Präambel
Aufgrund ökonomischer Erfordernisse, Problemen der Personalverfügbarkeit und dem hieraus entstandenen Wunsch nach einer ambulanten Erbringung von Leistungen bei Ärzten und Patienten, hat die deutsche Gesundheitspolitik eine Ausweitung ambulanter Operationen und Verfahren propagiert und entsprechende Aktivitäten eingeleitet.
Da im Bereich der HNO-Heilkunde erhebliche Potenziale gesehen werden, vormals stationär durchgeführte Eingriffe ambulant zu erbringen, haben die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie und der Deutsche Berufsverband der HNO-Ärzte Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, die die fachlichen Aspekte einer „Ambulantisierung“ beurteilen und bewerten sollen. Hiermit sind auch organisatorische, strukturelle und personelle Definitionen der Qualitätssicherung zu erarbeiten.
Auftrag an eine Arbeitsgruppe war es, Bedingungen, Begleitumstände, Kontextfaktoren oder Hinderungsgründe zu ermitteln, unter denen eine Operation nicht ambulant durchgeführt werden kann. Eine weitere Arbeitsgruppe stellte Überlegungen zusammen, welche Eingriffe unter günstigen individuellen Umständen als ambulant durchführbar anzusehen seien, bzw. welche nicht. Hierfür wurden wissenschaftlich begründbare Argumente, aber auch die fachliche Expertise der Gruppenmitglieder eingebracht.
Folgende Definition wurde für diese Betrachtungen verabredet:
Definition nicht-ambulant/nicht-intersektoral:
Patient/-in bleibt über Nacht in der behandelnden Einrichtung bzw. in der assoziierten Klinik.
Intersektoral: Der Begriff ist noch nicht in der Versorgung hinreichend definiert. Die Arbeitsgruppen interpretieren den Begriff als eine innovative, medizinische Versorgungsstruktur, welche durch Kooperation der „Sektoren“ (ambulant/stationär) in den Ebenen der Organisation, Patientenauswahl, Erbringung und Qualitätssicherung gekennzeichnet ist. In einem intersektoralen Versorgungszentrum wäre u. a. die Durchführung von HNO-Operationen sowie die postoperative Versorgung denkbar. In solchen intersektoralen OP-Zentren wären HNO-Ärztinnen und -Ärzte mit entsprechender Qualifikation aus dem klinischen und niedergelassenen Bereich, die z. B. in kooperierenden Netzwerken organisiert sind, tätig. Die tatsächliche Ausgestaltung und Definition des Begriffs muß den Ergebnissen von Modellversuchen vorbehalten bleiben. Hierzu sollten zu gegebener Zeit auch die Vertretungen der Patienten und der Pflege einbezogen werden. Die Weiterentwicklung dieser Darstellung bedarf geeigneter Studien, die die entsprechenden Modellprojekte begleiten.
Voraussetzung für eine Ambulantisierung ist eine Neuordnung der Vergütung. Das bisherige DRG- und EBM-System bieten hierzu keinen befriedigenden Rahmen, der EBM ermöglicht keine wirtschaftliche Erbringung operativer Eingriffe im HNO-Bereich. Um eine vergütungsmotivierte Entscheidung bei der intersektoralen Behandlung von Patienten zu vermeiden, darf diese letztlich nicht davon abhängig sein, ob die Operation in einem ambulanten oder stationären Setting durchgeführt wird. Insgesamt wäre die Entwicklung eines attraktiven Finanzierungsmodells, ggf. mit einer entsprechenden Anschubfinanzierung, für einen Erfolg zwingend erforderlich. Zudem muss die Frage, wie die ärztliche Weiterbildung unter den neuen Bedingungen organisiert und finanziert wird, geklärt werden [1].
Wegen der Neuartigkeit einer intersektoralen Versorgung finden sich in der Literatur keine konkreten Hinweise für entsprechende Leitlinien. Gleichwohl existieren (meist retrospektive) Publikationen aus westlichen Ländern, in denen Komplikationen bzw. Wiederaufnahmeraten und -gründe bei der ambulanten operativen Versorgung von Patienten untersucht wurden. Diese sind Grundlage der folgenden Darstellung. Dabei sind sich die Arbeitsgruppen bewusst, dass die Ergebnisse dieser Studien wegen der Unterschiede in den nationalen Gesundheitswesen und operativen Traditionen nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragen werden können. Größenordnungsmäßig bewegen sich die Wiederaufnahmeraten nach ambulanten Eingriffen im mittleren einstelligen Prozentbereich [2]. Alle vorliegenden Studien setzten eine entsprechende Patientenselektion voraus. Dieser Selektionsbias führt dazu, dass bei der Betrachtung von ambulanten und stationären Studienarmen die Komplikationsrate in den stationären Armen jeweils höher ist, was klare Folge einer erfolgreichen und sorgfältigen Selektion ist.
Es gibt wissenschaftliche Evidenz und internationale Erfahrung, dass risikobehaftete oder komplexe Eingriffe sicherer vollzogen werden können, wenn sie in einem ambulanten OP-Zentrum in oder direkt an einer stationären Einrichtung mit einer fachgleichen Hauptabteilung organisiert werden [3]
[4]. Hierfür wird derzeit der Begriff „klinisch-ambulant“ oft benutzt.
Auch wenn die Arbeitsgruppen zur Klärung der Fragestellung intensiv nach Literaturquellen gesucht haben, handelt es sich bei der vorliegenden Darstellung nicht um eine systematische Übersichtsarbeit im wissenschaftlichen Sinne. Auf Publikationen ähnlichen Inhaltes sei verwiesen [4]. Sie versteht sich als stichwortartige wissenschaftlich begründete Orientierungshilfe und ist weder vollständig noch abschließend noch zwingend. Die Ergebnisse stellen ein gemeinsam verfasstes, wissenschaftlich begründetes Statement der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. und des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte e. V. zu dem Themenkomplex dar. Die Evidenz der Aussagen ist nach Möglichkeit durch vorliegende Studien begründet, ergänzt durch die fachliche Expertise der Arbeitsgruppen-Mitglieder. Manche der genannten individuellen Umstände müssen in ihrer Ausprägung definiert werden, um zu klären, unter welcher Ausprägung Bedenken gegen eine ambulante Durchführung erhoben werden. So wäre festzulegen, was z. B. unter einem instabilen Hypertonus zu verstehen ist. Für eine reproduzierbare Verwendung im Alltag müssen die Punkte für die ex-ante-Entscheidung und ihre Nachvollziehbarkeit operationalisiert werden können. Im individuellen Einzelfall kann, soll und muss im Hinblick auf die spezielle Situation der operierten Patienten auf der Basis einer ärztlichen Entscheidung hiervon abgewichen werden.
Aus den Ausführungen lassen sich keine haftungsrechtlichen Konsequenzen ableiten. Die Zuordnung eines spezifischen medizinischen Falles zu einer ambulanten oder stationären Erbringung ergibt sich allein aus der ärztlichen Verantwortung der betreuenden und handelnden Ärzte (Operateur und ggf. Anästhesist). Gerade nach Operationen im HNO-Bereich (Atemweg, Speiseweg) müssen vitale Funktionen überprüft, verfolgt und bewertet und evtl. durch Behandlungsmodifikation gesichert werden.
Die hier vorliegende Gedankensammlung bezieht sich auf die medizinisch begründbare Abgrenzung zwischen ambulantem und stationärem Operieren. Ein Score-System zu entwickeln, welches ggf. vorliegende Umstände beachten könnte, ist schwierig [5], wäre aber sinnvoll: Ein Patient, der in einem Parameter den „Grenzwert“ überschreitet, wird nicht ambulant operiert; ein Patient, der in 5 Parametern soeben unter dem Grenzwert läge, würde ambulant operiert, obwohl er 5 latente Risiken kumuliert.
Nachfolgend werden als Ergebnisse der Arbeit beider Arbeitsgruppen erst die Umstände aufgeführt, die eine ambulante Operation ausschließen, und dann die Operationen benannt, die ambulant durchführbar sein könnten.
Bemerkung
Allein wegen der besseren Lesbarkeit des Textes wird bei geschlechter-spezifischen Bezeichnungen jeweils die männliche Form allein verwendet; hierdurch soll keine Herabsetzung von Personen mit anderer Geschlechtszugehörigkeit entstehen.
Benennung von Operationen, die als ambulante Operationen durchgeführt werden können
Vorbemerkung
Der Arbeitsauftrag an die Arbeitsgruppe „Ambulante Operationen“ wurde wie folgt festgelegt:
-
Auflistung von Eingriffen und Verfahren, die über die Regelungen des derzeitigen AOP-Kataloges hinaus für eine ambulante Erbringung unter Beachtung von sonstigen Tatbeständen/Kontextfaktoren/Hinderungsgründen (siehe oben) geeignet sein können.
-
Die Erbringung erfolgt als ambulantes Verfahren, was bedeutet, dass der Patient nicht in der Klinik übernachtet und überwacht wird; ein mehrstündiger Aufenthalt nach dem Verfahren ist möglich.
-
Es soll zunächst keine Liste entsprechender OPS-Codes, sondern eine frei formulierte Auflistung erfolgen, wobei medizinisch-fachliche Überlegungen notiert werden.
Die Aufstellung ordnet die Operationen ausschließlich nach dem Risiko potenziell lebensbedrohlicher Komplikationen dem ambulanten bzw. stationären Bereich zu. Wichtig ist aber, dass die Beurteilung des individuell sehr heterogenen Lokalbefundes in die Entscheidung ambulant/stationär mit einbezogen wird, und zwar unabhängig von den definierten „Hinderungsgründen“. Beispiel: Eine vermehrte Blutsekretion nach Nasenseptumkorrektur muss die stationäre Behandlung ermöglichen, auch wenn es nicht gleich eine echte „Nachblutung“ ist und keine Hinderungsgründe gemäß der Liste „Tatbestände“ vorliegen.
Da etliche OPS-Codes lediglich „Excision oder auch Destruktion von Gewebe“ bezeichnen, ohne dass eine Größenangabe erfolgt, schlägt die Arbeitsgruppe eine Größenorientierung nach dem Vorbild der TNM-Klassifikation vor. Hierbei könnten ggf. auch anatomische und funktionelle Einheiten z. B. in der Beschreibung von Hautflächen im Kopf-Hals-Bereich berücksichtig werden. Es ist bekannt, dass eine Größendefinition u. U. von der pathologisch-histologischen Aufarbeitung abhängig ist (Schrumpfungstendenz in der Aufarbeitung). Maßgebend sollte die intraoperative Größendefinition mit klaren Maßangaben sein, die evtl. auch mit Maßstab fotodokumentiert werden kann.
Im Folgenden werden zu den Regionen und Tätigkeitsfeldern der HNO-Heilkunde medizinisch-fachliche Überlegungen zusammengestellt, ohne dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Zuordnung auf den OPS-Katalog erfolgt.
Ohrmuschel
Biopsien und Excisionen von der Ohrmuschel können ambulant durchgeführt werden. Leider gibt der OPS-Katalog eine Angabe zur Größe vor allen Dingen bei Excisionen nicht her. Ähnliche Klassifikationen sind für Excisionen an der Haut (siehe unten) zu entwickeln. Bei erreichtem Knorpel kann der Eingriff ambulant erfolgen, eine engmaschige Überwachung auf Infektionszeichen ist immer unerlässlich. Als Obergrenze ambulanter Eingriffe wäre auch bei Teilresektionen der Ohrmuschel eine Excision von etwa einem Drittel der Ohrmuschel oder eine Fläche von 2 × 2 cm anzugeben. Angesichts der Vaskularisation der Ohrmuschel sind perforierende, 3-schichtige Resektionen risikobehaftet und sollten genauer Überwachung unterliegen, die nur stationär durchführbar ist. Wenn im Rahmen mikrographischer Chirurgie Wundbetten offenbleiben oder temporär gedeckt werden, besteht ebenfalls ein erhöhtes Infektionsrisiko in häuslicher Umgebung. Die mikrographische Chirurgie wird besonders an ästhetisch und funktionell kritischen Regionen angewandt, wo Infektionen missliche ästhetische Ergebnisse bedingen können.
Knochenverankerungen für Epithesen und Knochenleitungshörgeräte ohne weitere plastische Maßnahmen können ambulant durchgeführt werden.
Operationen bei abstehendem Ohr können ambulant erfolgen. Operationen bei umfassenderen Ohrmuscheldysplasien müssen wegen Komplexität stationär überwacht werden, da Lappenbildungen und Transplantationen sicher überwacht werden müssen. Dysplasie-Operationen sind selten. Da die Operationszeiten u. U. länger sein können, ist der zeitliche Verlauf einer notwendigen Narkose mit zu beachten; dieses besonders bei beiderseitiger Operation und bei Kindern.
Gehörgang
Operationen an den Weichteilen des äußeren Gehörganges können ambulant erfolgen. Knochenmaßnahmen (Bohrernutzung) können erfolgen, wenn die Dimensionen eines regelrechten Gehörganges nicht überschritten werden. Dysplasien und komplette Atresien sowie Maßnahmen mit Lappenbildungen oder Transplantationen sollen wegen der kritischen Überwachung stationär erfolgen.
Mittelohr
Myringoplastiken und Tympanoplastiken sollen im Regelfall stationär erfolgen, da Störungen an dem Sinnesorgan Ohr oder dem N. facialis in einer sachkundigen und fortlaufenden Kontrolle frühzeitig erkannt und behandelt werden müssen.
Die Tympanotomie bei plötzlicher massiver Hörstörung (Hörsturz) kann ambulant erfolgen. Problematisch kann sein, dass eine zeitgleiche antiödematöse Infusionstherapie mit hochdosiertem Cortison erfolgt. (Dieses ist stark von der Organisation der Nachsorge etc. abhängig.)
Bei Bohrarbeiten an der Otobasis besteht die Gefahr der Duraverletzung, akzidenteller Innenohreröffnung mit ausgeprägter Hörstörung und Schwindel sowie Facialisläsion. Hierfür ist stationäre Überwachung wichtig, um solche Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Bei diffizilen Ohr-Operationen kann die Narkose- und OP-Dauer begrenzend sein.
Operationen mit geplanter Eröffnung des Innenohres (auch Stapes) sollen stationär erfolgen, da nach solchen Operationen eine nicht untypische Komplikation der Schwindel ist. Dieser sollte frühzeitig erkannt werden, um zu reagieren. Schwindel in der häuslichen Umgebung bedingt Sturzrisiko.
Innenohr/Schädelbasiseingriffe
Diese Eingriffe müssen stationär erfolgen, somit auch Cochlea-Implantate und aktive Mittelohrimplantate (Labyrinthitisgefahr, Liquorrhoe, Meningitis, intrakranielle Blutungen) Auch die Bonebridge-Technik muss stationär erfolgen, da oftmals breitflächig Sinus oder Dura freigelegt werden.
Gesicht
Biopsien und kleine Excisionen können ambulant erfolgen, eine Größendefinition muss erfolgen (s. o.).
Ebenso können Lappenplastiken ambulant erfolgen, wenn die Ausmaße unterhalb einer zu definierenden Größenschwelle bleiben und eine stabile Lappenernährung gesichert erscheint.
Lidchirurgie: kann ambulant erfolgen.
Isolierte Weichteilverletzungen sind je nach Umfang, Lokalisation (Nähe zu Auge/Lid?), Tiefe (Kutis? Subkutis? Muskulatur?), Struktur (Riss/Quetsch/Biss/Perforierend) ambulant oder stationär durchzuführen, wobei Funktionserhalt und Ästhetik und Vermeidung von Infektionen entscheidend sind.
Statische Verfahren der Fazialischirurgie können ambulant erfolgen, wenn die Ausmaße ästhetische Einheiten nicht überschreiten.
Mittelgesichtsfrakturen, Orbitafrakturen
Geschlossene Repositionen können ambulant (also z. B. Nasenreposition oder Jochbeinhakenreposition) erfolgen. Offene Repositionen erfolgen stationär zur Überwachung des Visus und ggf. unmittelbarer Revisionsmöglichkeit und des Infektionsstatus
Nase
Nasenseptum-Operationen könnten ambulant erfolgen, aber abhängig von der Notwendigkeit einer Tamponade, die eine ambulante Erbringung in Frage stellen kann (BMI, OSAS-Verstärkung etc.). Biopsien und kleine Excisionen und Resektionen in und an der Nase können ambulant erfolgen. Hier muss eine Größenschwelle definiert werden.
Nasen-Muschelchirurgie kann ambulant erfolgen, sofern ohne Tamponade machbar (siehe oben).
Eine Septorhinoplastik erfolgt stationär. Umschriebene Eingriffe an einzelnen Knorpeln der äußeren Nase können ggf. ambulant erbracht werden. Mit rhinoplastischen Osteotomien erfolgt ein stationäres Verfahren wegen auch sekundär eintretender Lidödeme, höherer Blutungsgefahr und der Gefahr, das funktionelle und ästhetische Ergebnis zu gefährden.
Septumdefektverschlüsse mit Lappenbildungen und freien Knorpeltransplantaten müssen stationär zur Überwachung erfolgen, ein alloplastischer Defektverschluss (sog. Septumknopf) kann ambulant eingepasst werden.
Kleinere Septumhämatome/Abszesse ohne größere (traumatische) Begleitverletzungen könnten evtl. ambulant versorgt werden. Bei Notwendigkeit einer antibiotischen i. v.-Begleittherapie oder weitergehender Versorgung mit Septumkorrektur ist bei infizierten Verhältnissen eine stationäre Überwachung empfohlen (Meningitis, Sepsis, Sinusvenenthrombose etc.) DacryoCystoRhinoStomie (DCRS) endonasal oder extranasal: in Abhängigkeit von Tatbeständen fakultativ ambulant möglich.
Nasennebenhöhlen
Transnasale/endonasale NNH-Operationen können ambulant erfolgen, wenn Kieferhöhlen- und Siebbein-Operation eindeutig ohne Darstellung der Schädelbasis und der Orbita erfolgen. Dieses ist intraoperativ oft schwierig sicher beurteilbar und Manipulationen an der mittleren Muschel können sich bis an die Schädelbasis mitteilen. Insofern bleiben die Siebbein-Operationen insgesamt mit dem Risiko der Schädelbasisläsion behaftet und sollten stationär erfolgen. Ansonsten besteht die Gefahr der unerkannten Liquorrhoe und intraorbitaler Blutungen.
OPs an Siebbein in Schädelbasis- und Orbitanähe Stirnhöhle, Keilbeinhöhe erfolgen stationär.
Komplette Pansinusoperationen erfolgen stationär wegen intraoperativem Blutverlust und dementsprechend postoperativen Kreislaufproblemen, Übelkeit der Patienten durch PONV auch als Folge von Blutschlucken und intraoperativer „kontrollierter Hypotension“. Jegliche externe NNH-Chirurgie (selten) erfolgt stationär, so auch der midface-degloving Zugang.
Speicheldrüsen
Biopsien und kleine Excisionen können mit einer zu definierenden Größenschwelle ambulant erfolgen.
(Teil-)Parotidektomien und Resektionen der Submandibularis erfolgen stationär, da Blutungen, Hämatome und Raumforderungen Richtung Atemweg bedrohlich werden können. Extrakapsuläre Dissektionen von Parotistumoren können fakultativ ambulant durchführbar sein in Abhängigkeit von der Größe und mit Blick auf begleitende Tatbestände. Diese Empfehlung ist unabhängig davon, ob eine Drainage oder Redon eingelegt wird.
Halsweichteile
Alle Eingriffe am Hals ohne Durchdringung der oberflächlichen Halsfaszie gehen mit den zu beachtenden Größenschwellen aus dem Gesicht als ambulante Operation.
Alle Eingriffe, die unter die oberflächliche Faszie gehen (tiefe Lymphknoten, mediane und laterale Halszysten), sonstige Resektionen oder Operationen vor allem Richtung Halsgefäßscheide, erfolgen stationär. Hier besteht die Gefahr der Nachblutungen, Hämatome, Raumforderungen Richtung Atemweg. Auch dieses Votum ist unabhängig von der Frage, ob eine Drainage/Redon benutzt wurde.
Mundraum und Oro- und Epipharynx, Hypopharynx
Biopsien und kleine Exzision oder Resektionen in den Regionen sind ambulant möglich. Wegen der Nachblutungsgefahr im Atemweg muss über eine flächenmäßige Größe oder Tiefe gesprochen werden, die als Schwelle in Frage käme. Die OPS-Codes sind zu offen definiert und für die Entscheidung ungeeignet. Eine Schwelle ist zu sehen, wenn Mukosa und/oder Submukosa überschritten werden.
Die Tonsillektomie muss ein stationärer Eingriff bleiben wegen der Nachblutungsgefahr, Schmerztherapie und Nahrungsaufnahmekontrolle (siehe Leitlinie TE). Fatale Ausgänge werden nach wie vor bekannt [23].
Die Tonsillotomie ist vom Gemeinsamen Bundesausschuss schon als ambulant durchführbar beurteilt worden [24] und hat ein ca. 10-fach geringeres Nachblutungsrisiko als eine komplette Tonsillektomie. Fatale Fälle nach Tonsillotomie sind jedoch schon bekannt geworden. Problematisch ist, dass eine ausgedehnte intrakapsuläre Tonsillektomie noch als eine Tonsillotomie angesehen wird, aber ein höheres Nachblutungsrisiko birgt, da größere Gefäße kapselnah eröffnet werden. Individuell sollte bei entsprechenden Risiken/Tatbeständen zugunsten einer stationären Therapie entschieden werden.
Die Adenotomie ist ohne Vorliegen von Kontraindikationen ambulant durchführbar. Zungengrundresektionen erfolgen nicht ambulant wegen Blutungsgefahr wie bei Tonsillektomie. Thermoablationen können dort durchaus ambulant erfolgen. Blutungs- und Schwellungskomplikationen am Zungengrund erzeugen einen potenziell „schwierigen Atemweg“ für eine notwendig werdende Intubation.
Eine UPPP (Uvulo-Palato-Pharyngoplastik) ist nicht ambulant durchzuführen wegen Blutungsgefahr wie bei Tonsillektomie und Abgrenzungsproblemen, ob nicht doch ein postoperativ respiratorisches Problem im Sinne eines OSAS nach Narkose und bei Schwellungen entsteht. Reine Uvulakürzungen (ggf. auch in Kombination mit Nasenseptum- und Muschelchirurgie) sind ambulant denkbar. Eine OSAS-Problematik kann durch Narkose und Nasentamponade verstärkt sein.
Peritonsillarabszess: Eine Punktion ist ambulant nur möglich, wenn der AZ (Infektionszeichen, Kieferklemme, Fieber, Schüttelfrost, dolente Halslymphknoten, Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme) das erlaubt! Inzision bei kleinen, oberflächlichen Abszessen und geringem Blutungsrisiko ist ambulant denkbar. Aber: Die Punktion/Inzision führt zu keiner vollständigen Sanierung der Abszesshöhle und erfordert deshalb die parallele, hochdosierte i. v.-Antibiotikatherapie und Sepsisüberwachung stationär sowie ein Nachspreizen oft unter Narkose. Komplikationen im Sinne einer Fasziitis/Lemierre-Syndrom sind zu vermeiden, weil durchaus fatale Verläufe bekannt sind.
Larynx
Äußere Larynxchirurgie, onkologische Teilresektionen (incl. „Debulking“ bei exophytischen Tumoren im Zuge der histologischen Sicherung vor der kurativen Therapie), Thyroplastiken etc. erfolgt stationär wegen Blutung, Emphysem, Atemwegsobstruktion.
Endoskopische Maßnahmen hängen von der Größe, Einstellbarkeit und Lokalisation ab: Eine Mikrolaryngoskopie ohne relevante Blutungs- und Schwellungsgefahr kann ambulant erfolgen. Bei diesen Eingriffen muss eine niederschwellige Umwandlung in eine stationäre Überwachung möglich sein.
Tracheotomie auch Re-Tracheotomie oder auch Tracheostomarevision immer stationär wegen Blutung, massivem Emphysemrisiko bis ins Mediastinum und Kanülenmanagement. Ein Tracheostomaverschluss muss wegen Emphysem- und Stridorgefahr stationär erfolgen!
Endoskopien
Ösophagoskopie und Bronchoskopie nur mit Biopsien können ambulant erfolgen. Divertikel-OP (endoskopisch und transcervikal) erfolgen wegen Mediastinitisgefahr und i. v. Antibiose sowie absehbarer Nährsonde stationär.
Ösophagoskopie nach RT und auch nach onkologischen Voroperationen im Halsbereich erfolgen stationär, da höheres Perforationsrisiko besteht.
Ein Ösophagusfremdkörper, der „unkompliziert“ bei nicht voroperierten/bestrahlten Patienten geborgen werden kann, kann ambulant entfernt werden.
Bronchoskopien bei Stenosen, Tumoren und/oder mit weitergehenden Maßnahmen wie Stents erfolgen stationär.
Ösophagoskopie mit Stimmprothesenersteinlage erfolgt stationär wegen des perforierenden Eingriffes (Neuanlage der ösophagotrachealen Fistel). Ein Wechsel einer Stimmprothese ohne weitere Manipulationen (z. B. Granulationsabtragung, Biopsien) kann ambulant erfolgen.
Die Sialendoskopie allein diagnostisch mit evtl. Instillationen kann ambulant erfolgen. Mit therapeutischen Maßnahmen z. B. der Steinextraktion, Bougierung stationär wegen Infektionsgefahr und Stauungssialadenitis.
Onkochirurgie
Bis auf kleine Hauttumoren sollen onkochirurgische Eingriffe stationär erfolgen, auch T1-Larynxtumoren. Eine Resektionsausweitung darf nicht durch den organisatorischen Druck ambulanter Erbringung behindert sein.