PSYCH up2date 2023; 17(03): 201-219
DOI: 10.1055/a-1851-3925
Angststörungen, Zwangsstörungen und stressassoziierte Störungen

Emetophobie: Die krankhafte Angst vor dem Erbrechen erkennen, verstehen und behandeln

Michael Stefan Metzner

War die Lasagne noch gut? Hat mein Freund Magen-Darm? Fragen wie diese beschäftigen uns in der Regel nur wenige Momente. Für Menschen, die an der krankhaften Angst vor dem Erbrechen leiden, wird die Erörterung solcher Gedanken nicht selten zu einer abendfüllenden Beschäftigung von nahezu existenzieller Bedeutung.

Kernaussagen
  • Die Emetophobie weist viele Gemeinsamkeiten mit anderen psychischen Erkrankungen auf. Für eine sichere Diagnosestellung ist deshalb darauf zu achten, ob es bei den berichteten Beschwerden im Kern um eine unverhältnismäßige Angst vor dem eigenen und/oder fremden Erbrechen geht.

  • Bei der Entwicklung der pathologischen Erbrechensangst kommen prädisponierende Faktoren (hohe Ängstlichkeit, Somatisierungsneigung) und als traumatisch erlebte Erfahrungen mit eigenem oder fremdem Erbrechen meist zusammen. In einer Angstsituation erfahren viele Betroffene intrusive Gedanken an früheres (Flashbacks) oder zukünftiges Erbrechen (Flashforwards). Das gezeigte Sicherheits- und Vermeidungsverhalten wird durch negative Verstärkung aufrechterhalten.

  • Die graduierte Exposition mit Reaktionsverhinderung stellt das aussichtsreichste Verfahren zur Behandlung der Emetophobie dar. Das Expositionstraining sollte sowohl externe (situative) als auch körperinterne Angststimuli umfassen. Eine innere Haltung von Achtsamkeit fördert hierdurch angestoßene Lernprozesse. Und das Besinnen auf eigene Lebenswerte im Sinne der Akzeptanz- und Commitment-Therapie erhöht die Toleranz für aversive Emotionen.

  • Da an Emetophobie erkrankte Personen häufig ein ungünstiges Atemmuster zeigen, welches viszerale Beschwerden wie Dauerübelkeit begünstigt, ist ein Atemtraining (ggf. mit Biofeedback) sinnvoll.

  • In der Behandlung von Patienten mit Emetophobie ist eine verständnisvolle, mitfühlende Haltung unerlässlich. Zudem hilft Humor, der Angst ihren Schrecken zu nehmen und eine Psychotherapie auf Augenhöhe zu gestalten.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
08. Mai 2023

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