Die Wirbelsäule 2022; 06(04): 250-252
DOI: 10.1055/a-1467-8243
Der Interessante Fall

Die interessante Technik (DIT) - Direkte segmentale Derotation bei degenerativem Drehgleiten

Patrick Strube
1   Universitätsklinikum Jena, Campus Waldkliniken Eisenberg, Klinik für Orthopädie, Eisenberg
,
Timo Zippelius
2   Orthopädische Universitätsklinik am RKU, Ulm
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Einleitung

Das Ziel der Spondylodese ist neben der Ruhigstellung der schmerzauslösenden Strukturen eine Korrektur und Wiederherstellung des physiologischen Profils der Wirbelsäule unter Berücksichtigung der für jeden Patienten spezifischen Parameter. Maßnahmen zur Einstellung des koronaren und sagittalen Alignments sind bereits gut etabliert, allerdings ist die segmentale Derotation ebenfalls von besonderer Bedeutung, da das segmentale Drehgleiten den Kern und Motor degenerativer de-novo Skoliosen darstellt. In Abhängigkeit von Alter, Kurvengröße, apikaler Rotation und Knochenqualität besteht bei Patienten mit degenerativer Lumbalskoliose ein Progressionsrisiko von ca. 3.3°/J. (Standardabweichung 1–6°) wenn diese unbehandelt bleibt ([Abb. 1]). Vor allem Kurven mit Cobb > 30°, Rotationsgrad 3 (Nash and Moe) und einem lateralen Slip von > 6mm (seitliche Verschiebung) stellen den Chirurgen häufig vor ein Problem, da entsprechende Implantate, Kompressions- sowie Distraktionsmaneuver und ventrale Abstützung durch Cages zwar eine Unterstützung bieten, aber die Derotation nicht oder nur unzureichend oder durch eine längere Instrumentationsstrecke erreicht werden kann [1] [2] und ggf. die dann häufiger resultierenden Probleme der Anschlusssegmentdegeneration oder des proximal-junktionalen Versagens nicht selten nur durch eine erneute Operation behoben werden können [3]. Darüber hinaus wird mit der instrumentierten Spondylodese eine möglichst hohe Primärstabilität angestrebt, da gerade in dieser Patientengruppe eine reduzierte Knochenqualität das Risiko für ein Versagen des Konstrukts erhöhen kann [4]. Dementsprechend sollte zwar auf eine ausreichende Länge und Rigidität der Instrumentation geachtet werden, jedoch erhöhen beide Faktoren gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit eines junktionalen Versagens. Bei allen Deformitäten korrigierenden Eingriffen stellt sich die Frage nach der exakten Planung der Korrektur und damit der Planung der Implantate und intraoperativen Technik.

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Abb. 1 Die Abbildung zeigt von links nach rechts den beispielhaften Verlauf der Neuentstehung einer degenerativen Lumbalskoliose bei einer Patientin über 10 Jahre in a.p. Röntgenbildern im Stehen. Die Skoliose entstand basierend auf einem degenerativen Drehgleiten L1/2/3 sichtbar links im ersten Bild. Hieraus entwickelte sich der Scheitel der „de-novo“ Skoliose (rechts im Bild nach 10 Jahren).

Wie bereits beschrieben ist die exakte Wahl der Implantate und Applikation unabdingbar für ein gutes Ergebnis, allerdings kann die operative Technik durch neue Instrumente weiter verbessert werden. Dieser Artikel soll am Beispiel der degenerativen Lumbalskoliose zeigen, wie instrumentierte direkte vertebrale (De)Rotationsmaneuver (DVR) auch bei einem degenerativen Drehgleiten sicher durchgeführt werden können, um eine optimale Korrektur zu erreichen. Diese der „jungen Deformitätenchirurgie“ (z.B. bei der Versorgung adoleszenter idiopathischer Skoliosen) entliehene Technik bietet den Vorteil, selbst monosegmentale degenerative Drehgleitprozesse besser (anti)rotatorisch adressieren zu können. Somit ergibt sich auch die Chance auf eine kurzstreckige Korrektur einer dreidimensionalen Deformität, die eine hohe Progredienzwahrscheinlichkeit hat.



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Article published online:
20 October 2022

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