Arthritis und Rheuma 2022; 42(06): 425-427
DOI: 10.1055/a-1967-9601
Verbandsnachrichten

Nachrichten der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

Kirsten Minden
1   Berlin
,
Julia Kühn
2   Münster
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Florian Milatz
3   Berlin
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32. Jahrestagung der GKJR in Berlin – „Kongress mit Neuköllner Charme“

Vom 31. August bis 3. September 2022 fand in Berlin die 32. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) gemeinsam mit dem 50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und der 36. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) statt. Das Estrel-Hotel Berlin beherbergte den nach 2 Jahren wieder in Präsenz durchgeführten Kongress, der von mehr als 2760 Teilnehmenden besucht wurde. Online nahmen 318 teil. Über 80 Kinderrheumatologinnen und Kinderrheumatologen waren vor Ort dabei.

Die thematischen Schwerpunkte des diesjährigen Kongresses waren die Zukunft der rheumatologischen Versorgung, neue Therapieoptionen, aber auch Organmanifestationen bei rheumatischen Erkrankungen in allen Lebensaltern. Diese wurden neben zahlreichen anderen interessanten Themen in den 57 wissenschaftlichen Sitzungen und 5 Frühstücksgesprächen aufgegriffen. Es referierten insgesamt 320 Vortragende, 38 Firmen präsentierten sich in der Ausstellung, 33 Industriesymposien wurden angeboten. Die GKJR trug mit 5 pädiatrischen Sitzungen, 2 Posterpräsentationen und 2 Frühstücksgesprächen zum Gelingen des gemeinsamen Rheumakongresses bei. Kinderrheumatologische Inhalte und Perspektiven flossen zudem in weitere 9 Sitzungen und 4 Posterwalks ein. Vor allem die Plenarsession zu Immundefizienz und Autoimmunität fand großes Interesse und gehörte zu den 5 teilnahmestärksten Sitzungen des Kongresses ([ Abb. 1 ]). Bis zum Ende des Jahres kann noch das On-Demand-Angebot in Anspruch genommen und auf Programminhalte und Sitzungen zugegriffen werden.

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Abb. 1 Plenarsession (Thema: Immundefizienz und Autoimmunität – 2 Seiten einer Medaille) mit kinderrheumatologischer Beteiligung. Quelle: ©Rheumaakademie/Hauss

Ein Highlight der Eröffnungsveranstaltung war die sehr eindrucksvolle mahnende Rede des Klimaexperten Mojib Latif (Kiel) zum Klimawandel. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden der Tradition folgend auch in diesem Jahr die Preise und Ehrenmitgliedschaften verliehen. Für ihre außerordentlichen Verdienste für die GKJR wurden Günther Dannecker (Laudator: Tilmann Kallinich) und Gerd Ganser (Laudator: Ulrich Neudorf) als neue Ehrenmitglieder der kinderrheumatologischen Fachgesellschaft feierlich gewürdigt ([ Abb. 2 ]).

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Abb. 2 Ernennung der neuen Ehrenmitglieder. Quelle: ©Rheumaakademie/Hauss

Der wissenschaftliche Abend im „Colonia Nova“ in Laufnähe des Tagungsortes war mit knapp 100 Teilnehmenden sehr gut besucht. Die Preisträger*innen des Forschungsmeetings, das am Vortag unter Leitung von Henner Morbach, Würzburg, stattgefunden hatte, stellten ihre Arbeiten vor und wurden mit dem Forschungspreis der GKJR ausgezeichnet. Außerdem wurde das Forschungsvorhaben zur Wirksamkeit und Akzeptanz von dorsalen Knieextensionsorthesen von Faekah Gohar aus Sendenhorst präsentiert, welches in diesem Jahr eine Projektförderung durch die GKJR erhielt. In spätsommerlicher Atmosphäre klang der Abend über den Dächern von Berlin mit fachlichen Diskussionen und Musik der „Three Women“ aus.

Allen Kinderrheumatologinnen und Kinderrheumatologen sei für die aktive Teilnahme am Kongress und das großartige Mitwirken herzlich gedankt.


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Wahl des neuen Vorstandes

Bei der Mitgliederversammlung am 1. September 2022 wurde Klaus Tenbrock (Aachen) zum Vorsitzenden, Daniel Windschall (Sendenhorst) zum 1. Stellvertreter, Catharina Schütz (Dresden) zur 2. Stellvertreterin und Tilmann Kallinich (Berlin) zum Schriftführer gewählt. Kirsten Mönkemöller (Köln) wurde als Schatzmeisterin im Amt bestätigt.

Kirsten Minden, Berlin


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Preisträger des GKJR-Forschungsmeetings

Wie in den Vorjahren wurden auch in Berlin die besten Beiträge des Forschungsmeetings mit einem Preis ausgezeichnet. Beim wissenschaftlichen Abend der GKJR konnten Julia Kühn (Münster) und Florian Milatz (Berlin) ihre Urkunden entgegennehmen.

T-Helferzellen von Kindern mit systemischer juveniler idiopathischer Arthritis spezialisieren sich während ihrer Differenzierung bevorzugt auf B-Zell-Hilfe

Die systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA) ist eine seltene Erkrankung, die initial durch Autoinflammation gekennzeichnet ist. Es wird vermutet, dass in späteren Erkrankungsphasen auch Autoimmunität bedeutsam wird, insbesondere bei der Entwicklung von Arthritiden. Bislang ist die genaue Rolle des adaptiven Immunsystems allerdings wenig verstanden. In dieser Studie wurde untersucht, inwieweit T-Helferzellen und ihre Differenzierung in spezialisierte T-Helferzell-Subtypen zur Pathogenese der sJIA beitragen.

In Zellkulturexperimenten beobachteten wir, dass naive T-Helferzellen von sJIA-Patient*innen unvollständig zu Typ-1-T-Helferzellen (TH1-Zellen) differenzierten und nur geringe Mengen des für TH1-Zellen typischen Zytokins IFNg exprimierten. Stattdessen setzten kultivierte sJIA-T-Helferzellen vermehrt das Zytokin IL-21 und das Chemokin CXCL13 frei und prägten die Zelloberflächenmarker PD-1 und ICOS aus. Dieser Phänotyp zeigte sich auch in T-Helferzellen, die aus Blutproben von sJIA-Patient*innen isoliert wurden. Zusätzlich exprimierten die isolierten sJIA-T-Helferzellen vermehrt den Chemokinrezeptor CXCR5. Außerdem fanden wir eine starke Expression des Transkriptionsfaktors BCL6 in publizierten RNA-Sequenzierungsdaten aus Blutproben von sJIA-Patient*innen (GSE112057).

Der von uns beobachtete T-Helferzell-Phänotyp ist charakteristisch für follikuläre und periphere T-Helferzellen. Beide Zelltypen sind auf B-Zell-Hilfe spezialisiert und durch die Expression von IL-21, CXCL13, PD-1 und ICOS gekennzeichnet. Follikuläre T-Helferzellen exprimieren zudem CXCR5 und BCL6. Beide T-Helferzellen-Subtypen tragen durch ihre Interaktion mit B-Zellen zur Generierung von Autoantikörpern in diversen Autoimmunerkrankungen bei.

Im Folgenden haben wir untersucht, ob diese T-Helferzell-Subtypen auch in der sJIA mit B-Zell-Aktivierung und Autoreaktivität assoziiert sind. Wir beobachteten, dass kultivierte sJIA-T-Helferzellen besonders effektiv B-Gedächtniszellen zu Plasmazellen aktivierten, welche auf Antikörperproduktion spezialisiert sind. Darüber hinaus haben wir Serum-IgG-Proben von sJIA-Patient*innen hinsichtlich ihrer Reaktivität gegenüber > 6000 humanen Proteinen untersucht. Dabei fanden wir unterschiedliche Serum-IgG-Reaktivitätsprofile in sJIA-Patient*innen im Vergleich zu gesunden Kindern.

Zusammenfassend konnten wir zeigen, dass T-Helferzellen von sJIA-Patient*innen bevorzugt zu peripheren und follikulären T-Helferzellen differenzierten, die effektiv Plasmablasten generierten. Zudem fanden wir differenzielle IgG-Autoreaktivitätsprofile in sJIA-Patient*innen im Vergleich zu gesunden Kindern. Diese Beobachtungen weisen auf eine potenzielle Rolle von T-Helferzellen und Autoreaktivität in der Pathogenese der sJIA hin. Ob und wie die Interaktion von T-Helferzellen und B-Zellen zu Autoimmunität und/oder der Entwicklung von Arthritiden beiträgt, soll weiter erforscht werden.

Julia Kühn, Münster


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Erfassung körperlicher Aktivität und sitzenden Verhaltens im Rahmen der ActiMON-Studie

Aufgrund mangelnder valider Messwerte zum alltäglichen Bewegungsverhalten junger Rheumatiker*innen werden im Rahmen der ActiMON-Studie als Teilprojekt des Forschungsverbundes TARISMA (BMBF-finanziert) das Bewegungsverhalten unter Alltagsbedingungen erfasst und potenzielle Einflussfaktoren auf körperliche Aktivitäten identifiziert. Die Patientenrekrutierung und Erfassung von Bewegungsdaten erfolgt mithilfe von 7 teilnehmenden Kinderrheumazentren bei 12- bis 20-Jährigen mit JIA, jDM und jSLE. Diese sind angehalten an 7 konsekutiven Tagen während aller Wachzeiten einen Beschleunigungssensor (ActiGraph wGT3X-BT) zu tragen, der mittels Gurt lateral an der rechten Hüfte befestigt wird. Bewegungsbezogene Selbstangaben, einschließlich u. a. Fragen zur sozialen Unterstützung und emotionalen Befindlichkeit werden mittels Aktivitätsfragebogen (MoMo-AFB, KIGGS-Studie) erhoben. Klinische Daten werden im Rahmen der Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher (Kinder-KD) erfasst und mit den Bewegungsdaten verknüpft.

Zwischenergebnissen zufolge (n = 47, mittleres Alter 14 Jahre, 72 % Mädchen), erreicht der überwiegende Teil der JIA-Patient*innen das von der WHO empfohlene Mindestmaß an moderater bis intensiver körperlicher Aktivität, weist jedoch zugleich ein sehr ausgeprägtes sitzendes Verhalten mit hoher Bildschirmnutzungsdauer auf. Der zeitliche Umfang körperlicher Aktivitäten stand dabei im signifikanten Zusammenhang zur verbrachten Zeit in sozialen Netzwerken und zu depressiven (PHQ-9) sowie Angstsymptomen (GAD-7). Patient*innen mit zeitlich besonders umfangreicher Bildschirmnutzung schätzten ihre motorischen Fähigkeiten (insbesondere Koordination, Beweglichkeit und Kraft) schlechter ein als jene mit geringer Nutzungsdauer.

Zu den am häufigsten genannten Emotionen während/nach sportlicher Betätigung gehörten „Freude“ und „Wohlfühlen“, wobei diese signifikant mit der Häufigkeit sportlicher Betätigung zusammenhingen. Patient*innen, deren Eltern sportlich aktiv sind und die Bewegungsförderung ihres Kindes unterstützen, erfüllten mit größerer Wahrscheinlichkeit die WHO-Empfehlung als Patient*innen ohne elterlichen Support. Mit fortschreitender Rekrutierung sollen weitere Einflussvariablen auf das Bewegungsverhalten identifiziert und bewegungsbezogene Daten mit alters- und geschlechtsgematchten Kontrollen aus der Normalbevölkerung (Motorik-Modul, KIGGS-Studie) verglichen werden.

Florian Milatz, Berlin

IMPRESSUM

Verantwortlich für den Inhalt

Martina Niewerth

GKJR-Geschäftsstelle, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum, Berlin


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Kontaktadresse

Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie
Geschäftsstelle
c/o Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ)
Programmbereich Epidemiologie
Gabriele Berg
Charitéplatz 1
10117 Berlin
Phone: 030/28 460-632   
Fax: 030/28 460-744   

Publication History

Article published online:
09 December 2022

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Abb. 1 Plenarsession (Thema: Immundefizienz und Autoimmunität – 2 Seiten einer Medaille) mit kinderrheumatologischer Beteiligung. Quelle: ©Rheumaakademie/Hauss
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Abb. 2 Ernennung der neuen Ehrenmitglieder. Quelle: ©Rheumaakademie/Hauss