retten! 2021; 10(05): 322-330
DOI: 10.1055/a-1529-3800
Fit als Notfallsanitäter

Hyperkaliämie – Das sollten Sie als Notfallsanitäter wissen

Rico Kuhnke
,
Volker Wanka

retten! hält Sie fachlich fit: In jeder Ausgabe arbeiten wir anhand eines Fallbeispiels einen interessanten Einsatz algorithmenkonform auf. Anhand von exemplarischen Fragen zu erweiterten Notfallmaßnahmen, Kommunikation und Rahmenbedingungen können Sie sich auf die Ergänzungsprüfung vorbereiten oder Ihr Wissen auffrischen.

Kommentar

Jörg Johannes, Notfallsanitäter, Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Praxisanleiter im Gesundheitswesen, Klinikum Ludwigshafen am Rhein gGmbH

Elektrolytentgleisungen haben viele unterschiedliche Ursachen und manifestieren sich meist durch eher diffuse Symptome. Dazu zählen beispielsweise Übelkeit, Parästhesien, Bewusstseinsveränderungen oder ein allgemeines Schwächegefühl.

Auch die Verdachtsdiagnose Hyperkaliämie kann präklinisch meist nur aufgrund der Anamnese und anhand typischer Symptomkonstellationen gestellt werden. Selbst wenn es, wie im beschriebenen Fall, zu eindeutigen EKG-Veränderungen kommt, kann nur eine POCT-Elektrolytbestimmung den Verdacht an der Einsatzstelle bestätigen und einen quantitativen Blutkaliumwert als Behandlungsgrundlage liefern. Daher empfehlen die aktuellen ERC-Leitlinien eine laborchemische Bestätigung der Verdachtsdiagnose mittels Blutgasanalysegerät und eine Überwachung des Blutkaliumspiegels während der Therapie. Im Rettungsdienst ist mangels eigener Möglichkeiten das beschriebene Zurückgreifen auf hausärztliche POCT-Ressourcen nicht unüblich, wenn die Einsatzsituation dies ermöglicht.

Bei der Behandlung der Hyperkaliämie stehen präklinisch der Schutz des Herzmuskels und der medikamentös (Salbutamol) induzierte Kaliumshift nach intrazellulär im Vordergrund. Dies gilt auch bei einer Reanimation (potenziell reversible Ursache). Auch muss jederzeit mit dem Auftreten lebensbedrohlicher Rhythmusstörungen gerechnet werden, weshalb eine kontinuierliche klinische und apparative Überwachung obligat ist.

Im beschriebenen Fall konnte durch die Bestimmung des Blutkaliumspiegels in der Arztpraxis die Diagnose der schweren Hyperkaliämie (Serum-K+ ≥ 6,5 mmol/L) bereits präklinisch gesichert werden. Dies ermöglichte nicht nur einen frühzeitigen Beginn der (erweiterten) Behandlung und einer situativ angepassten Überwachung entsprechend dem ERC-Algorithmus, sondern unterstützte konsekutiv die Auswahl einer passenden Zielklinik mit Anmeldung zur Akutdialyse. Dieses Vorgehen dürfte den gesamten Versorgungsprozess beschleunigt haben.

Natürlich gilt es auch bei der präklinischen Bestimmung des Blutkaliumspiegels mögliche Messfehler auszuschließen, ehe aus den erhobenen Werten therapeutische Konsequenzen abgeleitet werden („double check“).



Publication History

Article published online:
25 November 2021

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