Ultraschall Med 2022; 43(06): 543-547
DOI: 10.1055/a-1937-6868
Editorial

Mikrovaskuläre Bildgebung mittels Superresolution-Ultraschall

Article in several languages: English | deutsch
Sofie Bech Andersen
,
Charlotte Mehlin Sørensen
,
Jørgen Arendt Jensen
,
Michael Bachmann Nielsen
 

Der Superresolution-Ultraschall (SRUS) ist eine spezielle sonografische Technik, die darauf abzielt, das Gefäßsystem über die Beugungsgrenze hinaus abzubilden und zu quantifizieren [1]. Das Überschreiten der Beugungsgrenze des konventionellen Ultraschalls bietet die Möglichkeit, die Mikrovaskulatur abzubilden, d. h. Arteriolen, Venolen und vielleicht sogar die allerkleinsten Gefäße des Körpers: die Kapillaren. Bei einer der wichtigsten SRUS-Techniken, der Ultraschall-Lokalisierungsmikroskopie, werden isolierte Mikrobläschen aus Ultraschallkontrastmitteln verwendet, um Daten für die SRUS-Bilderzeugung zu gewinnen. Die Superresolution-Ultraschall-Bildgebung mit isolierten Mikrobläschen wurde durch Ansätze aus der superauflösenden Mikroskopie inspiriert, die mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde [2].

Bei einem dieser Ansätze wurde die Fähigkeit genutzt, die Fluoreszenz einzelner Moleküle an- und auszuschalten. Durch die Aufnahme zahlreicher Bilder desselben Objekts, wobei in jedem Bild eine andere Gruppe von Molekülen fluoreszierend eingeschaltet wurde, und durch die Überlagerung des resultierenden Bildstapels konnte ein superaufgelöstes Mikroskopie-Bild erstellt werden, d. h. ein Bild, das Strukturen unterhalb der Beugungsgrenze des Lichts zeigt. Ebenso werden die SRUS-Bilder erzeugt, indem man Tausende aufeinanderfolgende Ultraschallbilder von isolierten Mikrobläschen überlagert, während sich diese durch das Gefäßsystem bewegen. Genau genommen werden die SRUS-Bilder in einer Reihe von Nachbearbeitungsschritten erzeugt. Nach dem Scannen des zu untersuchenden Organs oder Gewebes müssen die spärlich verteilten intravaskulären Mikrobläschen erkannt werden. Die Detektion kann z. B. mit kontrastverstärkenden Sequenzen wie der Puls-Inversion oder der Amplitudenmodulation oder mit Singular-Value-Decomposition-(SVD)-Techniken erfolgen [3]. Anschließend werden die einzelnen Mikrobläschen isoliert und lokalisiert [4]. Die Präzision dieser Lokalisierung ist ein entscheidender Schritt zur Erzielung der Superresolution [5]. Anstatt wie bei der Superresolution-Mikroskopie jede einzelne Lokalisierung der Mikrobläschen zu überlagern, werden die Bewegungen der Mikrobläschen, während sie zwischen den Bildern dem Blutstrom folgen, verwendet, um Trajektorien zu erstellen, die die Geschwindigkeit und Richtung der Mikrobläschen aufzeigen können [6] [7] [8] [9] [10]. Schließlich ist die Bewegung ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen der Superresolution-Mikroskopie und dem -Ultraschall. Um die Mikrobläschen genau zu lokalisieren, ist es notwendig, die Bewegung zu kompensieren, die z. B. durch die Atmung und den Herzschlag während der Untersuchung entsteht [11] [12].

Die resultierenden, auf den Trajektorien basierten Bilder, die durch die Lokalisierung und das Tracking der isolierten Mikrobläschen entstehen, werden verwendet, um physiologische oder pathologische Veränderungen im Gefäßsystem aufzuzeigen. Bei der Mehrzahl der veröffentlichten Arbeiten handelt es sich um präklinische Studien, von denen viele die technische Durchführbarkeit sowie Weiterentwicklungen untersucht haben. Da mikrovaskuläre Erkrankungen überall im Körper auftreten können, wurde SRUS an verschiedenen anatomischen Strukturen angewandt – von den Augen über das Herz bis zur Prostata [13] [14] [15]. Das größte Interesse galt jedoch dem Gefäßsystem des Gehirns, der Nieren und malignen Tumoren. Im Gehirn wurde SRUS zur Bewertung altersbedingter Gefäßveränderungen eingesetzt, wobei sich zeigte, dass die Geschwindigkeiten der Mikrobläschen in alten Mäusegehirnen langsamer ist und die Gefäße gewundener waren als in jüngeren [16]. SRUS wurde auch zur Messung der zerebralen arteriellen Pulsatilität bei Mäusen eingesetzt, um die Auswirkungen eines erhöhten Pulsdrucks auf die Mikrogefäße des Gehirns besser zu verstehen [17]. Schließlich wurde SRUS zum Beispiel durch einen intakten menschlichen Schädel am temporalen akustischen Fenster [18] aufgenommen, um die zerebrovaskuläre Hämodynamik zu demonstrieren, unter anderem den turbulenten Fluss in einem Aneurysma und den chaotischen Fluss in den kollateralen Arterien bei einer Person mit Moyamoya-ähnlicher Erkrankung. Was die Nieren betrifft, so wurden in einer Reihe von Studien krankheitsbedingte Veränderungen der Nierengefäße nachgewiesen. So wiesen Mäuse mit einseitiger, durch Ischämie-Reperfusion induzierter, chronischer Nierenerkrankung im Gegensatz zu scheinoperierten Mäusen eine verringerte Gefäßdichte und erhöhte Tortuosität in der Nierenrinde auf [19]. In einer anderen Studie wurde eine durch Vasodilatatoren induzierte Abnahme der Geschwindigkeit von Mikrobläschen im Cortex und im tiefer liegenden Mark von Rattennieren festgestellt [20]. Schließlich wurde eine erhöhte Geschwindigkeit von Mikrobläschen in der kortikalen A. radialis hypertensiver Ratten gefunden [21]. Die kortikalen Gefäße einer menschlichen Niere wurden ebenfalls mit SRUS visualisiert [22]. In dieser Studie wurden verschiedene menschliche Organe und Läsionen abgebildet, darunter die Leber im gesunden Zustand und bei Leberversagen, ein Pankreaskarzinom und ein Brusttumor. Im Hinblick auf Krebserkrankungen wurde das Gefäßsystem von Tumoren in einer größeren Zahl von Studien untersucht. Dabei wurden verschiedene Gefäßparameter verwendet, um maligne Tumore mit unterschiedlichen vaskulären Phänotypen voneinander zu unterscheiden [23] oder um Tumorgefäße von gesunden Gefäßen zu unterscheiden [24]. Darüber hinaus wurde die Auswirkung der Behandlung auf die Tumorgefäße als früher Marker für das Therapieansprechen untersucht [25]. Neben dem primären Tumorgefäßsystem wurde in einer kürzlich veröffentlichten Studie untersucht, ob beim Menschen mittels SRUS metastatische von reaktiven Lymphknoten unterschieden werden können [26]. Die Studie zeigte, dass metastatische Lymphknoten im Vergleich zu reaktiven Lymphknoten einen unregelmäßigeren Blutfluss aufweisen – gemessen als Varianz der Flussrichtung in einem bestimmten Bereich.

Die oben genannten Studien sind nur eine kleine Auswahl der vielen Artikel, die über SRUS veröffentlicht wurden, seit 2015 die ersten Arbeiten mit In-vivo-Studien in den Fachzeitschriften erschienen sind [6] [7]. Die Technik ist vielversprechend, aber es gibt noch einige große Herausforderungen zu lösen, bevor SRUS klinisch eingesetzt werden kann [27]. Erstens ist der Zeitfaktor ein wichtiger Aspekt. Um eine ausreichende Anzahl an Bildern zu erfassen, die es uns für eine zuverlässige und ausreichende Darstellung des Gefäßsystems ermöglicht, genügend Mikrobläschen zu lokalisieren, dauert jede Aufnahme zwangsläufig mehrere Sekunden bis Minuten, je nach Interessengebiet, Ausrüstung und Aufnahme-Technik [28]. Die Zeitdauer ist eine Herausforderung, weil sich die mikroskopischen Gefäßstrukturen während der langen Aufnahmen bewegen, insbesondere bei größeren Tieren und Menschen. Nach wie vor arbeiten mehrere Gruppen an Möglichkeiten, die Aufnahmezeit zu verkürzen, z. B. durch Abbildung sich überlagernder Mikrobläschen [8], durch Scannen ohne Kontrastmittel [29] oder durch die Verwendung von Deep Learning [30]. Die Bewertung von Gefäßen anhand der Trajektorien der Mikrobläschen ist ebenfalls unsicher, da die Anzahl der Mikrobläschen von Scan zu Scan stark variieren kann, was sich natürlich auf die geschätzten Parameter wie die Gefäßdichte auswirkt [31]. Eine weitere große Schwierigkeit ist die Abbildung detaillierter und komplexer Gefäßstrukturen in 2 D. Nicht nur die Out-of-Plane-Bewegung ist eine Herausforderung, da sie nicht kompensiert werden kann, sondern auch alle Gefäße, die sich natürlicherweise in der Elevationsrichtung des Ultraschallstrahls winden und schlängeln, sollten bei der Erfassung und Interpretation des SRUS berücksichtigt werden [32]. Die nicht in der Ebene liegenden Gefäße werden in den SRUS-Bildern in 2 D projiziert, was zu unterschätzten Geschwindigkeiten und falschen Schätzungen von Gefäßparametern wie der Tortuosität führen kann. Die Einführung von 3D-SRUS kann einige dieser Probleme lösen [33] [34]. Schließlich ermöglicht SRUS die Darstellung sehr kleiner Blutgefäße, aber nicht unbedingt auf Kapillar- oder sogar auf Ebene der Arteriolen/Venolen, was zum Beispiel von der Gefäßdichte und -komplexität abhängt. Daher ist es eine weitere wichtige Aufgabe zu definieren, welche Ebene des Gefäßsystems abgebildet werden kann und sich zu fragen, wie dies verbessert werden kann.

Angesichts der kontinuierlichen Verbesserungen bei der Geräteausstattung und den optimierten Verarbeitungsalgorithmen stellt sich natürlich die Frage, wo und wie SRUS Auswirkungen auf die klinische Praxis haben wird. In der Forschung gibt es noch viele unbeantwortete Fragen zu klären. In der klinischen Anwendung wird es jedoch interessant sein zu sehen, wo SRUS etwas bewirken kann: Bei Diabetikern, deren Nierengefäße durch die Krankheit beeinträchtigt werden und bei denen ein frühzeitiger Behandlungsbeginn von entscheidender Bedeutung ist, oder bei der entscheidenden frühzeitigen Bewertung des Behandlungserfolgs bei fortgeschrittener Krebserkrankung, als Ergänzung zu den üblicherweise verwendeten RESIST-Kriterien?


#

Sofie Bech Andersen

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Charlotte Mehlin Sørensen

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Jørgen Arendt Jensen

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Michael Bachmann Nielsen

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Conflict of Interest

The authors declare that they have no conflict of interest.


Correspondence

Dr. Sofie Bech Andersen
Department of Diagnostic Radiology, University Hospital Rigshospitalet
2100 Copenhagen
Denmark   

Publication History

Article published online:
05 December 2022

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Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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