Einleitung
Neurodegenerative Erkrankungen beschreiben einen Formenkreis von Erkrankungen des zentralen Nervensystems, bei denen es in der Regel zu einer irreversiblen Schädigung bis hin zum Untergang von Nervenzellen kommt. Epidemiologisch nimmt die Prävalenz dieser Erkrankungen im höheren Alter deutlich zu, sodass in Anbetracht des voranschreitenden demografischen Wandels mit einer deutlichen Zunahme ihrer Diagnosestellung in der zukünftigen Gesellschaft und Medizin zu rechnen ist. Die aktuell häufigsten Erkrankungen sind dabei vor allem die Demenzen und das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) [1]. Das IPS ist durch einen Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra (SN), einem Kerngebiet der Basalganglien, welches funktionell am extrapyramidal-motorischen System beteiligt ist, gekennzeichnet. Die von dieser Erkrankung betroffenen Patienten weisen motorische Defizite auf, welche durch die motorischen Kardinalsymptome Akinese, Rigor, Tremor und posturale Instabilität gekennzeichnet sind [2]
[3]. Vom IPS sind die atypischen Parkinson-Syndrome, wie beispielsweise die Multisystematrophie (MSA) oder die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) als häufigste atypische Parkinson-Syndrome mit führender motorischer Komponente, abzugrenzen, welche sich klinisch ähnlich manifestieren, sich jedoch pathogenetisch hiervon unterscheiden. Die Diagnosestellung und Differenzierung der Erkrankungen bedürfen einer dedizierten klinischen Evaluation der Symptomatik und stellen eine Herausforderung an den Kliniker dar. Wichtiges diagnostisches Hilfsmittel ist daher die zerebrale Magnetresonanztomografie (MRT), welche einen wichtigen diagnostischen Stellenwert in der Differenzierung zwischen atypischen Parkinson-Syndromen und IPS hat [4]. Letzteres ist dabei bisher in der klinischen Routine mit nur recht unspezifischen Zeichen im MRT assoziiert gewesen, doch haben jüngste Studien aufgrund von Innovationen der MR-Technik bzw. MR-Sequenzen neue Zeichen definieren und herausarbeiten können. Diese könnten zukünftig, neben den aktuell etablierten nuklearmedizinischen Methoden wie dem DaTSCAN oder der FDG-PET, Potenzial bei der Diagnostik sowie der Differenzierung zu atypischen Parkinson-Syndromen haben [5]
[6]
[7]. In dieser Übersicht sollen daher diese MR-Zeichen des IPS vorgestellt und erläutert werden. Zusätzlich sollen die MR-Zeichen der wichtigsten atypischen Parkinson-Syndrome vorgestellt werden.
Idiopathisches Parkinson-Syndrom
Zerebrale MR-Veränderungen des IPS sind prinzipiell eine Folge der strukturellen Degeneration dopaminerger Neurone, welche vor allem in der SN des Mesencephalons lokalisiert sind. Histologisch und funktionell ist diese Degeneration durch einen umschriebenen Untergang der Neurone bei insgesamt Erhöhung des Eisenvorkommens in diesem Areal gekennzeichnet [8]
[9]. In der konventionellen MR-Bildgebung mit Feldstärken unter 3 Tesla können diese Veränderungen nur unzureichend abgebildet werden, und aussagekräftige MR-Zeichen sind schwierig zu definieren. Feldstärken ab 3 Tesla und höher sowie moderne Sequenzen zur Bildgebung von Eisen, spezifischen Neuropigmenten oder Diffusionsprozessen ermöglichen es jedoch, diese Veränderungen abzubilden, wodurch sich neuartige MR-Zeichen und Parameter zur Einschätzung der Erkrankung im Sinne von Biomarkern ergeben [5]
[6]
[7]. Diese neuen MR-Zeichen, als bildmorphologisches Korrelat der Neurodegeneration bei IPS, sollen im Folgenden vorgestellt und erläutert werden. Es ist jedoch an dieser Stelle bereits hervorzuheben, dass es sich bei ihnen nicht um pathognomonische Zeichen für das IPS handelt, sondern sie ebenfalls anteilig bei atypischen Parkinson-Syndromen auftreten können.
Dorsale nigrale Hyperintensität
Die zunehmend präzise Darstellung anatomischer Strukturen mittels MRT ermöglicht die verbesserte Differenzierung und Beurteilbarkeit neurofunktioneller Strukturen, wobei insbesondere die SN zunehmende Relevanz erfährt. Diese lässt sich in die Pars reticularis (SNpr) und die Pars compacta (SNpc) einteilen, wobei die SNpc den mesencephalen Großteil dopaminerger Neurone im zentralen, neuromotorischen System beherbergt. Der strukturelle Aufbau der jeweiligen Anteile im Detail ist äußerst komplex, es können jedoch innerhalb der SNpc weitere Unterregionen als sogenannte Nigrosomen unterschieden werden. Dies sind Regionen mit besonders hoher Dichte dopaminerger Neurone und verhältnismäßig geringer Eisenkonzentration. Von den insgesamt 5 abgrenzbaren Nigrosomen (Nigrosom-1 bis -5) ist das sogenannte Nigrosom-1 das größte und im dorsalen Anteil der SNpc lokalisiert ([Abb. 1a]) [10]
[11].
Abb. 1 Axiale Schichtführung durch das Mesencephalon auf Höhe der Substantia nigra in verschiedenen Sequenzen. Im Bild ist jeweils rechts (R) und links (L) markiert. a Skizzenzeichnung des Mesencephalons mit Substantia nigra (SN), aufgeteilt in die Pars reticularis (SNpr) und die Pars compacta (SNpc), und dorsal darin dem Nigrosom-1 (N-1). Nucleus ruber (NR) und Aquaeductus mesencephali (AM). b SWI-Sequenz eines gesunden Patienten mit physiologischem Schwalbenschwanzphänomen bei hyperintens abgrenzbarem Nigrosom-1. c SWI-Sequenz eines IPS-Patienten mit Verlust des Schwalbenschwanzphänomens bei verminderter Hyperintensität des Nigrosom-1. d Beide Bildhälften mit jeweils axialen Schichten durch das Mesencephalon bei einem Patienten mit IPS (links) und einem gesunden Probanden (rechts) in T1-gewichteten, Neuromelanin-sensitiven Sequenzen. Rechts mit abgrenzbarer Hyperintensität in der SNpc als Nachweis von Neuromelanin. Links kein Nachweis entsprechender Hyperintensität als Korrelat einer verminderten Konzentration von Neuromelanin.
Hohe magnetische Feldstärken ab 3 Tesla und hochauflösende eisensensitive Sequenzen wie T2*-gewichtete Sequenzen oder vor allem suszeptibilitätsgewichtete Sequenzen (SWI) sind dazu in der Lage, diese Strukturen auch magnetresonanztomografisch abzubilden. Das Nigrosom-1 stellt sich in diesen Sequenzen physiologisch als hyperintense, ovoide Struktur im dorsolateralen Anteil der SNpc dar. Da diese Region in axialer Schichtführung durch das Mesencephalon bildmorphologisch den Zügen eines Schwalbenschwanzes ähnelt, wird es von manchen Autoren entsprechend auch als „Schwalbenschwanzphänomen“ betitelt [12]. Die im Zuge des IPS auftretende Neurodegeneration führt zum Untergang der dopaminergen Neurone und zu einer Erhöhung des Eisengehalts in allen Nigrosomen. Besonders deutlich und frühzeitig geschieht dies hierbei im Nigrosom-1 und es konnte in diesem Zusammenhang nachgewiesen werden, dass es in den eisensensitiven Sequenzen konsekutiv zu einer verminderten Abgrenzbarkeit des Nigrosom-1 bzw. des physiologischen Schwalbenschwanzphänomens kommt ([Abb. 1b, c]) [5]
[11]
[13]. Die Assoziation dieser verminderten Abgrenzbarkeit mit der Erkrankung am IPS konnte mittlerweile in mehreren Studien und Metaanalysen bei hohen Feldstärken gegenüber gesunden Kontrollen bestätigt werden. So konnten Mahlknecht et al. 2017 im Rahmen einer Metaanalyse bei Studien mit Feldstärken von 3 und 7 Tesla eine Gesamtsensitivität und -spezifität von 97,7 % und 96,4 % bei Patienten mit IPS gegenüber gesunden Kontrollen angeben und Chau et al. in einer weiteren, aktuelleren Metaanalyse von 2020 ebenfalls hohe Werte von 94 % und 90 % gegenüber gesunden Kontrollen [14]
[15]. An dieser Stelle ist jedoch bereits darauf hinzuweisen, dass das Abblassen des Schwalbenschwanzphänomens nicht pathognomonisch für das IPS zu werten ist. Das Zeichen konnte in weiteren Studien ebenfalls bei atypischen Parkinson-Syndromen wie der Multisystematrophie (MSA) oder der progressiven supranukleären Blickparese (PSP) nachgewiesen werden. Entsprechend ist eine Differenzierung der Erkrankungen auf Basis dieser Zeichen allein kritisch zu werten und es sollten weitere bildmorphologische Kriterien der atypischen Parkinson-Syndrome hinzugezogen werden [16]
[17]
[18]. Neben der höheren Sensitivität und Spezifität gegenüber gesunden Kontrollen konnte bei IPS-Patienten interessanterweise zusätzlich festgestellt werden, dass bei der Anwendung höherer Feldstärken meist ein bilaterales Abblassen der Hyperintensität auftritt, während dies bei 3 Tesla eher unilateral auf der symptomdominanten Seite der Fall ist. Die Unterschiede werden dabei am ehesten auf die bessere räumliche Auflösung bei höherer Feldstärke zurückgeführt, was dadurch zu einer detaillierteren Beurteilbarkeit beiträgt. Neben dem Nachweis des Phänomens bei am IPS erkrankten Patienten stellt die verhältnismäßig frühe Veränderung des Nigrosom-1 ebenfalls einen potenziellen und interessanten Biomarker für Früh- bzw. Prodromalphasen der Erkrankung dar. Yung Bae et al. konnten in einer Studie von 2017 ein entsprechendes Phänomen in einer kleinen Kohorte von Patienten nachweisen, die an idiopathischer REM-Schlaf-Verhaltensstörung (iRBD) leiden. Diese Störung stellt nach aktuellem Kenntnisstand eine mögliche Prodromalphase des IPS dar, und die Autoren wiesen ein signifikant häufigeres Auftreten des Zeichens bei Patienten mit iRBD relativ zur gesunden Kontrollgruppe (HC) nach [19]. Insgesamt müssen bei Betrachtung der Studienlage die Ergebnisse jedoch stets unter mehreren Aspekten relativiert werden. Ein wichtiger, zu berücksichtigender Aspekt hierbei ist zum Beispiel die Aufnahmetechnik der SWI-Sequenzen, wozu in der Literatur kein einheitliches Sequenzprotokoll etabliert ist. In einer aktuellen Übersichtsarbeit von Kim et al. zur Evaluation technischer Fragen der Nigrosom-1-Bildgebung mittels SWI-Technik wiesen die Autoren darauf hin, dass in den einschlägigen Studien hierzu teilweise Schichtdicken zwischen 0,7 und 2,4 mm verwendet wurden. Die Autoren empfehlen auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen eine räumliche Auflösung von 0,5 × 0,5 × 1mm³ für ein gutes Auflösungsvermögen sowie Kontrast-zu-Rausch-Verhältnis. Sie führen jedoch zusätzlich an, dass optimierte klinische Studien notwendig sind, um ein einheitliches Protokoll in der SWI-Bildgebung des Nigrosom-1 zu etablieren [22].
Neuromelanin
Neuromelanin (NM) ist ein Pigmentprotein, welches beim Menschen charakteristisch für spezifische Gehirnregionen wie die SN und den Locus coeruleus (LC) ist. Es entsteht unter anderem beim Abbau von Dopamin und hat intrazellulär die Eigenschaft, Eisen sowie andere Metalle zu binden. Liegt es durch Zelluntergang extrazellulär vor, kann es jedoch zu neuroinflammatorischen Prozessen führen [20]
[21]. Der NM-Gehalt zeigt hierbei einen typischen altersabhängigen Verlauf [23].
Mit der Einführung NM-sensitiver MRT-Sequenzen durch Sasaki et al. [6] kam dem NM immer mehr Bedeutung zu, wodurch es zunehmend in aktuellen Studien zur Diagnostik von Parkinson-Erkrankungen und zur Differenzierung eines IPS vom essentiellen Tremor (ET) und atypischen Parkinson-Erkrankungen Anwendung findet. Hierbei nutzt man die paramagnetischen Eigenschaften des NM, welche eine Verkürzung der T1-Zeit in T1-Turbo-Spin-Echo-Sequenzen bewirken ([Abb. 1d]) [24]
[25]. So beschreiben zahlreiche Studien eine hohe Spezifität und Sensitivität des erniedrigten NM-Gehalts der SN und des LC zur Differenzierung von Patienten mit einem IPS von gesunden Kontrollen (HC). In Kombination des NM-Gehalts mit der quantitativen Suszeptibilitätskartierung (Quantitative Susceptibility Mapping, QSM) war zudem eine Differenzierung von Patienten mit einem ET von unbehandelten Patienten mit einem IPS möglich [24]. In Studien zur Untersuchung des NM-Gehalts im Verlauf eines IPS wurde festgestellt, dass das NM zwar bereits in frühen Stadien erniedrigt ist, aber im Laufe der Erkrankung ab einem Punkt konstant erniedrigt bleibt. Hierdurch wird eine Unterscheidung zwischen Patienten in frühen und späten Stadien möglich, wobei der NM-Gehalt jedoch keine Korrelation mit einem Progress der Erkrankung erlaubt [26]. Besonders im frühen Stadium sowie in Vorstufen des IPS gibt es jedoch vielversprechende Ergebnisse, dass Neuromelanin als Marker zur Früherkennung genutzt werden könnte. iRBD scheinen hierbei mit erniedrigtem NM im LC zu korrelieren. So ist der NM-Gehalt bei IPS-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen signifikant erniedrigt, aber auch bei iRBD-positiven IPS-Patienten signifikant niedriger als bei iRBD-negativen Patienten [27]. Auch ist es auf Grundlage der NM-Bildgebung kombiniert mit anderen Sequenzen möglich, iRBD-Patienten von gesunden Kontrollen zu unterscheiden [28], wobei ebenfalls eine Schädigung im LC als eine der Ursachen für die REM-Schlaf-Verhaltensstörung vermutet wird [29].
Erste Studien zeigen zudem eine mögliche Differenzierung zwischen einem IPS, HC und atypischen Parkinson-Erkrankungen wie der MSA und der PSP mit dem Einsatz von Deep-Learning-Algorithmen, was jedoch noch anhand größerer Kohorten bestätigt werden muss [30].
Eisengehalt
Wie NM findet man ebenfalls Eisen in spezifischen Gehirnregionen, welches meist an NM oder an Ferritin gebunden vorliegt [9]. Die höchsten Eisenkonzentrationen liegen bei einem gesunden Menschen dabei im Putamen (PUT), im Globus pallidus (GP) und im Nucleus caudatus (NC) vor, sowie niedrigere Mengen auch in der SN und dem LC. Untersuchungen an gesunden Probanden zeigen hierbei, dass der Eisengehalt im LC im Leben weitgehend konstant bleibt, wohingegen er in der SN linear mit dem Alter zunimmt.
Bei zahlreichen neurodegenerativen Erkrankungen wie dem IPS oder der Alzheimer-Demenz (AD) sind jedoch atypische Eisenkonzentrationen, meist im Sinne einer Akkumulation, zu verzeichnen, bei denen bislang noch unklar ist, ob die Eisenablagerungen das primäre oder das sekundäre Ereignis sind. Es wurde jedoch gezeigt, dass Eisenablagerungen auch zur Akkumulation von alpha-Synuclein und entsprechend kernnaher Fibrillenbildung führen [31]. In der Magnetresonanztomografie macht man sich dabei die T2-verkürzende Eigenschaft des Eisens zunutze, welche zu deutlichen Demarkierungen in T2- und T2*-gewichteten Sequenzen führt, wobei eine präzisere Kartierung jedoch mittels R2 (R2 = 1/T2) und R2* (R2* = 1/T2*) möglich ist [29]. Eine sensitive Darstellung von Eisen ist außerdem mittels SWI oder neuer Methoden wie der QSM möglich, für die in Post-Mortem-Studien bereits eine realistische Quantifizierung des Eisengehalts bewiesen wurde [32].
Viele Studien, welche diese Parameter zwischen IPS-Patienten und HC verglichen haben, beschreiben in diesem Rahmen signifikante Unterschiede mit erhöhtem Eisengehalt bei IPS-Patienten in der SN in der SWI [33] sowie mittels R2 / R2* und der QSM, wobei mehrfach gezeigt wurde, dass QSM sensitiver als R2* ist [7]
[34]. Schaut man sich QSM auch in anderen Hirnregionen an, so wurden teilweise widersprüchliche Ergebnisse publiziert. Das mag auch auf verschiedene Krankheitsstadien der Patienten zurückzuführen sein, in denen untersucht wurde. Unter anderem sind hierbei die SNpc, der GP internus, das PUT, der NC und der Nucleus ruber (NR) Regionen, in denen erhöhte Konzentrationen beschrieben wurden [35]. Fokussiert man sich auf die SN und betrachtet den zeitlichen Verlauf der Eisenkonzentrationen, findet man bei fortgeschrittenen IPS-Patienten mit einer Erkrankungsdauer von mehr als 5 Jahren eine signifikante Zunahme der Werte der R2* in der SNpc innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten mit einer guten Korrelation zur Progression der nichtmotorischen Symptome [36]. Auch Ulla et al. haben den Verlauf der R2*-Werte innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren untersucht und eine signifikante Erhöhung der Werte bei IPS in der SNpc und SNpr festgestellt, wobei die delta-R2*-Werte positiv mit der Zunahme des UPDRS-III-Scores korreliert haben [37]. Langkammer et al. beschreiben hierbei auch eine Korrelation der QSM mit dem UPDRS, aber auch mit dem Hoehn & Yahr-Score und der Levodopa-equivalalent daily dose (LEDD) [7]. Somit stellt die Detektion von Eisen in den Basalganglien mittels R2* und QSM eine vielversprechende Technik zur Diagnose eines IPS und zur Progressionsevaluation dar, bei der jedoch noch multizentrische und longitudinale Studien nötig sind, um die Ergebnisse zu validieren. Erste Ansätze, dies mittels selbstlernender Analysemethoden auch zur Differenzierung atypischer Parkinson-Erkrankungen vom IPS zu nutzen, zeigen hierbei aussichtsvolle Resultate [38].
Diffusionsbildgebung
Die Diffusionsbildgebung ist bei neurodegenerativen Erkrankungen bereits Routine in der klinischen Bildgebung. In diesem Rahmen werden bei der Diffusions-Tensor-Bildgebung (Diffusion Tensor Imaging, DTI) Eigenschaften wie die fraktionierte Anisotropie (fractional anisotropie, FA) oder die durchschnittliche Diffusionsfähigkeit (MD) erfasst. Metaanalysen haben gezeigt, dass sich mittels dieser Techniken bereits signifikante Unterschiede zwischen Patienten mit einem IPS und HC finden lassen [39]
[40]. Hauptmerkmale sind hierbei eine erniedrigte FA und/oder eine erhöhte MD in der SN, dem Corpus callosum, dem Frontallappen, dem Cingulum und in temporalen Kortexarealen. Erweiterungen dieser Technik, wie die Bi-Tensor-DTI, welche den Einfluss freien Wassers berücksichtigt, liefern hierbei zunehmend genauere Ergebnisse [24]
[41] und erfassen signifikant erhöhte Mengen freien Wassers in der posterioren SN, was ebenfalls für einen Zelluntergang beim IPS spricht [42].
Neuere Methoden, wie die Diffusions-Kurtosis-Bildgebung (diffusion kurtosis imaging, DKI), welche auch die Nicht-Gauß’sche Verteilung der Diffusion von Wasser erfasst, oder die NODDI (neurite orientation dispersion and density imaging), welche eine spezifische Charakterisierung der Mikrostruktur von Gewebe erlaubt, ermöglichen neue Einblicke in die Veränderungen bei neurodegenerativen Erkrankungen. So gibt es bisher nur wenige Studien, die sich mit der DKI in der SN beschäftigt haben [43]
[44], jedoch beschreiben auch solche eine signifikant erhöhte Kurtosis in der SN, welche positiv mit dem Hoehn & Yahr-Score und dem UPDRS III korreliert [43].
Multisystematrophie
Die MSA zählt zu den α-Synukleinopathien und zeichnet sich durch typische oligodendrogliale zytoplasmatische Einschlusskörperchen aus. In ihrer Symptomatik ähnelt sie neben ihrer betonten autonomen Dysfunktion in vielen Fällen dem IPS, was es häufig schwierig gestaltet, sie klinisch von anderen Parkinson-Syndromen abzugrenzen. Abhängig von der Symptomatik wird bei der MSA dabei zwischen dem Parkinson-ähnlichen Typ (MSA-P) und dem zerebellären Typ (MSA-C) unterschieden [45]. Mittels der MRT gibt es hierbei einige Ansätze, das Erscheinungsbild der Syndrome weiter einzugrenzen.
Für die MSA-P sind dabei die charakteristischen Merkmale eine Atrophie des Putamen mit dem bilateralen Auftreten des „Putaminal-rim-Sign“, welches eine T2-hyperintense Umrandung des dorsolateralen Putamen darstellt ([Abb. 2a]), sowie eine grundsätzliche T2-Hypointensität und Atrophie des Putamen. Für die MSA-C sind es vor allem die Atrophie des mittleren zerebellären Pedikels (MCP), des Kleinhirns und der Pons sowie das „Hot-cross-bun-Sign“ als T2-Hyperintensität der Pons ([Abb. 2b]) und das „MCP-Sign“ als T2-Hyperintensität des MCP [46]. Diese charakteristischen Atrophiemuster lassen sich ebenso mittels eines erhöhten Verhältnisses zwischen Mittelhirn (M) und Pons (P) (midbrain-to-pons-ratio, MTPR; Flächenverhältnis von M zu P im medianen Sagittalschnitt, exemplarisch in [Abb. 2c] eingezeichnet) oder mittels erniedrigtem Magnetresonanz-Parkinson-Index (magnetic resonance parkinsonism index, MRPI; (Fläche des P × Durchmesser MCP)/(Fläche des M × Durchmesser des SCP)) erfassen [45]
[47]. Basierend auf dem MRPI lässt sich eine MSA-P signifikant von einem IPS oder einer PSP unterscheiden [47]. Eine Differenzierung der verschiedenen Erkrankungsgruppen lässt sich außerdem im Rahmen der Diffusionsbildgebung durchführen, bei der signifikant erhöhte ADC-Werte bei der MSA-P im MCP zu detektieren sind [45]. Kombiniert man die MD mit den T2*-Relaxationsraten im Putamen, so kann ebenfalls anhand dieser eine Differenzierung zwischen der MSA-P und dem IPS vorgenommen werden [48].
Abb. 2 Darstellung unterschiedlicher MR-Zeichen bei MSA und PSP in verschiedenen Sequenzen. a Axiale T2-Sequenz auf Höhe des Putamen mit hyperintenser Umrandung des dorsolateralen Putamen links als „Putaminal-rim-Sign“. b Axiale T2-Sequenz durch den Pons mit hyperintens abgrenzbarem „Hot-cross-bun-Sign“. c Sagittale T1-Sequenz durch den Hirnstamm mit Atrophie des Mesencephalons und abgrenzbarem „Hummingbird-Sign“. Exemplarisch sind hier die Flächen zur Bestimmung der MTPR eingezeichnet. M = Mittelhirn; P = Pons. d Axiale T2-Sequenz auf Höhe des Mesencephalons mit lateralseitig betonter Atrophie des Tegmentum und abgrenzbarem „Mickey-Mouse-Sign“.
Progressive supranukleäre Blickparese
Die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) zählt zu den Tauopathien und zeichnet sich durch eine Ablagerung von Tau-Proteinen im Hirngewebe sowie Neurodegeneration und Atrophie in den Basalganglien, dem Hirnstamm und zerebellären Kernen aus. Nach klinischem Erscheinungsbild können mehrere Unterformen differenziert werden, wobei die häufigsten das Steele-Richards-Syndrom (PSP-RS) und die Parkinson-prädominante PSP (PSP-P) sind. Die PSP-RS geht mit hypokinetisch-rigider Motorik, früher posturaler Instabilität, vertikaler Blickparese und Einschränkungen der Kognition einher. Die PSP-P zeichnet sich durch eine vor allem hypokinetisch-rigide Motorik und eher spät auftretende weitere Symptomatik wie Blickparesen aus [49].
Die Differenzierung zum IPS stützt sich neben den klinischen Befunden auf die MR-Bildgebung. Hierzu sind die oben vorgestellten neuen Zeichen des IPS nach aktueller Studienlage jedoch nur mit Vorsicht anwendbar, da bei der PSP sowohl der Gehalt an Neuromelanin als auch die Hyperintensität im dorsolateralen Anteil der SNpc in den eisensensitiven Sequenzen ebenfalls vermindert sein kann. Eine sichere Differenzierung auf Basis dieser Zeichen alleine ist somit eher schwierig, die Studienlage noch nicht gänzlich klar [18]
[50].
Auf Basis des bei der PSP vor allem im Mittelhirn auftretenden Atrophiemusters lassen sich spezielle Zeichen definieren, welche in der konventionellen MR-Bildgebung abzubilden sind. Sagittale Sequenzen durch Hirnstamm und Mesencephalon lassen die Abgrenzung des sogenannten „Hummingbird-Sign“ zu, bei dem, bedingt durch die Atrophie des Tegmentum, die Morphologie der Strukturen an die Silhouette eines Kolibris erinnert ([Abb. 2c]). Eine axiale Schichtführung durch das Tegmentum des Mittelhirns in entsprechenden Sequenzen offenbart weiterhin einen lateralseitig betonten Volumenverlust dieser Region, wodurch das Mittelhirn strukturell der allseits bekannten Mickey-Mouse-Silhouette ähnelt. Entsprechend wird das Zeichen von manchen Autoren als „Mickey-Mouse-Zeichen“ bezeichnet ([Abb. 2d]). In der Literatur weisen diese Zeichen teilweise hohe Spezifitäten bei mäßigen Sensitivitäten auf. So konnten beispielsweise Mueller et al. 2018 in einer größeren retrospektiven Analyse von 481 Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen, hiervon 85 Patienten mit PSP, und 79 gesunden Kontrollen eine hohe Spezifität von 99,5 % beim „Hummingbird-Sign“, respektive 97,7 % beim „Mickey-Mouse-Sign“, aber hierzu eine verhältnismäßig geringe Sensitivität von 51,6 % bzw. 36,8 % nachweisen [51]. Besonders interessant ist zusätzlich die Evaluation, ob diese Zeichen bereits in einem frühen Erkrankungsstadium abgrenzbar sind und zur Frühdiagnostik herangezogen werden sollten. Entsprechende Arbeitsgruppe untersuchte dazu eine Subgruppe von Patienten, welche zum Zeitpunkt der Bildgebung klinisch noch nicht eindeutig diagnostiziert werden konnten. Bezüglich der späteren klinischen Diagnosestellung einer PSP innerhalb dieser Subgruppe wiesen sie zwar für beide Zeichen jeweils eine Spezifität von 100 %, aber nur eine geringe Sensitivität von 35,3 % nach [52]. Neben der qualitativen Erfassung der Mittelhirnatrophie durch entsprechende Zeichengebung im MRT hat sich ein zusätzlicher, quantitativer Ansatz zur Erfassung des Atrophiemusters als hilfreich erwiesen. So konnte die Ermittlung des oben bereits erwähnten MRPI durch die zusätzlich bei PSP (vor allem PSP-RS) vorwiegend im oberen zerebellären Pedikel betonte Atrophie eine gute Differenzierbarkeit zu MSA-P und IPS bei insgesamt exzellenter Spezifität und Sensitivität aufzeigen [52]
[53]. Der quantitative Ansatz mittels MRPI scheint ebenfalls ein gewisses frühdiagnostisches Potenzial zu haben. So konnten Quattrone et al. 2016 in einer Studie nachweisen, dass ein pathologischer MRPI bei PSP-P-Patienten eine bessere Korrelation mit der Entwicklung einer vertikalen Blickparese hat als Symptome wie posturale Instabilität oder vertikale Blickverlangsamung [54]. Die Studienlage zu diesem Aspekt ist jedoch spärlich und es sind noch weiterführende Studien notwendig, um entsprechendes Potenzial näher zu evaluieren.
Zusammenfassung
Die Bildgebung mittels MRT ist ein wichtiges Mittel zur Diagnostik und Differenzierung der neurodegenerativen Erkrankungen aus dem Formenkreis Parkinson-ähnlicher Erkrankungen. Neben den in der Klinik bereits etablierten Atrophiemustern in der Differenzierung atypischer Parkinson-Syndrome bieten neue MR-Zeichen vielversprechende Anwendbarkeit zur differenzierten Diagnostik und Verlaufsbeurteilung. So können der Verlust der DNH, vermindertes Neuromelanin in der SNpc und im LC sowie vermehrte Eisenablagerungen und Diffusionsstörungen in der SNpc zur Diagnostik des IPS verwendet werden, wobei der Verlust der DNH und vermindertes Neuromelanin bereits in der Prodromalphase einen Beitrag zur Früherkennung leisten können. Zur Verlaufsbeurteilung des IPS können wiederum die Eisenquantifizierung und die Diffusions-Kurtosis-Bildgebung herangezogen werden. Diese Zeichen müssen insgesamt jedoch in longitudinalen und multizentrischen Studien noch weiter validiert werden. Ein interessanter zukünftiger Aspekt wird zudem die Entwicklung und Anwendung von künstlicher Intelligenz in diesem Feld sein, welche durch multifaktorielle Befundung die Sicherheit der Frühdiagnostik weiter verstärken wird.