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DOI: 10.1055/a-1904-6546
Vaginale Geburt am Termin – Teil 1. Leitlinie der DGGG, OEGGG und SGGG (S3-Level, AWMF-Registernummer 015/083, Dezember 2020)
Article in several languages: English | deutsch- Zusammenfassung
- I Leitlinieninformationen
- II Leitlinienverwendung
- III Methodik
- IV Leitlinie
- 4 Schmerzmanagement
- References/Literatur
Zusammenfassung
Ziel Das Ziel der vorliegenden Leitlinie ist die Zusammenfassung des aktuellen Wissens über die vaginale Geburt am Termin mit dem Fokus auf Definition der physiologischen Geburtsphasen mit Abgrenzung pathologischer Entwicklungen und Zustände sowie einer Einschätzung der Notwendigkeit oder auch Vermeidung einer Intervention. In diesem 1. Teil werden Empfehlungen und Statements zur Aufklärung und Beratung, der allgemeinen Betreuung, dem Monitoring, dem Schmerzmanagement und zur Qualitätssicherung von vaginalen Geburten präsentiert.
Methoden Die deutschen Empfehlungen geben inhaltlich überwiegend die Empfehlungen der National-Institute-for-Health-and-Care-Excellence-(NICE-)Leitlinie CG 190 „Intrapartum care for healthy women and babies“ wieder. In Einzelfällen wurden für die Erstellung der vorliegenden Leitlinien auch andere internationale Leitlinien verwendet. Darüber hinaus erfolgte, sofern für notwendig erachtet, eine systematische Literaturrecherche und -bewertung anhand von PICO-Fragen und die Berücksichtigung weiterer systematischer Reviews oder Einzelstudien. Zur Bewertung der Qualität zusätzlich berücksichtigter Studien wurden die Bewertungsinstrumente des Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN) zur leichteren Verständlichkeit angewendet. Ansonsten wurden in der NICE-Leitlinie sowie den Evidenzberichten des IQWiG das GRADE-System zur Bewertung der Qualität der Evidenz verwendet.
Empfehlungen Die Formulierung von Empfehlungen und Statements erfolgte auf Basis identifizierter Evidenzen und/oder durch eine strukturierte Konsensfindung.
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I Leitlinieninformationen
Leitlinienprogramm der DGGG, OEGGG und SGGG
Informationen hierzu finden Sie am Ende der Leitlinie.
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Zitierweise
Vaginal Birth at Term – Part 1. Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG (S3-Level, AWMF Registry No. 015/083, December 2020). Geburtsh Frauenheilk 2022; 82: 1143–1193
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Leitliniendokumente
Die vollständige deutsche Langfassung und eine DIA-Version dieser Leitlinien sowie eine Aufstellung der Interessenkonflikte aller Autoren befinden sich auf der Homepage der AWMF: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-083.html
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Leitliniengruppe
Autor |
AWMF-Fachgesellschaft |
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Prof. Dr. Michael Abou-Dakn (ab Feb. 2017, Koordinator, DGGG) |
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Joseph Krankenhaus Berlin-Tempelhof, Wüsthoffstraße 15, 12101 Berlin |
Prof.in Dr.in Rainhild Schäfers (Koordinatorin, DGHWi) |
Hochschule für Gesundheit, Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Gesundheitscampus 6 – 8, 44801 Bochum |
Autor*in Mandatsträger*in |
DGGG-Arbeitsgemeinschaft (AG)/ |
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Prof. Dr. Michael Abou-Dakn |
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. |
Kirsten Asmushen, M. Sc. |
Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e. V. |
Dr.in Susanne Bässler-Weber |
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. |
Dr.in Ulrike Boes |
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. |
Andrea Bosch |
Deutscher Hebammenverband e. V. |
Prof. Dr. David Ehm |
Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe |
Univ. Prof. Dr. Thorsten Fischer |
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe |
Prof.in Dr.in Monika Greening |
Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V. |
Dr.in Katharina Hartmann |
Mother Hood e. V. |
PD Dr. Günther Heller |
Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen |
Claudia Kapp |
Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V. |
Prof. Dr. Constantin von Kaisenberg |
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. |
Beate Kayer, Mag.a (FH) |
Österreichisches Hebammengremium |
Prof. Dr. Sven Kehl |
Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin e. V. |
Univ. Prof. Dr. Peter Kranke, MBA |
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. |
Dr. Burkhard Lawrenz |
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. |
Dr.in Christine Loytved |
Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V. |
Dr. Wolf Lütje |
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde e. V. |
Elke Mattern, M. Sc. |
Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V. |
Renate Nielsen |
Deutscher Hebammenverband e. V. |
Prof. Dr. Frank Reister |
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. |
Prof.in Dr.in Rainhild Schäfers |
Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V. |
Prof. Dr. Rolf Schlösser |
Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin e. V. |
Prof.in Dr.in Christiane Schwarz |
Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V. |
Prof. Dr. Volker Stephan |
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. |
Barbara Stocker Kalberer, Hebamme M. Sc. |
Schweizerischer Hebammenverband |
Dr. Axel Valet |
Berufsverband der Frauenärzte e. V. |
Prof. Dr. Manuel Wenk |
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. |
Die Moderation der Leitlinie wurde dankenswerterweise von Frau Dr. med. Monika Nothacker (AWMF) übernommen.
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Verwendete Abkürzungen
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II Leitlinienverwendung
Fragestellung und Ziele
Bei einem Viertel der Geburten in Deutschland werden Wehenmittel verabreicht und nahezu ein Drittel der Kinder in Deutschland werden per Kaiserschnitt geboren. Mehr als die Hälfte aller Kaiserschnittgeburten haben ihre Indikation in Geburtsstillstand oder Auffälligkeiten in der fetalen Überwachung ohne signifikanten Einfluss auf eine Reduktion der perinatalen Morbidität oder Mortalität. Gleichzeitig mehren sich die Hinweise, dass sowohl die Rate der Wehenmittelgaben als auch die Rate der Kaiserschnittgeburten mit maternaler und neonataler Morbidität korrelieren.
Das Ziel der vorliegenden Leitlinie ist die Zusammenfassung des aktuellen Wissens über die vaginale Geburt am Termin mit dem Fokus auf Definition der physiologischen und Abgrenzung der pathologischen Geburtsphasen sowie einer Einschätzung der Notwendigkeit oder auch Vermeidung einer Intervention. Dieses Wissen bietet den in die Betreuung einer Gebärenden involvierten Akteur*innen eine angemessene Orientierung für ihr berufliches Handeln und ermöglicht zugleich Frauen eine der Situation angepasste, selbstbestimmte Geburt.
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Versorgungsbereich
Fokussiert wird im Wesentlichen der Geburtsprozess, der alle Phasen der Geburt einschließlich der Nachgeburtsphase inkludiert.
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Anwenderzielgruppe/Adressaten
Die Leitlinie richtet sich vor allem an Hebammen, Gynäkolog*innen/Geburtshelfer*innen, Kinder- und Jugendärzt*innen/Neonatolog*innen und Anästhesist*innen.
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Verabschiedung und Gültigkeitsdauer
Die Gültigkeit dieser Leitlinie wurde durch die Vorstände/Verantwortlichen der beteiligten medizinischen Fachgesellschaften, Arbeitsgemeinschaften, Organisationen und Vereine sowie durch den Vorstand der DGGG, SGGG, OEGGG sowie der DGGG/OEGGG/SGGG-Leitlinienkommission im [12/2020] bestätigt und damit in ihrem gesamten Inhalt genehmigt. Diese Leitlinie besitzt eine Gültigkeitsdauer vom 22.12.2020 bis 21.12.2025. Diese Dauer ist aufgrund der inhaltlichen Zusammenhänge geschätzt. Bei dringendem Bedarf kann eine Leitlinie früher aktualisiert werden, bei weiterhin aktuellem Wissensstand kann ebenso die Dauer verlängert werden.
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III Methodik
Grundlagen
Die Methodik zur Erstellung dieser Leitlinie wird durch die Vergabe der Stufenklassifikation vorgegeben. Das AWMF-Regelwerk (Version 1.0) gibt entsprechende Regelungen vor. Es wird zwischen der niedrigsten Stufe (S1), der mittleren Stufe (S2) und der höchsten Stufe (S3) unterschieden. Die niedrigste Klasse definiert sich durch eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen, erstellt durch eine nicht repräsentative Expertengruppe. Im Jahr 2004 wurde die Stufe S2 in die systematische evidenzrecherchebasierte (S2e) oder strukturelle konsensbasierte Unterstufe (S2k) gegliedert. In der höchsten Stufe S3 vereinigen sich beide Verfahren.
Diese Leitlinie entspricht der Stufe: S3
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Evidenzbeurteilung nach SIGN
Zur Beurteilung der Evidenz (Level 1 – 4) von zusätzlich ausgewählten Primärstudien wurde in dieser Leitlinie das Klassifikationssystem des Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN) in der letzten aktuellen Version aus dem Jahr 2011 benutzt ([Tab. 3]).
Level |
Beschreibung |
---|---|
Quelle: http://www.sign.ac.uk/pdf/sign50.pdf Quelle (Inhalt, Abkürzungen, Notes): http://www.cebm.net/?o=1025 |
|
1++ |
Qualitativ hochwertige Metaanalysen, systematische Übersichten von RCTs oder RCTs mit sehr geringem Risiko systematischer Fehler (Bias). |
1+ |
Gut durchgeführte Metaanalysen, systematische Übersichten oder RCTs mit geringem Risiko systematischer Fehler (Bias). |
1− |
Metaanalysen, systematische Übersichten oder RCTs mit hohem Risiko systematischer Fehler (Bias). |
2++ |
Qualitativ hochwertige systematische Übersichten von Fallkontroll- oder Kohortenstudien oder qualitativ hochwertige Fallkontroll- oder Kohortenstudien mit sehr geringem Risiko systematischer Fehler (Bias) oder Verzerrung (Confounding) und hoher Wahrscheinlichkeit, dass die Beziehung ursächlich ist. |
2+ |
Gut durchgeführte Fallkontrollstudien oder Kohortenstudien mit geringem Risiko systematischer Fehler (Bias) oder Verzerrung (Confounding) und moderater Wahrscheinlichkeit, dass die Beziehung ursächlich ist. |
2− |
Fallkontrollstudien oder Kohortenstudien mit hohem Risiko systematischer Fehler (Bias) oder Verzerrung (Confounding) und signifikantem Risiko, dass die Beziehung nicht ursächlich ist. |
3 |
Nicht analytische Studien, z. B. Fallberichte, Fallserien. |
4 |
Expertenmeinung |
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Empfehlungsgraduierung
Die reine Evidenzgraduierung einer Leitlinie auf S3-Niveau anhand eines Evidenzbewertungssystems lässt einen leitlinientypischen Empfehlungsgrad zu. Dieser symbolische Empfehlungsgrad unterscheidet sich in 3 Abstufungen mit jeweils unterschiedlichen Stärken der sprachlichen Ausdrucksweise. Diese derzeit allgemein angewandte Graduierung wird außer von der AWMF auch von der Bundesärztekammer und ihren Nationalen Versorgungsleitlinien (NVL) benützt. Die gewählte Formulierung des Empfehlungsgrades sollte im Hintergrundtext erläutert werden.
Der Terminus Graduierung steht in diesem Kontext als Ausdruck der Sicherheit der Nutzen-Schaden-Abwägung, nicht als Ausdruck von Verbindlichkeit. Leitlinien haben Empfehlungscharakter. Es werden die einzelnen Statements und Empfehlungen sprachlich und symbolisch unterschieden ([Tab. 4]).
Symbolik |
Beschreibung der Verbindlichkeit |
Ausdruck |
---|---|---|
A |
starke Empfehlung |
soll/soll nicht |
B |
einfache Empfehlung |
sollte/ |
0 |
offene Empfehlung mit geringer Verbindlichkeit |
kann/ |
Die oben aufgeführte Einteilung von „Empfehlungen“ entspricht neben der Bewertung der Evidenz auch der klinischen Relevanz der zugrunde liegenden Studien und ihren nicht in der Graduierung der Evidenz aufgeführten Faktoren, wie die Wahl des Patientenkollektivs, Intention-to-treat- oder Outcome-Analysen, ärztliches bzw. ethisches Handeln gegenüber dem Patienten, länderspezifische Anwendbarkeit usw. Demgegenüber kann eine starke, mäßige bzw. schwache Evidenzstärke entsprechend zu einer starken, einfachen bzw. offenen Empfehlung führen. Nur bei einer mittleren Evidenzstärke ist eine Höher- und Herabstufung in eine Grad-A- oder Grad-0-Empfehlung möglich. In besonderen Ausnahmefällen muss eine Graduierung der höchsten Evidenz zu einer schwächeren/offenen Empfehlung oder umgekehrt im Hintergrundtext begründet werden.
-
Starke Evidenzstärke → Grad-A- oder Grad-B-Empfehlung
-
Mäßige Evidenzstärke → Grad-A- oder Grad-B- oder Grad-0-Empfehlung
-
Schwache Evidenzstärke → Grad-B- oder Grad-0-Empfehlung
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Statements
Sollten fachliche Aussagen nicht als Handlungsempfehlungen, sondern als einfache Darlegung Bestandteil dieser Leitlinie sein, werden diese als „Statements“ bezeichnet. Bei diesen Statements ist die Angabe von Evidenzgraden nicht möglich.
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Konsensusfindung und Konsensusstärke
Im Rahmen einer strukturierten Konsenskonferenz nach dem NIH-Typ (S2k/S3-Niveau) stimmen die berechtigten Teilnehmer der Sitzung die ausformulierten Statements und Empfehlungen ab. Der Ablauf war wie folgt: Vorstellung der Empfehlung, inhaltliche Nachfragen, Vorbringen von Änderungsvorschlägen, Abstimmung aller Änderungsvorschläge. Bei Nichterreichen eines Konsensus (> 75% der Stimmen), Diskussion und erneute Abstimmung. Abschließend wird abhängig von der Anzahl der Teilnehmer die Stärke des Konsensus ermittelt ([Tab. 5]).
Symbolik |
Konsensusstärke |
prozentuale Übereinstimmung |
---|---|---|
+++ |
starker Konsens |
Zustimmung von > 95% der Teilnehmer |
++ |
Konsens |
Zustimmung von > 75 – 95% der Teilnehmer |
+ |
mehrheitliche Zustimmung |
Zustimmung von > 50 – 75% der Teilnehmer |
– |
kein Konsens |
Zustimmung von < 51% der Teilnehmer |
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Expertenkonsens
Wie der Name bereits ausdrückt, sind hier Konsensusentscheidungen speziell für Empfehlungen/Statements ohne vorige systemische Literaturrecherche (S2k) oder aufgrund von fehlenden Evidenzen (S2e/S3) gemeint. Der zu benutzende Expertenkonsens (EK) ist gleichbedeutend mit den Begrifflichkeiten aus anderen Leitlinien wie „Good Clinical Practice“ (GCP) oder „klinischer Konsensuspunkt“ (KKP). Die Empfehlungsstärke graduiert sich gleichermaßen wie bereits im Kapitel Empfehlungsgraduierung beschrieben ohne die Benutzung der aufgezeigten Symbolik, sondern rein semantisch („soll“/„soll nicht“ bzw. „sollte“/„sollte nicht“ oder „kann“/„kann nicht“).
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IV Leitlinie
1 Aufklärung und Beratung
Dieses Kapitel gibt Empfehlungen zur Beratung der gesunden Frau in der Schwangerschaft, um sie bei ihrer individuellen Entscheidungsfindung zu unterstützen. In besonderen Situationen sind die entsprechenden thematischen Leitlinien zu berücksichtigen (z. B. Kaiserschnitt, Beckenendlage [BEL], Zwillinge, Frühgeburt, Gestationsdiabetes [GDM] etc.).
3.1 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Frauen sollen über die Möglichkeit unterschiedlicher Geburtsorte informiert sein. |
LoE 4 |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies, Empfehlung 1.1.2 [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16], [17], [18], [19], [20], [21], [22], [23], [24], [25], [26], [27], [28], [29], [30], [31], [32], [33] |
Konsensstärke: 80% |
Im Jahre 2017 wurden rechnerisch 98,7% der Neugeborenen in Deutschland in einem Krankenhaus geboren und 1,28% außerklinisch [34], jedoch fehlt eine Gesamtstatistik. In Österreich fanden im selben Zeitraum 1,3% aller Geburten zu Hause oder im Entbindungsheim [35] und in der Schweiz rund 2,6% aller Geburten zu Hause oder im Geburtshaus [36] statt.
Empfehlung 3.1. adaptiert die Empfehlung 1.1.2 der NICE-Leitlinie CG 190 (die Zusammenfassung der zugrunde liegenden Studien siehe unten) und berücksichtigt die Schritte 1, 4, 6, 7, 8 und 9 der International Childbirth Initiative sowie die im § 134a SGB V formulierte und in § 24f Satz 2 SGB V in Deutschand geregelten Wahlfreiheit jeder Schwangeren bezüglich des Geburtsortes und entspricht den verschiedenen möglichen Geburtsorten (Krankenhaus, Geburtshaus und Hausgeburt) in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
3.2 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Frauen sollen grundsätzlich über die unterschiedlichen Möglichkeiten der erreichbaren geburtshilflichen Settings informiert werden, z. B. Zugang zu einer Eins-zu-eins-Betreuung durch eine Hebamme, Zugang zu ärztlicher Betreuung, Zugang zu unterschiedlichen schmerzlindernden Maßnahmen und pharmakologischen Schmerzmitteln, Möglichkeiten der vaginalen Geburt bei Zustand nach Sectio caesarea, BEL und Zwillingen und weitere Aspekte. |
LoE 4 |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies, Empfehlung 1.1.7 [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16], [17], [18], [19], [20], [21], [22], [23], [24], [25], [26], [27], [28], [29], [30], [31], [32] |
Konsensstärke: 100% |
3.3 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn mit einer Frau der Geburtsort besprochen wird, sollen persönliche Sichtweisen und Urteile bezüglich ihrer Wahl vermieden werden zugunsten objektiver Beratung. |
LoE 4 |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies, Empfehlung 1.1.9 [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16], [17], [18], [19], [20], [21], [22], [23], [24], [25], [26], [27], [28], [29], [30], [31], [32] |
Konsensstärke: 100% |
3.4 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Alle Gesundheitsfachpersonen sollen jederzeit dafür sorgen, dass Frauen eine individuelle und respektvolle Betreuung erhalten, dass sie mit Wertschätzung und Achtung behandelt werden und dass sie selbst informiert entscheiden können. |
LoE 4 |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies, Empfehlung 1.14 [5], [17], [25], [29], [37], [38], [39], [40], [41], [42], [43], [44], [45], [46], [47], [48], [49] |
Konsensstärke: 100% |
Die Empfehlung 3.4 basiert auf der NICE-Empfehlung 1.14, deren Review Question die Frage nach den von den Frauen gemachten Erfahrungen an unterschiedlichen klinischen und außerklinischen Geburtsorten stellt. „Individuelle Betreuung“ bedeutet nicht, dass das Betreuungspersonal verpflichtet ist, jedem Wunsch der Frau (oder ihrer Begleitpersonen) nachzukommen.
3.5 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Schwangeren sollen frühzeitig evidenzbasierte Information und Unterstützung angeboten werden, die sie befähigen, eine informierte Wahl hinsichtlich der Geburt zu treffen. Die Sichtweisen und Bedenken von Frauen sollen als integraler Bestandteil des Beratungs- und Entscheidungsprozesses anerkannt werden. |
LoE 4 |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 132 Caesarean section, Empfehlung 1.1.1.1 [50], [51], [52], [53], [54], [55], [56], [57] |
Konsensstärke: 93,3% |
3.6 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Kommunikation und Information sollen in einer Form zur Verfügung gestellt werden, die für medizinische Laien verständlich ist und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Frauen, welche ethnischen Minderheiten (Unterscheidungsmerkmale: Sprache, Kultur und Religion) angehören, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, oder die nicht lesen können, sowie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Frauen mit Behinderungen oder Lernschwierigkeiten. |
LoE 4 |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 132 Caesarean section, Empfehlung 1.1.1.3 [50], [51], [52], [53], [54], [55], [56], [57] |
Konsensstärke: 100% |
Die Empfehlungen 3.5 und 3.6 und die folgende Hintergrundinformation wurden aus Gründen der Kohärenz aus dem Kapitel Aufklärung und Beratung der S3-Leitlinie Sectio AWMF-Registernummer 015 – 084 [58] übernommen (dort Empfehlungen 3.1.1 und 3.1.3), welche ihrerseits weitestgehend den Empfehlungen der NICE-Leitlinie CG 132 Caesarean Section [59] folgen.
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2 Allgemeine Betreuung
Die Betreuung während der Geburt umfasst alle in [Abb. 1] gelisteten Phasen. Angaben zur Dauer der Eröffnungsphase basieren auf dem Geburtsbeginn, der in diesem Zusammenhang mit dem Beginn regelmäßiger, schmerzhafter und progressiver Wehentätigkeit assoziiert ist.
2.1 Informierte Entscheidungsfindung und selbstbestimmtes Gebären
Mit dem Anspruch, Frauen und ihren Familien eine selbstbestimmte Geburt zu ermöglichen und gleichzeitig rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, ist für Hebammen und Ärzt*innen die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Ausmaß der Einbeziehung der Frau in Entscheidungen zwingend erforderlich [60], [61], [62], [63], [64]. Im geburtshilflichen Kontext haben partizipative Entscheidungsfindungsprozesse Auswirkungen auf die Reduzierung von Entscheidungskonflikten und Angst während der Schwangerschaft [62], auf die Zufriedenheit mit dem Geburtserleben sowie auf die Sicherheit bei der Wahl des Geburtsmodus [65].
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2.2 Kontinuierliche Betreuung und Unterstützung
Eine Eins-zu-eins-Betreuung durch die Hebamme wird im Zuge der vorliegenden Leitlinie wie folgt definiert [66], [67]:
-
Geburtshilfliche, nicht medizinische Betreuungsmaßnahmen sowie emotionale Unterstützung und Bereitstellung von Informationen und Fürsprache für die Frau während der aktiven Eröffnungs- und Austreibungsphase durch ein und dieselbe Hebamme unter Berücksichtigung bestehender Arbeitszeitmodelle. Die Betreuung durch ein und dieselbe Hebamme soll entsprechend den Bedürfnissen der Frau so kontinuierlich wie möglich erfolgen.
Diese Definition entspricht im Wesentlichen der von Bohren et al. 2017 [68], [69].
4.1 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Frauen sollten ab der aktiven Eröffnungsphase unter der Geburt eine Eins-zu-eins-Betreuung durch eine Hebamme erhalten. |
LoE 2+ |
|
Konsensstärke: 100% |
4.2 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Frauen sollen in der aktiven Austrittsphase nicht vom geburtshilflichen Personal allein gelassen werden. |
Expert*innenkonsens und Berücksichtigung von [69] |
|
Konsensstärke: 100% |
4.3 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Frauen sollte es ermöglicht werden, von einer Begleitperson/Begleitpersonen ihrer Wahl während der Geburt unterstützt zu werden. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies, Empfehlung 22 [73] |
Konsensstärke: 100% |
|
[69] |
Es kann davon ausgegangen werden, dass mit einer Eins-zu-eins-Betreuung den Bedürfnissen von Frauen nach einer kontinuierlichen Betreuung entsprochen wird und eine Eins-zu-eins-Betreuung zudem das Fehlerpotenzial, das sich aus einem suboptimalen Schnittstellenmanagement ergeben kann, reduziert. Die vorhandenen Evidenzen werden als erste Hinweise auf eine interventionsarme Geburt bedingt durch eine Eins-zu-eins-Betreuung gewertet [73].
2.2.1 Verfügbarkeit von Gynäkolog*innen/ärztlichen Geburtshelfer*innen, Pädiater*innen und Anästhesist*innen über 24 Stunden
Es bleibt absolut unstrittig, dass in Risikosituationen Frauen und Kinder von der kurzfristigen Verfügbarkeit einer Fachärztin/eines Facharztes für Gynäkologie und Geburtshilfe, Pädiatrie oder auch Anästhesie profitieren. Es fehlen hierzu jedoch entsprechende Studien, sodass auch im IQWiG-Bericht 635 Evidenzbericht zur Anwesenheit und Verfügbarkeit des geburtshilflichen Fachpersonals [69] aufgrund der schwachen Evidenzlage keine Aussage getroffen werden konnte. Es besteht kein Zweifel, dass im Risikofall die Anwesenheit ärztlichen Personals unabkömmlich ist. Die Evidenzlage zur Notwendigkeit einer 24-Stunden-Verfügbarkeit von ärztlichen Geburtshelfer*innen, Pädiater*innen und Anästhesist*innen in Zusammenhang mit einer vaginalen Geburt am Termin und den festgelegten Endpunkten ist entsprechend dem IQWiG-Evidenzbericht (siehe Leitlinienreport) rudimentär, sodass keine Empfehlungen basierend auf externen Evidenzen ausgesprochen werden können.
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2.2.2 Erfahrung und Expertise der ärztlichen Geburtshelfer*innen (Ärzt*innen, Fachärzt*innen, Assistent*innen) und Hebammen
In die Bewertung wurden Studien eingeschlossen, die verschiedene Ausprägungen von Erfahrung und Expertise der ärztlichen Geburtshelfer*innen (Ärzt*innen, Fachärzt*innen, Assistent*innen) und Hebammen in Krankenhäusern als Prüf- und Vergleichsinterventionen miteinander vergleichen [74], [75], [75], [76], [77], [78], [79], [80], [81], [82].
Auch wenn Effekte hinsichtlich einer Teamweiterbildung zu erwarten sind, so ist die ermittelte Evidenzlage unzureichend. Zudem sind Weiterbildungsmaßnahmen sehr vielfältig und komplex, was den wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit erschwert. Es können hinsichtlich der Weiterbildungsmaßnahmen und evtl. Mindestfallzahlen vor diesem Hintergrund jedoch keine Empfehlungen ausgesprochen werden [76], [77], [78], [79], [80], [81], [82].
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2.3 Umgebungsgestaltung
Unterschiedliche Interventionsraten je nach Geburtsort [3], [83] legen die Vermutung nahe, dass die Gestaltung der Umgebung, explizit des Gebärraumes, eine mögliche Einflussgröße auf Interventionsraten sein kann [84], [85].
Insgesamt ist von einer unzureichenden Evidenzlage zur Frage, ob eine Modifizierung des Gebärraumes im klinischen Setting die Rate an interventionsarmen Geburten erhöhen und zu einem positiven maternalen und fetalen/neonatalen Outcome beitragen kann, auszugehen. Generell gilt, dass alle physiologischen Prozesse bei einer Geburt besser gefördert werden können, wenn für eine Umgebung von Geborgenheit und Sicherheit gesorgt ist [86], [87].
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2.4 Essen und Trinken unter der Geburt
4.4 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Frauen dürfen unter der Geburt trinken. Isotonische Getränke sind gegenüber Wasser zu bevorzugen. Den Gebärenden sollte mitgeteilt werden, dass das Trinken isotonischer Getränke unter der Geburt eine Übersäuerung des Blutes verhindert und keine zusätzliche Magenfüllung verursacht. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 27, Kapitel 4.4.4 [94], [95], [96], [97], [98], [99] und NICE-Leitlinie CG 132 Caesarean section [59], Empfehlung 51, Kapitel 6.5 [88], [94], [95], [96], [100], [101], [102], [103], [104], [105], [106], [107] sowie Abgleich und Einbezug aktueller Literatur nach Update-Recherche [108], [109] |
Konsensstärke: 79% |
|
4.5 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Frauen dürfen unter der Geburt leichte Kost zu sich nehmen. Sie sollten keine Opioide erhalten haben und keine Risikofaktoren für eine Vollnarkose entwickeln. Den Gebärenden sollte mitgeteilt werden, dass durch eine faserarme Kost, z. B. Weißbrot, Knäckebrot oder fettarmen Käse, die Magenfüllung stärker zunimmt. Jedoch ist unklar, ob dadurch ein Risiko für Aspiration (Einatmen von Nahrungsbestandteilen in die Lunge) bei einer im Geburtsverlauf notwendigen Vollnarkose besteht. Leichte Kost unter der Geburt hat keinen positiven oder negativen Einfluss auf die Ergebnisse der Geburt bezüglich Mutter und Kind. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 28, Kapitel 4.4.4 [94], [95], [96], [97], [98] und NICE-Leitlinie CG 132 Caesarean section [59] Empfehlung 50, Kapitel 6.5 [88], [94], [95], [96], [100], [101], [102], [103], [104], [105], [106], [107] sowie Abgleich und Einbezug aktueller Literatur nach Update-Recherche [108], [109] |
Konsensstärke: 77% |
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3 Monitoring
Der Vorstand der OEGGG trägt das gesamte Kapitel 5 „Monitoring“ für Österreich nicht mit. Siehe hierzu auch die entsprechenden Ausführungen im Leitlinienreport.
Zwei wichtige Aspekte kommen in diesem Kontext zum Tragen: Zunächst gilt „primum nil nocere“ („erstens nicht schaden“) – Interventionen sollen nur in Abstimmung mit der Frau und unter der Bedingung erfolgen, dass mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit mehr Nutzen als potenzieller Schaden damit erzielt wird. Alle möglichen Vor- und Nachteile müssen mit der Frau angemessen kommuniziert werden. Der 2. Aspekt ist die Einhaltung aller Standards, um die bestmögliche Sicherheit für die Frau zu gewährleisten. Dazu gehört neben regelmäßigen Teamtrainings und interdisziplinären Fallbesprechungen insbesondere ein ausreichender Personalschlüssel, der eine Eins-zu-eins-Betreuung ermöglicht.
3.1 Auskultation der fetalen Herztöne
Der Personalschlüssel muss gewährleisten, dass Best-Practice-Empfehlungen umgesetzt werden können. So gilt beispielsweise für die intrapartale Beurteilung des fetalen Befindens, dass bei Niedrig-Risiko-Geburten (Low-Risk-Geburten) die strukturierte intermittierende Auskultation mehr Vorteile bietet als eine CTG-Überwachung.
Als Voraussetzung dafür muss jedoch Folgendes sichergestellt sein:
-
Eine-zu-eins-Betreuung ab der aktiven Eröffnungsphase (Muttermundöffnung circa 4 – 6 cm oder Kreißsaal-Aufnahme),
-
entsprechende Kompetenzen des geburtshilflichen Personals und
-
eine sorgfältige, lückenlose Dokumentation der Herztöne sowie weiterer relevanter geburtshilflicher Befunde.
Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, sollte eine CTG-Überwachung erfolgen.
5.1 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die fetale Herzfrequenz soll bei Aufnahme zur Geburt und bei jeder weiteren Beurteilung des Zustands von Mutter und Kind auskultiert werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.4.6 |
Konsensstärke: 100% |
5.2 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die fetale Herzfrequenz soll auskultatorisch über mindestens 1 Minute nach einer Kontraktion beurteilt und als ein Wert dokumentiert werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.4.6 |
Konsensstärke: 100% |
5.3 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Der mütterliche Puls soll bei der Auskultation der fetalen Herzfrequenz palpiert werden, um sicher zwischen kindlicher und mütterlicher Herzfrequenz unterscheiden zu können. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.4.6 |
Konsensstärke: 100% |
5.4 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Werden Akzelerationen und Dezelerationen gehört, sollen diese dokumentiert werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.4.6 |
Konsensstärke: 100% |
5.5 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die intermittierende Auskultation der fetalen Herzfrequenz soll Niedrig-Rrisiko-Schwangeren in der aktiven Eröffnungsphase angeboten werden. |
B |
Hierzu sollte ein Pinard-Stethoskop oder eine Doppler-Sonografie verwendet werden. Die intermittierende Auskultation sollte alle 15 bis 30 Minuten erfolgen. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.2 |
Konsensstärke: 100% |
5.6 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bei ansteigender Baseline der fetalen Herzfrequenz oder bei Verdacht auf Dezelerationen soll unter anderem
Wenn der Baseline-Anstieg oder die Dezelerationen sich bestätigen, soll
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.3 |
Konsensstärke: 100% |
Bei der Anwendung der intermittierenden Auskultation sollten mögliche Risiken für die Geburt ausgeschlossen sein. Wann und wie lange eine Auskultation durchgeführt werden soll, ist nicht evidenzbasiert. In den Studien, die in der NICE-Leitlinie CG 190 als Entscheidungsgrundlage für die Empfehlung zugrunde gelegt wurden, wurde die Auskultation wie folgt durchgeführt:
-
während und unmittelbar nach einer Kontraktion für mindestens 1 Minute [171]
-
für mindestens 1 Minute nach einer Kontraktion alle 15 Minuten in der Eröffnungsphase und alle 5 Minuten in der Austrittsphase [172]
-
während und unmittelbar nach mindestens einer Kontraktion für eine unspezifische Zeitdauer [173].
Es soll eine standardisierte Dokumentation für relevante intrapartale Ereignisse (siehe Empfehlung 5.8) erfolgen.
#
3.2 Kardiotokografie (CTG)
5.7 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine genaue Dokumentation der CTG-Aufzeichnung setzt voraus, dass das Datum und die Uhrzeit am CTG-Gerät korrekt eingestellt sind. Zudem soll der CTG-Streifen mit den Daten der Schwangeren (Name und Geburtsdatum) und der mütterlichen Herzfrequenz zu Beginn der Aufzeichnung versehen werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.56 |
Konsensstärke: 100% |
5.8 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Es soll eine standardisierte Dokumentation für relevante intrapartale Ereignisse (z. B. vaginale Untersuchungen oder Fetalblutanalyse) erfolgen. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.57 |
Konsensstärke: 100% |
Es gibt keine allgemeingültigen Vorgaben, wie eine Dokumentation unter der Geburt aussehen soll. Hierfür können beispielsweise klinikinterne Standards vorgegeben sein. Das Ziel der Dokumentation sollte die Nachvollziehbarkeit des Geburtsverlaufes sein.
3.2.1 Indikationen zur CTG-Überwachung
5.9 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Bei Aufnahme einer Niedrig-Risiko-Schwangeren sollte die CTG-Aufzeichnung nicht bei Verdacht auf Geburtsbeginn durchgeführt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.1 |
Konsensstärke: 100% |
Im Gegensatz zu früheren Empfehlungen, dass zum primären Ausschluss einer Gefährdung des Fetus und zum Nachweis von Kontraktionen ein 30-minütiges Aufnahme-CTG für sinnvoll gehalten wurde, wird dies in der aktuellen NICE-Leitlinie CG 190 aufgrund der fehlenden Evidenz nicht empfohlen.
5.10 |
Empfehlung |
---|---|
* Dies bedeutet nicht, dass keine Überwachung erforderlich ist. Anstelle der CTG-Überwachung soll eine Überwachung der kindlichen Herztöne mittels Auskultation (siehe Abschnitt 5.1.) erfolgen. Hierfür gelten die unter Abschnitt 3.1 genannten Voraussetzungen. Wenn diese nicht gewährleistet werden können (z. B. eine Eins-zu-eins-Betreuung), ist eine sichere Überwachung mittels Auskultation nicht möglich und eine CTG-Überwachung indiziert. |
|
GR B |
Auf eine CTG-Aufzeichnung sollte bei einer Niedrig-Risiko-Schwangeren in der aktiven Eröffnungsphase verzichtet werden.* |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.1 |
Konsensstärke: 88% |
5.11 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine CTG-Aufzeichnung soll empfohlen werden, wenn bei der intermittierenden Auskultation der fetalen Herzfrequenz Auffälligkeiten festgestellt werden. |
0 |
Wenn das CTG-Muster unauffällig ist, kann das CTG nach 20 Minuten wieder entfernt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.3 und 1.10.8 |
Konsensstärke: 100% |
#
3.2.2 Indikationen zur kontinuierlichen CTG-Überwachung
5.12 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine kontinuierliche CTG-Ableitung soll im Niedrig-Risiko-Kollektiv erfolgen, wenn einer der folgenden Risikofaktoren während der Geburt auftritt/vorliegt:
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.4 |
Konsensstärke: 100% |
5.13 |
Statement |
---|---|
Eine CTG-Überwachung bei leicht grünem Fruchtwasser ist nicht indiziert, wenn keine weiteren Risikofaktoren vorliegen. |
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.5 |
Konsensstärke: 87% |
5.14 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die CTG-Ableitung mittels Telemetrie soll allen Frauen mit kontinuierlicher Ableitung angeboten werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.9 |
Konsensstärke: 100% |
Wie unter 5.1 dargestellt ist die intermittierende Auskultation auf Niedrig-Risiko-Schwangerschaften und Niedrig-Risiko-Geburten begrenzt. Die Leitlinien-Gruppe stimmt mit den Autor*innen der NICE-Leitlinie CG 190 überein, dass insgesamt gesehen die potenziellen Vorteile einer kontinuierlichen CTG-Überwachung wahrscheinlich die Risiken und Einschränkungen überwiegen und dass die Verwendung der kontinuierlichen CTG-Ableitung bei erhöhten Geburtsrisiken empfohlen werden sollte, da es keine effektivere Alternative gibt.
#
3.2.3 Indikationen für weitere Überwachungsmethoden
5.15 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bei unklarer Ableitung der fetalen Herzfrequenz sollen additive Maßnahmen wie z. B. eine sonografische Kontrolle erfolgen. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.4.11 |
Konsensstärke: 100% |
Bei einer außerklinischen Geburt sollte diese sonografische Kontrolle schnellstmöglich initiiert werden.
#
3.2.4 Generelle Maßnahmen bei der CTG-Überwachung
5.16 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bei einer kontinuierlichen CTG-Überwachung soll die mütterliche und kindliche Herzfrequenz unterscheidbar sein und mindestens stündlich dokumentiert werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.11 |
Konsensstärke: 100% |
#
3.2.5 CTG-Beurteilung
5.17 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die Interpretation der CTG-Muster soll standardgemäß erfolgen und dokumentiert werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.10 |
Konsensstärke: 100% |
5.18 |
Statement |
---|---|
Zur standardgemäßen Interpretation des CTG-Musters gehören die Beurteilung und Dokumentation der Baseline der fetalen Herzfrequenz, der Oszillation und das Vorliegen oder Fehlen von Akzelerationen und Dezelerationen. |
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.12 |
Konsensstärke: 100% |
5.19 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Zur Interpretation der CTG-Muster soll der FIGO-Score ([Tab. 6]) verwendet werden. |
Konsensstärke: 100% |
normal |
suspekt |
pathologisch |
|
---|---|---|---|
* Dezelerationen gelten als repetitiv, wenn sie mit > 50% der Kontraktionen auftreten. Das Fehlen von Akzelerationen während der Geburt ist von unklarer Bedeutung. |
|||
Baseline |
110 – 160 SpM |
Es fehlt ein normales Merkmal, es liegt aber kein pathologisches Merkmal vor. |
< 100 SpM |
Oszillation |
5 – 25 SpM |
eingeschränkte oder erhöhte Oszillation, sinusoidales Muster |
|
Dezelerationen |
keine repetitiven* Dezelerationen |
repetitive späte oder prolongierte Dezelerationen > 30 Minuten (bei reduzierter Oszillation > 20 Minuten), prolongierte Dezeleration > 5 Minuten |
|
Interpretation |
keine Hypoxie/Azidose |
Hypoxie/Azidose unwahrscheinlich |
hohes Risiko für Hypoxie/Azidose |
klinisches Management |
keine Intervention erforderlich |
konservative Maßnahmen: Korrektur reversibler Ursachen, engmaschige Überwachung, weitere Diagnostik |
konservative und/oder invasive Maßnahmen: sofortige Korrektur reversibler Ursachen, weitere Diagnostik oder (falls nicht möglich) rasche Entbindung |
5.20 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die Beurteilung der Oszillation der fetalen Herzfrequenz soll berücksichtigen:
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.17 und 1.10.18 |
Konsensstärke: 100% |
5.21 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Dezelerationen der fetalen Herzfrequenz sollten spezifiziert werden mit der Angabe
|
A |
Dezelerationen sollen als „frühe“, „variable“ oder „späte“ bezeichnet werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlungen 1.10.19, 10.10.20 und 1.10.21 |
Konsensstärke: 100% |
Die Interpretation des CTG-Musters soll standardgemäß erfolgen und dokumentiert werden. Viele der publizierten CTG-Scores haben ihre Limitationen und wurden beispielsweise nur für die antenatale Situation evaluiert. Für die Interpretation des CTG-Musters soll der international übliche FIGO-Score ([Tab. 6]) verwendet werden. Im Vergleich zu anderen auch in Deutschland üblichen Scores findet die Akzeleration keine wesentliche Berücksichtigung mehr (NICE-Leitlinie CG 190 [67]).
5.22 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die Beurteilung des mütterlichen und kindlichen Zustands (inklusive der Dokumentation des CTG-Musters) soll stündlich erfolgen, bei Auffälligkeiten noch häufiger. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.10 |
Konsensstärke: 100% |
5.23 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Es sollen keine Entscheidungen während der Geburt allein auf Grundlage des CTGs getroffen werden. Konsequenzen aus der Interpretation eines CTGs sollen unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren erfolgen. Zu diesen Faktoren gehören unter anderem
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.13 |
Konsensstärke: 100% |
5.24 |
Statement |
---|---|
Die Wahrscheinlichkeit einer fetalen Azidämie ist niedrig, wenn die Baseline der fetalen Herzfrequenz und die Oszillation normal sind. |
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.10 |
Konsensstärke: 93% |
Die Bewertung des CTG-Musters erfolgt als normal, suspekt oder pathologisch ([Tab. 6]). Generell gilt, dass keine Entscheidungen während der Geburt allein auf Grundlage des CTGs getroffen werden sollen. Beeinflussende Faktoren (z. B. mütterliche und/oder kindliche) sollen bei der Bewertung berücksichtigt werden (NICE-Leitlinie CG 190 [67]).
Bei einem normalen CTG-Muster kann davon ausgegangen werden, dass kein Risiko für eine Hypoxie und/oder Azidose vorliegt und daher auch nicht interveniert werden muss.
Bei einem suspekten CTG-Muster ist eine Hypoxie/Azidose unwahrscheinlich, weshalb konservative Maßnahmen, d. h. eine Korrektur reversibler Ursachen, eine engmaschige Überwachung und eine weitere Diagnostik, angezeigt sind. Hierzu gehören beispielsweise eine Flüssigkeitszufuhr, die Kontrolle mütterlicher Vitalparameter und gegebenenfalls das Informieren einer weiteren Hebamme und/oder der zuständigen Ärztin/des zuständigen Arztes (siehe 3.2.11).
Bei einem pathologischen CTG-Muster liegt ein hohes Risiko für eine Hypoxie/Azidose vor, weshalb konservative und/oder invasive Maßnahmen angezeigt sind. Irreversible Ursachen (z. B. Nabelschnurvorfall, Plazentalösung, Uterusruptur) sollen umgehend ausgeschlossen werden. Reversible Ursachen sollen sofort korrigiert und/oder eine weitere Diagnostik (z. B. Fetalblutanalyse) erfolgen. Wenn eine invasive Abklärung mittels Fetalblutanalyse nicht möglich ist, kann auch die rasche operative Geburtsbeendigung erforderlich sein.
Alle Maßnahmen sollen dabei unter Einbezug der Gebärenden erfolgen.
#
3.2.6 Handlungsempfehlungen bei fetaler Tachykardie
5.25 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn die Baseline der fetalen Herzfrequenz zwischen 161 – 180 SpM ist und weitere CTG-Auffälligkeiten fehlen, soll(en)
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.16 |
Konsensstärke: 100% |
5.26 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn die Baseline der fetalen Herzfrequenz zwischen 161 – 180 SpM ist, weitere CTG-Auffälligkeiten fehlen und die maternale Temperatur und Herzfrequenz normal sind, soll die CTG-Ableitung und normale Betreuung fortgesetzt werden, da das Risiko für eine fetale Azidose niedrig ist. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.15 |
Konsensstärke: 100% |
5.27 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn die Baseline der fetalen Herzfrequenz über 180 SpM ist und keine pathologischen CTG-Merkmale vorliegen, soll(en)
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.15 |
Konsensstärke: 100% |
Die fetale Herzfrequenz ist kein gutes Surrogat für Hypoxie und Azidose, da sie von einer Reihe anderer Faktoren beeinflusst wird und bei einigen Arten von Hypoxie unbeeinflusst bleiben kann (NICE-Leitlinie CG 190 [67]).
Studien fanden eine Assoziation von schlechtem neonatalen/kindlichen Outcome mit einer fetalen Herzfrequenz von > 160 SpM. Auch wenn die Evidenz nur sehr schwach ist, wurde eine fetale Herzfrequenz von 160 SpM als obere Grenze festgelegt (NICE-Leitlinie CG 190). Aus empirischer Betrachtung erachtete die NICE-Leitliniengruppe eine fetale Herzfrequenz von > 180 SpM als risikobehafteter für eine fetale Hypoxie/Azidose, weshalb dies als weitere Grenze angesehen wurde. Hieraus entwickelten sich 2 Kategorien fetaler Tachykardie: 161 – 180 SpM und > 180 SpM.
Unabhängig davon zeigte sich bezüglich neonataler Morbidität und Mortalität in den untersuchten Studien nur eine geringe Assoziation von fetaler Tachykardie und schlechtem neonatalen Outcome (NICE-Leitlinie CG 190 [67]).
#
3.2.7 Handlungsempfehlungen bei fetaler Bradykardie
5.28 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Eine Baseline der fetalen Herzfrequenz zwischen 100 – 109 SpM gilt als suspekt, sollte aber bei normaler Oszillation und ohne variable oder späte Dezelerationen keine unmittelbaren Interventionen nach sich ziehen. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.15 und 1.10.16 |
Konsensstärke: 100% |
5.29 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn die Baseline der fetalen Herzfrequenz zwischen 100 – 109 SpM oder über 160 SpM ist sowie ein weiteres suspektes Merkmal im CTG vorliegt, sollen Maßnahmen ergriffen werden, die zur Normalisierung des CTG-Musters führen. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlungen 1.4.4, 1.10.15 und 1.10.16 mit Abweichung aufgrund EK |
Konsensstärke: 88% |
5.30 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine Baseline der fetalen Herzfrequenz zwischen 90 – 99 SpM gilt als pathologisch, könnte jedoch bei normaler Oszillation (eine Verwechslung mit der mütterlichen Herzfrequenz liegt nicht vor) eine normale Variation darstellen. Ein*e erfahrene*r Ärztin/Arzt soll hinzugezogen werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.15 und 1.10.16 |
Konsensstärke: 100% |
5.31 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn eine prolongierte Dezeleration mit einer fetalen Herzfrequenz unter 100 SpM für mindestens 3 Minuten vorliegt, soll(en)
|
LoE |
Leitlinienmodifikation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.29 mit Abweichung aufgrund EK |
Konsensstärke: 94% |
Es gibt eine eingeschränkte Evidenz, dass eine fetale Herzfrequenz von unter 110 SpM mit unerwünschtem fetalen/neonatalen Outcome assoziiert ist. Die Datenlage ist besser bei einer fetalen Herzfrequenz < 100 SpM, wobei die meisten Untersuchungen eine Frequenz von unter 90 SpM bewerteten. Dies war die Grundlage für die Festsetzung dieser Grenzwerte (NICE-Leitlinie CG 190 [67]). Aus empirischem Blickwinkel können auch fetale Herzfrequenzen von 90 – 99 SpM mit normaler Oszillation und fehlenden Dezelerationen bei einigen Schwangerschaften normal sein.
Der negative und positive Vorhersagewert einer fetalen Bradykardie hinsichtlich eines schlechten neonatalen Outcomes sind nur mäßig gut (mäßige/hohe Spezifität, niedrige Sensitivität) (NICE-Leitlinie CG 190). Lediglich bei einer mäßigen bis schweren Bradykardie sub partu gibt es eine gewisse Assoziation mit einem schlechten neonatalen Outcome.
#
3.2.8 Handlungsempfehlungen bei abnormer Oszillation
5.32 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn eine eingeschränkte Oszillation von < 5 SpM bei normaler Baseline der fetalen Herzfrequenz und fehlenden variablen oder späten Dezelerationen vorliegt, soll(en)
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.17 und 1.10.18 |
Konsensstärke: 94% |
5.33 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn eine eingeschränkte Oszillation von < 5 SpM über 40 Minuten vorliegt sowie ein oder mehrere suspekte Zeichen wie Tachykardie (Baseline > 160 SpM), eine Baseline < 100 SpM oder variable oder späte Dezelerationen, soll(en):
Bei anhaltend auffälligen Befunden ist die zeitnahe Geburtsbeendigung anzustreben. |
LoE |
Leitlinienmodifikation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlungen 1.10.17, 1.10.18 und 1.10.19 mit Abweichung aufgrund EK |
Konsensstärke: 100% |
#
3.2.9 Handlungsempfehlungen bei Dezelerationen [110]
5.34 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Folgende Punkte sollen berücksichtigt werden, wenn Dezelerationen der fetalen Herzfrequenz beurteilt werden:
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlungen 1.10.19, 1.10.20 und 1.10.24 |
Konsensstärke: 100% |
5.35 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Variable Dezelerationen, die gleichzeitig mit einer Kontraktion auftreten,
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.23 |
Konsensstärke: 92% |
5.36 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Konservative Maßnahmen sollen erfolgen, wenn variable Dezelerationen bei einer normalen fetalen Herzfrequenz und Oszillation vorliegen und
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.32 und 1.10.34 |
Konsensstärke: 100% |
5.37 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine Fetalblutanalyse zur Messung des pH oder Laktats soll angeboten werden, wenn variable Dezelerationen
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.42 |
Konsensstärke: 100% |
5.38 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn späte Dezelerationen vorliegen, soll(en)
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlungen 1.10.21, 1.10.30, 1.10.31, 1.10.40 – 55 |
Konsensstärke: 100% |
5.39 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Es soll berücksichtigt werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer fetalen Azidose steigt, je länger, später und tiefer die einzelnen Dezelerationen auftreten, insbesondere, wenn diese mit einer Tachykardie und/oder eingeschränkten und/oder erhöhten Variabilität einhergehen. Maßnahmen sollen auch schon bei < 30 Minuten ergriffen werden, wenn Sorge um das kindliche Wohlergehen besteht. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.32 und 1.10.34 |
Konsensstärke: 92% |
#
3.2.10 Handlungsempfehlungen bei (fehlenden) Akzelerationen
5.40 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bei der Beurteilung von Akzelerationen der fetalen Herzfrequenz soll berücksichtigt, werden, dass
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.26 |
Konsensstärke: 100% |
#
3.2.11 Konservative Maßnahmen bei suspektem/
pathologischem CTG-Muster
5.41 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bei suspektem CTG-Muster sollen mögliche Ursachen evaluiert und eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen ergriffen werden:
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.34 und 1.10.35 |
Konsensstärke: 100% |
5.42 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Es soll keine mütterliche Sauerstoffapplikation zur intrauterinen Reanimation verabreicht werden, da diese dem Kind schaden könnte. Eine Sauerstoffapplikation kann jedoch aufgrund mütterlicher Indikationen wie einer Hypoxie oder zur Präoxygenierung vor anästhesiologischen Eingriffen verabreicht werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.36 |
Konsensstärke: 100% |
#
#
3.3 Fetalblutanalyse (FBA)
5.43 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn eine Stimulation des fetalen Skalps zu einem Anstieg der fetalen Herzfrequenz führt, kann dies als günstiges Zeichen gewertet werden; dies soll in der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.38 |
Konsensstärke: 92% |
5.44 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die Reaktion/Veränderung der fetalen Herzfrequenz auf eine fetale Skalp-Stimulation während einer vaginalen Untersuchung soll in der Beurteilung des fetalen Zustandes berücksichtigt werden, wenn eine Fetalblutanalyse nicht erfolgreich oder kontraindiziert ist. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.39 |
Konsensstärke: 100% |
5.45 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn eine Fetalblutanalyse angeboten wird, soll der Frau erläutert werden,
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.44 |
Konsensstärke: 94% |
5.46 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine Fetalblutanalyse soll nicht durchgeführt werden, wenn Kontraindikationen (z. B. Risiko für eine maternofetale Transmission von Infektionen oder fetale Blutungsstörungen) vorliegen. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.40 |
Konsensstärke: 93% |
5.47 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Wenn eine Fetalblutanalyse indiziert ist, die Blutprobe nicht gewonnen werden kann, aber die fetale Skalp-Stimulation zu einer Verbesserung des fetalen Herzfrequenzmusters führt, sollte in Rücksprache mit der Gebärenden entschieden werden, ob die Geburt fortgesetzt oder die Geburtsbeendigung aufgrund der Umstände angestrebt wird. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.54 |
Konsensstärke: 100% |
5.48 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Wenn eine Fetalblutanalyse indiziert ist, die Blutprobe aber nicht gewonnen werden kann und sich das CTG-Muster nicht bessert, sollte der Gebärenden die Geburtsbeendigung empfohlen werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.55 |
Konsensstärke: 93% |
3.3.1 Beurteilung der Fetalblutprobe und Handlungsempfehlungen
5.49 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bei einer Fetalblutanalyse soll entweder das Laktat oder der pH-Wert gemessen werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.47 |
Konsensstärke: 94% |
5.50 |
Empfehlung |
||
---|---|---|---|
GR A |
Das Ergebnis der Fetalblutprobe soll mittels folgender Klassifikation bewertet werden: |
||
Laktat (mmol/l) |
pH |
Beurteilung |
|
≤ 4,1 |
≥ 7,25 |
normal |
|
4,2 – 4,8 |
7,21 – 7,24 |
grenzwertig |
|
≥ 4,9 |
≤ 7,20 |
pathologisch |
|
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.48 |
||
Konsensstärke: 88% |
5.51 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bei der Beurteilung der Fetalblutprobe sollen vorherige pH-/Laktat-Messungen, der Geburtsverlauf und klinische maternale und fetale Befunde berücksichtigt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.49 |
Konsensstärke: 93% |
5.52 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn eine Fetalblutprobe normal ist, sollte eine erneute Fetalblutanalyse bei weiterhin auffälligem CTG-Muster nach spätestens 1 Stunde empfohlen werden, ggf. bei zusätzlichen Pathologien noch früher. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.52 |
Konsensstärke: 88% |
5.53 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn eine Fetalblutprobe grenzwertig ist, soll eine erneute Fetalblutanalyse bei weiterhin auffälligem CTG-Muster nach spätestens 30 Minuten erfolgen, ggf. bei zusätzlichen Pathologien noch früher. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 1.10.51 |
Konsensstärke: 94% |
5.54 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Die Zeit, die für die Durchführung einer Fetalblutanalyse benötigt wird, sollte bei der Planung der erneuten Durchführung berücksichtigt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [1] |
Konsensstärke: 92% |
5.55 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Wenn das CTG-Muster nach einer erneuten Fetalblutanalyse unverändert ist und die Fetalblutprobe unveränderte Ergebnisse (Laktat-/pH-Wert) zeigt, sollten weitere Fetalblutanalysen aufgeschoben werden, bis weitere Pathologien auftreten. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [1] |
Konsensstärke: 88% |
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3.4 Weitere Verfahren
3.4.1 Computerisierte CTG-Auswertung
5.56 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Die Interpretation von CTG-Aufzeichnungen mithilfe von computergestützten Systemen sollte aktuell nicht routinemäßig eingesetzt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [1] |
Konsensstärke: 100% |
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3.4.2 ST-Strecken-Analyse (STAN)
5.57 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Die Analyse des fetalen Elektrokardiogramms (EKG) mittels Kopfschwartenelektrode oder abdominaler EKG-Ableitung sollte aktuell nicht routinemäßig eingesetzt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [1] |
Konsensstärke: 100% |
#
3.4.3 Pulsoxymetrie
5.58 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Die intrapartale fetale Sauerstoffsättigung sollte aktuell nicht routinemäßig eingesetzt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [1] |
Konsensstärke: 100% |
#
#
3.5 Ultraschall im Kreißsaal
3.5.1 Intrapartaler Ultraschall zur Erkennung von SGA
5.59 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Eine intrapartale Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von SGA-Kindern sollte nicht durchgeführt werden. |
LoE |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67] |
Konsensstärke: 100% |
Im Gegensatz zu einer Ultraschalluntersuchung in der Schwangerschaft, die zur Planung des Geburtsmodus ihren Nutzen haben kann, wird die intrapartale sonografische Gewichtsmessung zur Erkennung von SGA-Kindern nicht empfohlen, da sie keinen Einfluss auf den Geburtsmodus, Apgar-Wert oder die Azidoserate hat.
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3.5.2 Intrapartaler Ultraschall zur Früherkennung von LGA
5.60 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Eine intrapartale Ultraschalluntersuchung bei Verdacht auf Makrosomie sollte nicht durchgeführt werden. |
LoE |
[111] |
Konsensstärke: 100% |
Die intrapartale Ultraschalluntersuchung bei Verdacht auf fetale Makrosomie hat keinen Einfluss auf den Geburtsmodus, die Dammrissrate oder den mütterlichen Blutverlust. Die Testgüte des Ultraschalls zur Schätzung des kindlichen Gewichts und/oder zum Erkennen von Wachstumsauffälligkeiten bzw. Plazentapathologien konnte nicht bewertet werden, da keine systematischen Übersichten hierzu eingeschlossen werden konnten.
#
3.5.3 Intrapartaler Ultraschall: fehlender Geburtsfortschritt, vaginal-operative Geburt
5.61 |
Empfehlung |
---|---|
GR 0 |
Es kann die transperineale Messung des „angle of progression“ (AoP) (Winkel des Geburtsfortschrittes) oder die „head-perineum distance“ (HPD) (Kopf-Damm-Abstand) und die transabdominale Beurteilung des Hinterhaupts erfolgen. Die zuverlässigsten sonografischen Parameter zur Vorhersage einer erfolgreichen vaginal-operativen Geburt sind der AoP und die HPD. Es kann die transabdominale Beurteilung des Hinterhauptes sowie die transperineale Bestimmung des Höhenstandes durchgeführt werden. Es kann die Rotation des Köpfchens, gemessen am „midline angle“ und/oder die „head direction“ bestimmt werden, um die Erfolgswahrscheinlichkeit einer vaginal-operativen Geburt vorherzusagen. |
LoE |
[112] |
Konsensstärke: 100% |
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4 Schmerzmanagement
Frauen erleben Geburtsschmerzen höchst unterschiedlich. Wichtige Einflussgrößen auf die Zufriedenheit mit dem Geburtserlebnis sind der Geburtsschmerz, das Kontrollgefühl, das Selbstwirksamkeitsgefühl, die soziale Unterstützung und die eigene Erwartungen an die Geburt [113], [114], [115], [116], [117]. Effektive Formen der Schmerzlinderung lösen nicht notwendigerweise eine größere Zufriedenheit mit dem Geburtserlebnis aus [118], [119].
4.1 Umgang mit Schmerz während der Geburt
4.1.1 Einstellung zu Schmerz und Schmerzmanagement während der Geburt
6.1 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Angehörige der Gesundheitsberufe sollten sich ihrer eigenen Haltung gegenüber dem Geburtsschmerz bewusst sein und ihre Betreuung darauf ausrichten, die Frau in ihren Entscheidungen zu unterstützen. |
LoE 1 |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 65 [120], [121], [122], [123] |
Konsensstärke: 94,4% |
#
4.1.2 Strategien zur Schmerzbewältigung während der Geburt (Entspannungstechniken, Massage und Entspannungsbad)
6.2 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine Frau, die Atem- und Entspannungstechniken zur Bewältigung der Wehen einsetzen möchte, soll in ihrer Entscheidung unterstützt werden. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 66 [124] |
Konsensstärke: 94,4% |
6.3 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Eine Frau, die sich nach erlernten Massagetechniken von ihrer Geburtsbegleitung massieren lassen möchte, soll in ihrer Entscheidung unterstützt werden. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 67 [125], [126] |
Konsensstärke: 88,2% |
6.4 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Der Frau soll die Möglichkeit angeboten werden, die Wehen zur Schmerzerleichterung im Wasser zu verarbeiten. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 68 [127] |
Konsensstärke: 88,2% |
6.5 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Wenn eine Frau sich während der Wehen im Wasser aufhält, sollte ihre Körpertemperatur und die Wassertemperatur stündlich kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass sie sich wohlfühlt und nicht zu stark erhitzt ist. Die Wassertemperatur sollte 37,5° nicht übersteigen. |
LoE IV |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 69 [127] |
Konsensstärke: 100% |
6.6 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Bade- und Gebärwannen sollen so gereinigt werden, wie es mit der örtlichen Hygieneabteilung abgestimmt ist. Bei Gebärwannen sollen zusätzlich die Angaben des Herstellers beachtet werden. |
LoE IV |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 70 [127] |
Konsensstärke: 93,7% |
6.7 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Gebärende sollen darin unterstützt werden, die Musik ihrer Wahl abzuspielen. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 73 [124] |
Konsensstärke: 81,3% |
#
#
4.2 Nichtpharmakologische Interventionen zur Schmerzlinderung und Entspannung während der Geburt [124], [125], [127] – [130]
Neben der Unterstützung in der Bewältigung der Geburtsarbeit, wie Zuspruch oder Bewegungen, werden Frauen eine Reihe physikalischer und komplementärmedizinischer Schmerztherapien angeboten. Ziel hierbei ist nicht das Ausschalten des Schmerzes, sondern eine Schmerzlinderung.
6.8 |
Empfehlung |
---|---|
GR 0 |
Für Akupunktur, Akupressur, Hypnose, Aromatherapie und Yoga sind keine nachteiligen Wirkungen beschrieben. Den Wünschen der Frau, die diese Methoden anwenden möchte, kann entsprochen werden. Eine entsprechende Ausbildung des Anwenders/der Anwenderin soll gegeben sein. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67], Empfehlung 72 [124], [131], [132], [133], [134], [135], [136], [137] |
Konsensstärke: 87,5% |
6.9 |
Empfehlung |
---|---|
GR 0 |
Empfehlungen zur Verwendung von homöopathischen Mitteln zur Schmerzerleichterung während der Geburt können aufgrund fehlender Evidenz nicht abgegeben werden. |
LoE 2 |
|
Konsensstärke: 86,6% |
4.2.1 Weiterer Forschungsbedarf
Die beiden Cochrane-Reviews ([140] zu TENS und [141] zu Quaddeln) beschäftigen sich mit Methoden zur Schmerzlinderung, definieren jedoch unterschiedliche Endpunkte. Wird den von Derry 2012 [141] formulierten Endpunkten in Hinblick auf die Schmerzlinderung gefolgt, so sollte es mehr RCTs zu Methoden der Schmerzbewältigung geben, die diese Einteilungen wählen.
Um eine klare Evidenz für oder gegen Homöopathie geben zu können, sollten mehr RCTs mit einer begrenzten Anzahl von Homöopathika und vergleichbaren Designs sowie Endpunkten aufgelegt werden.
Zu diskutieren ist, ob der Endpunkt „Schmerzlinderung“ ohne den Endpunkt „Zufriedenheit mit dem Geburtserlebnis“ analysiert werden sollte.
#
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4.3 Pharmakologische Maßnahmen
Das nachfolgende Kapitel bezieht sich auf das Kapitel 1.9 („Pain relief in labour: regional analgesia“) der NICE-Leitlinie CG 190. Diese trägt insbesondere den lokalen Umständen in Großbritannien Rechnung und fokussiert mitunter detailliert auf Substanzen und Applikationsmodi, die historisch bedingt einen festen Stellenwert in Großbritannien haben. Auf das deutsche Gesundheitswesen sind diese Empfehlungen nur bedingt übertragbar, weil Substanzen mitunter nicht verfügbar sind (z. B. Diamorphine = Heroin) oder vielerorts durch andere Substanzen ersetzt wurden, die nicht explizit in der NICE-Leitlinie CG 190 empfohlen sind (z. B. Meperidin statt Pethidin), bzw. historisch gesehen bislang in der Geburtshilfe aufgrund einer breiteren Verfügbarkeit von neuraxialen Verfahren (PDA, CSE) nicht den in Großbritannien wahrgenommenen Stellenwert haben (z. B. Lachgas).
4.3.1 Epiduralanästhesie
6.10 |
Statement |
---|---|
Die Epiduralanalgesie ist eine effektive Methode zur Schmerzlinderung während der Geburt und hinsichtlich der Wirksamkeit der intramuskulären oder intravenösen Opioidgabe überlegen. |
|
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67] Empfehlung 1.9.2 |
Konsensstärke: 88,9% |
6.11 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Gebärenden unter der Geburt, die einer Analgesie bedürfen oder eine Analgesie wünschen, sollte eine Epiduralanalgesie angeboten werden. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67] Empfehlung 1.9.3 |
Konsensstärke: 94,4% |
6.12 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Ein wirksames neuraxiales Verfahren der Analgesie bedingt keinesfalls die Notwendigkeit der Immobilisierung. Insofern sollen Frauen unter der Geburt dazu ermuntert werden, eine Position einzunehmen, die zu ihrem Wohlbefinden beiträgt. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67] Empfehlung 1.9.7 |
Konsensstärke: 100% |
6.13 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Es sollte eine kontinuierliche CTG-Überwachung solange erfolgen, bis keine weiteren Störungen der Hämodynamik der Frau zu erwarten sind (in der Regel für mindestens 30 Minuten). Eine routinemäßige CTG-Überwachung bei etablierter PDA ist nicht zwingend erforderlich. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67] Empfehlung 1.9.12 |
Konsensstärke: 94,1% |
6.14 |
Empfehlung |
---|---|
GR B |
Der Zeitpunkt der Anlage der Regionalanästhesie sollte von der Gebärenden bestimmt werden und kann zu jeder Zeit erfolgen. Es wird nicht empfohlen, einen definierten Geburtsfortschritt abzuwarten, da nach aktuellem Kenntnisstand der Zeitpunkt der PDK-Anlage weder einen objektiven Vor- noch einen Nachteil bezüglich des Geburtsverlaufs impliziert. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67] Empfehlung 1.9.2 |
Konsensstärke: 94,1% |
6.15 |
Empfehlung |
---|---|
EK unter Berücksichtigung [142] |
Es sollte eine Überwachung und Dokumentation der Vitalparameter bei Anlage eines neuraxialen Verfahrens bis zur vollen Wirksamkeit der initialen Wirkdosis und zum Erreichen stabiler Vitalparameter unter der Geburt stattfinden. |
Konsensstärke: 94,1% |
#
4.3.2 Distickstoffmonoxid-Sauerstoff-Gemische [143], [144], [145]
6.16 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Lachgas-Sauerstoff-Gemische (50%/50%) können zur Schmerzerleichterung unter der Geburt unter Beachtung der technischen Voraussetzungen verwendet werden. |
Expert*innenkonsens |
|
Konsensstärke: 100% |
|
[146], [147], [148], [149], [150], [151], [152], [153], [154], [155] |
#
4.3.3 Systemische Opioide
6.17 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Auch wenn die neuraxialen Analgesieverfahren als effektivste Methode der geburtshilflichen Analgesie gelten, sollten angesichts von Kontraindikationen bzw. der Unmöglichkeit der Durchführung im Einzelfall oder für Gebärende, die neuraxiale Verfahren nicht in Anspruch nehmen können/wollen, effektive Alternativen zur neuraxialen Analgesie ähnlicher Wirkstärke im Rahmen der geburtshilflichen Analgesie zur Verfügung stehen. |
Konsensstärke: 100% |
6.18 |
Empfehlung |
---|---|
GR A |
Da die analgetische Wirkung langwirksamer systemischer Opioide insgesamt als unbefriedigend bezeichnet werden muss, insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit Blick auf die atemdepressive Wirkung bei Mutter und Kind Dosislimitationen gegeben sind, sollen nichtneuraxiale Verfahren allenfalls überbrückend bzw. in Kenntnis der limitierten Effektivität durch die betroffene Gebärende zum Einsatz kommen. |
LoE 1+ |
Leitlinienadaptation: NICE-Leitlinie CG 190 Intrapartum care for healthy women and babies [67] Empfehlung 1.8.12 |
Konsensstärke: 87,5% |
6.19 |
Statement |
---|---|
Die analgetisch effektivste Alternative zu neuraxialen Verfahren stellt die Remifentanil-PCA dar. Ihre Anwendung ist jedoch an definierte personelle und technische Voraussetzungen gebunden. |
|
LoE 1+ |
[156] |
Konsensstärke: 100% |
#
#
#
5 Qualitätssicherung von vaginalen Geburten
5.1 Historie
Die Qualitätssicherung in der Geburtshilfe gilt als die Keimzelle der Qualitätssicherung im stationären Sektor in Deutschland. Beginnend mit der Münchner Perinatalstudie im Jahr 1975 [157] verbreitete sich die „Perinatalerhebung“ zügig in den alten und nach der Wiedervereinigung auch in den neuen Bundesländern. Mit der Gründung der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung im Jahr 2001 wurde, parallel zur Einführung der DRG-Abrechnung im Krankenhaus, eine bundeseinheitliche Erhebungsgrundlage für die Qualitätssicherung in der Geburtshilfe geschaffen, die seitdem zentral gepflegt und weiterentwickelt wird. Dabei hat die Qualitätssicherung von vaginalen Geburten einen hohen Anteil; so beziehen sich aktuell 5 von 8 Qualitätsindikatoren in der stationären gesetzlichen Qualitätssicherung auf vaginale Geburten [158].
Im ambulanten Sektor wurde, nach Vorlauf [159], 1999 die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e. V. (QUAG e. V.) gegründet. Sie dokumentiert die Qualität der außerklinisch betreuten Geburten deutschlandweit einheitlich. Die erfassten Items gleichen im Wesentlichen der klinischen Perinatalerhebung, zuzüglich der spezifischen Besonderheiten der außerklinischen Geburtshilfe und der Betrachtung der Übergänge zwischen ambulantem und stationärem Sektor. Grundsätzlich bestünde somit die Möglichkeit, das Outcome von Geburten im stationären und ambulanten Sektor vergleichend darzustellen. Seit dem Jahr 2015 begleitet QUAG e. V., vertraglich im Hebammenhilfevertrag [160] benannt, die externe Qualitätssicherung der außerklinischen Geburtshilfe. Die jährlichen Bundesauswertungen der im ambulanten Sektor erhobenen Daten sind über die Internetseite der QUAG e. V. (www.quag.de) frei verfügbar.
#
5.2 Entwicklung der Verteilung der Geburtsmodi
Bei Betrachtung der zeitlichen Entwicklung der stationären Geburten im vergangenen Jahrzehnt fällt auf, dass der Anteil der Kaiserschnitte bis 2011 zugenommen hatte und seit der Einführung eines risikoadjustierten Indikators zu Kaiserschnittentbindungen im Jahr 2014 wieder leicht zurückgegangen ist. Parallel dazu nahm der Anteil der Spontangeburten ab dem Jahr 2014 wieder leicht zu (60,3% auf 61,0%). Gleichzeitig stieg aber der Anteil der vaginal-operativen Geburten stetig von 6,0% im Jahr 2008 auf 6,9% im Jahr 2017 [158], [161], [162], [163].
#
5.3 Indikatorenbasierte Qualitätssicherung
5.3.1 Indikatorenbasierte Qualitätssicherung im stationären Sektor
Die Qualität wird typischerweise anhand von Qualitätsindikatoren ausgewiesen. Im Rahmen der gesetzlichen stationären Qualitätssicherung werden auf Bundesebene für vaginale Geburten aktuell folgende Indikatoren zur Qualitätsmessung und als Ausgangpunkte für Qualitätsverbesserungsprozesse genutzt [158]:
-
antenatale Kortikosteroidtherapie bei Frühgeburten mit einem präpartalen stationären Aufenthalt von mindestens 2 Kalendertagen
-
Verhältnis der beobachteten zur erwarteten Rate (O/E) an Azidosen bei reifen Einlingen mit Nabelarterien-pH-Bestimmung
-
Verhältnis der beobachteten zur erwarteten Rate (O/E) an Azidosen bei frühgeborenen Einlingen mit Nabelarterien-pH-Bestimmung
-
Anwesenheit eines/einer Pädiater*in bei Frühgeburten
-
Qualitätsindex zum kritischen Outcome bei Reifgeborenen
-
Verhältnis der beobachteten zur erwarteten Rate (O/E) an DR Grad III oder IV bei spontanen Einlingsgeburten
-
Müttersterblichkeit im Rahmen der Perinatalerhebung
Darüber hinaus kann aber auch das
-
Verhältnis der beobachteten zur erwarteten Rate (O/E) an Kaiserschnittgeburten,
also die risikoadjustierte Kaiserschnittrate, als ein Indikator dafür aufgefasst werden, dass zu wenige vaginale Geburten durchgeführt wurden.
Darüber hinaus wurden im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie zu planungsrelevanten Qualitätsindikatoren [164] u. a. die Indikatoren
-
antenatale Kortikosteroidtherapie bei Frühgeburten mit einem präpartalen stationären Aufenthalt von mindestens 2 Kalendertagen,
-
Anwesenheit eines Pädiaters bei Frühgeburten und
-
Qualitätsindex zum kritischen Outcome bei Reifgeborenen
als planungsrelevante Qualitätsindikatoren von vaginalen Geburten ausgewählt und im Verfahren gemäß der Richtlinie zu planungsrelevanten Qualitätsindikatoren anhand der Daten aus dem Jahr 2017 erstmals angewendet.
#
5.3.2 Indikatorenbasierte Qualitätssicherung im ambulanten Sektor
Derzeitiger Indikator für die Qualitätssicherung in der außerklinischen Geburtshilfe ist das Verhältnis der beobachteten zur erwarteten Rate der Verlegungen subpartal vom geplanten außerklinischen Geburtsort [160]. Peer Reviews und strukturierte Dialoge können initiiert werden, um Leistungserbringer*innen im ambulanten Sektor in ihrer Qualitätssicherung zu unterstützen.
#
#
5.4 Erste Ansätze einer einrichtungsübergreifenden, indikatorenbasierten Qualitätssicherung
Vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) wurden auf der Basis von Routinedaten stationärer Geburten im Rahmen des Projektes Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR) weitere Qualitätsindikatoren zu vaginalen Geburten in der stationären Versorgung unter Berücksichtigung von Follow-up-Ereignissen entwickelt, die über den initialen Krankenhausaufenthalt mit Geburt hinausgehen [165].
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5.5 Qualitätssicherung über Strukturanforderungen unter besonderer Berücksichtigung von Personalanforderungen
Im Rahmen der Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) werden in Deutschland Mindestanforderungen an die Versorgung von bestimmten Schwangeren und von Früh- und Reifgeborenen in nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern verbindlich geregelt. Ziel ist eine Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen unter Berücksichtigung einer allerorts zumutbaren Erreichbarkeit der Einrichtungen [166], [167], [168], [169], [170].
10.1 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Unabhängig von der jährlichen Geburtenrate sollten so viele Hebammen in der geburtshilflichen Abteilung anwesend bzw. rufbereit sein, dass zu mehr als 95% der Zeit eine Eins-zu-eins-Betreuung der Gebärenden gewährleistet ist. |
Konsensstärke: 100% |
10.2 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Leitende Hebammen sollten, angepasst an das zuvor dokumentierte Tätigkeitsfeld, von den praktischen Tätigkeiten in der geburtshilflichen Abteilung anteilig oder ganz freigestellt werden. Der Anteil der Freistellung soll in der Personalbemessung berücksichtigt werden. |
Konsensstärke: 100% |
10.3 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Hebammen, die nach Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben als Praxisanleiter*in tätig sind, sollten im Rahmen dieser Tätigkeit anteilig von den praktischen Tätigkeiten in der geburtshilflichen Abteilung freigestellt werden. Der Anteil der Freistellung soll in der Personalbemessung berücksichtigt werden. |
Konsensstärke: 100% |
10.4 |
Empfehlung |
---|---|
EK |
Hebammenschüler*innen/-student*innen sollten nicht in die Personalbemessung mit einbezogen werden. |
Konsensstärke: 100% |
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6 Anhang
6.1 Statements Konsultationsprozess
6.1.1 Statement DGGG, ÖGGG, DEGUM
Die medizinischen Fachgesellschaften der Geburtshelfer (DGGG, ÖGGG, DEGUM) vertreten die Auffassung, dass die multidisziplinäre Betreuung von Schwangeren durch Hebammen, Geburtshelfer, Pädiater und Anästhesisten im Kreißsaal unabhängig von Risikoeinstufungen dem Modell der hebammengeleiteten außerklinischen Geburtshilfe überlegen ist, da insbesondere zeitnah die gebotene fachliche Expertise und apparative Versorgung verfügbar gemacht werden können. Es können nicht alle Komplikationen im Geburtsprozess und frühen Wochenbett mit ausreichender Sicherheit vorhergesagt werden oder ihr Eintritt durch Risikokataloge ausgeschlossen werden. Eine Verlegung im Prozess der Geburt kann eine zeitnahe Intervention bei Notfällen erheblich verzögern. Es fehlen aktuell aus dem deutschsprachigen Raum vergleichbare Daten, wie sie im UK für die BirthPlace-Studie vorliegen. Die Frage der Sicherheit der außerklinischen Geburtshilfe im deutschsprachigen Raum muss daher für eine Bewertung erst durch Studien untersucht werden, an der Hebammen und Ärzte gemeinsam beteiligt sind und die auf der Grundlage einer vollständigen Berichterstattung aller Geburten und des Outcome erfolgen (auch solche, die z. B. außerklinisch begonnen wurden und in der Klinik abgeschlossen wurden).
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6.1.2 Statement ÖGGG
Sondervotum Präambel der OEGGG zur AWMF-S3-Leitlinie „Vaginale Geburt“
Die Vertreter der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe schließen sich der Aussage der deutschen Fachgesellschaften (DGGG, DEGUM, DGPM) zur Aufklärung von Schwangeren an, wenn sie an prominenter Stelle in der Leitlinie als Präambel publiziert wird:
Präambel:
Die medizinischen Fachgesellschaften der Geburtsmediziner vertreten die Auffassung, dass die interdisziplinäre Betreuung der Schwangeren durch Hebammen, Geburtsmediziner, Pädiater und Anästhesisten in den Klinikgeburtsräumen dem Modell der hebammengeleiteten außerklinischen Geburtshilfe überlegen ist, da zeitnah die gesamte Expertise verfügbar ist, um Komplikationen der Geburt sicher bewältigen zu können.
Viele Komplikationen können auch trotz Anwendung eines Risikokatalogs nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden.
Durch eine Verlegung, welche bei ca. einem Drittel der Erstgebärenden zu erwarten ist, kann eine zeitnahe Intervention bei Notfällen verzögert werden und zur Gefährdung der Schwangeren und des Ungeborenen bzw. Neugeborenen beitragen.
Zu den Verlegungsgründen zählen insbesondere ein Geburtsstillstand, ein Bedarf an effektiver Analgesie bei unbeherrschbaren Geburtsschmerzen, die Plazentaretention bzw. Plazentareste, hoher peripartaler Blutverlust, komplexe Geburtsverletzungen und Adaptationsstörungen des Neugeborenen.
Die Frage der Sicherheit der Geburtshilfe im deutschsprachigen Raum sollte prospektiv durch eine gemeinsame Erhebung der klinischen und außerklinischen Geburten untersucht werden, an der Hebammen und ÄrztInnen gemeinsam beteiligt sind und in der eine vollständige Erfassung aller Geburten und des perinatalen und peripartalen Ausgangs erfolgt. Solange keine Ergebnisse einer umfangreichen außerklinischen Geburtshilfe vorliegen, muss die Unbedenklichkeit angezweifelt werden.
Aus dem deutschsprachigen Raum fehlen vergleichbare Daten, wie sie z. B. aus UK im Rahmen der BirthPlace-Studie vorliegen. Dies sollte unter Berücksichtigung der außerklinisch begonnenen und in der Klinik abgeschlossenen Geburten unabhängig vom außerklinischen Geburtsort dokumentiert werden.
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-
References/Literatur
- 1 Ackermann-Liebrich U, Voegeli T, Gunter-Witt K. et al. Home versus hospital deliveries: follow up study of matched pairs for procedures and outcome. Zurich Study Team. BMJ 1996; 313: 1313-1318 DOI: 10.1136/bmj.313.7068.1313.
- 2 Begley C, Devane D, Clarke M. et al. Comparison of midwife-led and consultant-led care of healthy women at low risk of childbirth complications in the Republic of Ireland: a randomised trial. BMC Pregnancy Childbirth 2011; 11: 85 DOI: 10.1186/1471-2393-11-85.
- 3 Birthplace in England Collaborative Group. Brocklehurst P, Hardy P. et al. Perinatal and maternal outcomes by planned place of birth for healthy women with low risk pregnancies: the Birthplace in England national prospective cohort study. BMJ 2011; 343: d7400 DOI: 10.1136/bmj.d7400.
- 4 Blix E, Huitfeldt AS, Oian P. et al. Outcomes of planned home births and planned hospital births in low-risk women in Norway between 1990 and 2007: a retrospective cohort study. Sex Reprod Healthc 2012; 3: 147-153 DOI: 10.1016/j.srhc.2012.10.001.
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Correspondence
Publication History
Received: 16 July 2022
Accepted after revision: 16 July 2022
Article published online:
03 November 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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