Zusammenfassung
In medizinisch begründeten Einzelfällen oder bei unbekannter Frühschwangerschaft kann es
durch die Applikation offener radioaktiver Stoffe in der Nuklearmedizin zu einer pränatalen
Strahlenexposition kommen. Die von Metabolisierung und Biodistribution abhängende Dosis für
das Ungeborene kann messtechnisch nicht ermittelt werden. Eine möglichst valide Abschätzung
der Dosis ist daher von großer Relevanz. Die Abschätzung erfolgt üblicherweise mit den
biokinetischen und dosimetrischen Modellen der ICRP. Bei der Hybridbilddiagnostik muss
zusätzlich auch die Strahlenexposition durch die radiologische Komponente berücksichtigt
werden. Die Aktivität der im Rahmen einer nuklearmedizinischen Diagnostik applizierten offenen
radioaktiven Stoffe führt üblicherweise zu einer Dosis des Ungeborenen von weniger als 20mSv.
Relevante deterministische Strahlenwirkungen sind hier auszuschließen. Es ergeben sich keine
praktischen Konsequenzen für den weiteren Verlauf der Schwangerschaft. Bei höheren Dosiswerten
für das Ungeborene, wie sie insbesondere bei der therapeutischen Anwendung offener
radioaktiven Stoffe bei unbekannter Schwangerschaft auftreten können, kann jedoch eine Dosis
von 100mSv für das Ungeborene überschritten werden, welche als Schwelle für die Induktion von
anatomischen Fehlbildungen, Wachstumshemmungen und funktionellen Störungen gilt.
Abstract
In rare medically indicated cases or unknown early pregnancy, incorporation of
radionuclides administered for nuclear medicine procedures may lead to prenatal radiation
exposure. The dose to the unborn depends on metabolization and biodistribution and cannot be
directly measured. A valid estimation of the dose is therefore highly relevant. The estimation
is usually performed by means of biokinetic and dosimetric models provided by the ICRP. When
hybrid diagnostics are implicated, additional radiation exposure through radiological imaging
must be taken into account. The activity administered for standard diagnostic procedures in
nuclear medicine results in dose estimates to the unborn below 20mSv. Relevant
radiation-induced events are not expected. Dose values beyond 100mSv are expected for
administration of therapeutic radiopharmaceuticals, only. This, however, refers to extremely
rare situations, when applications are performed without awareness of an existing pregnancy.
In these cases induction of anatomical malformation, growth restriction, and functional
anomalies cannot be excluded.
Schlüsselwörter
Pränatale Strahlenexposition - Schwangerschaft - Uterusdosis - Nuklearmedizin
Keywords
prenatal radiation exposure - pregnancy - uterus dose - nuclear medicine