Nervenheilkunde 2022; 41(06): 374-380
DOI: 10.1055/a-1755-7982
Editorial

Rituale: Kultur und Psychologie, Pro und Kontra

Manfred Spitzer
 

Das Ritual ist eine nach bestimmten Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche, nahezu immer in Gemeinschaft erfolgende Handlung mit meist zusätzlichem Symbolgehalt: Die Handlung hat eine Bedeutung, d. h. sie steht für etwas, das sie selbst nicht ist. Das Wort leitet sich vom lateinischen „Ritus“ ab, das in erster Linie religiöse Handlungen („Zeremonien“, d. h. „förmliche Akte“) bezeichnet, im übertragenen allgemeineren Sinne aber auch „Brauch“, „Sitte“ oder „Gewohnheit“ meinen kann. Immer geht es um Handeln, dem zudem ein bestimmter (meist nicht unmittelbar offensichtlicher) Sinn zugeordnet ist. Weltliche Rituale sind der Gegenstand verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen, vor allem der Medizin, Psychologie und Sozialwissenschaften. Rituale bauen auf psychologischen Mechanismen auf, werden jedoch kulturell tradiert [12]. Manche Rituale gelten als Kulturgut.

Für viele heutige Menschen scheinen Rituale eher einer vergangenen Zeit anzugehören: alte sinnlose Zöpfe, die abgeschnitten gehören, weil sie nicht mehr in die aufgeklärte moderne Welt von Smartphones, Computern und Internet passen. Alles geht immer, 24/7 an 365 Tagen – Rituale scheinen in unserer schnelllebigen, auf ständige Neuigkeiten ausgerichteten Zeit keinen Platz mehr zu haben [7]. Das zuweilen beklagte Verschwinden von Ritualen (von Anstand und Höflichkeit über Tischgebete und Gottesdienstbesuche bis zum Respekt von Autoritäten und Institutionen) wird von anderen als Fortschritt begrüßt, die in Ritualen eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit sehen wie in anderen Konventionen auch.

„Rituale, die überall im menschlichen Leben vorkommen und in vielen religiösen und kulturellen Traditionen eine zentrale Rolle spielen, werfen Fragen auf. Eine wichtige Frage betrifft den Wert solcher Wiederholungen nach festen Regeln – z. B. beim Gebet, im zwischenmenschlichen Umgang, manchmal sogar beim Essen und Trinken. Warum sollte man beispielsweise beim Gebet nicht den direkten Ausdruck religiöser Gedanken und Gefühle fördern – sozusagen aus dem Herzen heraus und nicht nach einer bestimmten festen Vorschrift? Manchmal wird suggeriert, und es ist verlockend, anzunehmen, dass die Reglementierung einer solchen Äußerung sie einschränkt und letztlich erniedrigt. Es ist schwierig, in einer solchen scheinbar unnötigen Regulierung des Ausdrucks menschlicher Angelegenheiten einen Wert zu sehen.“, kann man in der Concise Routledge Encyclopedia of Philosophy (S. 774) dazu nachlesen.[ 1 ] Und weiter heißt es dort: „Aus philosophischer Sicht werfen Rituale Fragen auf, denn aus keinem der gängigen Ansätze in der Ethik lassen sich der moralische Wert von Ritualen zwanglos ableiten oder gar deren wesentliche Bedeutung für moralisches Handeln einsichtig machen. Aber in genau diesen Zusammenhängen werden Rituale in Gemeinschaften und von Praktikern gesehen.“ Wie es scheint, passen Rituale weder in die heutige Lebenspraxis noch lässt sich ihre Ausübung theoretisch „rational rekonstruieren“ (wie man dies heute nennt). Warum also gibt es (noch) Rituale?

Kulturwissenschaften

In Sozial- und Kulturwissenschaften wie der Soziologie, Ethnologie und Kulturanthropologie werden Rituale beschrieben, und es überwiegt die Ansicht, dass sie zum Funktionieren menschlicher Gemeinschaften beizutragen scheinen. Laufen gemeinschaftliche Handlungen als Ritual ab, dann sind Anfang, Durchführung und Ende garantiert, der Ablauf ungestört, und der Zweck der Handlung wird – z. B. die Aufnahme in eine Gemeinschaft, die Bewältigung einer Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern einer Gemeinschaft, gemeinsames Feiern oder Bewältigen eines Problems – mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt. Begrüßungs- und Trennungsrituale erleichtern und vereinfachen Begegnungen, Essens- und Reinigungsrituale erleichtern und vereinfachen das Miteinander; Solidaritäts- und Übergangsrituale (also z. B. Geburtstags- und Hochzeitsfeste) spielen eine zentrale Rolle für die Entstehung und Erhaltung zugrunde liegender sozialer Bindungen. Solche Riten haben eine identitäts- oder sinnstiftende Funktion und dienen damit dem Gruppenzusammenhalt oder der Rollenzuweisung und damit Differenzierung innerhalb der Gruppe; Vergebungsriten (etwa zur Wiederaufnahme eines Mitglieds in die Gemeinschaft oder zur Versöhnung verfeindeter Gruppenmitglieder) oder Kampfriten (von Kampfsport bis zum Duell) haben letztlich den gleichen Zweck und bieten die Möglichkeit einer geregelten Austragung von Auseinandersetzungen (daher gibt es Rituale bei Gericht). Staatsriten (Krönung von Monarchen, Vereidigung von Kanzlern und Präsidenten, Fahnenzeremonielle der Streitkräfte) dienen der Darstellung und Legitimation staatlicher Macht.

Der US-amerikanische Anthropologe Roy A. Rappaport (1926–1997) formulierte schon vor gut 50 Jahren eine Art kybernetisches Modell der Rituale [13]. Bei einem Stamm auf Neuguinea (die Tsembaga) untersuchte Rappaport zunächst eingehend Zyklen gesellschaftlicher Verhaltensabläufe, bei denen durch Rituale bestimmte Stellgrößen (verfügbare Nahrungsmittel; Einwohnerzahl pro Fläche; kriegerische Auseinandersetzungen mit Nachbarstämmen) nach Art eines Thermostaten reguliert werden. „Der rituelle Zyklus wirkt somit als Homöostat im lokalen Subsystem [dem Stamm von etwa 200 Menschen], indem er Variablen wie die Größe der Schweinepopulation, die Arbeit der Frauen, die Länge der Brachezeiten und andere Variablen innerhalb lebensfähiger Bereiche hält; er wirkt als Homöostat im [größeren] regionalen Subsystem, indem er die Häufigkeit von Kriegen reguliert und gleichzeitig periodisch die Expansion ökologisch kompetenterer Gruppen auf Kosten der weniger kompetenten zulässt“[ 2 ], ohne dass hierdurch die Bevölkerungszahlen zu stark dezimiert würden [13].


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Psychologie

In der Psychologie bezeichnet ein Ritus den stets in derselben Weise wiederkehrenden Ablauf eines gelernten Tuns. Private Routinen für Aufstehen, Essenszeiten, Arbeiten, Mittagsschlaf, Freizeitgestaltung bis hin zum Einschlafen erleichtern vielen Menschen die Bewältigung ihres Alltags. Was ritualisiert ist, geschieht „automatisch“, d. h. ohne großen gedanklichen Aufwand: „Man macht das halt so.“ Vielfältige und meist ebenso triviale wie unbemerkte Rituale gibt es beim Essen und Trinken. Sie reichen von der Art wie wir täglich für uns allein Tee oder Kaffee zubereiten bis hin zu Festmahlzeiten im Freundeskreis (Geburtstag) oder Kreis der Großfamilie (Thanksgiving oder Weihnachten). Solche Verhaltensweisen finden sich in verschiedenen Zeiträumen, Kulturen und Gesellschaftsschichten [14]. Wo steht eigentlich, dass man Kekse mit der Schokoladenseite nach oben isst oder ein Stück Kuchen von der Spitze her beginned? Warum fängt niemand an der breiten Seite an (Abb. 1)? Der Genuss vieler Speisen scheint mit den sie begleitenden Ritualen gesteigert zu werden, wofür es auch einige empirische Evidenz gibt. Viele essensbezogene Rituale erscheinen willkürlich [23].

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Abb. 1 Rituale fallen uns meist gar nicht auf, weil wir sie für selbstverständlich nehmen. Wer sagt eigentlich, dass man ein Stück Kuchen von vorne nach hinten isst, und stellt man überhaupt „vorne“ und „hinten“ fest? Quelle: ©Autor

Nach Hobson und Mitarbeitern [9] haben Rituale eine regulierende Funktion im Hinblick auf Emotionen, Handlungsziele und soziale Bindungsprozesse. Diese 3 Funktionen können bei einzelnen Ritualen überlappen, können jedoch zumindest auch getrennt in den Blick genommen werden. Rituale können als Mechanismen verstanden werden, die Menschen verwenden, um mit ihren geistigen Ressourcen zu haushalten [18]. Wenn im Laufe der Evolution des Menschen seine Psychologie eine immer größere Rolle spielte, seine psychologischen „Ressourcen“ nicht anders als materielle Ressourcen wie Nahrung oder Energie zu werten sind, dann könnten Rituale zur Kultivierung und zur Steuerung dieser psychologischen Ressourcen beitragen.


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Medizin

In der Medizin kommen Rituale sowohl als Problem als auch als Problemlösung vor. Zwangshandlungen, die von einfachen Bewegungen bis zu Handlungsabfolgen von hoher Komplexität reichen können, werden als Zwangsrituale bezeichnet, die im Zusammenhang mit Zwangsstörungen von den Betroffenen gegen ihren Willen praktiziert werden. Werden diese Rituale vom Patienten nicht befolgt, entsteht Angst. Mit den Handlungen erlangt der Patient damit ein gewisses Maß an Kontrolle über seine Emotionen, was verstärkend wirkt. So erklärt sich beispielsweise, warum ein Waschzwang so weit gehen kann, dass die Haut von Händen und Unterarmen dermatologisch versorgt werden muss. Umgekehrt ist die Medizin voller Rituale [1]: Die körperliche Untersuchung erfolgt nach einem bestimmten Ritual. Und viele Therapien werden nach ganz bestimmten Ritualen durchgeführt – von der Chirurgie bis zur Psychotherapie. Wenn nur das Ritual wirkt, spricht man von einem Placeboeffekt [29].

Einschlafriten können gegen Schlaflosigkeit helfen: Gewöhnt man sich an, vor dem Zubettgehen immer dieselben Handlungen in derselben Reihenfolge und in derselben Art und Weise zu tun (führt man also einen „Gute-Nacht-Ritus“ oder „Schlafritus“ ein), fällt das Einschlafen leichter – auch ohne Schlaftablette.


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Religiöse Rituale

In den verschiedensten Religionsgemeinschaften der Welt sind Rituale fester Bestandteil religiöser Handlungen (Gebete, Gesänge, Gottesdienste und andere kultische Handlungen wie Segnungen oder die Taufe, das Feiern religiöser Feste wie beispielsweise Weihnachten). Religiöse Rituale unterscheiden sich von anderen (weltlichen) Ritualen durch einen Bedeutungsüberschuss [26]: Das Ritual steht nicht nur für sich selbst (wie Verbeugung für Unterwerfung, Waschen für Sauberkeit, Essen und Tanz für Gemeinschaft), sondern es steht als Symbol für religiöse Inhalte. Vielfach wurden und werden religiöse Rituale von besonders qualifizierten Mitgliedern der Religionsgemeinschaft („Priester“) ausgeführt oder zumindest organisiert und überwacht.

Religiöse Rituale wirken umso besser, je numinoser, d. h. je unverständlicher bzw. unbegreiflicher sie sind, und je mehr Ehrfurcht (Vertrauen/Größe und Angst/Kleinheit zugleich) sie hervorrufen, wie man mittlerweile sogar experimentell zeigen konnte: „Die Überzeugungen, die rituellen Handlungen einen Sinn geben, wirken sich in unterschiedlicher Weise auf die Fähigkeit von Ritualen aus, ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. Rituale, die nicht materielle, nicht falsifizierbare Überzeugungen unterstützen, scheinen den Gruppenzusammenhalt am effektivsten zu fördern. […] Darüber hinaus erzeugen religiöse Rituale, die sich an ein übernatürliches Wesen richten, ein Gefühl der Numinosität, das die Ausführenden weltlicher Rituale nicht erleben. […] Da säkulare Rituale dieses Gefühl der Numinosität nicht hervorrufen und die Ideologie, die säkularen Ritualen Bedeutung verleiht, durch Erfahrung bewertet werden kann [d. h. empirisch falsch sein kann], ist die Fähigkeit dieser [weltlichen] Rituale, Vertrauen und Zusammenarbeit zu fördern, vergänglich“[ 3 ] [21]. Und an anderer Stelle [22] wird ergänzt: „Die Fähigkeit religiöser Rituale, emotionale Erfahrungen hervorzurufen, die mit dauerhaften übernatürlichen Konzepten und Symbolen in Verbindung gebracht werden können, unterscheidet sie von […] weltlichen Ritualen und bildet den Kern ihrer Effizienz bei der Förderung und Aufrechterhaltung langfristiger Gruppenkooperation und -bindung.“[ 4 ]

Religion hat wahrscheinlich immer dazu gedient, die Einheit ihrer Anhänger zu stärken. Man ordnet sich freiwillig einer höheren Macht unter, und wenn alle das tun, dann hat dieser Glaube ganz offensichtlich Wirkungen in der realen Welt. Leider hat dieser Gruppenzusammenhalt auch eine „dunkle Seite“ [24]. Der größere interne Zusammenhalt geht mit mehr Vorurteilen gegenüber anderen Gruppen und wahrscheinlich auch mit größeren Gewinnchancen bei Auseinandersetzungen mit diesen einher. Der adaptive Vorteil der Religion macht ihre Mitglieder bei Konflikten zwischen Gruppen erfolgreicher. Für jedes einzelne Mitglied ist die Fähigkeit der eigenen Gruppen, gegen andere Gruppen erfolgreich zu konkurrieren, ein wesentlicher Überlebensfaktor.

Der hier zitierte Autor [21] wird in diesem Zusammenhang sehr persönlich und schildert seine Erfahrung als junger Mensch: „Ich war 15 Jahre alt, als ich zum ersten Mal die Altstadt von Jerusalem besuchte, die 2000 Jahre alten Überreste des Zweiten Tempels, der so genannten Westmauer. Vielleicht war dies ein Vorgeschmack auf mein späteres Leben als Anthropologe, aber bei meinem ersten Blick auf die alten Steine beeindruckten mich die Menschen, die am Fuße des Bauwerks standen, mehr als die Mauer selbst. Die Frauen standen der Mauer zugewandt in der offenen Sonne und trugen langärmelige Hemden, Kopfbedeckungen und schwere Röcke, die über den Boden kratzten. Die Männer mit ihren dichten Bärten, langen schwarzen Mänteln und Pelzmützen schienen auch die Sommerhitze zu vergessen, während sie, sich inbrünstig wiegend, Gott ein Loblied sangen. Ich wandte mich an einen Freund: ,Warum sollte sich jemand bei klarem Verstand für den Winter in Neuengland kleiden, um den ganzen Nachmittag in der Wüstenhitze zu beten?‘“

Mit Bezug auf seine viel später als erwachsener Anthropologe formulierten Ausführungen zu den Risiken und Nebenwirkungen von religiös motiviertem Zusammenhalt, sagt er dann: „Dies scheint heute so wahr zu sein wie eh und je, und nirgendwo wird dies deutlicher als in der Region, die ich als 15-jähriger Junge besucht habe – und in der ich mich gerade befinde, während ich diese Zeilen schreibe. Während ich meine Feldforschung im Zentrum dieses Kriegsgebiets durchführe, hoffe ich, dass wir durch die Anerkennung der Tiefe des religiösen Bedürfnisses in der menschlichen Psyche und durch das Verständnis dieser mächtigen Anpassung lernen können, wie wir Kooperation statt Konflikt fördern können“[ 5 ] [21].

Die ungünstigen Auswirkungen von Ritualen sind damit keineswegs erschöpfend behandelt. Aus der Psychologie ist längst bekannt, dass sie auch zu Starrheit, Konservativismus, sinnlosem Festhalten an nicht mehr zeitgemäßen Gedanken („Kadavergehorsam“) sowie zu verminderter Kreativität führen können [6]. Insbesondere religiöse Rituale können Kompromisse behindern [2]. Das muss jedoch nicht so sein, wie die nächsten Abschnitte zeigen sollen.


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Kinder

Rituale geben insbesondere Kindern Geborgenheit und Sicherheit. Regelmäßige Wiederholungen werden als Verlässlichkeit erlebt, zeitliche Struktur reduziert Angst, denn die Welt wird dadurch vorhersagbar. Zudem erleichtert Rhythmisierung viele Tätigkeiten. Kinder lernen Rituale (wie alles!) sehr rasch, was u. a. auch Vorfreude (z. B. auf Feste) erst ermöglicht. Bei der institutionellen Betreuung von Kindern, beispielsweise in der Kita, erleichtern Abschiedsrituale beim morgendlichen Bringen die Trennung von Mutter oder Vater. Stuhlkreise zu Beginn, mit einem Sinnspruch oder Lied, geben Raum zum Ankommen, bieten Möglichkeiten des strukturierten Austausches und für Absprachen bezüglich der Gestaltung des Tages. Kinder lernen, dass die Zeit in der Gemeinschaft etwas Besonderes ist. Aufräumrituale (z. B. Glöckchen oder bestimmtes Lied) bereiten rechtzeitig auf das Spielende vor und vermeiden ein abruptes Abbrechen der Spielhandlung. Rituale vor der Mittagsruhe sorgen für Entspannung und Geborgenheit. Geschichten, Lieder oder Entspannungstechniken leiten vom aufregenden Spielen in eine ruhige, entspannende Phase über. Waschrituale sorgen nicht zuletzt in Zeiten von Corona nicht nur für Sauberkeit, sondern auch für Hygiene: Händewaschlieder helfen Kindern dabei, 30 Sekunden beim Wasserhahn durchzuhalten. Auch Eltern und Erzieherinnen schätzen Rituale, weil sie den Kindern sichtbar guttun. Rituale geben damit nicht nur Kindern Halt, sondern sorgen auch für Eltern und Erzieher für einen entspanntes Miteinander.

Über den Zusammenhang von Koordination und Kooperation wurde an dieser Stelle vor 4 Jahren eingehend berichtet [25], sodass ich mich hier kurzfassen kann. Menschen passen ihre Bewegungen einander automatisch an, was durch Rituale noch gefördert werden kann. Solch koordiniertes Bewegen bildet die Grundlage für höhere soziale Kognition, einschließlich Empathie und Perspektivenübernahme und begünstigt damit soziale Interaktionen. Was in der Kindheit mit Bewegungsspielen und spielerischen Ritualen beginnt, die motorische Abstimmung mit anderen verlangen, wandelt sich in der Ontogenese bis hin zum Erwachsenenalter in vielerlei zwischenmenschliche positive prosoziale Effekte. Interessanterweise ist das alles für die Kindheit recht gut untersucht, nicht jedoch für das Jugendalter. Was bei jungen Menschen während der Adoleszenz eine gesunde psychosoziale Entwicklung fördert, ist relativ wenig untersucht. Hier besteht also Nachholbedarf [15]. Denn es ist keineswegs so, dass es im Jugendalter keine Rituale gibt. Es scheint vielmehr so, als überließen wir diesen Bereich den monetären Interessen einer boomenden Popkultur-Industrie, deren Ziel ganz offensichtlich nicht in der Förderung von Bildung sowie geistiger und körperlicher Gesundheit und emotional-sozialer Reife besteht.


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Rituale wirken

Rituale haben je nach ihrem Inhalt, Kontext und zeitlicher Anwendungscharakteristik (mehrfach täglich bis alle 10 Jahre) unterschiedliche Wirkungen. Dass sie Wirkungen haben, ist unbestritten, und dass viele dieser Wirkungen günstig für uns sind, ist ebenfalls unbestritten. Betrachten wir abschließend einige neuere Studien hierzu.

Selbstkontrolle. Das Ausführen ritualisierter Handlungen kann das subjektive Gefühl der Selbstdisziplin verstärken, sodass Rituale zur Verbesserung der Kontrolle über das eigene Verhalten genutzt werden können. Hierzu führten Tian und Mitarbeiter [27] 6 Experimente durch. Ein erstes Feldexperiment zeigte, dass die Durchführung eines Rituals vor dem Essen über einen Zeitraum von 5 Tagen den Teilnehmern half, die Kalorienaufnahme zu reduzieren. Ein zweites Experiment zeigte, dass die Assoziation eines Rituals mit gesundem Essverhalten die Wahrscheinlichkeit erhöhte, bei einer anschließenden Entscheidung gesunde Lebensmittel auszuwählen. Dieser positive Einfluss von Ritualen auf die richtige Auswahl gesunder Lebensmittel wurde auch beobachtet, wenn das Ritual vor der Auswahl stattfand, also nicht in das Essen integriert war und wenn das Ritual nicht als solches bezeichnet wurde, wie weitere Experimente zeigten. Schließlich konnte nachgewiesen werden, dass der Mechanismus des Effekts tatsächlich über vermehrte Selbstkontrolle bei entsprechenden Zielkonflikten (Schokoladeneis oder Salat?) vermittelt ist. Liegen keine solchen Zielkonflikte vor (und braucht es daher auch keine Selbstkontrolle), haben Rituale auch keinen Effekt. Man konnte mittlerweile sogar experimentell an 331 Teilnehmern zeigen, dass Rituale zur Selbstkontrolle einen positiven Effekt auf die Adhärenz bei Maßnahmen zur Verhinderung von Ansteckungen mit COVID-19 haben [17].

Rituale können Angst und Stress reduzieren. 180 Studenten wurden zunächst entweder einer Stressbedingung ausgesetzt oder nicht (Kontrollbedingung) und wurden anschließend entweder kognitiv belastet, konnten ungerichtete Bewegungen ausführen, oder beides tun (Bewegung und kognitive Belastung) oder ein Ritual ausführen oder gar nichts tun (Kontrolle). Wie sich zeigte, hatte das Ritual nicht den erwarteten direkten vermindernden Einfluss auf Angst und Stress. Es wurde jedoch festgestellt, dass induzierter Stress die anschließenden repetitiven Bewegungen der Teilnehmer verstärkte, was wiederum die physiologische Erregung reduzierte. Der Mechanismus der Angstreduktion durch Rituale besteht nach diesen Experimenten also eher darin, dass sie repetitives Bewegen beinhalten und diese das Erregungsniveau senkt [11].

Rituale bewirken tatsächlich die Förderung von Kooperation (und können leider auch die Vorurteile gegenüber „den Anderen“ verstärken), wie mittlerweile sogar experimentell nachgewiesen werden konnte [9]. Hierzu wurden neue Rituale – willkürliche Hand- und Körpergesten, die in stereotyper und wiederholter Weise ausgeführt werden mussten – in 4 Experimenten eingesetzt. Gesunde Probanden übten neue Rituale eine Woche lang zu Hause (Experimente 1, 2 und 4) oder einmal im Labor (Experiment 3) nachdem sie zuvor in „In-Gruppen“ und „Out-Gruppen“ eingeteilt worden waren. Man wollte auf diese Weise untersuchen, ob das Ausführen von Ritualen tatsächlich zu mehr Gruppenzusammenhalt (In-Gruppe) und mehr Vorurteile (gegenüber der Out-Gruppe) führt. Die Ergebnisse zeigten, dass Rituale tatsächlich nur bei täglicher Wiederholung und wenn sie aufwändig genug sind, wirken.

Eine weitere Studie untersuchte die Auswirkungen von 9 natürlich vorkommenden Ritualen auf prosoziales Verhalten, gemessen als Einstellungen (gegenüber anderen Ritualteilnehmern) und Entscheidungen in einem Spiel um öffentliche Güter. Die 9 Rituale unterschieden sich im Grad der Synchronizität und im Grad des religiösen Bedeutungsüberschusses. Tatsächlich waren Rituale bei der Förderung prosozialer Einstellungen umso wirksamer, je synchroner die Körperbewegungen waren, und stärkere religiöse Rituale waren mit den größten Beiträgen im Spiel um öffentliche Güter verbunden [4]. Durch Pfadanalyse konnte ein Modell etabliert werden, in dem religiöser Bedeutungsüberschuss die Auswirkungen synchroner Bewegungen auf prosoziale Verhaltensweisen vermitteln. Die Analyse liefert damit einen experimentellen, quantitativen Beleg für die seit langem bestehende anthropologische Vermutung, dass Rituale Körperbewegungen und Religiosität geschickt kombinieren, um Prosozialität zu erzeugen. Der Mechanismus lautet mit den Worten der Autoren: „Rituelle Synchronizität erhöht die Wahrnehmung des Einsseins mit anderen, was wiederum religiöse Werte unterstützt und damit prosoziales Verhalten verstärkt“ [4].

Insgesamt 4 naturalistische Feldexperimente mit Videobeobachtung in Echtzeit widmeten sich der Frage, wie sich die 2 Faktoren der Synchronizität und Erregung bei menschlichen Ritualen auf den sozialen Zusammenhalt und die Zusammenarbeit auswirken. In einem Sportstadion musste eine große Zahl von Fremden an einer Gruppenmarschaufgabe teilnehmen, bei der Synchronizität und physiologische Erregung getrennt manipuliert wurden. Über eine im Dach des Stadions versteckte Kamera wurde die anschließende Bewegung, Gruppenbildung und Kooperation der Teilnehmer beobachtet. Die Ergebnisse werden wie folgt zusammengefasst: „Synchronizität und Erregung zeigten beide Haupteffekte und sagten größere Gruppen, eine engere Gruppierung und kooperativeres Verhalten in einem Trittbrettfahrer-Dilemma voraus. Synchronie und Erregung interagierten auch bei der Messung von Gruppenbildung und Kooperation, sodass Synchronie nur in Verbindung mit physiologischer Erregung zu einer stärkeren Gruppenbildung und einer größeren Kooperation führte“ [10]. Diese experimentelle Studie beschrieb damit erstmals die kausalen und interaktiven Auswirkungen von Synchronizität und Erregung auf prosoziales Verhalten.

Eine mehrfache Befragung während des 5-tägigen hinduistischen Lichterfests Diwali in Indien an 486 Personen (258 Frauen) im Durchschnittsalter von etwa 30 Jahren zeigte, dass der Zeitaufwand, den eine Person gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Familie für die Vorbereitung des Fests leistet, sowohl mit dem Ausmaß an sozialer Bindung als auch mit positiven Emotionen und subjektiv erlebter Gesundheit in Beziehung steht, wenn es auch einen abnehmenden Ertragszuwachs (an sozialer Bindung) bei mehr als 8 Stunden Festvorbereitung pro Tag gab: „Insgesamt […] legen die Ergebnisse nahe, dass das Engagement für das Ritual einen abnehmenden Grenznutzen aufweist“ [20]. Auch zeigten sich Unterschiede beim Vergleich der Effekte in den beiden Städten (Dehli und das eher ländliche Prayagra) in denen die Befragung durchgeführt worden war.

Solche Effekte des gesellschaftlichen Kontexts auf die Auswirkungen von Ritualen wurden auch von der US-amerikanische Kulturpsychologin Michelle Gelfand beschrieben. Sie konnte zunächst vor gut 10 Jahren empirisch eindrucksvoll belegen, dass sich Gesellschaften (aus historischen und/oder umgebungsbedingten Gründen) irgendwo auf einem Kontinuum zwischen „Strenge“ (tightness) bzw. „Lockerheit“ (looseness) befinden[ 6 ], also viele streng durchgesetzte Regeln und wenig Toleranz für Abweichungen zeigen oder – umgekehrt – wenige streng durchgesetzte Regeln und größere Toleranz für Abweichungen [5]. Wie weitere Studien ergaben, hängt es hiervon entscheidend ab, ob sich Rituale negativ verfestigen (erstarren) oder positive Horizonte ermöglichen [6].

Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und zudem alles wirklich richtig gemacht wird, dann können Rituale sogar prosoziale Auswirkungen über die In-Gruppe hinaus haben, wie Paul Reddish und Mitarbeiter [16] von der National University in Singapur zeigten. Sie gingen speziell der Frage nach, ob sich synchrones Verhalten auch auf die Mitglieder einer erweiterten In-Gruppe oder sogar einer Out-Gruppe im Sinne einer „generalisierten Prosozialität“ auswirken kann. Ihre Probanden führten eine einfache rhythmische Bewegung entweder im Takt (Synchronie-Bedingung) oder außerhalb des Taktes (Asynchroniebedingung) miteinander aus. Vor und während der rhythmischen Bewegung wurden die Teilnehmer durch Priming über eine erweiterte Gruppenidentität informiert. Nach der Aufgabe hatte die Hälfte der Teilnehmer die Möglichkeit, einem Mitglied der erweiterten In-Gruppe zu helfen; die andere Hälfte hatte die Möglichkeit, einem Mitglied der Out-Gruppe zu helfen. Die Autoren fanden einen Haupteffekt der Synchronie-Bedingung im Hinblick auf Mitglieder beider Gruppen, was sie als Anzeichen dafür werten, dass sich die prosozialen Effekte der Synchronie auch auf Nichtgruppenmitglieder erstrecken. Diese Studie zeigt damit, dass recht banale Rituale in bestimmten Kontexten zu allgemeiner Prosozialität zwischen Gruppen führen können, sogar gegenüber Mitgliedern der Out-Gruppe.

Halten wir fest: In den vergangenen Jahrzehnten hat die Erforschung von Ritualen neue Erkenntnisse aus den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen hervorgebracht. Gerade deren Zusammenschau, von der psychologischen bis hin zur kulturellen und evolutionären Ebene, ermöglichte die Herausarbeitung von Mechanismen, die auf der Ebene des Individuums wirken, deren Funktionen jedoch weit über den Ressourcenhaushalt des Individuums hinausgehen und auf Gruppen- oder Gesellschaftsebene ihre Wirkungen zeigen [28]. Bei genauerer Betrachtung erweisen sich Rituale als äußerst menschliche und soziale Angelegenheit, obgleich sie auch bei Tieren und beim einzelnen Menschen vorkommen können. Es ist müßig, nach einer allgemeinen Definition von Ritual zu fragen, weil es diese – ganz ähnlich wie für den Begriff „Spiel“ – nicht gibt [3]. Beim Menschen weisen sie nicht selten einen Bedeutungsüberschuss auf – man spricht von religiösen Ritualen – und können von heftigen Emotionen begleitet sein. Dies verstärkt ihren gemeinschaftsstiftenden Effekt, was ihre Bedeutung für die Verfasstheit des Menschen als Gemeinschaftswesen (Zoon politikon) unterstreicht.


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1 ”Ritual, present throughout human affairs and central to many religious and cultural traditions, present perplexities. One important question concerns the worth of such repetition and fixety – for example in prayer, in human interaction, sometimes even in eating and drinking. To consider prayer, why not encourage the direct expression of religious thought and affect – from the heart, as it were, rather than in prescribed ways? It is sometimes suggested, and tempting to suppose, that to regularize such expression is to constrict it, ultimately to demean it. It is difficult to locate value in such apparently unnecessary regulation of human affairs.”


2 “The ritual cycle thus operates as a homeostat in the local subsystem by keeping such variables as the size of the pig population, women’s labor, lengths of fallow periods, and other variables within viable ranges; it operates as a homeostat in the regional subsystem by regulating the frequency of warfare, while periodically allowing the expansion of more ecologically competent groups at the expense of those less competent”.


3 “The beliefs that give meaning to ritual action differentially impact ritual’s ability to create a sense of community. Rituals that support nonmaterial beliefs that cannot be falsified appear to be most effectual at elevating group cohesiveness. The sanctity of religious rituals assists them in their role as an instrument of human communication. Furthermore, religious rituals directed toward a supernatural being create a sense of numinosity that is not experienced by performers of secular rituals. What is important for the argument presented here is that those who experience this numinous sensation perceive the incident to be undeniably true. Because secular rituals do not generate this feeling of numinosity, and the ideology that provides meaning to secular rituals can be evaluated through experience, the ability of these rituals to promote trust and cooperation is ephemeral.”


4 “The ability of religious rituals to evoke emotional experiences that can be associated with enduring supernatural concepts and symbols differentiates them from both animal and secular rituals and lies at the heart of their efficiency in promoting and maintaining long term group cooperation and commitment.”


5 “This seems to be as true today as it ever was, and is nowhere more apparent than the region I visited as a 15-yearold boy—which is where I am as I write these words. As I conduct my fieldwork in the center of this war zone, I hope that by appreciating the depth of the religious need in the human psyche, and by understanding this powerful adaptation, we can learn how to promote cooperation rather than conflict.”


6 Wie eine diesbezügliche Untersuchung der 50 US-Bundesstaaten zeigt, sind Mississippi und Alabama die strengsten, Oregon und Kalifornien dagegen die lockersten Staaten [31].


  • Literatur

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Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer
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Article published online:
07 June 2022

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Abb. 1 Rituale fallen uns meist gar nicht auf, weil wir sie für selbstverständlich nehmen. Wer sagt eigentlich, dass man ein Stück Kuchen von vorne nach hinten isst, und stellt man überhaupt „vorne“ und „hinten“ fest? Quelle: ©Autor