Zusammenfassung
Hintergrund Lärm und fehlende Privatsphäre in
Unterkünften wirken sich möglicherweise negativ auf die
psychische Gesundheit der Geflüchteten aus. Es wird untersucht, ob sich
Zusammenhänge zwischen der Zufriedenheit mit bestimmten
Unterkunftsmerkmalen in Einzel- und Gemeinschaftsunterkünften und der
psychischen Gesundheit nachweisen lassen.
Methode Basis ist die IAB-BAMF-SOEP Befragung aus Deutschland 2016
(n=4491 Geflüchtete). Mittels linearer Regressionsmodelle wird
der Zusammenhang zwischen der psychischen Gesundheit und des Unterkunftstyps
(Einzelunterkunft/Gemeinschaftsunterkunft) als auch der Zufriedenheit
mit der Unterkunft
(allgemein/Essensqualität/Geräuschpegel/Privatsphäre/Freizeitangebote/Anbindung
an den öffentlichen
Nahverkehr/Sicherheit/Deutschkursangebote) geprüft. Es
wird für soziodemographische Faktoren, potenziell traumatische
Erlebnisse vor Ankunft in Deutschland und postmigrantische Expositionen
(u. a. Asylstatus) adjustiert.
Ergebnisse In beiden Unterkunftstypen fand sich eine große
Heterogenität hinsichtlich der untersuchten Merkmale.
Geflüchtete mit einer schlechten psychischen Gesundheit lebten
signifikant häufiger in Gemeinschaftsunterkünften. Wurde
für die genannten Kovariablen kontrolliert, verschwand der Zusammenhang.
Die weiteren acht Unterkunftsmerkmale blieben signifikant mit einer schlechteren
psychischen Gesundheit assoziiert. Die größten Effekte auf die
mentale Gesundheit waren bei den Merkmalen Zufriedenheit mit der Sicherheit,
Privatsphäre und allgemeine Zufriedenheit zu beobachten. Hier belief
sich der Unterschied zwischen Personen, die kaum zufrieden waren, verglichen mit
Personen die sehr zufrieden waren, auf 5–6 Punkte auf der psychischen
Summenskala des SF-12.
Schlussfolgerung Internationale Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen
Unterkunftsbedingungen und der psychischen Gesundheit von Geflüchteten
wurden für Deutschland bestätigt. Daraus ergibt sich ein
erhöhter Bedarf an psychischer Gesundheitsversorgung in subjektiv
schlechteren Unterkünften. Zur Identifikation von kritischen
Unterkünften sind Fragen nach der Zufriedenheit (v. a.
Sicherheit, Privatsphäre und allgemeine Zufriedenheit) besser geeignet
als die Einteilung in Einzel- oder Gemeinschaftsunterkünfte, da letztere
sehr unterschiedlich bewertet wurden. Screening-Instrumente für
Unterkünfte können helfen, problematische Unterkünfte zu
identifizieren. Eine umgekehrte Kausalität ist jedoch nicht
abschließend auszuschließen.
Abstract
Background Crowded conditions, noise and little privacy and other
characteristics of refugee accommodations can have a negative impact on the
mental health of the partially traumatized refugees. The study investigates,
whether there are correlations between satisfaction with certain accommodation
features in individual and shared accommodation and mental health.
Method We used the IAB-BAMF-SOEP survey from Germany 2016 (n=4491
refugees). Linear regression models are calculated to test the association
between mental health and the type of accommodation (single
accommodation/shared accommodation) and satisfaction with the
accommodation (general satisfaction, satisfaction with food
quality/noise level/privacy/leisure
activities/access to public transport/security, german language
courses). We adjust for sociodemographic factors, potentially traumatic
experiences prior to arrival in Germany and postmigrant exposures (e. g.
asylum status).
Results Within the two accommodation types, there is high heterogeneity
with respect to the characteristics examined. Refugees with poor mental health
were significantly more likely to live in shared accommodation. When the above
covariates were controlled for, the association disappeared. The other eight
accommodation characteristics remained significantly associated with poorer
mental health. The largest effects on mental health were observed for the
satisfaction with safety, privacy, and general satisfaction. Here, the
difference between persons who were barely satisfied compared with persons who
were very satisfied amounted to 5–6 points on the SF-12 mental sum
scale.
Conclusion International results on the relationship between accommodation
conditions and mental health of refugees were confirmed for Germany. This
results in an increased need for mental health services in subjectively worse
housing. Questions about satisfaction (especially safety, privacy, and general
satisfaction) are more suitable for identifying critical accommodations than the
classification into single or shared accommodations, because shared
accommodations were assessed very differently. Screening instruments can help
identify problematic shelters. However, reverse causality cannot be conclusively
ruled out.
Schlüsselwörter Geflüchtete - Flüchtlinge - Unterkunft - Unterbringung - psychische Gesundheit - Stressor, Integration
Key words refugees - accomondation - mental health - stressor - integration - migration