Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(06): 478-482
DOI: 10.1055/a-1947-5200
Übersichtsarbeit

Thromboinflammation: Dynamik physiologischer und pathologischer Wechselwirkungen von Entzündung und Koagulation

Thromboinflammation: Dynamics of Physiological and Pathological Interactions between Inflammation and Coagulation
1   Department of Rheumatology and Clinical Immunology, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte, Berlin, Germany
2   Autoimmunity, DRFZ, Berlin, Germany
,
Eduard Nitschke
1   Department of Rheumatology and Clinical Immunology, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte, Berlin, Germany
2   Autoimmunity, DRFZ, Berlin, Germany
,
Thomas Dörner
1   Department of Rheumatology and Clinical Immunology, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte, Berlin, Germany
2   Autoimmunity, DRFZ, Berlin, Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Das konzertante Zusammenspiel zwischen endothelialer Dysfuntion, aktivierten Thrombozyten und anderen Immunzellen sowie simultaner Komplementaktivierung führt zur Aktivierung und gegenseitigen Verstärkung sowohl der Immunantwort als auch der Gerinnungskaskade. Durch die unkontrollierte Fortdauer dieser physiologischen Mechanismen kann der pathologische Prozess der Thromboinflammation induziert werden. In dieser Übersichtsarbeit fassen wir grundlegende Mechanismen zusammen, die zur Thromboinflammation als ein Auslöser von venösen Thromboembolien führen.


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Abstract

The orchestral interaction between endothelial dysfunction, activated thrombocytes and other immune cells as well as the concomitant activation of complement lead to simultaneous activation of the immune system and coagulation. An uncontrolled persistence of these physiological mechanisms can induce pathological processes of thromboinflammation. This review article aims to summarise mechanisms leading to thromboinflammation as a cause of venous thromboembolism.


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Einführung

Das intime Zusammenspiel zwischen Immunsystem und Gerinnung ist ein Ergebnis der Evolution und ermöglicht die physiologische Erhaltung der Homöostase insbesondere im Bereich der Wundheilung und Immunabwehr. Durch die Aktivierung des Immunsystems kommt es über die Beteiligung unterschiedlicher zellulärer und humoraler Kaskaden, einschließlich des aktivierten Endothels, der Einbindung der Thromboyzten und des Komplementes zu einer Gerinnungsaktivierung mit der Folge einer Hyperkoagulabilität und veränderter Fibrinolyse. Das wiederum verstärkt die Immunabwehr bis die Immunreaktion erfolgreich abgeschlossen und die Homöostase wiederhergestellt ist [1]. Bei einer unkontrollierten Fortdauer dieser zunächst physiologischen Prozesse kann es allerdings zum Auftreten eines weiten Spektrums von thromboinflammatorischen Zuständen kommen, wie zum Beispiel bei Komplikationen einer Verbrauchskoagulopathie und Gefäßverschlüssen bei Sepsis oder bei thromboembolischen Ereignissen im Rahmen von Autoimmunerkrankungen. Die Signalwege und pathologischen Auswirkungen dieser Vernetzung von Entzündung und Thrombose wurden in den letzten Jahren intensiv erforscht und nicht zuletzt im Rahmen der COVID-19 Erkrankung klinisch einmal mehr verdeutlicht. Der Begriff der „Thromboinflammation“ beschreibt in diesem Zusammenhang die koordinierte Interaktion zwischen humoralen und zellulären Signalwegen der Immunabwehr und der Gerinnung inklusive des erhöhten Risikos für thromboembolische Ereignisse. Im Weiteren werden wir die aktuellen pathophysiologischen Erkenntnisse zur Thromboinflammation zusammenfassen ([Abb. 1]) und mögliche Implikationen für autoimmune Erkrankungen darstellen.

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Abb. 1 | Auswahl zentraler Prozesse und Wechselwirkungen des Gerinnungs-/Immunsystems. Das konzertante Zusammenspiel zwischen endothelialer Dysfuntion, aktivierten Thrombozyten und anderen Immunzellen sowie simultaner Komplementaktivierung führt zur Aktivierung und gegenseitigen Verstärkung sowohl der Immunantwort als auch der Gerinnungskaskade (über Kontakt- und Gewebeaktivierung). Die Hyperkoagulabilität wird durch die gleichzeitige Hemmung von antithrombotischen Mechanismen (zB Fibrinolyse und Thrombomodulin-APC-System) verstärkt und führt zu einem erhöhten Risiko thromboembolischer Ereignisse. Abkürzungen: IL, Interleukin; TNF, Tumornekrosefaktor; vWF, von-Willebrand-Faktor; ICAM-1, Interzelluläres Zelladhäsionsmolekül 1; TF, Tissue facor; TM, Thrombomodulin; PC, Protein C; aPC, aktiviertes Protein C; aPS, aktiviertes Protein S; PAI-1, Plasminogen-Aktivator-Inhibitor Typ 1; aTZ, aktivierter Thrombozyt; MZ, Monozyt; NG, neutrophiler Granulozyt; aNG, aktivierter neutrophiler Granulozyt; LZ, Lymphozyt; DZ, dendritische Zelle; NET, Neutrophil extracellular trap; PG, Prostaglandin; GP, Glykoprotein; PF4,Plättchenfaktor 4.

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Zelluläre Akteure

Endotheliale Dysfunktion

Endothelzellen kleiden als Monolayer die Innenwand der Gefäße aus und stellen mit ca. 1 Billion Zellen das größte (und oftmals wenig beachtete, aber stoffwechselintensive) Organ des menschlichen Körpers dar. Zusätzlich zu mechanischen Aufgaben als Barriere der Gefäßwand erfüllt das Endothel zahlreiche weitere Aufgaben, wie die Regulation von Gefäßtonus, Gerinnungsvorgängen inkl. deren Funktionen in der Prokoagulation und Fibrinolyse sowie die Steuerung von lokalen Entzündungsabläufen [2]. So einfach dies klingt, muss jedoch von einer sehr präzisen physiologischen Regulation des Endothels ausgegangen werden, sich an jeweilige Erkrankungsprozesse anzupassen und die Interaktion der zellulären und vielen humoralen Faktoren zu koordinieren. Eine Störung dieser Aufgaben durch pathogene Mikroorganismen, proinflammatorische Zytokine, oxidativen Stress oder Hypoxie (u. a. mit Beeinträchtigung der Stickstoffmonoxid (NO) -Synthase) wird unter dem Begriff endotheliale Dysfunktion zusammengefasst. Die endotheliale Dysfunktion führt zu einer vermehrten Freisetzung bzw. Expression von Adhäsionsmolekülen (z. B. von Willebrand Faktor (vWF), P-Selektin, interzelluläres Zelladhäsionsmolekül-1 (ICAM-1)), Sekretion proinflammatorischer Zytokine (TNF und IL-6) und vasoaktiven Substanzen, was wiederum die Aktivierung von Thrombozyten und Leukozyten nach sich zieht und zu einem labilen prokoagulatorischen Zustand beiträgt. Zusammen mit Fibrinogen als Akute-Phase-Protein bewirkt die erhöhte IL-6 Sekretion eine Verstärkung des thrombogenen Potentials via Thrombozytenaktivierung und Tissue Factor (TF) Freisetzung. Gleichzeitig werden antikoagulatorische Mechanismen durch die Endotheldysfunktion stark gehemmt (Fibrinolysestörung durch Plasminogenaktivator-Inhibitor-1 (PAI-1) Sekretion und erworbene aktivierte-Protein-C-Resistenz (APC Resistenz) durch reduzierte Thrombomodulin-Expression).

Klinisch weisen Patienten mit autoimmunen, einschließlich entzündlich rheumatischen Erkrankungen ein deutlich erhöhtes Risiko sowohl für arterielle als auch venöse thrombotische Ereignisse auf [3] und sind somit Risikopatienten hinsichtlich des Auftretens kardiovaskulärer Erkrankungen [4]. Obgleich unterschiedliche Risikofaktoren für arterielle und venöse Komplikationen nachgewiesen sind, gibt es einige Gemeinsamkeiten. Dies betrifft neben einigen klinischen Faktoren (erhöhter BMI, Nikotinabusus, orale Kontrazeptiva, Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz etc.) unter anderem die Endothelaktivierung bzw. -schädigung infolge der chronischen systemischen Entzündung mit begleitenden prokoagulatorischen Effekten. In diesem Zusammenhang verbessert der Einsatz von Basistherapeutika durch den deutlichen Rückgang der entzündlichen Aktivität sowohl Mortalität und Morbidität [5] [6] als auch die Thromboseneigung. Zusätzlich sind medikamentenspezifische Aspekte zu berücksichtigen, da einige – wie z. B. Glukokortikoide, NSAR/Coxibe oder JAK-Inhibitoren – als Nebenwirkung eine dosisabhängige ATE- und VTE-Risikoerhöhung aufweisen können. Zumindest bei Patienten mit vorigen ATEs und VTEs wurde dies für Tofacitinib in der ORAL Surveillance Studie nahegelegt. Für andere JAK-I stehen noch Studiendaten aus.


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Thrombozyten

Thrombozyten spielen eine zentrale Rolle nicht nur bei der Blutgerinnung und somit zur Erhaltung der vaskulären Unversehrtheit, sondern fungieren auch als potente Katalysatoren von Immunprozessen. Die immunologischen Mechanismen der Thrombozyten entfalten ihre Wirkung beispielsweise über die Aktivierung des Komplementsystems [7], Toll-like Rezeptoren (TLR, [8]), Interaktion mit Lymphozyten und dendritischen Zellen über CD40L [9] oder programmed death ligand 1 (PD-L1, [10]). Darüber hinaus sind aktivierte Thrombozyten an der Bildung von Inflammasomen beteiligt [11] und können IL-1β sezernieren. Dieses proinflammatorische Zytokin triggert die Endotheladhäsion von Monozyten und neutrophilen Granulozyten und fördert damit die konsekutive Thrombusbildung [12]. Gleichzeitig führen entzündliche Prozesse zu erhöhter Sekretion von Fibrinogen und vWF (als Akutphaseproteine), die über die Bindung am Glykoprotein IIb/IIIa Rezeptor die Thrombozytenaggregation fördern.

Manche dieser Mechanismen sind auch in die Pathophysiologie von Autoimmunerkrankungen involviert, was sowohl zu einer erhöhten Thromboseneigung als auch zu einer Intensivierung der Entzündungsreaktion führt. So wurden in der Synovialflüssigkeit von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) Mikrovesikel nachgewiesen, die ursprünglich von Thrombozyten stammen und IL-1β beinhalten. Darüber hinaus sezernieren Thrombozyten proinflammatorische Prostaglandine sowie Serotonin, was zur vaskulären Permeabilität der Synovialgefäße und Erhaltung der Inflammation führt [13]. Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) kann es zur Interaktion zwischen zirkulierenden Immunkomplexen mit dem Thrombozyten Fc-Rezeptor kommen, was zur Plättchenaktivierung führt [14]. Aktivierte SLE-Thrombozyten ihrerseits interagieren mit dendritischen Zellen via CD40/CD40L und führen zu einer Erhöhung der IFNα Produktion und somit zur Aufrechterhaltung der Entzündung [13].

Sehr deutlich ist eine Thromboseneigung bei der Immunthrombopenie bekannt, die in der Regel eine hyperregenerative Thrombopenie darstellt. In dem Zusammenhang sind die Heparin-induzierte Thrombopenie IIa [15] als auch die Vakzin-induzierte thrombotische Thrombopenie (VITT) [16] sehr deutlicher Beweis für die klinische Bedeutung einer alleinigen Thrombozytenaktivierung in Folge einer Immunantwort. Ergo, nicht jede Thrombopenie zeigt ein vermindertes Thromboserisiko an.


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Neutrophile Granulozyten und Bildung von NETs

Die Rekrutierung von Monozyten und neutrophilen Granulozyten spielt eine wichtige Rolle sowohl als Teil des angeborenen Immunsystems in der Infektabwehr, als auch während der Gerinnungsaktivierung und Thrombusbildung [17]. Tissue Factor, ein Schlüsselprotein für die Ingangsetzung der Gerinnung via Gewebeaktivierung bei Zellschädigung, wird größtenteils von Monozyten bereitgestellt. Und auch die Bildung der „neutrophil extracellular traps“ (NETs) durch neutrophile Granulozyten, stellt eine wichtige Schnittstelle bzw. Interaktionsmechanismus von Inflammation und Koagulation dar [18]. Diese netzartigen Strukturen aus feinen Chromatin-Fasern und intrazellulären Granula-Inhalten führen zum Verfangen sowohl von eindringenden Mikroorganismen als auch von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten, was einen positiven Feedbackmechanismus für die Thrombusbildung darstellt. Die extrazellulären DNA-Strukturen formen darüber hinaus eine negativ geladene Oberfläche, welche den Gerinnungsfaktor XII und damit die Kontaktaktivierung der Gerinnung initialisieren kann [19]. Diese Gewebe- und/oder Kontaktaktivierung des Gerinnungssystems kann sich bei Entzündungserkrankungen vor allem durch den entzündlichen Zellzerfall, analog zu malignen Erkrankungen verstärken. Interessanterweise führt eine Behandlung von Mäusen mit Enoxaparin zum Ausbleiben der NET-Bildung [17], was deutlich macht, dass Heparine nicht nur die Blutgerinnung beeinträchtigen, sondern auch eine pleiotrope antiinflammatorische Wirkung entfalten und dies ein grundsätzlicher Unterschied zu den Vitamin K Antagonisten (VKA) und den direkten oralen Antikoagulantien (DOACs) darzustellen vermag [20]. Auch die direkte NET-Blockade durch die Gabe von DNAse konnte venöse Thrombosen (TVT) effektiv verhindern, was potentiell neue Ansätze für die VTE- Prophylaxe und Therapie eröffnen kann. Die antiinflammatorische Wirkung von Heparinen wurde auch bei präklinischen Antiphospholipidsyndrom (APS) Modellen verdeutlicht [1] [21], in denen der Einsatz von selektiven Antikoagulantien wie Fondaparinux wirkungslos waren.

Sowohl eine gesteigerte Bildung von NETs, die als Quelle für Autoantigene und Komplementaktivierung fungieren, als auch ein gestörter NETs-Abbau sind in der Pathophysiologie mehrerer Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel RA, SLE, ANCA assoziierter Vaskulitis und Antiphospholipidsyndrom involviert [22]. Eine anti-inflammatorische Therapie durch TNFα und IL-6 Zytokinblockade im Rahmen der RA Therapie konnte auch die NETs Bildung nachweislich reduzieren [23]. Weitere experimentelle Ansätze zur Modulierung von NETs werden aktuell bei unterschiedlichen Erkrankungen ausprobiert [24].


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Humorale Faktoren

Komplementsystem

Inflammation, Gerinnung und Komplementsystem weisen zahlreiche Ähnlichkeiten und Wechselwirkungen auf [25]. So führt eine persistierende Komplementaktivierung parallel über Akutphase der Entzündungsreaktion auch zur erhöhten vWF-Sekretion sowie zu einer direkten Endothelschädigung mit prothrombogenen Risiken. Auch einzelne Komplementfaktoren können mit der Koagulation interagieren: Der Komplementfaktor C5a reguliert beispielsweise TF und PAI-1 hoch und kann sowohl Thrombozyten als auch neutrophile Granulozyten und die NET Bildung aktivieren [26]. Ein weiteres wichtiges System der Interaktion von Gerinnung und Inflammation ist das Bradykinin/Kallikreinsystem, welches darüber hinaus auch in die Regulation von Endothelfunktionen involviert ist.

Mit Blick auf Autoimmunerkrankungen, spielt das Komplementsystem bekanntermaßen eine wichtige pathophysiologische Rolle in der Entstehung und Unterhaltung von Kollagenosen. So ist z. B. ein kongenitaler C1q-Mangel einer der stärksten genetischen Risikofaktoren für die Entwicklung von SLE [27]. Die Komplementaktivierung durch Antiphospholipid Antikörper verstärkt die Gerinnungsaktivierung, was den Einsatz von Komplementinhibitoren wie Eculizumab beim refraktären APS, dem lebensbedrohlichen katastrophalen APS (CAPS) aber auch einigen thrombotischen Mikroangiopathien begründet [28].


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Extrinsische Faktoren

COVID-19

COVID-19 ist überwiegend eine systemische Entzündungserkrankung, die von einer überschießenden Fehlregulation des Immunsystems mit simultaner Hyperkoagulopathie gekennzeichnet ist [29], auch wenn es Unterschiede zu anderen hyperkoagulabilen Erkrankungen gibt. Diese wurden anderenorts tiefgründig beschrieben. Wesentlich ist jedoch eine massive Endothelzerstörung durch die Infektion und Immunabwehr, die zu einer schweren Gewebe-bedingten Aktivierung und Hypofibrinolyse führen [30]. In der Folge zeigten sich Thromboembolien aufgrund von Hyperkoagulabilität und Hypofibrinolyse mit begleitendem Zytokinsturm [31]. Zeichen der Thromboinflammation lassen sich sowohl lokal durch infizierte Alveolarepithel- und Endothelzellen als auch systemisch nachweisen, was zum gemischten klinischen Bild von mikro- und makrovaskulären Thrombosen [32] im Rahmen massiver Immunaktivierung führt. Endotheldysfunktion mit gestörter Fibrinolyse, aktivierten Thrombozyten, IL-6 Sekretion, NETose und Komplementaktivierung konnten als Teil der Thromboinflammation bei COVID-19 gut dokumentiert werden [33]. Darüber hinaus wurden erhöhte Frequenzen von Antiphospholipid-Antikörpern in COVID-19 erkrankte Patienten beobachtet [34], die funktionell in der Lage waren NETs zu aktivieren und die Thrombusbildung durch multiple Signalwege zu beschleunigen [35]. Inwieweit es sich dabei um ein vorübergehendes Begleitphänomen handelt, wie auch im Rahmen anderer Infektionserkrankungen beschrieben ist [36], bleibt aktuell noch offen. Weitere Untersuchungen sind hier wichtig, da bei persistierenden Antiphospholipid-Antikörpern und vorliegenden klinischen Kriterien für APS eine sorgfältige Indikationsstellung der oralen Antikoagulation erforderlich ist.


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Schlussfolgerung

Die Vernetzung zwischen entzündlichen und prokoagulatorischen Prozessen bei simultan gestörter Fibrinolyse verläuft bidirektional im Sinne einer positiven Rückkopplungsschleife durch Zell-/Gewebeaktivierung der Gerinnung und führt ungebremst zur Thromboinflammation und erhöhten VTE sowie ATE Risiken. Obwohl wir gerade beginnen, ein besseres Verständnis der mechanistischen und klinischen Prozesse zu entwickeln, versprechen die neueren Erkenntnisse zur Thromboinflammation verbesserte Ansatzpunkte für prophylaktische als auch therapeutische Strategien zur Reduktion der ATE/VTE Risiken unserer Patienten.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Dr. Ana-Luisa Stefanski
Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte
Rheumatology an clinical immunology
Charitéplatz 1
10117 Berlin
Germany   
Phone: 004917657926058   

Publication History

Article published online:
02 November 2022

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Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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Abb. 1 | Auswahl zentraler Prozesse und Wechselwirkungen des Gerinnungs-/Immunsystems. Das konzertante Zusammenspiel zwischen endothelialer Dysfuntion, aktivierten Thrombozyten und anderen Immunzellen sowie simultaner Komplementaktivierung führt zur Aktivierung und gegenseitigen Verstärkung sowohl der Immunantwort als auch der Gerinnungskaskade (über Kontakt- und Gewebeaktivierung). Die Hyperkoagulabilität wird durch die gleichzeitige Hemmung von antithrombotischen Mechanismen (zB Fibrinolyse und Thrombomodulin-APC-System) verstärkt und führt zu einem erhöhten Risiko thromboembolischer Ereignisse. Abkürzungen: IL, Interleukin; TNF, Tumornekrosefaktor; vWF, von-Willebrand-Faktor; ICAM-1, Interzelluläres Zelladhäsionsmolekül 1; TF, Tissue facor; TM, Thrombomodulin; PC, Protein C; aPC, aktiviertes Protein C; aPS, aktiviertes Protein S; PAI-1, Plasminogen-Aktivator-Inhibitor Typ 1; aTZ, aktivierter Thrombozyt; MZ, Monozyt; NG, neutrophiler Granulozyt; aNG, aktivierter neutrophiler Granulozyt; LZ, Lymphozyt; DZ, dendritische Zelle; NET, Neutrophil extracellular trap; PG, Prostaglandin; GP, Glykoprotein; PF4,Plättchenfaktor 4.