Aktuelle Kardiologie 2022; 11(06): 505
DOI: 10.1055/a-1935-4091
Editorial

Pharmakotherapie – Gerinnung und antithrombotische Therapie

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Thomas Klingenheben

Die antithrombotische Therapie ist bei zahlreichen kardiovaskulären Erkrankungen von zentraler Bedeutung und ein äußerst effektiver Ansatz zur Verhinderung thromboembolischer Komplikationen. Sie ist allerdings bislang auch untrennbar mit der spezifischen Nebenwirkung, der Blutung vergesellschaftetet. Daher ist unser Bestreben, für die jeweiligen Patient*innen und Situationen individuell genau die richtige Intensität der antithrombotischen Therapie einzusetzen. Hierfür ist es wichtig, sich mit den Chancen, Grenzen und Risiken dieser Therapie vertraut zu machen. Im vorliegenden Heft der aktuellen Kardiologie behandeln namhafte Autor*innen die häufigsten und wichtigsten Themenbereiche der antithrombotischen Pharmakotherapie.

In kaum einer anderen klinischen Situation ist die Gratwanderung zwischen Blutung und Antikoagulation schwieriger als beim Management von intrakraniellen Blutungen (S. 526). Die meisten Patient*innen, die eine Antikoagulation wegen Vorhofflimmern oder venöser Thromboembolie (VTE) benötigen, sind älter. In dieser Patientengruppe ist zwar das Blutungsrisiko erhöht, aber auch der absolute Nutzen der Therapie umso größer. Aufgrund der Multimorbidität dieser Patient*innen ist für ein sicheres antithrombotisches Management die Beachtung möglicher Arzneimittelinteraktionen von zentraler Bedeutung (S. 532). Eine sehr ähnliche Problematik wie im fortgeschrittenen Alter ergibt sich bei der schweren, fortgeschrittenen Nierensuffizienz. Bei Patient*innen mit terminaler Niereninsuffizienz muss der prinzipielle Nutzen einer Antikoagulationstherapie stets kritisch hinterfragt werden (S. 537).

Durch den Einsatz der DOAKs ist in den letzten Jahren die Antikoagulation bei der VTE immer zuverlässiger, effektiver und sicherer geworden – zahlreiche neue Leitlinienempfehlungen werden auf S. 543 zusammengefasst.

Relativ häufig wird eine Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) auch bei Patient*innen nötig, die gleichzeitig eine Indikation für die Antikoagulation aufweisen. Hier können auch DOAKs zum Einsatz kommen, und es kann auf eine Thrombozytenaggregationshemmung verzichtet werden, die ansonsten nach TAVI Standard ist (S. 551).

Im Hinblick auf die oben dargestellte Problematik der antithrombotischen Therapie zwischen Blutung und thrombotischer Komplikationen wird auch bei akutem Koronarsyndrom zunehmend versucht, die initial lebenswichtige, intensive antithrombotische Therapie möglichst rasch zu deeskalieren (S. 555).

Die Evidenz für die antithrombotische Therapie bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ist im Gegensatz zur koronaren Herzkrankheit sehr überschaubar. Erfreulicherweise wurden in den letzten Jahren mehrere Studien zum antithrombotischen Management der pAVK durchgeführt, die jetzt das medikamentöse Armamentarium für diese oftmals eher vernachlässigten Patient*innen erweitern können (S. 560).

Trotz aller Fortschritte der Pharmakotherapie gibt es eine erhebliche Zahl von Patient*innen mit Vorhofflimmern, bei denen aufgrund des hohen Blutungsrisikos eine Antikoagulation nicht infrage kommt. Hier bietet sich der interventionelle Vorhofohrverschluss als Alternative an (S. 565).

Ausgewiesene Experten fassen im vorliegenden Schwerpunktheft für Sie – und Ihre Patienten – die neuesten Studiendaten und Leitlinienempfehlungen der antithrombotischen Therapie zusammen.

Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre.

Rupert Bauersachs und Thomas Klingenheben



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. Dezember 2022

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