Pneumologie 2021; 75(07): 491-492
DOI: 10.1055/a-1481-3447
Pneumo-Fokus

Lungenpilzinfektionen bei schwerem COVID-19-Verlauf?

Fekkar A. et al.
Occurrence of invasive pulmonary fungal infections in patients with severe COVID-19 admitted to the ICU.

Am J Respir Crit Care Med 2021;
203: 307-317
 

Die invasive Aspergillose wurde bereits mehrfach als eine Komplikation schwerer virenbedingter Pneumonien beschrieben. Während der SARS-Pandemie 2002–2003 konnten Lungenpilzinfektionen bei etwa 10 % der verstorbenen Patienten mittels Autopsie identifiziert werden. Für schwere Verläufe der Coronavirus-Erkrankung (COVID-19) gab es bislang heterogene Ergebnisse dazu, inwieweit die Erkrankung einen Risikofaktor für Lungenpilzinfektionen darstellt.


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Zuletzt untersuchte eine Forschergruppe in Frankreich das Auftreten von invasiven respiratorischen Pilzsuperinfektionen bei Patienten mit schwerer COVID-19. Die Forscherinnen und Forscher führten die Studie mit an SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2)-Pneumonien erkrankten Patienten aus 5 verschiedenen Intensivstationen durch. Bei den insgesamt 145 Patienten wurden Atemwegs- und Serumproben zum spezifischen Screening auf Pilzkomplikationen vorgenommen.

Stichprobe und Methoden

Die Patienten waren im Durchschnitt 55 Jahre alt, der überwiegende Anteil war männlich (72 %). Viele waren übergewichtig (n = 99; 68 %), litten an Bluthochdruck (n = 83; 57 %) oder Diabetes (n = 46; 32 %). Nur wenige Patienten (n = 20; 14 %) wiesen bereits bestehende Risikofaktoren (z. B. Behandlung mit Kortikosteroiden oder Immunsuppressiva) für eine invasive Pilzinfektion auf. Die gesamte Patientengruppe war schwer an COVID-19 erkrankt: Alle Patienten wurden invasiv mechanisch beatmet, die Hälfte (n = 73, 54 %) wurde durch extrakorporale Membranoxygenierung unterstützt. Die mykologische Analyse umfasste 2815 mykologische Tests (Kultur, Galaktomannan, ß-Glucan und PCR), die an 475 respiratorischen Proben und 532 Seren durchgeführt wurden.


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Ergebnisse

  • Eine wahrscheinliche invasive pulmonale Schimmelpilzinfektion wurde bei 7 Patienten (4,8 %) diagnostiziert und war mit einer hohen Sterblichkeit verbunden.

  • Die multivariate Analyse zeigte ein signifikant höheres Risiko für Organtransplantat-Empfänger (Odds Ratio = 4,66; Interquartil-Bereich 1,98–7,34; P = 0,004).

  • Falsch-positive Tests auf Pilzinfektionen und klinisch irrelevante Kolonisation, die keine antimykotische Behandlung erforderte, wurden bei 25 Patienten (17,2 %) beobachtet.

Die Gesamtinzidenz pilzbedingter respiratorischer Komplikationen (4,8 %) sei in der untersuchten Studienpopulation deutlich niedriger als bei vorherigen Berichten. Im Gegensatz zur Influenza, scheint SARS-CoV-2 keine invasiven Pilzinfektionen bei kritisch kranken Patienten zu fördern. Es müsse sorgfältig darauf geachtet werden, zwischen Aspergillose als Folgekomplikation einer schweren COVID-19-bedingten Pneumonie und Aspergillose bei Patienten mit prädisponierenden Grunderkrankungen zu unterscheiden.

Fazit

Laut Autoren scheint bei Patienten ohne zugrundeliegende Immunsuppression bei schwerer SARS-CoV-2-bedingter Pneumonie ein geringes Risiko für eine invasive Sekundärinfektion durch Pilze, insbesondere Aspergillose, zu bestehen. Besondere Vorsicht sei jedoch bei Patienten mit bereits bekannten Risikofaktoren, v. a. bei Organtransplantat-Empfängern, geboten. Die Ergebnisse der retrospektiven Studie und die teils unspezifischen mykologische Kriterien der Diagnostik sollen überprüft werden.

Annkatrin Wagner, Stuttgart


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Publication History

Article published online:
12 July 2021

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