Rofo 2022; 194(09): 1044-1047
DOI: 10.1055/a-1888-9174
DRG-Mitteilungen

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers in der radiologischen Praxis

 

Direktionsrecht oder Änderungskündigung? – Fallkonstellationen

Ein Arbeitgeber möchte einen Facharzt für Radiologie, der bislang in seiner radiologischen Praxis in der MR-Abteilung tätig ist, zukünftig in der Röntgenabteilung einsetzen. Wäre eine solche arbeitsrechtliche Maßnahme vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt oder bedarf es hierzu einer Änderungskündigung des Anstellungsvertrages mit dem Radiologen? Hängt die Antwort auf diese Frage möglicherweise davon ab, ob der Tätigkeitsbereich des Radiologen sich auf das gesamte Fachgebiet Radiologie bezieht oder ob er ausdrücklich als MR-Spezialist eingestellt worden ist?


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Wann greift überhaupt das Direktionsrecht des Arbeitgebers, wann ist eine Änderungskündigung erforderlich und welche Rechtsfolgen sind damit verbunden?

Und schließlich: Wie ist die Rechtslage bei anderen einem angestellten Radiologen übertragenen Aufgaben, z. B. der Bestellung zum ärztlichen Leiter eines medizinischen Versorgungszentrums oder zum Strahlenschutzverantwortlichen, der Übertragung der Aufgaben eines Programmverantwortlichen Arztes oder befundenden Arztes im Mammografie Screening? Kann der angestellte Radiologe jederzeit ohne Begründung auf Grund des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts von diesen Aufgaben abberufen werden?

Unterschiedliche Interessen der Beteiligten

Betrachten wir zunächst die Interessen der Beteiligten: Für den angestellten Facharzt für Radiologie, der als MR-Spezialist arbeitet, ist es wichtig, sein fachspezifisches Know-how auf der Grundlage seiner spezialisierten Anstellung weiter auszubauen, jedenfalls nicht zu verlieren. Ein angestellter Facharzt für Radiologie, der mit – gegebenenfalls zu einer höheren Vergütung führenden – Sonderaufgaben betraut ist, wird eine Abberufung von diesen Sonderaufgaben nicht hinnehmen wollen, wenn diese eine maßgebliche Verschlechterung seines Einkommens zur Folge hat.

Für den Arbeitgeber ist es wichtig, dass er in der Organisation seines Unternehmens frei ist und seine Mitarbeiter dort einsetzen kann, wo sie gebraucht werden, z. B. den bislang mit der Sonderaufgabe des befundenden Arztes im Mammografie Screening beauftragten angestellten Facharzt für Radiologie in der Röntgenabteilung, um eine durch die Krankheit eines Mitarbeiters entstandene personelle Lücke zu füllen.

Typisch für diese Fallkonstellationen ist, dass die Sichtweise des jeweiligen Beteiligten, auf der einen Seite des Arbeitgebers, auf einer der anderen Seite des Arbeitnehmers, für sich genommen durchaus verständlich ist. Man kann die Sorge des Strahlenschutzbeauftragten verstehen, aufgrund seiner Abberufung Kompetenz im Strahlenschutz zu verlieren; man kann aber auch den Wunsch des Arbeitgebers verstehen, das Unternehmen so optimal wie möglich zu organisieren.


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Grundsätzliches zur Rechtslage

Rechtlicher Ausgangspunkt ist der Arbeitsvertrag. Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. So regelt dies § 611 Buchst. a BGB. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab.

Ergänzt wird diese Regelung durch § 106 Gewerbeordnung (GewO):

„Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.“

Das Direktionsrecht ist also das Recht des Arbeitgebers, durch das er im Rahmen der Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages einseitig Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie die Ordnung und das Verhalten im Betrieb bestimmt, soweit die Arbeitsleistung nicht anderweit geregelt ist.

Der Arbeitnehmer muss den Weisungen des Arbeitgebers Folge leisten, soweit dessen Direktionsrecht reicht; das folgt aus der Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers. Bei der Ausübung des Weisungsrechts ist der Arbeitgeber nicht gänzlich frei, er muss alle wesentlichen Umstände sowie die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Ist die Maßnahme grundsätzlich vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt, hat dieser aber hierbei die Interessen des Arbeitnehmers nicht berücksichtigt, so muss der Arbeitnehmer dennoch die Weisung befolgen, kann aber nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB das Arbeitsgericht anrufen.

Reicht das Direktionsrecht nicht aus, um eine arbeitsrechtliche Maßnahme umzusetzen, muss der Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer eine Änderung des Arbeitsvertrages herbeiführen oder eine so genannte Änderungskündigung erklären. Eine Änderungskündigung ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot, es mit einem anderen Inhalt fortzusetzen. Die Änderungskündigung setzt sich also aus zwei Erklärungen des Arbeitgebers zusammen, nämlich einmal aus der Erklärung, das Arbeitsverhältnis beenden, und der weiteren Erklärung, ein neues Arbeitsverhältnis mit neuem Inhalt mit dem Arbeitnehmer abschließen zu wollen. Das Risiko des Arbeitgebers liegt darin, dass der Arbeitnehmer das Angebot zum Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses mit veränderten Bedingungen nicht annimmt. Zudem ist eine Änderungskündigung bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern auf Grund der damit verbundenen Geltung des Kündigungsschutzgesetzes davon abhängig, dass bestimmte Gründe vorliegen, die die Änderungskündigung rechtfertigen, also z. B. ein personenbedingter, verhaltensbedingter oder – dies wird bei einer Änderungskündigung in der Regel der maßgebliche Kündigungsgrund sein – betriebsbedingter Grund. Anders als bei der Billigkeitsprüfung im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts wird der Arbeitgeber mit einer Änderungskündigung nur durchdringen, wenn er dringende betriebliche Erfordernisse geltend machen kann und eine Sozialauswahl getroffen hat. Damit ist eine organisatorische Maßnahme des Arbeitgebers sehr viel schwerer durchzusetzen, wenn sie mithilfe einer Änderungskündigung durchgesetzt werden muss anstatt mithilfe des Direktionsrechts.

So vielfältig wie das Arbeitsleben, so vielfältig sind auch die Fallgestaltungen, bei denen arbeitsrechtliche Maßnahmen zu treffen sind und entschieden werden muss, ob dies nun auf der Grundlage des Direktionsrechts möglich ist oder ggfs. eine Änderungskündigung erforderlich wird. Der Gesetzgeber hat daher die rechtliche Ausdifferenzierung der Rechtsprechung überlassen, damit die spezifischen Belange im Einzelfall berücksichtigt werden können.


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Ein Beispiel: Die Umsetzung des MR-Spezialisten

Am Beispiel des angestellten MR-Spezialisten lässt sich das Regelungsgefüge verdeutlichen.

Heißt es im Arbeitsvertrag mit dem angestellten MR-Spezialisten lediglich, dieser sei als Facharzt für Radiologie (oder diagnostische Radiologie oder radiologische Diagnostik) angestellt, so verweist der Arbeitsvertrag auf das ärztliche Weiterbildungsrecht. Gegenstand des Arbeitsvertrages ist damit der gesamte Inhalt des Gebietes Radiologie, wie dieses in der ärztlichen Weiterbildungsordnung definiert wird:

„Das Gebiet Radiologie umfasst die Erkennung von Krankheiten mit Hilfe ionisierender Strahlen, kernphysikalischer und sonographischer Verfahren sowie die Anwendung interventioneller, minimal-invasiver radiologischer Verfahren in der Erwachsenen-, Kinder- und Neuroradiologie sowie die Belange des Strahlenschutzes.“

Aus diesem Verweis im Arbeitsvertrag auf die ärztliche Weiterbildungsordnung folgt das (Direktions-)Recht des Arbeitgebers, den MR-Spezialisten mit allen Tätigkeiten zu betrauen, die Inhalt des Gebiets Radiologie sind. Die Anweisung, den MR-Spezialisten in der Röntgenabteilung einzusetzen, unterfällt also grundsätzlich dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer kann geltend machen, die Weisung des Arbeitgebers, ihn in der Röntgenabteilung einzusetzen, sei unbillig, z. B. weil es einen anderen Facharzt für Radiologie im Unternehmen gebe, der an seiner Stelle diese Aufgabe wahrnehmen könne. Es ist unwahrscheinlich, dass der Arbeitnehmer mit diesem Einwand bei einer gerichtlichen Überprüfung durchdringt, es ist gerade Kern des Organisationsrechts des Arbeitgebers zu entscheiden, welchen Arbeitnehmer eher für geeignet hält, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen.

Anders wäre die Rechtslage dann, wenn im Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt wäre, dass der Arbeitnehmer als Facharzt für Radiologie, und zwar speziell als MR-Spezialist in der MR-Abteilung angestellt sein soll. In diesem Fall ist der Inhalt des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitsvertrag bereits konkretisiert. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ist entsprechend eingeschränkt. Daher kann der Arbeitgeber den MR-Spezialisten nicht kraft seines Direktionsrechts in der Röntgenabteilung einsetzen. Der Arbeitgeber muss mit dem MR-Spezialisten eine Änderung des Arbeitsvertrages herbeiführen oder – sollte eine einvernehmliche Regelung nicht möglich sein – eine Änderungskündigung aussprechen.

Wie frei der Arbeitgeber also beim Einsatz eines angestellten Radiologen ist, entscheidet sich bereits bei der Abfassung des Anstellungsvertrages. Je enger das Aufgabengebiet des Arbeitnehmers gefasst ist, umso schwieriger wird es, dem Arbeitnehmer andere Aufgaben zuzuweisen.


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Ein Fall aus der Rechtsprechung

Das Arbeitsgericht Hameln hatte am 20.11.1998 unter dem Aktenzeichen 3 Ca 156/98 über folgende Regelung in einem Arbeitsvertrag mit einer im Krankenhaus angestellten Radiologin (im Arbeitsvertrag als Oberarzt bezeichnet) zu entscheiden:

„Dem Oberarzt obliegt die Führung und fachliche Leitung der Kernspintomographie. Daneben kann der Oberarzt zur allgemeinen radiologischen Tätigkeit herangezogen werden, soweit die primäre Tätigkeit hierdurch nicht beeinträchtigt wird.“

Die Radiologin war zunächst im Bereich der Kernspintomographie tätig, sie verfügte über eine Privatliquidationserlaubnis für die Kernspintomographie. Diese widerrief der Arbeitgeber und ordnete die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der konventionellen radiologischen Diagnostik an. Das Arbeitsgericht Hameln hat folgende Rechtsauffassung vertreten:

Mit der Tätigkeitsbeschreibung im Anstellungsvertrag hätten die Parteien die Position der Klägerin als Oberärztin für den Bereich Kernspintomographie in der Abteilung Radiologie zusätzlich unterstrichen und mit dem Hinweis auf den grundsätzlichen Vorrang der damit verbundenen Tätigkeiten zugleich auch klargestellt, dass die Klägerin erst in zweiter Linie zu allgemeinen radiologischen Tätigkeiten herangezogen werden könne. In ihrem Interesse an einer vertragsgerechten Verwendung im Bereich Kernspintomographie sei die Klägerin rechtlich geschützt und brauche es nicht hinzunehmen, dass die Beklagte ihr im Zusammenhang mit der Niederlassung des bisherigen Chefarztes in der Abteilung Radiologie am Krankenhaus Tätigkeiten aus dessen früherem Zuständigkeitsbereich zuweise, die schon aufgrund ihres zeitlichen Umfangs auf eine Beeinträchtigung ihrer primären Tätigkeit im Bereich Kernspintomographie hinausliefen.


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Auswirkungen auf dem angestellten Radiologen übertragene Sonderaufgaben

Den Ausführungen des Arbeitsgerichts Hameln lassen sich noch weitere Schlussfolgerungen entnehmen:

Vereinbart der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer, dass dieser in einem spezialisierten Bereich tätig wird, behält sich aber in einem untergewichteten Umfang die Zuweisung von anderen Tätigkeiten vor, so kommt es für die Ausübung des Direktionsrechts darauf an, inwieweit die Zuweisung dieser anderen Tätigkeiten in den Kernbereich der vertraglich vereinbarten Haupttätigkeit eingreift.

Hieraus folgt, dass solche Zusatztätigkeiten oder Sonderaufgaben, die dem Arbeitnehmer neben seiner Haupttätigkeit zugewiesen werden, im Wege des Direktionsrechts des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer entzogen werden können, ohne dass der Arbeitgeber hierfür eine Änderungskündigung gegenüber dem Arbeitnehmer aussprechen müsste. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Einkünfte aus der Zusatztätigkeit im Verhältnis zu den Einkünften aus der Haupttätigkeit nicht wesentlich ins Gewicht fallen.


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Strahlenschutzbeauftragter und befundender Arzt im Mammografie Screening

Für die Ausübung des Direktionsrechts im Zusammenhang mit der Sonderaufgabe als Strahlenschutzbeauftragter folgt dies schon aus dem Arbeitsvertrag, wenn dieser die Anstellung als Facharzt im Gebiet Radiologie regelt. Damit verweist der Arbeitsvertrag auf alle Inhalte des Gebiets Radiologie, zu der auch die Belange des Strahlenschutzes gehören.

Auch von der Zusatztätigkeit als befundender Arzt im Mammografie Screening kann der Arbeitnehmer mit Hilfe des Direktionsrechts abberufen werden, weil diese Zusatztätigkeit gegenüber der Haupttätigkeit nicht wesentlich ins Gewicht fallen wird.

Allerdings sollte der Arbeitgeber in der Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer über die Übertragung derartiger Sonderaufgaben und Zusatztätigkeiten die Bedingungen der Abberufung des Arbeitnehmers (z. B. Frist, Schriftform, Zustellungserfordernisse) ausdrücklich regeln.


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Ärztlicher Leiter im MVZ

Die Tätigkeit als ärztlicher Leiter ist nicht Bestandteil der Haupttätigkeit als Facharzt für Radiologie in einem MVZ, sondern setzt vielmehr die Ausübung dieser Haupttätigkeit gemäß § 95 Abs. 1 SGB V voraus. Eine Beendigung des Anstellungsverhältnisses führt damit kraft Gesetzes auch zu einer Beendigung der Tätigkeit als ärztlicher Leiter des MVZ. Hieraus könnte man schließen, dass der Ärztliche Leiter von seiner Funktion durch den Arbeitgeber mit Hilfe des Direktionsrechts abberufen werden kann.

Allerdings spricht hiergegen die Regelung in § 95 Abs. 1 Satz 3 SGB V:

„Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei.“

Damit wollte der Gesetzgeber die sich aus dem ärztlichen Berufsrecht ergebende Therapie- und Weisungsfreiheit des ärztlichen Leiters ausdrücklich gewährleisten. Nur ein ärztlicher Leiter, der in die Versorgungs- und Organisationsstrukturen eingebunden ist, habe tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Abläufe im MVZ und könne sicherstellen, dass ärztliche Entscheidungen unabhängig von sachfremden Erwägungen getroffen würden.

Offensichtlich wollte der Gesetzgeber die Rechtsstellung des Ärztlichen Leiters gegenüber dem Arbeitgeber im MVZ stärken, damit der Ärztliche Leiter auch in der Lage ist, die medizinischen Belange gegenüber dem Arbeitgeber mit Nachdruck vertreten zu können. Dieser Gedanke spricht gegen eine Abberufung des Ärztlichen Leiters mit Hilfe des Direktionsrechts mit der Folge, dass es einer Änderungskündigung bedarf, soll der Ärztliche Leiter von seiner Aufgabe entbunden werden.


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Programmverantwortlicher Arzt im Mammografie Screening

Für die Position des Programmverantwortlichen Arztes im Mammografie Screening dürfte die Rechtslage ähnlich zu beurteilen sein, wie für die Tätigkeit des MR-Spezialisten. Die Tätigkeit des Programmverantwortlichen Arztes, soweit diese durch einen angestellten Radiologen ausgeübt wird, stellt für den Programmverantwortlichen Arzt angesichts der durch die Anl. 9.2 zum Bundesmantelvertrag Ärzte dem Programmverantwortlichen Arzt übertragenen Aufgaben einen Kernbereich seiner ärztlichen Tätigkeit dar. Eine Abberufung des Programmverantwortlichen Arztes wird daher in aller Regel nur mithilfe einer Änderungskündigung oder im Einvernehmen mit dem Programmverantwortlichen Arzt erfolgen können.

Für einen stellvertretenden angestellten Programmverantwortlichen Arzt hängt die Frage, ob der Arbeitgeber im Wege des Direktionsrechts den stellvertretenden Programmverantwortlichen Arzt abberufen kann, letztlich davon ab, in welchem Umfang der Programmverantwortliche Arzt noch seiner weiteren radiologischen Tätigkeit nachgehen kann. Der Umstand, dass der stellvertretende Programmverantwortliche Arzt nur eine stellvertretende Funktion hat, gibt allerdings einen Hinweis darauf, dass seine radiologische Tätigkeit im Vordergrund steht und damit eine Abberufung auf der Grundlage des Direktionsrechts des Arbeitgebers möglich ist. Allerdings wird es hierbei auf die Umstände des Einzelfalls ankommen, insbesondere den Umfang der verbleibenden radiologischen Tätigkeit des stellvertretenden Programmverantwortlichen Arztes und der ihm verbleibenden Vergütung.


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Fazit

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers in der radiologischen Praxis gilt nicht unbegrenzt; je konkreter die Aufgabenzuweisung im Rahmen des Anstellungsvertrages ist, umso eher ist der Arbeitnehmer gegen eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege der Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber geschützt.

Ferner kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere, inwieweit die Änderung des Inhalts der Arbeitsbedingungen in den Kernbereich der vertraglich vereinbarten Haupttätigkeit eingreift und welche Auswirkungen dieser Eingriff auf die Vergütung des Arbeitnehmers hat.

Bei Ausübung des Direktionsrechts darf der Arbeitgeber nicht willkürlich handeln; er muss Billigkeitsgesichtspunkte berücksichtigen, im Vordergrund steht aber das Recht des Arbeitgebers, das Unternehmen nach seinen Vorstellungen zu organisieren.

Abweichungen vom Arbeitsvertrag, die dazu führen sollen, dass der Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit als die vertraglich vereinbarte ausübt, sind nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer oder aufgrund einer Änderungskündigung möglich. Eine erfolgreiche Änderungskündigung setzt dringende betriebliche Erfordernisse und eine Sozialauswahl durch den Arbeitgeber voraus.

Dr. Horst Bonvie
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht

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Publication History

Article published online:
26 August 2022

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