Marone EM.
et al.
Characteristics of Venous Thromboembolism in COVID-19 Patients: A Multicenter Experience
from Northern Italy.
Ann Vasc Surg 2020;
68: 83-87
Bisherige Untersuchungen bezogen sich überwiegend auf schwer Erkrankte, die sich wegen
COVID-19 auf Intensivstationen befanden. Die Bedeutung einer effektiven Antikoagulation
wurde frühzeitig diskutiert und erkannt. Die italienische Arbeitsgruppe analysierte
retrospektiv die Daten von Patienten mit allen Schweregraden, die wegen des Verdachts
auf eine tiefe Beinvenenthrombose (DVT) einen Doppler-Ultraschall (DUS) und eine pulmonale
CT-Angiografie (CTPA) erhielten.
In 4 COVID-19-Schwerpunktkliniken erfolgten von März-April dieses Jahres 101 DUS bei
DVT-Verdacht. 42 Untersuchungen bestätigten eine DVT und 7 eine oberflächliche Thrombophlebitis.
Das Alter der Betroffenen betrug median 65 Jahre (49–83 Jahre). Männer waren häufiger
betroffen als Frauen (29 vs. 13). Risikofaktoren waren zentrale Venenkatheter im thrombosierten
Gefäß (n = 6), Übergewicht (n = 4), Malignome (n = 2) und Schwangerschaft (n = 1).
Drei Patienten auf ICU erhielten bereits eine effektive Antikoagulation. In den anderen
intensivpflichtigen Fällen war eine prophylaktische Gabe mit niedermolekularem Heparin
erfolgt. Nur insgesamt 11 Erkrankte lagen auf Intensivstationen, die Übrigen befanden
sich auf Infektions- oder Allgemeinstationen, wo eine Antikoagulation im Ermessen
des behandelnden Arztes lag. Bei 3 Patienten bestand wegen länger zurückliegender
thromboembolischer Ereignisse eine gerinnungshemmende Dauermedikation.
Acht Patienten waren intubiert, 20 erhielten eine Beatmung mit C-PAP, 7 eine nichtinvasive
und 6 keine Atemunterstützung. Ein Patient war tracheotomiert. Das mediane CRP als
Maß für die Erkrankungsschwere war mit median 45 mg/dl deutlich erhöht. Die Stratifizierung
ergab aber, dass Patienten aller COVID-19-Schweregrade von Thromboembolien betroffen
waren und eine Prädominanz bei moderaten Verläufen bestand. Die D-Dimere lagen bei
median 9,3 mg/dl.
Die meisten thromboembolischen Ereignisse kamen in den ersten beiden Wochen nach der
stationären Aufnahme vor. Bei den Manifestationen überwogen plötzliche Schmerzen im
Bein, gefolgt von Rötung und ödematöser Schwellung. Am häufigsten betroffen waren
Femoral- und Poplitealvenen, V. brachialis und V. axillaris. Drei Patienten hatten
eine Jugularvenenthrombose. Die CTPA ergab 24 Lungenembolien, die median nach 12 Tagen
Klinikaufenthalt diagnostiziert wurden. In 8 Fällen bestand eine DVT und in 3 Fällen
eine Thrombophlebitis. Bei 13 Patienten war kein peripheres Ereignis belegt. Die positiven
CTPA ergaben überwiegend eine Mikroembolisierung/Thrombosierung distaler und kleinkalibriger
Gefäße.
Die Ergebnisse sprechen für eine direkte, virusinduzierte Endothelaktivierung oder
eine inflammatorische Antwort, die sich als Thrombosierung, Thrombophlebitis und Pulmonalarterienembolie
manifestieren und unabhängig voneinander auftreten können. Die Autoren fassen zusammen:
-
VTE kommen auch bei moderaten und leichten Verläufen vor. Daraus resultiert die Überlegung
eines DUS-Screenings und einer Antikoagulation für alle stationären Patienten.
-
Alle Gefäßregionen können betroffen sein.
-
VTE traten bei 38 % in der 1. Woche auf, kamen aber auch noch nach 3–4 Wochen vor.
-
PE traten häufig ohne DVT auf. Möglicherweise bestanden primäre pulmonale Thrombosen
als inflammatorische Response auf die Infektion und keine Thromboembolien.
Dr. med. Susanne Krome, Melle