PSYCH up2date 2023; 17(06): 493-511
DOI: 10.1055/a-1826-5086
Angststörungen, Zwangsstörungen und stressassoziierte Störungen

Panikstörung und Agoraphobie: Verstehen und Behandeln

André Wannemüller
,
Jürgen Margraf

Wiederkehrende und unerwartete Panikattacken, fortwährende Sorgen über deren Bedeutung und Konsequenzen sowie die Vermeidung einer Vielzahl von Situationen, in denen Panikanfälle besonders gefürchtet werden, belasten die Leben Betroffener und sind Kernmerkmale der Kombination aus Panikstörung und Agoraphobie. In diesem Beitrag werden die Störungen und wirksame Therapieansätze vorgestellt.

Kernaussagen
  • Wiederholte, plötzlich und unvorhersehbar auftretenden Panikattacken, die sich durch ein schnelles und unkontrollierbares Anfluten eines subjektiven Angstgefühls und einer Vielzahl typischer vegetativer und psychischer Furchtsymptome auszeichnen, sind das Kernmerkmal der Panikstörung.

  • Das Kernmerkmal der Agoraphobie besteht in der Angst vor und Vermeidung von Situationen, in denen Betroffene das Risiko des Auftretens plötzlicher, angstmachender körperlicher Veränderungen als besonders hoch erachten und/oder die aus solchen Ereignissen resultierenden Konsequenzen besonders negativ bewerten.

  • Auch im Rahmen anderer Angststörungen und angstassoziierter Störungen können Panikattacken auftreten, im Gegensatz zur Panikstörung sind sie dort aber immer gebunden an bestimmte Auslösereize.

  • Für die Abgrenzung von anderen phobischen Störungen und der Agoraphobie gilt: Bei der Agoraphobie erlangt die Situation ihren Bedrohungscharakter immer dadurch, dass die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Kontrollverlusterlebnisses in dieser Situation besonders hoch und dessen Auswirkungen besonders ungünstig eingeschätzt werden.

  • Anders als die meisten anderen Angststörungen entwickelt sich die Panikstörung fast nie präpubertär.

  • Das psychophysiologische Modell der Panikstörung sieht in positiven Rückkopplungsprozessen zwischen körperlichen Symptomen, deren Assoziation mit Gefahr und daraus resultierenden Angstreaktionen den zentralen Mechanismus für die Entstehung und Aufrechterhaltung eines Panikanfalls.

  • Die kognitive Verhaltenstherapie ist die Methode der Wahl zur Behandlung der Panikstörung und Agoraphobie.

  • Die 5 Hauptbestandteile der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung der Panikstörung und Agoraphobie sind Psychoedukation, kognitive Intervention, interozeptive Expositionsübungen und Verhaltensexperimente, In-vivo-Expositionsübungen und Rückfallprophylaxe

  • Für den Umgang mit Sicherheitsverhalten im Rahmen von Expositionsübungen gilt: Besser sollte eine Expositionsübung mit Sicherheitsverhalten durchgeführt werden als vollständig darauf zu verzichten.

  • Sollte eine medikamentöse Behandlung der Panikstörung erwogen werden, weisen SSRI das günstigste Wirkungs-Nebenwirkungs-Verhältnis auf.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
03. November 2023

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