PPH 2021; 27(05): 212-213
DOI: 10.1055/a-1525-5870
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Online-Therapie bei Angststörungen

Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie/Kerstin Ullrich

Die neue Fassung der S3-Leitlinie zur Therapie und Diagnostik von Angststörungen sieht erstmals vor, eine Online-Therapie als Überbrückung bis zum Beginn einer Psychotherapie oder als therapiebegleitende Maßnahme anzubieten. Um die Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie für diese psychische Erkrankung aktuell zu halten, hat ein Gremium von 29 Fachverbänden und Organisationen aus den Bereichen Psychotherapie, Psychologie, Psychosomatische Medizin, Psychiatrie, Allgemeinmedizin sowie Patientenvertretern und Selbsthilfeorganisationen die Leitlinie bearbeitet.

„Künftig können Internetinterventionen angeboten werden“, erläutert der Koordinator der Leitlinie, Professor Dr. med. Dipl.-Psych. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz. „Solche Online-Programme lassen sich niedrigschwellig von zu Hause durchführen, sind gut erreichbar und flexibel anwendbar.“ Dabei absolvieren Betroffene strukturierte Selbsthilfe-Programme, die meist verhaltenstherapeutische Anleitungen zur Bewältigung der Störung geben, oder die Patienten verfassen Blogs, die Therapeuten kommentieren – ein persönlicher Kontakt mit einem Therapeuten findet nicht statt.

Aktuelle Studien, die die Wirksamkeit der Online-Selbsthilfe untersuchen, berichten über ähnlich gute Effekte wie bei persönlichen Psychotherapien. Diese Ergebnisse betrachten die Experten allerdings mit großer Zurückhaltung. „Die Wirksamkeit der Online-Therapie für die Praxis dürfte überschätzt werden, da die Studienteilnehmer sehr selektiv – meist mit akademischem Hintergrund – eingeschlossen werden“, kritisiert Professor Dr. med. Borwin Bandelow von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen, der an der Leitlinienerstellung inhaltlich federführend beteiligt war. Außerdem fehle vielen Studien eine eindeutige Verblindung, was ihre Aussagekraft erheblich schwäche.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
22. September 2021

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