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DOI: 10.1055/a-1821-5994
Eine Querschnittsuntersuchung zur Qualität der Sauerstofftherapie in drei deutschen Krankenhäusern
A cross-sectional study in three German hospitals regarding oxygen therapy characteristicsZusammenfassung
Einleitung Sauerstoff (O2) ist eines der am häufigsten angewendeten Arzneimittel in deutschen Krankenhäusern und im Rettungswesen. Sowohl eine Hypoxämie als auch eine Hyperoxämie sind mit Komplikationen vergesellschaftet. In Deutschland fehlen bislang belastbare Daten zur Anwendung, Dokumentation und Überwachung der O2-Therapie.
Methoden Eine Querschnittsstudie zur Sauerstoff-Anwendung wurde in 3 Krankenhäusern der maximalen bzw. supramaximalen Versorgung in Hannover im Herbst 2020 durchgeführt.
Ergebnisse Von 343 erfassten Patienten erhielten 20 % eine O2-Therapie. Bei 29 % der Patienten mit O2-Therapie bestand ein Hyperkapnie-Risiko. Lediglich bei 68 % Patienten mit einer O2-Therapie lag eine SOP zur O2-Anwendung auf den jeweiligen Stationen vor und nur bei 22 % entsprach die gegebene O2-Therapie dem tatsächlichen Bedarf des Patienten. Nur bei 30 % des Gesamtkollektivs und 41 % der Patienten mit O2-Therapie erfolgte eine vollständige Dokumentation der Vitalparameter. Eine Überwachung der O2-Therapie mittels arterieller oder kapillärer Blutgasanalyse (BGA) erfolgte bei 76 % der O2-Patienten. Hier zeigte sich bei 64 % der Patienten eine Normoxämie, bei 17 % eine Hyperoxämie und bei 19 % eine Hypoxämie. Der einzige identifizierbare Prediktor für eine adäquate O2-Therapie war eine vorangegangene Beatmungstherapie.
Diskussion Insgesamt zeigt sich eine suboptimale Indikationsstellung, Anwendung und Kontrolle der Sauerstofftherapie. Schulungen des pflegerischen und ärztlichen Personals zur Verbesserung der Anwendung der O2-Therapie und resultierend auch der Patientensicherheit sind dringend notwendig.
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Abstract
Background Oxygen (O2) therapy is one of the most commonly applied medications in German hospitals and rescue services. Both hypoxemia and hyperoxemia can be associated with complications. There is currently a lack of reliable data on the use, documentation and surveillance of O2-therapy in German hospitals.
Methods We conducted a cross-sectional study on the use of O2 in three hospitals in Hannover, Germany.
Results Of 343 patients included in this study, 20 % received O2 therapy. Twenty-nine percent of patients receiving O2 were at increased risk for hypercapnia. A standard operating procedure (SOP) for O2 therapy was available in only 68 % of patients. In 22 % patients the applied O2-therapy was appropriate in the context of the documented vital parameters. A complete documentation of vital parameters was conducted in only 30 % of all patients and 41 % of patients receiving O2-therapy. A surveillance of O2-therapy using capillary or arterial blood gas analysis was performed in 76 % of patients. Here, 64 % of patients showed normoxemia, 17 % showed hyperoxemia and 19 % of patients showed hypoxemia. The only identifiable predictor for an adequate O2-therapy was a previous invasive ventilation.
Discussion Our data point towards and inadequate prescription, application and documentation of O2 therapy. The recently released German S3-guideline should be used to increase awareness among physicians and nursing staff regarding the use of O2-therapy to improve O2 therapy and consequently patient safety.
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Einleitung
Sauerstoff (O2) ist eines der am häufigsten angewendeten Arzneimittel im stationären Sektor in Industrieländern. Daten aus britischen Audit-Studien zeigten, dass 2015 bei ca. 14 % von 55 000 stationär behandelten Patienten O2 verabreicht wurde, aber dass nur in 58 % der Fälle eine Verordnung dafür vorlag [1] [2]. Hypoxämie ist bei Krankenhauspatienten mit erhöhter Letalität und Morbidität assoziiert [3] [4] [5]. Es besteht häufig bei medizinischem Fachpersonal Unsicherheit in Bezug auf die angestrebten Zielbereiche der O2-Therapie, auf die Relevanz einer Hypoxämie sowie Unkenntnis des Phänomens der Hyperoxämie [6].
Die Hypoxämie wird durch einen erniedrigten O2-Gehalt im arteriellen Blut gekennzeichnet, während die Hypoxie die Unterversorgung der Organe mit O2 bezeichnet. In der Regel wird bei Erwachsenen die Hypoxämie ab einem pulsoxymetrischen Sättigungswert (SpO2)< 90 % oder ab einem pO2-Wert< 60 mmHg definiert [7] [8] [9]. Die Gewebshypoxie kann hypoxämisch, anämisch, toxisch (im Rahmen einer Zyanidvergiftung) oder zirkulatorisch stagnierend entstehen [10]. Lediglich die hypoxämische Gewebshypoxie kann sinnvoll durch eine O2-Therapie behandelt werden. Eine Hypoxämie ist ein Warnzeichen für einen möglichen komplizierten Verlauf des akut erkrankten Patienten und bedarf weiterer Abklärung. Eine Hyperoxämie (definiert als zusätzliche O2-Gabe bei Normoxämie (= SpO2 (92–96 %)) kann bei Menschen mit Hyperkapnie-Risiko (COPD, Obesitas-Hypoventilationssyndrom, neuromuskulären Erkrankungen) zu einem gefährlichen pCO2-Anstieg im Sinne eines hyperkapnischen Atemversagens führen [11]. Hyperoxämie war in mehreren randomisiert-kontrollierten Studien und Metaanalysen mit einer erhöhten Sterblichkeit und Morbidität assoziiert [4] [12]. Es kann durch O2 zu einer direkten Lungentoxizität kommen. Weiterhin wurden auch Resorptions-Atelektasen und koronare Vasokonstriktion nach einem Myokardinfarkt beschrieben [13] [14].
Um die Behandlungsbedürftigkeit einer Hypoxämie einschätzen zu können, müssen die vollständigen Vitalzeichen erhoben werden. Zudem muss geklärt werden, ob es sich um einen akuten oder chronischen Zustand handelt und welche Begleiterkrankungen vorliegen [8]. Die aktuelle Evidenzlage spricht für einen Zielbereich der akuten O2-Therapie in der pulsoxymetrischen Messung von 92 %–96 % bei spontanatmenden Patienten ohne Hyperkapnie-Risiko sowie bei beatmeten Patienten und für einen Zielbereich von 88 %–92 % für Patienten mit Hyperkapnierisiko [1] [8].
Über die Verordnung, Dokumentation und Überwachung der O2-Therapie in der Akutmedizin fehlen veröffentlichte Daten. Die vorliegende erste deutsche Datenerhebung zu Häufigkeit, Indikationsstellung, Verlaufskontrollen, Dokumentation sowie zurschriftlichen Verordnung der O2-Therapie soll diese Fragestellung untersuchen.
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Material und Methoden
Eine Querschnittsstudie zur Sauerstoff-Anwendung wurde in 3 Krankenhäusern der Maximal- bzw. Supramaximal-Versorgung in Hannover (Medizinische Hochschule Hannover, KRH Klinikum Siloah Hannover, KRH Klinikum Nordstadt Hannover) im Herbst 2020 durchgeführt.
Es wurden anonymisierte Daten von erwachsenen stationären Patienten aus verschiedenen Krankenhausbereichen erhoben. Pro Krankenhaus wurden als Stichprobe eine operative Normalstation, eine nicht operative Normalstation, eine Intensivstation, die Notaufnahme und der Rettungsdienst untersucht. Die Untersuchung wurde durch die Ethikkommissionen genehmigt, datenschutzrechtlich geprüft (Ethikvotum K9367_BO_K_2020) und die Studie wurde im Deutschen Register für klinische Studien registriert (DRKS00023360).
Die Datenerhebung erfolgte pro Bereich jeweils an einem einzigen Tag. Hierfür wurden die Patientenkurven sowie die elektronische Dokumentation durch unabhängige ärztliche Mitarbeiter begutachtet und die jeweiligen Daten in ein standardisiertes Formular eingetragen.
Für jeden eingeschlossenen Patienten wurden folgende Parameter dokumentiert: Alter, Geschlecht, Hauptdiagnose, Begleitdiagnosen mit Hyperkapnie-Risiko (COPD, schweres Asthma, Mukoviszidose, BMI > 35 kg/m2, neuromuskuläre Erkrankungen), O2-Therapie bzw. invasive oder nichtinvasive Beatmung in den letzten 24 Stunden, die tagesaktuelle letzte gemessene SpO2, die tagesaktuelle Atemfrequenz (AF), der aktuell applizierte O2-Fluss, die arterielle oder kapilläre Blutgasanalyse (innerhalb der letzten 7 Tage), das verwendete O2-Applikationssystem und ob eine schriftliche O2-Verordnung für den jeweiligen Patienten vorlag sowie, ob eine SOP zu O2-Therapie auf Stationebene vorhanden war.
Die verwendeten Kriterien für eine adäquate O2-Therapie waren: das Vorliegen einer SOP zur O2-Therapie im untersuchten Bereich, das Vorliegen einer schriftlichen ärztlichen Verordnung mit Zielbereichen für die SpO2, die regelmäßige Dokumentation der kompletten Vitalwerte (Atemfrequenz, SpO2), Angaben zum O2-Fluss. Nur wenn alle Kriterien erfüllt waren, wurde die O2-Therapie als vollständig adäquat bewertet.
Die Hypoxämie wurde definiert als SpO2 < 90 % oder (falls vorhanden) pO2 < 60 mmHg bei Patienten ohne Hyperkapnierisiko und als SpO2 < 88 % bei Patienten mit Hyperkapnierisiko. Die Messung von SpO2-Werten > 96 % unter O2-Therapie wurde als Hyperoxämie definiert.
Die Datensätze wurden deskriptiv in IBM SPSS (Version 26.0, IBM Corp., Armonk, NY) ausgewertet. Für quantitative Parameter wurden Median, 25. und 75. Perzentil und für qualitative Daten wurden absolute und relative Häufigkeiten verwendet. Darüber hinaus wurden uni- sowie multivariate Analysen mittels einer binären logistischen Regression mit dem Endpunkt ‚adäquate O2-Therapie‘ durchgeführt. Dabei wurden die Odds Ratios und 95 % Konfidenzintervalle und p-Werte für die Bewertung der Ergebnisse verwendet. Die angewendeten Variablen waren: Krankenhaus mit einer pneumologischen Abteilung, Geschlecht, Alter, Hyperkapnie-Risiko, pneumologische Hauptdiagnose, invasive Beatmung in den letzten 24 h. Variablen mit einem p-Wert von < 0,1 in der univariaten Analyse wurden für das multivariate Modell einbezogen. Ein p-Wert von < 0,05 wurde dann in der multivariaten Analyse als statistisch signifikant gewertet. Nur die komplett vollständigen Fälle wurden für die uni- und multivariate Analyse verwendet.
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Ergebnisse
Patientencharakteristika
Von den insgesamt 343 eingeschlossenen Patienten erhielten 68 (20 %) eine O2-Therapie zum Zeitpunkt der Datenerhebung. Das Medianalter lag bei 66 Jahren für die gesamte Population und unterschied sich nicht wesentlich zwischen den Patienten mit und ohne O2-Therapie ([Tab. 1]). Die Hälfte der Patienten mit O2-Therapie, die O2 appliziert bekamen, befanden sich auf einer Intensiv- oder Intermediate Care Station, ein Drittel der mit Sauerstoff behandelten Patienten befand sich auf Normalstation. ([Tab. 1]). Der mediane O2-Fluss lag bei 2 l/min (25. und 75. Quartile 1,5 und 3 L/min). Ein Fünftel der Gesamtpatienten hatten ein Hyperkapnie-Risiko. Der Anteil der Studienteilnehmer mit Hyperkapnie-Risiko war in der Gruppe mit O2-Therapie höher und lag bei 29 %. Der Anteil der Patienten mit O2- bzw. mit Hyperkapnie-Risiko stieg mit dem Alter an.
O2: Sauerstoff
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Sauerstoffverschreibung
Die am häufigsten angewendeten O2-Applikationssysteme waren die Nasenbrille (49 %) für Patienten auf Normalstationen und der Endotrachealtubus oder die Trachealkanüle (32 %) für den Intensivbereich ([Tab. 1]). Venturi-Masken kamen zum Zeitpunkt der Erhebung nicht zum Einsatz ([Tab. 1]).
Für 194/343 (57 %) untersuchten Patienten beziehungsweise für 46/68 (68 %) Patienten mit einer O2-Therapie lag eine SOP zur O2-Anwendung auf den jeweiligen Stationen vor ([Tab. 2]). Diese Patienten lagen auf internistischen oder interdisziplinären Intensivstationen. Was die Patienten mit O2 betrifft, hatten 26/68 (41 %) eine schriftliche Verordnung, aber nur 19/68 (28 %) mit Angabe eines Zielbereiches. Lediglich bei 17/68 (25 %) Patienten fand sich eine vollständig adäquate O2-Verordnung (= schriftliche Verordnung mit SpO2-Zielbereich sowie tagesaktuellen Vitalwerten) und bei 15/68 (22 %) wurden die Zielbereiche für die SpO2 eingehalten ([Abb. 2]). Patienten mit adäquaten Verordnungen lagen ausschließlich auf internistischen Stationen.
O2: Sauerstoff; CO2: Kohlenstoffdioxid; SOP: standard operating procedure; SpO2: pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung; AF: Atemfrequenz; BGA: Blutgasanalyse, pO2: Sauerstoffpartialdruck, pCO2: Kohlenstoffdioxidpartialdruck.
Es war lediglich bei 2 % der Patienten ohne O2-Therapie eine Verordnung hinterlegt (z. B. für den Fall einer respiratorischen Verschlechterung außerhalb der Regeldienstzeiten) ([Tab. 2]).
Die uni- und multivariate Regressionsanalyse hat lediglich eine Beatmung in den letzten 24 h als Prädiktor für eine adäquate O2-Therapie identifiziert (OR 12.61 (2.49, 63.92), p-Wert = 0,002). Weder das Vorhandensein einer pneumologischen Abteilung im Krankenhaus, noch eine pneumologische Hauptdiagnose oder ein Hyperkapnie-Risiko waren Prädiktoren für eine adäquate Therapie ([Tab. 3]).
O2: Sauerstoff; KI: Konfidenzintervall; Ref: Referenz.
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Überwachung und Dokumentation der O2-Therapie
Bei einem Drittel der untersuchten Patienten war weder Sauerstoffsättigung (SpO2) noch Atemfrequenz (AF) tagesaktuell dokumentiert. Eine vollständige Dokumentation aller Vitalparameter erfolgte lediglich bei 30 % der Studienpopulation. In der Gruppe der Patienten mit O2-Therapie gab es bei 9 % der Patienten überhaupt keine Dokumentation der respiratorischen Vitalparameter ([Tab. 2]). Bei 76 % der Patienten mit O2-Therapie wurde diese mittels arterieller oder kapillärer Blutgasanalyse (BGA) in den letzten 7 Tagen überwacht. In den Blutgsanalysen wiesen 64 % eine Normoxämie, und 17 % bzw. 19 % eine Hyperoxämie oder Hypoxämie auf. Interessanterweise befanden sich 41 % der Patienten ohne O2-Therapie, bei denen eine BGA durchgeführt wurde, in einem hypoxämischen Bereich ([Tab. 2]).
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Diskussion
Dies ist die erste deutsche Datenerhebung zur O2-Anwendung bei akut erkrankten Patienten unterschiedlicher stationärer Bereiche und dient als Bestandsaufnahme vor der Implementierung der S3-Leitlinie „Sauerstoff in der Akuttherapie bei Erwachsenen“.
Ähnlich wie bei den britischen oder australischen Auditerhebungen zur O2-Therapie war diese häufig angewendet, aber wenig standardisiert und unzureichend dokumentiert sowie überwacht [1] [15] [16] [17].
Die Qualitätsindikatoren für eine adäquate O2-Therapie sind das Vorhandensein einer SOP zu dieser Therapie in dem Bereich, in dem der Patient behandelt wird, das Vorliegen einer schriftlichen ärztlichen Verordnung mit Ziel-SpO2 und die konsequente Dokumentation der kompletten Vitalparameter. Der Anteil der von uns untersuchten Patienten mit O2-Therapie, für die eine O2-SOP vorlag (68 %) unterschied sich nicht von britischen Daten dazu (70 %) [1] [2]. Im Gegensatz zu britischen Daten, die zeigten, dass bereits im Jahre 2015 ca. 58 % der Patienten eine schriftliche O2-Verordnung mit Ziel-SpO2 hatten, lag lediglich bei 17/68 (25 %) der deutschen Patienten mit O2-Therapie eine gültige Verordnung nach den gleichen Kriterien vor [1] [2]. Zudem wurde die SpO2 nur bei zwei Dritteln und die AF nur bei einem Drittel der von uns eingeschlossenen Patienten dokumentiert. Im Gegensatz dazu wurde bei 55 208 der in ein britisches nationales Audit eingeschlossenen Patienten die SpO2 zuverlässig dokumentiert [1] [2]. In unserer Studie wurde bei 3 Patienten ohne O2-Therapie eine Tachypnoe dokumentiert sowie bei 27 Patienten in diesem Kollektiv wurden pO2-Werte unterhalb 60 mmHg erfasst.
Darüber hinaus lag die SpO2 lediglich bei 15/68 (22 %) der Patienten mit O2-Therapie im Zielbereich, wobei in Großbritannien dieser Anteil bei 69 % lag [1] [2]. In den letzten Jahrzehnten wurden weltweit mehrere Auditverfahren zur O2-Therapie durchgeführt, deren Ergebnisse zum Anlass genommen wurden, gezielte Schulungen des Personals vorzunehmen, welche im Verlauf die Qualität der O2-Therapie angehoben haben [16] [18] [19] [20] [21] [22].
Studien, die in Notaufnahmen durchgeführt wurden, deuten darauf hin, dass die SpO2 zu den wichtigsten Prädiktoren der Krankenhaus-Sterblichkeit zählt [23]. In einer Analyse von ca. einer Million Vitalwerte in einem amerikanischen Zentrum der Maximalversorgung war das Vorhandensein dreier abnormer Vitalparameter im Laufe eines stationären Aufenthaltes mit einer erheblich steigenden Mortalität assoziiert [24]. Insbesondere die AF scheint mit einer erhöhten Sensitivität eine klinische Verschlechterung anzuzeigen. Diese Erkenntnisse werden zur Entwicklung von Frühwarnsystemen angewendet, die relevante klinische Veränderungen anzeigen und vermeidbare Krankenhaus-Letalität minimieren können [25] [26]. Das Problem der inadäquaten oder inkompletten Dokumentation der Vitalparameter betrifft allerdings nicht nur das deutsche Gesundheitssystem. Im Rahmen anderer nationaler Auditverfahren fiel auf, dass die AF am häufigsten ausgelassen wird [27] [28]. Hierzu gibt es bisher in Deutschland allerdings noch keinerlei gesetzliche Vorgaben. Durch Erhebung der AF können die klinische Verschlechterung und eine ungünstige Prognose frühzeitig erkannt werden [25] [26]. Eine qualitative Studie, die in Form von semi-strukturierten Interviews mit Vertretern der Pflegeberufe der Frage nachgegangen ist, warum die AF oft nicht gemessen wird, identifizierte Zeitmangel, mangelnde Kenntnisse über die Wichtigkeit dieses Parameters und fehlende Möglichkeiten einer automatisierten Messung als Hauptgründe [29]. Eine Untersuchung der Ärzteschaft zeigte wiederum eine fehlerhafte Abschätzung der AF in bis zu 52 % der Fälle [30].
Angesichts dieser Ergebnisse besteht dringender Bedarf an regelmäßigen bundesweiten Schulungen bezüglich Indikation, Verlaufskontrollen, Dokumentation und schriftlicher Verordnung der O2-Therapie sowohl für ärztliches als auch für pflegerisches Personal. Internationale Erfahrungen zeigen, dass die Einführung einer nationalen Leitlinie zur Sauerstoffverordnung in Akutsituationen, regelmäßige nationale Auditverfahren und konsequente Schulungen des Personals die Qualität der O2-Anwendung erhöhen können [1] [2] [17] [18] [31]. Aus einer kürzlich publizierten qualitativen Analyse zu den Ansichten des intensivmedizinischen und pflegerischen Personals zur O2-Therapie geht hervor, dass die Hyperoxämie häufig nicht als gefährlich eingeschätzt wird, wohingegen die Hypoxämie Sorgen bereitet. Darüber hinaus scheinen die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Sicherheit der konservativen O2-Therapie im Intensivsetting wenig bekannt zu sein und es wurden Fortbildungen dazu gewünscht [4] [6] [32].
Zu den Limitationen dieser Studie zählt die niedrige Zahl an eingeschlossenen Patienten und Zentren, was die Repräsentativität der erhobenen Daten einschränkt. Darüber hinaus handelt es um eine Querschnittstudie über einen kurzen Zeitraum, sodass womöglich Schwankungen der Patientenzahlen oder Diagnosen nicht erfasst werden konnten. Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass wir die Datenerhebung nur regional durchführen konnten, sodass die landes- und bundesweite Representativität der Ergebnisse entsprechend eingeschränkt ist.
Zusammenfassend zeigt unsere Studie trotz dieser Einschränkungen, dass es erheblichen Verbesserungsbedarf im Sauerstoffmanagement in den untersuchten Kliniken in Hannover gibt. Wir befürchten, dass dies dem nationalen Stand entsprechen könnte und wir wünschen uns regelmäßige Auditverfahren zu dem Thema. Die kürzlich erschienene S3 Leitlinie ,Sauerstoff in der Akuttherapie beim Erwachsenen‘ sollte zum Anlass genommen werden, sowohl das ärztliche als auch das pflegerische Krankenhauspersonal zur Indikationsstellung, Anwendung und Dokumentation der Sauerstofftherapie zu schulen und so die Patientensicherheit zu verbessern.
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Von 343 Patienten erhielten 68 (20 %) eine Sauerstoff (O2) Therapie
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Die Hälfte der O2 Therapien erfolgte auf Intensiv- oder Intermediate Care Stationen. Ein Drittel auf Normalstationen.
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Sowohl die O2-Indikationsstellung, O2-Anwendung als auch die Dokumentation der Vitalwerte unter Therapie war suboptimal
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Die kürzlich veröffentlichte S3-Leitlinie zur Sauerstofftherapie sollte genutzt werden, um das ärztliche und pflegerische Krankenhauspersonal zur korrekten O2-Therapie zu schulen
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Interessenkonflikte
Jens Gottlieb und Thomas Fühner sind Autoren der S3-Leitlinie Sauerstoff in der Akuttherapie beim Erwachsenen; die anderen Autoren geben an, kein Interessenkonflikt zu haben.
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Article published online:
22 July 2022
© 2022. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commecial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)
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