Aktuelle Ernährungsmedizin 2022; 47(03): 169
DOI: 10.1055/a-1825-0338
Buchbesprechung

Lohnender Ratgeber für eine gesunde Ernährung

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Der Harvard-Wissenschaftler und Autor Prof. Dr. med. Dr. P.H. Walter C. Willett fasst in der überarbeiteten Version des Bestsellers „Eat, Drink, and Be Healthy” den aktuellen Stand der Ernährungswissenschaft gut verständlich und wissenschaftlich fundiert zusammen.

Diese erste deutschsprachige Auflage von 2022 umfasst 300 Seiten, die das Lesen durch eine bunte und übersichtliche Gestaltung sowie durch einfach gehaltene Grafiken und Tabellen angenehm verständlich halten. Dem Konzept, komplexe Ernährungsmuster in Form von Kreisen und Pyramiden darzustellen, wird auch in diesem Harvard-Ansatz gefolgt. Die Abbildungen des Buchs ähneln somit denen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bzw. der Ernährungspyramide der mediterranen Ernährung, was das Verstehen und Vergleichen der genannten Ernährungsmuster deutlich erleichtert.

Der Gesunde Teller (ähnlich des DGE-Ernährungskreises) sowie die Harvard Healthy Eating Pyramid (ähnlich der DGE-Ernährungspyramide), Abbildungen die öfters im Buch gezeigt werden, bieten eine gute Übersicht über die von Willett formulierten Harvard-Ernährungsempfehlungen:

  • Verzehren Sie viel Gemüse – je größer die Abwechslung, desto besser

  • Essen Sie Obst und Gemüse in aller Art und Farbe

  • Bevorzugen Sie Vollkornprodukte wie z. B. Vollkornbrot

  • Wählen Sie Fisch, Geflügel und Hülsenfrüchte als Proteinquelle

  • Schränken Sie den Verzehr von rotem Fleisch und Käse ein

  • Meiden Sie verarbeitetes Fleisch wie Aufschnitt und Schinken

  • Verwenden Sie gesunde Öle wie Olivenöl und Rapsöl

  • Trinken Sie Wasser, Tee und ungesüßten Kaffee

  • Meiden Sie stark verarbeitete Getreideprodukte

Die genannten Empfehlungen gleichen nicht nur durch die hier gewählte Auflistungsform den 10 Regeln der DGE, sondern auch inhaltlich. So unterscheiden sich die DGE- und Harvard-Regeln lediglich im Hinblick auf den Konsum von Eiern, Kartoffeln und fettarmen Fleisch, die laut DGE-Regeln etwas seltener verzehrt werden sollen, sowie hinsichtlich Milchprodukten, die laut DGE-Regeln etwas häufiger verzehrt werden sollen.

Auffällig an den Harvard-Ernährungsempfehlungen ist der Ratschlag, „zur Sicherheit täglich eine Multivitamintablette zu nehmen“ – eine durchaus kontroverse Empfehlung, die u. a. von der DGE nicht per se geteilt wird: „Wir nehmen Nahrungsergänzungsmittel meist zur Gewissensberuhigung. Aber Ernährungsfehler lassen sich nicht durch Pillen ausgleichen. Und damit nicht genug: Dem fehlenden Nutzen der Einnahme von Vitaminpräparaten steht sogar das Gesundheitsrisiko durch zu hohe Zufuhrmengen gegenüber, insbesondere dann, wenn hoch dosierte Präparate über eine längere Zeit eingenommen und zusätzlich angereicherte Lebensmittel verzehrt werden“ (Prof. Dr. Helmut Heseker, Präsident der DGE).

In dem durchweg gelungenen Werk postuliert Willett keine allgemeine, für alle Menschen exakt gleich aussehende Ernährungsform, sondern bietet mit dem Gesunden Teller bzw. der Harvard Healthy Eating Pyramid leicht verständliche Richtlinien, mithilfe derer eine individuelle „gesunde“ Ernährung leicht umsetzbar ist.

Das Buch stellt die ernährungswissenschaftliche Studienlage wissenschaftlich solide und übersichtlich dar und setzt von seinen Leser:innen wenig Vorwissen voraus. Es eignet sich sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Ernährungsfachkräfte und interessierte „Laien“.

Ich schließe mich dem Geleitwort der Professoren Claus und Michael Leitzmann an und empfehle dieses Buch für alle, die an einer wissenschaftlich fundierten, gesunden Ernährung interessiert sind.

cand. Dr. rer. nat. Benjamin Seethaler, Stuttgart



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Article published online:
14 June 2022

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