Klin Monbl Augenheilkd 2024; 241(09): 1057-1061
DOI: 10.1055/a-1947-5639
Offene Korrespondenz

Die Strahlenkatarakt als Berufskrankheit infolge kumulativer Wirkung chronischer Strahlungsexposition in der augenärztlichen Begutachtung

Radiation Cataract as an Occupational Disease Due to Cumulative Effects of Chronic Radiation Exposure in Ophthalmological Evaluation
1   Augenklinik Universitätsmedizin, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald, Deutschland
,
Klaus Rohrschneider
2   Augenklinik, UniversitätsKlinikum Heidelberg, Deutschland
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Hintergrund

Mit der Beauftragung eines Zusammenhangsgutachtens durch die Berufsgenossenschaft muss der Augenarzt zunächst eine vollständige Erfassung der Anamnese und medizinischen Befundtatsachen vornehmen (objektive und subjektive Symptome, Funktionsprüfungen) und in einem 2. meist sehr wohl schwierigeren Schritt einen Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung (Unfallereignis) und dem Gesundheitsschaden prüfen. Die zweckmäßige Herangehensweise an individuelle medizinrechtliche Problemstellungen aus dem Sozialrecht unter Ausschluss konkurrierender medizinischer Hinweise und Risikofaktoren wurde zuletzt ausführlich von Rohrschneider und Tost (2020) sowie Tost und Stahl (2021) erläutert [1], [2]. Regelmäßig wiederkehrende häufige Konstellationen finden sich im Standardwerk „Medizinische Grundlagen der augenärztlichen Begutachtung“, herausgegeben von Gramberg-Danielsen 1996, in ausgezeichneter Weise zusammengefasst [3], dem unverändert für viele Bereiche Aktualität zukommt. Andererseits bedingt es der zwischenzeitliche medizinisch-wissenschaftliche Fortschritt unvermeidlich, dass auch einige ausgewählte fachmedizinische Aspekte Änderungen in der heutzutage vorherrschenden Meinung (Facharztstandard) unterliegen. Hierzu gehört die noch in den 90er-Jahren überwiegende Auffassung, dass die Augenlinse bei fraktionierter und protrahierter Bestrahlung eine höhere Strahlendosis tolerieren könne. Die damals in der obigen Monografie angegebenen Schwellendosen sind jedoch als obsolet zu betrachten (S. 237 – 238). In der interdisziplinären medizinischen Bewertung der Auswirkungen ionisierender Strahlung muss – inzwischen unabhängig von einer Schwellendosis bei fraktionierter/protrahierter oder chronischer Exposition – davon ausgegangen werden, dass sie individuell unterschiedlich geeignet sein können, pathologische Linsentrübungen und Schäden im Gefäßsystem hervorzurufen [4], [5], [6], [7], [8]. Im Interesse einer einheitlichen, reliablen und medizinisch schlüssigen augenärztlichen Begutachtung werden daher nachfolgende relevante Begutachtungsaspekte zu dieser Thematik zusammengefasst.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 05. August 2022

Angenommen: 16. September 2022

Artikel online veröffentlicht:
11. November 2022

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