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DOI: 10.1055/a-1735-3552
Patientenzentrierte Radiologie – Eine Hinführung durch ein narratives Review
Article in several languages: English | deutsch- Einleitung
- Radiologie als klinisches Fach
- Wie erleben Patienten eine radiologische Untersuchung
- Kommunikation mit Patienten nach der Untersuchung
- Kommunikation der Radiologie mit anderen klinischen Fächern
- Arbeitszufriedenheit in der Radiologie
- Zusammenfassung und Ausblick
- Literatur
Zusammenfassung
Hintergrund Patientenzentrierte Radiologie stellt einen entscheidenden Aspekt einer modernen nachhaltigen Radiologie dar. Patientenzentriertheit ist dabei definiert als eine Fokussierung auf persönliche Werte und Wünsche der Patienten mit respektvoller Integration in medizinische Entscheidungen. In diesem narrativen Review wollen wir eine praktische Hinführung auf dieses umfassende Thema mit der inhaltlichen Erweiterung auf eine personenzentrierte Radiologie, die auch die Werte und Wünsche von Mitarbeitern und zuweisenden Kollegen berücksichtigt, versuchen.
Methode Medline-Suche zwischen 2010 bis 2021 unter dem Begriff „patient-centered radiology“ mit subjektiver Auswahl und Ergänzung im Sinne eines narrativen Reviews.
Ergebnisse Beim Erleben des Untersuchungsablaufes stand die Angst der Patienten vor Untersuchungen (Bewegungseinschränkung, Ungewissheit) im Fokus der Literatur. Nach Abschluss der Untersuchung wünscht sich ein Großteil der Patienten ein Gespräch mit dem Radiologen. In der Kommunikation mit zuweisenden Fächern wird die radiologische Expertise und Qualität insgesamt positiv wahrgenommen, wobei hier der Wunsch nach mehr strukturierter Befundung bzw. „itemized reporting“ deutlich wird. Hinsichtlich der Arbeitssituation in der Radiologie zeigt sich eine hohe Zufriedenheit und Identifikation mit dem Fach trotz hoher psychosozialer Arbeitsbelastung.
Schlussfolgerung Der Großteil der Publikationen zum Thema besteht aus Befragungen zur Erhebung des Ist-Zustandes. Wissenschaftliche Evaluationen mit Interventionen wie etwa der verbesserten Information vor Untersuchungen oder der Einführung von verständlichen patientenlesbaren Befunden existieren gegenwärtig nur vereinzelt. Das Dilemma der wachsenden Arbeitsbelastung durch weiter zunehmende Bildgebung in der Radiologie bei gleichzeitigem Wunsch nach mehr Patientenzentriertheit u. a. durch Arzt-Patienten-Gespräche ist im Arbeitsalltag gegenwärtig nur schwer zu lösen. Doch ist auf dem Weg zu einer wertebasierten Radiologie die Rückbesinnung auf ärztliche Tätigkeiten u. a. mit dem Fokus auf Kommunikation und Menschlichkeit durch Patientenzentrierung essenziell.
Kernaussagen:
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Patientenzentrierte Radiologie fokussiert auf die respektvolle Einbeziehung persönlicher Werte und Wünsche der Patienten in medizinische Entscheidungen.
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Radiologen sind Kliniker, die einen diagnostischen und therapeutischen Mehrwert für Patienten und Überweiser schaffen.
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Die aktuelle Literatur zu dem Thema beschäftigt sich vornehmlich mit der Erfassung des Ist-Zustandes.
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Der Großteil der Patienten wünscht ein Gespräch mit den behandelnden Radiologen.
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Zum Erreichen einer „wertebasierten“ Radiologie ist eine Rückbesinnung auf die ärztliche Tätigkeit mit Fokus auf eine verbesserte Kommunikation mit Patienten und Überweisern essentiell.
Zitierweise
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Schreyer AG, Schneider K, Dendl LM et al. Patient Centered Radiology – An Introduction in Form of a Narrative Review. Fortschr Röntgenstr 2022; 194: 873 – 881
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Key words
health policy and practice - socioeconomic issues - narrative review - patient centered radiologyAus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Manuskript auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet und ggf. das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Einleitung
Der Begriff „patientenzentrierte Radiologie“ mag vielen Radiologinnen und Radiologen zunächst wie ein inhaltsloser Allgemeinplatz vorkommen. Die Erwähnung dieses Themas in Kollegenkreisen führt teilweise zur reflexartigen Antwort, dass für uns als Radiologen und Ärzte doch stets der Patient im Mittelpunkt stünde. Das mag von unserem Gefühl und ärztlichen Selbstverständnis zwar auf den ersten Blick so richtig sein, es zeigt sich jedoch bei genauerer Betrachtung, dass die Realität häufig anders ist. Im Kontext der Zwänge von medizinisch-ökonomischen Rahmenbedingungen und dem gleichzeitigen Druck der Bewältigung einer zunehmenden Anzahl radiologischer Untersuchungen entsteht hier in der täglichen Praxis und Realität oftmals ein Widerspruch zum angestrebten Idealbild.
Patientenzentrierte Medizin bedeutet, die individuellen Werte und Wünsche der Patienten in den Mittelpunkt der ärztlichen Tätigkeit zu stellen [1]. Das Institute of Medicine (USA) definiert dazu prägnant patientenzentrierte Medizin als „(…) respectful of, and responsive to, individual patient preferences, needs and values, and ensuring that patient values guide all clinical decisions. (…)“ [2]. Dabei spielt die Autonomie des Patienten eine zentrale Rolle: Nicht mehr nur der Arzt entscheidet über die Behandlung, weitere Untersuchungen und Interventionen, sondern auch der Patient im Kontext seines individuellen gesundheitlichen Werdeganges.
Patientenzentrierte Radiologie darf jedoch nicht auf das Arzt-Patienten-Gespräch reduziert werden. Die komplexe z. T. fachinhärente Prozesskette, angefangen von der Untersuchungsanmeldung (elektronische Formulare im Krankenhausinformationssystem bzw. Online-Patientenportale oder telefonische Terminvergabe) über das ärztliche Aufklärungsgespräch, die Untersuchungsdurchführung und das anschließende ärztliche Befundgespräch prägen in ihrer Gesamtheit die Wahrnehmung und das „Erlebnis“ der Radiologie.
In Patienteninterviews zeigte sich dabei, dass Zufriedenheit und Vertrauen im Kontakt vor allem auf der Wahrnehmung medizinisch fachlicher Expertise und Menschlichkeit beruhen [3]. Bezüglich der „Menschlichkeit“ im Umgang werden dabei konkret u. a. die räumliche Umgebung, die Zeit für den Kontakt aber auch der gegenseitige Respekt sowie das Verständnis für die individuelle Situation betont. So kommt es zu einem gesteigerten Wohlbefinden der Patienten und die psychologischen und sozialen Aspekte der Erkrankung und des Gesundungsprozesses finden einen geeigneten Raum in der Behandlung [4] [5].
Die Radiological Society of North America (RSNA) hat bereits im Jahr 2006 das erste Steuerungs-Komitee sowie wissenschaftliche Sitzungen zum Thema der patientenzentrierten Radiologie in ihrem Jahreskongress unter dem Slogan „Use it or lose it“ etabliert. Die ersten systematischen Workshops 2009 waren vor allem darauf konzentriert, eine systematische Ausbildung in der Kommunikation mit Patienten anzubieten und wissenschaftlich zu begleiten. Im Jahre 2012 wurde dann von der RSNA die Webseite „www.radiologycares.org“ online gestellt, in der gesammelte Literatur und Fortbildungskurse zum Thema angeboten wurden. In der letzten Präsenzveranstaltung der RSNA im Jahre 2019 wurde das Thema in der Eröffnungsrede der Kongresspräsidentin Valerie P. Jackson unter dem Titel „A Matter of Perspective: Putting a New Lens on Our Patient Interactions“ als eines der großen die Veranstaltung übergreifenden Themen benannt. Auch in der deutschsprachigen radiologischen Fachwelt hat das Thema der Patientenzentriertheit in den letzten Jahren in der Wahrnehmung und z. T. auch Forschung an Bedeutung gewonnen.
Die Europäische Röntgengesellschaft (ESR) beschreibt in einem aktuellen Positionspapier ihre Ansätze bezüglich der „Value-based Radiology“ [6]. Auch in der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) ist das Thema durch eine inhaltliche Fokussierung am 103. Deutschen Röntgenkongress im Jahre 2022 unter dem Motto „Vielfalt Leben – Zukunft gestalten“ präsent. Im Rahmen des Themenschwerpunkts Nachhaltigkeit sollen dazu v. a. die sozialen Aspekte der Radiologie in der Interaktion mit Patienten hervorgehoben werden. Aus diesem Grund hat sich in der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) im November 2020 eine neue Arbeitsgruppe zum Thema Nachhaltigkeit gegründet, die dieses Thema systematisch, wissenschaftlich und praktisch bearbeiten wird. Auf das Grundprinzip heruntergebrochen ist Nachhaltigkeit darin zu sehen, dass nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwächst bzw. sich regeneriert. Dabei soll der Begriff „Nachhaltigkeit“ nicht nur eindimensional basierend auf dem Prinzip der Ressourcennutzung mit erhaltener Regenerationsfähigkeit, wie ursprünglich aus der Forstwirtschaft bekannt, verwendet werden [7]. Vielmehr favorisieren wir für unsere medizinische Spezialität das komplexere „Drei-Säulen-Modell“, welches prinzipiell aus 3 sich zum Teil überschneidenden Begrifflichkeiten der Ökologie, der Ökonomie und sozialer Aspekte besteht ([Abb. 1]) [8]. Der ökologische und ökonomische Aspekt der Nachhaltigkeit kann dabei in weiten Punkten als selbsterklärend betrachtet werden. Nachhaltigkeit bedeutet im Kontext des Drei-Säulen-Modells eben auch, die Radiologie in der externen Betrachtung nicht nur auf Ökonomie und Ökologie begrenzen und „benchmarken“ zu wollen, sondern die sozialen Aspekte unseres Faches zu beachten [9]. Ein entscheidender Kern wird dabei der Umgang des Radiologen mit dem Patienten sein. Der Begriff sollte jedoch nicht nur als „Patient Centered Radiology“, sondern erweitert als „People Centered Radiology“ (Personen-zentrierte Radiologie) aufgefasst werden. Ein adäquater und wertschätzender Umgang sollte nicht nur die Kommunikation der Radiologen mit den Patienten prägen, sondern in der Erweiterung auch die Arbeitsweise und Ausbildung der Radiologen bzw. MTRA sowie den Umgang der Radiologen mit ihren medizinischen Partnern aller Disziplinen umfassen.
Um der radiologischen Community in Deutschland die Möglichkeit zu geben, den Begriff Patienten-bzw. Personenzentriertheit nicht als leere Phrase abzutun, sondern gemeinsam an deren Umsetzung zu arbeiten und diesen in ihre tägliche Arbeit und Praxis aufzunehmen, haben wir uns als neu gegründete Arbeitsgemeinschaft in der deutschen Röntgengesellschaft (www.nachhaltigkeit.drg.de) bemüht, zunächst den Ist-Zustand in einer Literaturübersicht der Jahre 2010–08/2021 im Sinne eines narrativen Reviews zu erstellen. Identifiziert wurden primär Artikel, die unter dem Begriff „patient-centered radiology“ in Pubmed verschlagwortet waren. Mithilfe der Literaturzusammenstellung erfolgt eine wissenschaftliche und praktische Hinführung zum Thema ([Tab. 1]).
(Patienten) Erleben von radiologischen Untersuchungen |
Angst vor der Untersuchung [17] |
Eingeschränkte Bewegungsfähigkeit bei Lagerung in Großgeräten [18] |
Angst durch Ungewissheit bis zur Befundübermittlung [18] [19] [21] |
(Patienten) Kommunikation der radiologischen Befunde nach der Untersuchung |
Verständlichkeit der medizinischen Fachbegriffe und des Untersuchungsergebnisses [36] [37] |
(Überweiser) Kommunikation mit der Radiologie |
Wertschätzung der radiologischen Befunde und Arbeit [12] |
Berufliche Motivation und Zufriedenheit in der Radiologie |
Beruflicher Stresslevel [45] |
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Radiologie als klinisches Fach
Bezüglich der simplen Aussage, dass die Radiologie ein eigenständiges klinisches Fach darstellt, kann eine einfache Google-Suche mit automatischer Ergänzung der Suchanfrage zunächst erschrecken. Die Eingabe in die Suchmaschine „Radiologist are …“ wird gegenwärtig durch die häufigsten Suchanfragen der Benutzer in die Richtung ergänzt, dass zu erkennen ist, dass viele Internetanfragen abklären wollen, ob Radiologen überhaupt Ärzte sind. Auch in der medizinischen Fachliteratur wird oftmals sprachlich zwischen „Kliniker“ und „Radiologen“ unterschieden. Bereits diese sprachliche Unterscheidung zeigt, dass für viele Patienten und Ärzte im medizinischen Betrieb der Radiologe nicht als klinisch tätiger Arzt betrachtet wird [10]. In der internationalen englischsprachigen Literatur findet diese Trennungen von Radiologen und Klinikern Ausdruck in Überschriften wie „The Relationship Between Radiologists and Clinicians“ [11]. Noch verstörender erscheint es, dass selbst in radiologischen Fachzeitschriften und Vorträgen konsequent die Unterscheidung in „Kliniker“ und „Radiologen“ fortgeführt wird [12]. Und auch im klinischen Alltag verstärken wir selbst als Radiologen diese völlig falsche und irreführende Unterscheidung, in dem wir von „Klinkern“ sprechen, die etwas von uns wünschen. Diese Sprechweise macht uns aber nahezu automatisch zum Gegenpol, zu „Nicht-Klinikern“.
Dabei wird streng genommen in der modernen Medizin zwischen Klinikern, also Ärzten, die sich um Patienten kümmern, und Ärzten, die ihren Fokus auf Ausbildung, Forschung oder administrative Tätigkeiten haben, unterschieden. Auch in der Wahrnehmung der Patienten kommt der Radiologe wohl selten vor. Dies mag unter anderem darin begründet sein, dass Patienten selten direkt die Radiologie primär aufsuchen, sondern meist zugewiesen werden. Bei Untersuchungen begegnen sie dem Radiologen häufig nicht persönlich. Dabei bestehen je nach Subspezialität unterschiedliche Ausprägungsgrade des direkten Patientenkontaktes – Radiologen sind jedoch eindeutig Kliniker, die, ob nun bei Interventionen, der Mammografie, der Sonografie oder der konventionellen Röntgen- bzw. CT- und MRT-Diagnostik eine unmittelbare und direkte klinische Verantwortung für jeden einzelnen Patienten tragen. Als Radiologen haben wir das Selbstverständnis, dass wir keine Theoretiker sind, die nur Bilder anschauen, sondern klinische Ärzte, die basierend auf der Anamnese und dem komplexen klinischen Kontext einen Mehrwert für Patienten und Zuweisern schaffen.
Hier sollten wir uns in der Radiologie Gedanken machen, diese z. T. von uns selbst gewählte falsche Unterscheidung zwischen „Klinikern“ und „Radiologen“ sprachlich zu eliminieren, um nicht Opfer einer „self fullfilling prophecy“ zu werden. Begrifflichkeiten wie „Zuweiser“ oder die Namensnennung der medizinischen Disziplin oder Abteilung könnten hier hilfreich sein.
Systematische Untersuchungen, inwieweit Radiologen als Arzt wahrgenommen werden, existieren nicht. Als Radiologen stehen wir jedoch auch persönlich in der Verantwortung in der Kommunikation mit Patienten, Kollegen und Zuweisern die Rolle in der unmittelbaren Versorgung anzunehmen und einzufordern.
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Wie erleben Patienten eine radiologische Untersuchung
Patientenzentrierte Radiologie bedeutet weit mehr, als nur im Verlauf der Untersuchung mit dem Patienten zu reden. Vielmehr zielt patientenzentrierte Radiologie darauf ab, Patienten bereits im Vorfeld auf die Untersuchung vorzubereiten, beispielsweise durch Patientenedukation und -information in sozialen Medien oder Online-Auftritten [13] [14]. Diese Wahrnehmung erstreckt sich weiter angefangen vom Terminierungs- und Anmeldeprozess über die Erfahrungen und Erlebnisse während der Bildgebung bzw. Intervention bis hin zur Befunderstellung, der Befundmitteilung, transparenten Rechnungserstellung und dem weiteren Kommunikationsprozess in der Wiedereinbestellung bei Folgeuntersuchungen. Patientenzentrierte Radiologie bedeutet also nicht nur eine persönliche Mitteilung von Untersuchungsergebnissen, sondern muss als Optimierung des gesamtheitlichen Erlebnisses in der Radiologie gesehen werden.
Systematische wissenschaftliche Arbeiten zum Erleben im Vorfeld der Untersuchung, wie etwa den Anmeldeprozess oder Informationswahrnehmungen vor radiologischen Untersuchungen, existieren unserer Kenntnis nach nicht. Potenziell wären multimediale Informationen vor der Untersuchung, wie etwa Videos auf den Webseiten bzw. im Wartebereich oder virtuelle Begehungen der Untersuchungsräume, eine Möglichkeit, Unsicherheiten und Angst vor radiologischen Untersuchungen zu reduzieren. Ausreichende Studien liegen zu diesem Themenbereich jedoch gegenwärtig nicht vor. Im Rahmen der radiologischen Untersuchungsvorbereitung wurde jedoch u. a. das Risikoverständnis bei CT-Untersuchungen evaluiert [15]. So konnte in einer Studie zur CT-Aufklärung festgestellt werden, dass Patienten v. a. durch ein individualisiertes Aufklärungsgespräch profitieren, wobei ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Bildungsstatus und dem Risikoverständnis bestand [15]. Eine Studie hinsichtlich des subjektiven Empfindens der Wartezeit in der Radiologie an einer Universitätsklinik durch eine reguläre bzw. optimierte Betreuung kam zum Ergebnis, dass durch eine intensivierte Betreuung (mehr Informationen und persönliche Betreuung, Getränke etc.) während des Wartens die Wartezeit subjektiv kürzer eingeschätzt wurde. Als Qualitätskriterium für eine gute radiologische Versorgung wurde die Wartezeit jedoch lediglich von 24 % der Befragten als wichtig eingestuft – relevanter war für über 40 % der Teilnehmer ein ausführliches Gespräch mit dem Radiologen vor der Untersuchung [16].
Die Wahrnehmung einer radiologischen Untersuchung durch Patienten wurde in der Literatur bereits in vielerlei Hinsicht untersucht. So geben Munn et al. 2011 in einem systematischen Review an, dass 71,6 % Angst beziehungsweise Panik als häufigstes Problem bei einer MRT-Untersuchung empfänden [17]. Dies betrifft nicht nur die eigentliche Durchführung der Untersuchung, sondern ebenso die Zeit bis zur Mitteilung des erhobenen Befundes [18]. Generell scheinen Emotionen wie Angst und Unsicherheit eine große Rolle im subjektiven Erleben einer radiologischen Untersuchung zu spielen.
So empfinden Patienten bei Untersuchungen mit Großgeräten (CT, MRT) die eingeschränkte Beweglichkeit als beängstigend [17]. Die Kombination aus den räumlichen Begebenheiten und lauten Geräuschen, wie sie z. B. bei einer MRT auftreten, können ein Gefühl der Bedrohlichkeit auslösen und Angstgefühle und Stress bedingen [19]. Zusätzlich müssen die Patienten für eine gute Qualität der Bilder möglichst ruhig liegen. Die Untersagung, sich zu bewegen, führt zu zusätzlichem Unbehagen [19]. Ein begleitendes Gefühl des Kontrollverlusts kann bei manchen Patienten durch eine ausführliche Information vorab vermindert werden. Als hilfreich und vertrauenerweckend wird der Notfallknopf empfunden, mit dem die Untersuchung abgebrochen werden kann, ebenso wie gelegentlich erfolgender akustischer Kontakt mit den Untersuchenden [10].
Auch die Zeit nach der Untersuchung bis zur Befundbesprechung ist für die radiologischen Patienten emotional geprägt. Das Warten auf eine mögliche Diagnose, die durch die Bildgebung gestellt werden könnte, stellt einen immensen Stressor für die Beteiligten dar. Im Falle einer anschließenden Bekanntgabe einer möglicherweise schwerwiegenden Diagnose ist dies mit einer starken emotionalen Reaktion verbunden, die als traumatisch erlebt werden kann [18].
So wünschen sich 75 % der Patienten die Mitteilung des Befundes innerhalb von 30 Minuten [20]. Die Wartezeit als solche, sowohl vor, als auch nach der Untersuchung, hat einen großen Einfluss auf die Zufriedenheit bezüglich eines Aufenthalts in der Radiologie []. Folgeuntersuchungen, beispielsweise bei onkologischen Patienten, werden als weniger emotional belastend empfunden – es entsteht in gewisser Weise eine Art Routine: die Patienten kennen ihre Diagnose und den Ablauf der Untersuchung [18]. Außerdem hat der Bildungsabschluss der Patienten Einfluss auf den Umgang mit einer radiologischen Untersuchung. Je größer das Wissen über die Untersuchung, mögliche Diagnosen und Therapien, desto geringer ist das Angstlevel [18].
Eigenrecherchen der Patienten können zu Problemen führen: Durch Erzählungen aus dem sozialen Umfeld oder beispielsweise selbst durchgeführte Internetrecherche kann es dazu kommen, dass Patienten falsch über Untersuchungen informiert sind [17]. Die dadurch geformten Vorstellungen können dazu führen, dass eine Voreingenommenheit besteht, die sich auch durch umfassende Aufklärung nur schwer vollends beseitigen lässt. Beispielhaft hierfür ist, dass das Angstlevel bei Patienten vor einer MRT höher als vor einer CT- Untersuchung ist [18]. Dies scheint objektiv betrachtet paradox, da bei einer MRT keine Strahlenexposition und weniger Risiken bestehen. Ursächlich hierfür könnte sein, dass die CT als Form der radiologischen Diagnostik im Alltag geläufiger und somit bekannter ist als die MRT. Theoretisch könnten aber auch die längere Untersuchungszeit und die Enge der Gantry im MRT mitverantwortlich sein. Generell scheint die Aufklärung vorab ein vielschichtiges Element der individuellen Wahrnehmung zu sein. So ist eine umfassende Hintergrundinformation grundlegend für ein gutes Gefühl, mit dem sich der Patient dann der Untersuchung stellt [17] [21]. Künftig könnte dies durch multimediale Angebote von Informations- und Aufklärungsvideos und Informationen verbessert werden [22] [23]. Trotz schriftlicher Aufklärung können bei Patienten Wissenslücken bestehen, wenn sie Abschnitte überlesen oder nicht verstanden haben [19]. Überdies wird es von Patienten bevorzugt im persönlichen Kontakt über das Vorgehen, Risiken, Kontrastmittel etc. informiert zu werden, da Rückfragen möglich sind und Sorgen sowie Unsicherheiten thematisiert werden können [17] [19] [21]. Auch nach umfassender schriftlicher wie mündlicher Aufklärung wird von allen Patienten dennoch ein gewisses Grundlevel an Nervosität und Anspannung vor einer radiologischen Untersuchung angegeben [19].
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Kommunikation mit Patienten nach der Untersuchung
Die Interaktion zwischen Radiologen und Patienten gilt als Kernelement der patientenzentrierten Radiologie [24].
Frühe Publikationen aus den Jahren 2007 und 2009 von L. Berlin ergeben ein interessantes Stimmungsbild [25] [26]. Zitiert wird dabei einleitend ein „Letter to the Editor“ aus Radiology im Jahre 1966, in dem ein Radiologe aus North Carolina frei übersetzt schreibt, „(…) wir müssen als Radiologen nicht den langen und vagen Beschreibungen der Symptome von Patienten zuhören oder gar vollständige körperliche Untersuchungen durchführen. Jeder, der das tun will, soll etwas anderes als ein Radiologe werden (…)“ [27]. Dieses Zitat illustriert die historische Einstellung einiger Radiologen in den frühen 70er Jahren. Berlin leitet aus den Forderungen des Mammografie-Screenings in den USA, Patientinnen den Befund innerhalb eines definierten Zeitraumes persönlich mitzuteilen, die allgemeine Forderung nach einer persönlichen Befundmitteilung in direktem Patientenkontakt ab. Er appelliert emotional, dass Radiologen primär den Patienten dienen müssten und ethisch in der Verantwortung seien.
Inwieweit der persönliche Kontakt mit dem Radiologen für den Patienten relevant ist und wie dieser idealerweise gestaltet sein soll, wurde ebenfalls untersucht. So wünschen sich in einer Studie 84 % der ambulanten Ultraschallpatienten, eine Befundbesprechung direkt mit dem Radiologen durchzuführen [28]. In einer Studie von Schreiber et al. zeigt sich ebenfalls, dass die Mehrheit der Patienten nach der Untersuchung die Information direkt vom Radiologen nach der Untersuchung erhalten möchte. Dabei gaben 92 % der Befragten an, einen unauffälligen Normalbefund direkt vom Radiologen erfahren zu wollen und 87 % wünschten sich das Gespräch bei pathologischen Befunden [29]. In einer schriftlichen Umfrage aus Deutschland wünschten sich 48 % der Patienten und 59 % der Zuweiser, dass ein Arzt-Patienten-Gespräch mit dem Radiologen nach der Untersuchung stattfinden sollte [30]. Gleichzeitig wollen in der gleichen Studie die Patienten die Ergebnisse der Untersuchung innerhalb von 30 Minuten erhalten.
Beim Betrachten aller publizierten Beiträge bezüglich des Wunsches nach einem persönlichen Gespräch mit dem Radiologen bei unauffälligen Befunden ist die große Streuung zwischen 12 % [31] und 94 % [28] auffallend. Dies legt eine Beeinflussung durch die Wahl des Studiendesigns nahe. In einer anonymisierten theoretischen Umfrage nach CT- und MRT-Untersuchungen wollten Patienten bei hypothetisch normalem Befund zu 34 % vom Zuweiser und 12 % vom Radiologen angerufen werden [31]. Ein persönliches Gespräch wollten bei Normalbefund insgesamt nur 2,6 % der Studienteilnehmer. Bei pathologischen Befunden hingegen war der Wunsch nach einer telefonischen Befundmitteilung mit 49,8 % durch den Zuweiser und 14,4 % durch den Radiologen höher. Diese Ergebnisse einer Onlinebefragung von Patienten mit hypothetischen Fragen stehen dann den 2019 veröffentlichten Ergebnissen von Gutzeit et al. basierend auf konkreten Situationen gegenüber [32]. Dazu wurden 2 Gruppen mit jeweils 101 Patienten verglichen, wobei nur eine Gruppe im Anschluss an ihre MRT-Untersuchung ein persönliches Befundgespräch erhielt. Über beide Gruppen hinweg waren 76 % während der Untersuchung hinsichtlich der Befundergebnisse besorgt. Die Gesprächsgruppe bewertete durch die Möglichkeit eines persönlichen Gesprächs mit dem Radiologen mit 81 % gegenüber 14 % in der Kontrollgruppe signifikant häufiger als „gute Radiologie“. Dies führte im Weiteren zu einer signifikant höheren Bindung an das Institut bei künftigen radiologischen Untersuchungen (93 % gegenüber 75 % in der Kontrollgruppe) und zu einer gleichzeitig signifikant höheren Einschätzung der Kompetenz der Radiologie in der Gesprächsgruppe.
Der persönliche Kontakt zum behandelnden Radiologen scheint die Wahrnehmung der Untersuchung maßgeblich zu beeinflussen: So führt ein vertrauensvoller Dialog zu Reduzierung von Stress und Unbehagen und zu einem besseren Umgang mit der Untersuchungssituation [19]. Es findet sich die Option, Sorgen und Ängste zu kommunizieren und ein besseres Verständnis des Ablaufs, der Indikation und möglicher Resultate zu erlangen. Dies sind entscheidende Aspekte für Personen, die, allein der Situation geschuldet, mit ihrer gesundheitlichen Unversehrtheit beziehungsweise ihrer Vulnerabilität konfrontiert werden [18] [21]. Eine professionelle Interaktion zwischen Arzt und Patient optimiert jedoch nicht nur die subjektiv empfundene Zufriedenheit der Patienten, sondern verhilft auch dem behandelnden Arzt zu mehr Zufriedenheit in der beruflichen Tätigkeit [24]. Zudem führt eine verbesserte Compliance seitens der Patienten zu einer höheren Untersuchungsqualität [18] [33]. Dies sind vorteilhafte Entwicklungen, die sich einstellen, sofern man die Autonomie der Patienten durch direkte Kommunikation und damit einhergehende Ermöglichung einer partizipativen Entscheidungsfindung stärkt [19] [20]. Eine Zuwendung hin zur modernen Kommunikation auf Augenhöhe und zu einem partnerschaftlichen Modell einer Arzt-Patienten-Beziehung ist entsprechend auch für die Radiologie erstrebenswert. Die hier vorgestellten Untersuchungen legen in jedem Falle nahe, dass eine zügige und persönliche Befundbesprechung in Behandlungspfade integriert werden sollten. Dennoch ist das Angebot des unmittelbaren Gesprächs in der klinischen Routine aus ökonomischen Gründen und bei Ärztemangel nur schwierig zu realisieren. Potenziell könnte hier durch die Entwicklung und Einführung von „Patienten-lesbaren“ Befunden oder auch durch die Unterstützung durch künstliche Intelligenz z. B. in der Triage kritischer Befunde Abhilfe geschaffen werden.
Das Steuerungskomitee der Patient-Centered Radiology der RSNA hat 2017 eine interessante Studie veröffentlicht, in der 694 Radiologen in einer Online-Befragung zum aktuellen Status und Bewusstsein der Radiologen bezüglich der Betreuung von Patienten befragt wurden [24]. Zusätzlich wurde evaluiert, inwieweit die Patientenzentrierung mit ausführlicher Patientenkommunikation besteht und worin die Gründe liegen, wenn dies nicht in der täglichen Routine integriert ist. Hier zeigt sich doch eine bemerkenswerte Diskrepanz zwischen dem Wunsch und der Realität im Arzt-Patienten-Gespräch des Radiologen. Obgleich der Großteil der Radiologen diese Gespräche mit 71 % als wichtig empfand, gaben lediglich 21 % der Befragten an, regelmäßig in der klinischen Routine diese Gespräche auch tatsächlich durchzuführen. Dabei nannten 73 % der Studienteilnehmer hohe Arbeitsbelastung und Untersuchungszahlen bei Untersuchungen an Großgeräten als Hindernisgründe. Als Lösungsvorschlag wurde empfohlen, Gespräche mit dem Patienten finanziell zu entlohnen, um so den quantitativen Verlust der Studienauswertung wettzumachen. Diese Befragung beschreibt die reale Problematik der Radiologie, von einer quantitativen zu einer Werte-basierten (value based) Radiologie wechseln zu wollen, dies aber in der Realität durch die zunehmende Arbeitsverdichtung gegenwärtig kaum erreichen zu können.
Eine aktuelle Studie aus den Niederlanden, in der Online-Bewertungen von Radiologen analysiert werden, bescheinigt der Radiologie insgesamt eine hohe Wertschätzung durch die Patienten, zeigt aber auch in den negativen Bewertungen vor allem bei der Kommunikation (30 % aller negativen Reviews) und der Menschlichkeit/Fürsorge (49 % aller negativen Reviews) Verbesserungspotenzial auf [34]. Ebenso zeigt eine aktuelle Umfrage unter 400 Patienten aus 22 Ländern der Europäischen Röntgengesellschaft eine allgemein hohe Zufriedenheit mit der Radiologie bei gleichzeitiger Unzufriedenheit von 36 % mit der Information über Risiken und Vorteile der Untersuchungen [35]. 33 % der Patienten waren dabei unzufrieden mit der Verfügbarkeit des Radiologen für Gespräche.
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Kommunikation der Radiologie mit anderen klinischen Fächern
Neben der Frage, wie und ob Radiologen mit den Patienten kommunizieren, ist die Verständlichkeit der Befunde sowohl für die Patienten als medizinische Laien als auch für die überweisenden Mediziner ein Forschungsgebiet der Patienten- bzw. Personenzentriertheit.
Patienten-lesbare Befunde sind dabei ein Ansatz, radiologische Ergebnisse transparenter zu gestalten [36]. Nach ersten Erhebungen sind von Patientenseite vor allem für Laien verständliche Sprache neben einer Beurteilung und klaren Formulierung von Dringlichkeit, eine Erklärung mit Glossar sowie eine Empfehlung der aus der Untersuchung folgenden Schritte mit Visualisierung der Befunde gewünscht. Die Überweiser wünschen primär klare Informationen zum Befund mit Empfehlungen zum weiteren Prozedere sowie der Dringlichkeit des Befundes [37].
Die radiologische Expertise, Qualität der Befunde und Kommunikation wird insgesamt positiv wahrgenommen [38]. Basierend auf einer Online-Umfrage aus dem Jahre 2008 aus Belgien halten 87 % der befragten Zuweiser den radiologischen Befund für unverzichtbar. Eine Auswertung dieser Befragung erfolgte zusätzlich getrennt nach Allgemeinärzten (n = 282) und Fachärzten (n = 453), wobei innerhalb der Facharztgruppe keine gesonderte Auswertung nach dem Fachgebiet vorlag. Immerhin glaubten 23,5 % (101/430) der Fachärzte, in ihrer eigenen Disziplin eine bessere Befundinterpretation als der Radiologe machen zu können. Diese Einschätzung lag bei den Allgemeinmedizinern lediglich bei 0,4 % [12]. Überweiser (97,4 %) stimmen mit Radiologen (98,5 %) überein, dass gute klinische Informationen und klare Fragestellungen vorhanden sein müssen. Zusätzlich zu radiologischen Befunden wird das interkollegiale Gespräch auf persönlicher Basis oder in klinisch-radiologischen Besprechungen und Tumorkonferenz als zielführend und zusätzlicher Benefit für die Patientenbehandlung betrachtet [39].
Bezüglich der Strukturierung des Befundtextes ist interessant, dass 50,1 % der Überweiser und 50,7 % der Radiologen glauben, dass eine Organregion nicht analysiert und befundet wurde, wenn sie im Befund nicht erwähnt ist. Daher wünschen sich 84,5 % der Überweiser (65,7 % Radiologen) bei komplexen radiologischen Untersuchungen ein „Itemized Reporting“. Dieser Begriff ist nicht einfach mit der aktuell häufig geforderten „Strukturierten Befundung“ gleichzusetzen, sondern impliziert vielmehr, dass Befunde entweder mit topografischer oder hierarchischer Reihenfolge erstellt werden, die systematisch „Itemized“, also einzeln aufgeführt, die wichtigsten Organregionen abdecken [40]. Doch auch die „Strukturierte Befundung“, wahrscheinlich optimal in Hybridisierung mit der Freitextbefundung, schafft in den meisten Fällen eine bessere Lesbarkeit und Akzeptanz der Befunde [41]. Dies kann zusätzlich durch multimediale Erweiterungen, wie etwa gelinkte Erklärungen und Glossare [42] oder durch die Integration des entsprechenden radiologischen Bildmaterials in den Befund noch weiter verbessert werden [43].
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Arbeitszufriedenheit in der Radiologie
Neben den Beziehungen von Radiologen zu Patienten und medizinischen Kollegen anderer Disziplinen gehört die Arbeitszufriedenheit zum Thema der Personen-zentrierten Radiologie. Die Frage nach den entscheidenden Faktoren, die Studierende bewegen, Radiologen zu werden, und die Korrelation mit der späteren Arbeitszufriedenheit während der radiologischen Ausbildung wurde in einer aktuellen Online-Befragung in den USA bei 488 Teilnehmern evaluiert [44]. Mit 38 % wurde die intellektuelle Herausforderung des Fachgebietes am häufigsten als entscheidender Motivationsgrund angegeben, gefolgt von der Begeisterung für Bildgebung (20 %) und den strukturierten Arbeitsabläufen in der Radiologie (20 %). Ein großer Anteil der Befragten, der sich vom potenziellen Lebensstil („potential lifestyle“) durch die Radiologie primär motiviert sah, empfand signifikant höhere Unzufriedenheit in der späteren Facharztausbildung.
Insgesamt bestand in der Radiologie eine hohe Arbeitszufriedenheit auch im Vergleich zu anderen medizinischen Fachrichtungen [45]. So gaben Teilnehmer einer in Deutschland durchgeführten Studie zu 65 % an, mit ihrer Facharztausbildung in der Radiologie zufrieden zu sein, die bei Umfragen anderer Disziplinen deutlich niedriger ausfiel, z. B. in der Inneren Medizin (38 % [46]), Urologie (44 % [47]) oder Ophthalmologie (40 % [48]). In einer monoinstitutionell durchgeführten Freitextumfrage stellten sich dabei ein gutes Arbeitsklima bei hoher Reputation des radiologischen Institutes sowie persönliche Wertschätzung durch die Arbeitsleitung als die wichtigsten Faktoren für Zufriedenheit und Motivation heraus [49]. Optimierungspotential wurde vor allem in besserer Kommunikation im Team mit mehr Transparenz und Einfluss der Mitarbeiter auf die Institutsplanung gesehen. Zusätzlich wurde eine kontinuierliche systematische Weiterbildung als wichtige Komponente der Zufriedenheit empfunden. Trotz hoher Arbeitszufriedenheit waren in der Umfrage Teilnehmer mit Kindern durch die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur zu 36 % zufrieden. Durch die relativ hohe psychosoziale Belastung bei Tätigkeit in der Radiologie erscheint auch die Analyse des Arbeitsstresses durch einen branchen-unabhängigen Fragebogen mittels des Effort-Reward (ER)-Modells interessant [50]. Vereinfacht beschreibt die ER-Ratio das Verhältnis von Arbeitseinsatz und Belohnung (Anerkennung, Gehalt, Arbeitsplatzsicherheit etc.), sodass Werte > 1 auf eine Imbalance hinsichtlich einer psychosozialen Arbeitsbelastung hinweisen. Bei einer ER-Ratio von 0,6 der ganztägig arbeitenden Durchschnittsbevölkerung lag das ER-Verhältnis in der Umfrage bei Radiologen bei 1,7 (bspw. im Vergleich Urologie 1,4 [47]). Als mögliche Erklärung wird hier u. a. eine besonders positive Identifikation mit dem Berufsbild des Radiologen vermutet.
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Zusammenfassung und Ausblick
Patienten- oder besser Personenzentrierte Radiologie (People Centered Radiology) stellt einen aktuellen Schwerpunkt in Forschung und Klinik im Sinne einer Neubesinnung und Neuausrichtung der Radiologie auf ihre ursprüngliche ärztliche Ethik und Selbstverständnis dar. Gerade in Zeiten der massiv zunehmenden Digitalisierung und Ausrichtung auf neue Herausforderungen, wie etwa der Künstlichen Intelligenz als Unterstützung im durch Arbeitsverdichtung geprägten radiologischen Alltag, wird die ursprünglich ärztliche und menschliche Komponente unserer Tätigkeit zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Neben der Rückbesinnung, die Radiologie als ureigene ärztliche Tätigkeit zu sehen und uns daher als klinisch tätige Ärzte, als Kliniker, zu betrachten, ergeben sich zahlreiche Forschungsansätze der Personen-zentrierten Radiologie. Gegenwärtig fokussieren die meisten Publikationen auf die Arzt-Patienten-Beziehung in unserem Fachgebiet. U.a. werden dabei die Themen des Erlebens einer radiologischen Untersuchung während und nach der Bildgebung evaluiert. So erscheint gerade das persönliche Gespräch zwischen Radiologen und Patienten die Mündigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Patienten zu stärken. Folglich wird die Radiologie als eigene Disziplin positiv wahrgenommen und die Patientenbindung besser etabliert. Doch muss dieses erstrebenswerte Ideal eines ständig und sofort verfügbaren Radiologen für die Befundbesprechung kritisch im Umfeld einer Zunahme der Bildgebung auch unter Berücksichtigung ökonomischer Zwänge gesehen werden. Unter dem gleichen Dilemma des Zeitdrucks bei zunehmender Arbeitsbelastung und dem gleichzeitigen Wunsch eines immer persönlich ansprechbaren Radiologen für die zuweisenden klinischen Kollegen ist auch die Optimierung einer Befundkommunikation, beispielsweise durch strukturierte Befundung oder eines „itemized reporting“, anzustreben.
Da auch Radiologen selbst und ihre Mitarbeiter in dem Kontext berücksichtigt werden sollten, muss in einer Personen-zentrierten Radiologie trotz der in Studien bestätigten hohen Arbeitszufriedenheit und positiven Identifikation mit dem Berufsbild die dennoch bestehende hohe psychosoziale Belastung gesehen werden. Auch hier muss im Sinne einer nachhaltigen Radiologie an einer Optimierung gearbeitet werden.
Bei unserer Hinführung zum Thema fiel bei der Evaluation der vorhandenen Literatur auf, dass der Großteil der Publikationen lediglich in Form von Teilnehmerbefragungen bestand. Wissenschaftlich scheinen wir daher noch am Anfang zu stehen, sodass aktuell eine systematische Analyse des Ist-Zustands notwendig war. Gegenwärtig beschäftigen sich nur wenige Arbeiten mit konkreten Interventionen, durch die beispielsweise die Kommunikation zwischen Radiologen und Patienten bzw. überweisenden klinischen Kollegen verbessert werden könnte. Durch unsere Hinführung zum Thema basierend auf unserem narrativen Review kann dies hoffentlich in naher Zukunft geändert und verbessert werden, sodass wir uns als klinisch interdisziplinäres Fach nicht nur Geräte- und Technik-zentriert, sondern Personen-, also Menschen-zentriert weiterentwickeln können.
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Literatur
- 1 Bardes CL. Defining “patient-centered medicine”. N Engl J Med 2012; 366: 782-783 DOI: 10.1056/NEJMp1200070.
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Correspondence
Publication History
Received: 27 September 2021
Accepted: 03 January 2022
Article published online:
23 February 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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