Zusammenfassung
Einleitung Zur Reduktion von Wartezeiten im ambulanten
fachärztlichen Bereich sind seit dem 23.01.2016 Terminservicestellen
(TSS) aktiv. Diese sollen Facharzttermine mit Dringlichkeitsüberweisung
telefonisch innerhalb von vier Wochen an gesetzlich Versicherte vermitteln. Die
Studie präsentiert erstmalig eine Analyse des Buchungsverhaltens der TSS
für die fachärztliche Vermittlung (VM) in Westfalen-Lippe (WL),
sowie einen Vergleich des Anteils der Facharztgruppen (FG) bei
fachärztlichen Überweisungen (ÜW) an den
Gesamtfacharztüberweisungen (GFA-ÜW) mit dem Anteil der
jeweiligen FG an den fachärztlichen TSS-Vermittlungen (TSS-VM). Zudem
stellt sie die Leistungen der Nervenärzte auf Basis von ÜW mit
TSS-VM denjenigen ohne TSS-VM gegenüber.
Methode Für die Evaluation der Entwicklung der TSS-VM wurden die
Buchungsdaten der TSS vom zweiten Quartal 2016 bis zum dritten Quartal 2019
ausgewertet. Aufgrund eines fehlenden Schlüssels zur Verknüpfung
der TSS- und Abrechnungsdaten erfolgte die Bestimmung des Leistungsspektrums der
TSS-VM mittels eines selbstentwickelten Algorithmus, indem 24.286.157
Abrechnungsdatensätze mit 12.648 fachärztlichen
TSS-Datensätzen der Kassenärztlichen Vereinigung WL abgeglichen
wurden.
Ergebnis Für 84% der (größtenteils zwischen
35-59-jährigen) Anrufer mit VM-Anspruch kommt es zu einer TSS-VM mit
durchschnittlich 21 Tagen Wartezeit. Am häufigsten werden Termine bei
den Bedarfsplanungsgruppen Nervenärzten (insbes. Neurologen),
Fachinternisten und Radiologen vermittelt. 45% der TSS-VM erfolgen zu
Nervenärzten, obwohl diese nur 4% der GFA-ÜW in WL
ausmachen. Es gibt nur wenige Unterschiede in der Leistungsinanspruchnahme bei
Nervenarztterminen mit und ohne TSS-VM. Statistisch signifikant ist die
höhere Inanspruchnahme der psychotherapeutischen Erstabklärung
im Rahmen der TSS-VM. Der Effekt ist jedoch klein.
Schlussfolgerungen Die TSS in WL kann ihren Auftrag zur VM von dringenden
Facharztterminen gesetzlich Versicherter erfüllen, auch wenn ihre
Nutzung recht gering (0,19% der GFA-ÜW) ist. Die
durchschnittliche Wartezeit bei den TSS-VM liegt deutlich unter der gesetzlich
vorgegebenen. Patienten beziehen jedoch auch weitere Faktoren in die
Terminfindung mit ein. Auch wenn der Nutzen der TSS insbesondere für
drei FG darstellbar ist, sollte weiter diskutiert werden, ob die TSS in der
bisherigen Ausgestaltung sinnvoll sind. Die vorliegende Studie liefert sowohl
methodisch als auch inhaltlich eine Evaluationsbasis und erste Impulse
für eine Endscheidungsfindung.
Abstract
Introduction To reduce outpatient specialist waiting times and to help
patients with statutory health insurance to get appointments and urgent
referrals within four weeks, phone appointment service centres (ASC) were
introduced in Germany in January 2016. The aim of this study was to analyse
these booking patterns in the Westphalia-Lippe (WL) region, and to compare the
types of regular specialist referrals with those made by the centers.
Furthermore, neurology services to patients with ASC referrals were compared to
those without.
Methods Appointment data from the second quarter of 2016 to the third
quarter of 2019 were used, and an algorithm was developed to determine the range
of services provided in appointments made by the ASCs. A total of 24,286,157
accounting slips were compared with 12,648 specialist service records from the
Association of Statutory Health Insurance Physicians in the WL region.
Results The average waiting time for an appointment with a specialist was
21 days for 84% of the callers with a referral (aged mostly 35-59
years). Requests for appointments with neurologists, internists, and
radiologists were the most frequent ones; 45% of service centre
specialist appointments were made with neurologists, despite these comprising
only 4% of total referrals in WL. There were only a few differences in
the use of services in neurologist appointments with and without the mediation
of the ASC. The higher level of ASC used for making neurologist appointments for
initial psychotherapeutic assessment was statistically significant. However, the
effect was small.
Conclusions Despite its relatively low use (0.19% of specialist
referrals in general), ASCs in the WL region are able to make urgent specialist
appointments for patients with statutory insurance, with average waiting times
significantly lower than the legally set maximum waiting period. However,
patients also take other factors into account when making appointments. While
the benefits of these centres, especially for three types of specialists, was
demonstrated, further discussion on the form of the ASCs in their current form
is warranted. This paper provides a basis for evaluation of methodology and
content for further decision-making.
Schlüsselwörter
Wartezeit - Facharzt - Terminservicestelle - Überweisung - Nervenarzt - ambulant
Key words
waiting time - specialist - appointment service centre - referral - neurologists - outpatient