Hauptmetabolit von Phenacetin die Glutathion-Reduktase hemmt, fehlt ein wichtiger detoxizierender Mechanismus in der Niere. Daher sollte auch Paracetamol bei vorbestehender Niereninsuffizienz bzw. bei potentiell nephrotoxischer Begleitmedikation vorsichtig eingesetzt werden. Zusätzlich gibt es Hinweise, dass eine Paracetamol-Dauermedikation den Blutdruck erhöhen kann.
Häufigstes Problem sind Transaminasenerhöhungen, jedoch ist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch (Einzeldosis bis 1 g; Tagesdosis bis max. 4 g) keine klinisch relevante Leberschädigung zu erwarten. Zu beachten ist jedoch die geringe therapeutische Breite, denn bereits Dosen ab 5–6 g sind hepatotoxisch, und ab einer Einzeldosis von 10 g ist mit einer relevanten Leberschädigung zu rechnen [14]. Problematisch ist bei Paracetamol weniger das Nebenwirkungspotenzial, als vielmehr die im Vergleich zu NSAR schwächere analgetische Wirkung. So war etwa in einer Metaanalyse aus 13 randomisierten Studien bei chronischem Kreuzschmerz kein signifikanter Effekt gegenüber Placebo nachweisbar; bei Cox-/Gonarthrose zeigte sich nur ein geringer Effekt (mit -3,7 auf einer 100er VAS zwar signifikant, aber mit fraglicher klinischer Relevanz) [15]. Damit stellt Paracetamol nur selten eine Alternative zu NSAR dar und kommt eher als Kombinationspartner mit Opioiden (Tramadol) in Frage.
Anders stellt sich die Situation beim Metamizol aufgrund einer deutlich besseren analgetischen Wirkung dar. Für die Risikostratifizierung ist auch hier im Vergleich zu den NSAR kein relevanter Effekt gastrointestinal oder kardiovaskulär zu berücksichtigen. Bei schwerer Niereninsuffizienz sollte Metamizol aufgrund einer verminderten renalen Ausscheidung zurückhaltend eingesetzt werden.
Zusammen mit den genannten Entwicklungen bei den NSAR haben die gute Wirksamkeit und relativ gute Verträglichkeit dazu geführt, dass die Verschreibung von Metamizol seit der Jahrtausendwende erheblich zugenommen hat (etwa Verfünffachung auf >140 Mio. definierte Tagesdosen im Zeitraum 2000 bis 2012) [16].
Gefürchtet ist aber das Auftreten einer Agranulozytose. Die Zahl der gemeldeten Agranulozytose-Fälle liegt in Deutschland bei etwa 30–50 jährlich (davon bis zu 5 tödliche) [16]. Angaben zur Inzidienz Metamizol-induzierter Agranulozytosen schwanken erheblich, nach einer Berliner Studie über den Zeitraum 2000–2010 lag sie bei einem Fall auf 143 000 Behandlungen über 2 Wochen bzw. bezogen auf die Bevölkerung bei knapp 1 Fall pro Million und Jahr [17]. Bewertet man diese Zahlen etwa in Relation zu einer Therapie mit NSAR, so liegt das Risiko tödlicher Ereignisse durch CV und GI Nebenwirkungen unter NSAR um ein Vielfaches höher.
Die Risikobewertung einer solchen sehr seltenen aber potenziell tödlichen Nebenwirkung hat für Metamizol im internationalen Vergleich zu sehr unterschiedlichen Regelungen geführt. Während es in vielen Ländern deswegen vom Markt genommen wurde (u. a. USA, Japan, viele Länder West-/Nordeuropas), ist es in Deutschland rezeptpflichtig erhältlich, in einigen Ländern sogar rezeptfrei (u. a. Russland, Spanien).
Konsequenz für die Praxis ist, zum einen Metamizol nur streng indikationsgerecht einzusetzen (d. h. bei starken Schmerzen bzw. bei hohem Fieber) und zum anderen den Patienten über das Agranulozytose-Risiko aufzuklären. Da ein Nutzen regelmäßiger Blutbildkontrollen unter Therapie zweifelhaft ist, sollte eine zeitnahe Blutbildkontrolle bei Auftreten von Infektzeichen insb. mit Fieber, Halsschmerzen und Schleimhautulzerationen erfolgen [18].
Für den Rheumatologen ist darüber hinaus zu beachten, dass die Kombination von Metamizol mit Methotrexat vermieden werden sollte. Ähnlich wie beim Ibuprofen sind zudem Interaktionen mit ASS möglich, weswegen Metamizol auch bei ASS-Therapie nur mit Vorsicht und dann mind. 30 min nach ASS eingesetzt werden sollte [19].
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Opioide
Unzureichende Wirksamkeit, Nebenwirkungs-Potenzial bzw. Kontraindikationen beschränken häufig den Einsatz der genannten Nicht-Opioid-Analgetika. In diesem Falle stellen die Opioide einen möglichen Kombinationspartner bzw. eine wichtige alternative Therapie-Option dar. So weisen Daten der rheumatologischen Kerndokumentation von 2017 bei RA-Patienten mit starken Schmerzen (VAS 7–10) zu 19%, bei jenen mit Spondyloarthritis zu 28% eine Opioid-Behandlung aus [1].
Die Risikostratifizierung für eine Opioid-Therapie beruht einerseits auf der zu erwartenden Wirksamkeit in Abhängigkeit von der Art des Schmerzsyndroms (Indikationen, Kontraindikationen) und andererseits auf der Berücksichtigung des Nebenwirkungspotenzials, das sich deutlich anders als etwa bei den NSAR darstellt.
Aufgrund der Situation in den USA mit der Entwicklung einer „Opioid-Krise“ bzw. „Opioid-Epidemie“ in den letzten 20 Jahren (2017 ca. 18 000 Tote in Zusammenhang mit verschriebenen Opioiden, entsprechend ca. 50 pro Tag) ist vor allem die Diskussion über das Abhängigkeits-Potenzial dieser Präparate in den Vordergrund getreten [20]. Trotz (moderat) steigender Verordnungszahlen ist in Deutschland eine derartige dramatische Entwicklung zwar derzeit nicht zu sehen, dies erfordert aber auch weiterhin einen kritischen Einsatz dieser Präparate unter Vermeidung von Über- und Fehltherapie. Sehr hilfreich für die tägliche praktische Tätigkeit ist hierfür die S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nichttumorbedingten Schmerzen“ in ihrer aktualisierten Form von 2020 (LONTS3), auf die hier im Wesentlichen Bezug genommen wird [21].
Indikationen und Kontraindikationen
Mögliche Indikationen für eine Opioid-Therapie bei rheumatischen Erkrankungen sowie deren Kontraindikationen listet [Tab. 1] auf.
Indikationen |
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▪ Chronische Rückenschmerzen und chronischer Arthroseschmerz |
Empfehlung für eine kurz- (4–12 Wo.) und mittelfristige (13–26 Wo.) Einnahme mit Evidenz Ia (nach Oxford), für eine Langzeitanwendung >26 Wochen offene Empfehlung mit Evidenz IIb |
▪ Rheumatoide Arthritis mit anhaltenden Schmerzen |
für eine kurzfristige Anwendung offene Empfehlung mit Evidenz Ib |
keine Daten für eine Anwendung >12 Wochen, offene Empfehlung als Option bei Respondern |
▪ manifeste Osteoporose und andere entzündlich-rheumatische Erkrankungen |
unzureichende Datenlage, keine evidenzbasierten Empfehlungen |
individueller Therapieversuch möglich |
Kontraindikationen |
▪ funktionelle und psychische Störungen mit dem Leitsymptom Schmerz |
▪ Fibromyalgie-Syndrom |
▪ anhaltende somatoforme Schmerzstörungen |
▪ primäre Kopfschmerzen |
Die Wirksamkeit von Opioiden bei der Behandlung von rheumatischen Schmerzen wird gemeinhin überschätzt. So weist etwa die 2018 publizierte SPACE-Studie bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz oder Cox-/Gonarthrose über ein Jahr keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Schmerzreduktion zwischen der Opioid- und der Nichtopioid-Gruppe aus [22]. Ebenfalls von 2018 stammt ein systematisches Review mit Metaanalyse von 96 RCTs zu chronischem Rückenschmerz und Cox-/Gonarthrose, das im Vergleich zu Placebo für die Opioide auf einer 10er Schmerzskala einen zwar signifikanten, aber nur geringen mittleren Vorteil von 0,69 Punkten auswies [23].
Bezüglich der Opioid-Wirkung auf Schmerzen am Bewegungsapparat sind chronischer Rückenschmerz und Cox-/Gonarthrose noch am besten untersucht, nur wenig Daten existieren zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Zudem lag die Studiendauer meist unter 3 Monaten; Daten zur Langzeitanwendung über mehr als 6 Monate fehlen fast komplett.
Bezüglich möglicher Indikationen für eine Opioid-Therapie wird in LONTS3 eine Empfehlung für den Einsatz bei chronischen Rückenschmerzen und chronischem Arthroseschmerz ausgesprochen (für eine Therapiedauer von 4–26 Wochen mit Evidenz Ia, >26 Wochen mit Evidenz IIb). Für die Rheumatoide Arthritis mit anhaltenden Schmerzen wird eine offene Empfehlung mit Evidenz Ib gesehen. Für eine Behandlung >12 Wochen gibt es keine Daten, daher als Konsens offene Empfehlung als Option bei Respondern. Zu weiteren für den Rheumatologen relevanten Diagnosen wie manifeste Osteoporose (Wirbelkörperfrakturen) und anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (z. B. Spondyloarthritiden) konnten wegen unzureichender Datenlage keine evidenzbasierten Empfehlungen gegeben werden, bei diesen Diagnosen kommt aber ein individueller Therapieversuch in Betracht.
Betont wird in der letzten Aktualisierung der Leitlinie, dass die Anwendung von Opioiden bei Gelenkschmerzen auf Patienten mit relevantem somatischen Schmerzanteil mit Ineffizienz oder Unverträglichkeit anderer Analgetika und Versagen nicht-medikamentöser Therapien beschränkt sein soll.
Für Krankheitsbilder, bei denen der funktionelle und psychische Aspekt für die Schmerzentstehung im Vordergrund steht, wird nach Leitlinie eine Kontraindikation für Opioide gesehen. Dies betrifft insbesondere auch das Fibromyalgie-Syndrom, anhaltende somatoforme Schmerzstörungen und primäre Kopfschmerzen. Als eine Ausnahme hierzu ist der mögliche befristete Einsatz (bis 12 Wochen) von Tramadol bei Fibromyalgie aufgrund dessen Wirkung als zusätzlicher Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer erwähnt, allerdings besteht hierzu kein Konsens.
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Maßnahmen zur Risikominimierung
Besteht unter den genannten Voraussetzungen eine Indikation für ein Opioid-Therapie, so ist zur Risikostratifizierung im Weiteren das Nebenwirkungspotenzial abzuschätzen und zu minimieren, siehe [Tab. 2] [21] [24].
▪ Minimierung des Missbrauchs- und Abhängigkeitsrisikos |
psychosoziale Anamnese, Screening auf psychische Störungen |
Einsatz retardierter Präparate mit langer Wirkdauer und festem Einnahmeplan |
max. Tageshöchstdosis von 120 mg Morphinäquivalent |
keine Monotherapie, Einbettung in multimodales Therapiekonzept |
Langzeittherapie nur bei eindeutigen Respondern |
▪ Präparate-Auswahl/-Dosierung in Abhängigkeit von der Nierenfunktion |
bevorzugt bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz: Hydromorphon, Fentanyl, Buprenorphin |
▪ Behandlung der Übelkeit (meist nur zu Therapiebeginn erforderlich) |
Antiemetika: Diphenhydramin, Metoclopramid, Ondensatron, Neuroleptika |
▪ Behandlung der Obstipation (prophylaktisch oder bedarfsbezogen) |
Messinstrument: Bowel Function Index (BFI), Laxantien: antiresorptiv/sekretorisch (Bisacoyl), osmotisch (Macrogol, Lactulose), periphere μ-Opioidrezeptorantagonisten (Naloxon) |
▪ Abklärung des Sturzrisikos |
Sturzanamnese, „Timed-up and go“ oder „Chair rising“-Test |
▪ Aufklärung über weitere Risiken: verkehrs- und arbeitsplatzrelevante Aspekte |
Schwindel, Verwirrtheit, Libidoverlust, endokrine Funktionsstörungen, schlafbezogene Atmungsstörungen |
Aufgrund der bereits angesprochenen Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung ist die psychosoziale Anamnese mit Screening auf psychische Störungen besonders wichtig (empfohlene Praxiswerkzeuge: Screening-Instrument für Angst und Depression PHQ4, Geriatrische Depressionsskala, Audit-C-Fragebogen, CAGE-Test - Links siehe LONTS3). Zudem sind zur Minimierung dieses Risikos mit dem Patienten die Modalitäten der Therapie zu besprechen. Dies betrifft den bevorzugten Einsatz retardierter Präparate mit langer Wirkdauer und festem Einnahmeplan (Einsatz von nicht-retardierten Opioiden als Bedarfsmedikation allenfalls in der Einstellungsphase; keine Bedarfsmedikation in der Langzeittherapie). Eine Tageshöchstdosis von 120 mg Morphinäquivalent sollte nicht überschritten werden (entspricht z. B. 600 mg Tilidin oder Tramadol oral bzw. 80 mg Oxycodon oral). Auch sind Opioide nicht als Monotherapie einzusetzen, sondern eingebettet in ein multimodales Therapiekonzept unter Berücksichtigung anderer (Ko-)Analgetika und nichtmedikamentöser Therapieoptionen (physiotherapeutisch/physikalisch, psychologisch). Dabei sollten Opioide nicht primär als Langzeittherapeutika geplant werden, vielmehr ist mit dem Patienten auf eine passagere Therapie mit nachfolgender Dosisreduktion und ggf. Auslassversuch zu orientieren. Eine Langzeittherapie bleibt daher nur eindeutigen Therapie-Respondern bei guter Verträglichkeit vorbehalten (was nur in etwa 25% der Fälle zu erwarten ist).
Bezüglich Wirkungen auf andere Organsysteme sind Opioide eher weniger problematisch als bspw. NSAR. So sind keine relevanten Effekte auf das kardiovaskuläre Risiko beschrieben; Opioide sind nicht ulzerogen oder nephrotoxisch. Allerdings können Opioide bei chronischer Niereninsuffizienz kumulieren, weswegen bei stärker eingeschränkter Nierenfunktion die Dosistitration mit niedrigeren Dosierungen begonnen und ein verlängertes Dosierungsintervall gewählt werden sollte. Wegen überwiegender Metabolisierung in der Leber wird bei stark eingeschränkter Nierenfunktion und Dialysepatienten bei entsprechender Notwendigkeit der bevorzugte Einsatz von Buphrenorphin, Fentanyl (beide transdermal) und Hydromorphon empfohlen [25].
Viele Patienten berichten über Übelkeit und/oder Obstipation. Häufig werden deswegen Antieemetika und Laxantien als Komedikation benötigt.
Ein im Besonderen bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zu beachtendes Problem ist das erhöhte Sturzrisiko unter Opioiden mit resultierendem erhöhten Frakturrisiko, zumal bei diesen Patienten eine Osteoporose eine sehr häufige Komorbidität darstellt [1]. So war in einer aktuellen Studie unter Tramadol das Risiko für Hüftfrakturen gegenüber Patienten unter verschiedenen NSARs um das 1,6 bis 2-fache erhöht [26]. Entsprechend findet sich eine Opioid-Therapie als ein wichtiger Risikofaktor in der DVO-Leitlinie Osteoporose zur Frakturrisiko-Abschätzung. Neben der Sturzanamnese werden für die tägliche Praxis zur Beurteilung des Sturzrisikos Tests wie der „Timed-up and go“ und der „Chair rising-Test“ sowie der Tandemstand empfohlen [27].
Weitere bei einer Opioid-Therapie zu berücksichtigende und zu überwachende potenzielle Nebenwirkungen sind in [Tab. 2] aufgelistet.
Für die genannten Probleme finden sich unter AWMF online für die tägliche Routine sehr nützliche Praxiswerkzeuge und detailierte Empfehlungen [28].
Nicht eingegangen werden soll hier auf spezielle Aspekte einzelner Präparate der niedrigpotenten (Tilidin, Tramadol, DHC) und hochpotenten Opioide (Morphin, Hydromorphon, Oxycodon, Fentanyl, Buprenorphin, Tapentadol) und deren verschiedenen Applikationsformen, eine Übersicht hierzu findet sich bei [29].
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Analgetika-Therapie in der Schwangerschaft
Eine besondere Situation hinsichtlich der Risikostratifizierung stellt bei Patientinnen eine Schwangerschaft dar. Zur Analgesie ist dann Paracetamol Mittel der Wahl, da hierunter in großen Studien keine negativen Einflüsse auf Embryo oder Fetus gefunden wurden.
Hingegen sind wegen der Gefahr von Nierenfunktionsverschlechterungen und vorzeitigem Verschluss des Ductus arteriosus Botalli alle NSAR im 3. Trimenon kontraindiziert. Im 1. und 2. Trimenon können bei dringender Indikation vorzugsweise Ibuprofen und Diclofenac zum Einsatz kommen, dies möglichst nur kurzzeitig und in niedriger Dosierung. Wegen unzureichender Erfahrungen sind Coxibe formal in der gesamten Schwangerschaft kontraindiziert. Einzige Ausnahme bei den NSAR bildet low-dose ASS, das bei Antiphospholipidsyndrom bis zum Geburtstermin eingenommen werden kann.
Mit Metamizol verhält es sich ähnlich wie mit den tNSAR: Im 3. Trimenon besteht eine Kontraindikation; im 1. und 2. Trimenon wird die Anwendung zwar nicht empfohlen, in Ausnahmefällen erscheinen aber Einzeldosen Metamizol vertretbar [30].
Opioide sollten in der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Sofern unter Therapie mit Opioiden eine Schwangerschaft auftritt, sollte daher eine Umstellung auf alternative medikamentöse und nichtmedikamentöse Schmerztherapien erfolgen (langsames Ausschleichen zur Vermeidung von Entzugssymptomen). Muss die Opioid-Therapie bei zwingender Indikation und fehlenden Alternativen in der Schwangerschaft fortgeführt werden, so werden Morphin, Tramadol und Buprenorphin noch am ehesten empfohlen. Da beim Neugeborenen in diesem Fall postpartal Entzungssymptome möglich sind, sollte die Entbindung in einem spezialisierten Perinatalzentrum erfolgen [21].
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Ausblick
Die genannten Aspekte, wie eingeschränkte Wirksamkeit, Verträglichkeitsprobleme und Kontraindikationen, führen dazu, dass bei einer nicht unerheblichen Zahl an Rheuma-Patienten mit den zur Verfügung stehenden Analgetika keine zufriedenstellende Schmerzkontrolle zu erreichen ist; ein Bedarf an neuen Präparaten ist damit offensichtlich. Ganz im Gegensatz zur Entwicklung bei den Immunsuppressiva hat es aber in den letzten 15 Jahren kaum neue Analgetika gegeben.
Bei den tNSAR/Coxiben sind infolge mehrerer Marktrücknahmen auch zukünftig keine Neuentwicklungen mehr zu erwarten.
Anders ist die Situation bei den Opioiden, wo neue Strategien verfolgt werden. Dies betrifft etwa Präparate zur Steigerung endogener Opioid-Wirkungen (z. B. Enkephalinase-Inhibitoren), selektive Opioid-Rezeptor-Modulatoren mit geringeren Nebenwirkungen (z. B. Oliceridin) oder selektiv peripher-wirksame Opioide (z. B. NFEPP mit pH-abhängig bevorzugter Wirkung im entzündeten Gewebe) [31]. Für diese Präparate ist aber eine Markteinführung noch nicht abzusehen, zudem würden sie die aktuelle Situation in der Rheumatologie wohl auch nicht entscheidend ändern.
Cannabinoide haben zweifellos ihren Stellenwert in der Behandlung des chronischen neuropathischen Schmerzes, hingegen gibt es nur sehr wenig Daten und damit keine evidenzbasierte Empfehlung für deren Einsatz in der Rheumatologie [32]. Daher bleiben sie nur Ausnahmefällen im Sinne eines individuellen Heilversuchs vorbehalten. Hinsichtlich neuer Targets hätte sicher das Endocannabinoid-System großes Potenzial, diese Entwicklung wurde aber durch schwere Nebenwirkungen mit einem tragischen Todesfall in einer Phase-I-Studie eines FAAH-Inhibitors weit zurückgeworfen [33].
Zumindest ein neues Target, der Nerven-Wachstums-Faktor NGF, hat aber doch zur inzwischen weit fortgeschrittenen Entwicklung neuer Wirkstoffe geführt. Für den NGF-Inhibitor Tanezumab liegen bereits Daten aus großen Phase-III-Studien bei Gonarthrose vor. Da es aber unter Therapie teilweise zu rapid-progressiven Arthrose-Verläufen mit häufiger notwendigem Gelenk-Ersatz gekommen ist, bleibt vor einer eventuellen Markteinführung die Wertung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses abzuwarten [34].
Insgesamt ist davon auszugehen, dass die analgetische Therapie auf längere Sicht im Wesentlichen auf die genannten Präparate-Gruppen beschränkt sein wird. Damit bleibt für die Analgetika-Therapie die individuelle Risikostratifizierung nach den genannten Kriterien langfristig entscheidend für eine optimale Therapie des einzelnen Patienten.
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Interessenkonflikt
T. Eidner hat Vortragshonorare und Reisekostenerstattung durch die Firmen Pfizer, Abbvie, Novartis und Lilly erhalten.
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Literatur
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Article published online:
08 April 2021
© 2021. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
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