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DOI: 10.1055/a-1975-9263
Internationale Studienergebnisse
Iliotibialband-Syndrom – Progression richtet sich nach Schmerztoleranz
Ein Schmerzsyndrom des Iliotibialbandes (ITB) tritt bei 12–52 % der Freizeitläufer*innen auf und bei 1 bis 5 % der Rekrut*innen im Militär. Im Bereich der Überlastungsverletzungen der unteren Extremitäten bei Frauen gilt es als eine der häufigsten Verletzungsformen und tritt sowohl bei Rennradfahrer*innen als auch bei Spielsportler*innen häufig auf. Dieses narrative Review stellt ein Update des Erklärungsmodells zu dieser Erkrankung dar und weist auf neue evidenzbasierte Behandlungsmethoden hin.
Das bisherige Modell des reibungsbasierten Schmerzes wurde durch neuere Studien herausgefordert und erweitert. Sie konntenzeigen, dass das ITB vermutlich nicht über die Femurepikondyle rutscht und keine Bursa, sondern ein Fettgewebepolster zu reizen scheint, was in der Folge zur Schmerzsensation führt. Weiterhin wird auf der Basis umfassender anatomischer Arbeiten die Genauigkeit und Aussagekraft des Ober's Test als Indikator eingeschränkt. Zum einen wird bei der Untersuchung keine Kraft aufgebracht, die groß genug wäre für eine tatsächliche Dehnung, und andererseits scheint der M. gluteus medius und minimus der limitierende Faktor in Adduktion zu sein. Zusätzlich ergibt sich aus pathophysiologischen und biomechanischen Studien immer mehr die Vermutung einer zu geringen Abduktionskraft und eines damit verstärkten Valgus als entscheidenderes Problem.
Begriffe der Forschungsmethodik
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Dieses finden Sie unter bit.ly/Glossar_physiopraxis oder bequem über den QR-Code.
Entsprechend dieser Entwicklung werden folgende Assessments vorgeschlagen:
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Noble Test
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Evaluation der Trainingsbelastung (Volumen, Bergläufe etc.)
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evtl. Schmerz bei Treppensteigen o. Ä.
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eine (Lauf-)Technikanalyse und eine Kraftmessung der Abduktion und Außenrotation der Hüfte
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Ausgeschlossen werden sollte patellafemoraler Schmerz, Arthrose, Außenmeniskus und Außenband.
Als Intervention schlagen die Autorinnen vor, dass in der ersten Phase, der eine kurze Ruhephase vorausgehen kann, eine progressive Belastung der proximalen Hüftmuskeln (Open Chain) stattfindet. Die Progression in Intensität und Menge richtet sich nach der Schmerztoleranz. In der folgenden Phase (Schmerz < 4/10) kommen Closed-Chain-Aufgaben hinzu. Diese werden bezüglich ihrer Dynamik und spezifischen Funktionalität (Laufen, Rudern o. Ä.) gesteigert. In dieser Phase sollten funktionell saubere Bewegungsmuster erlernt werden (Step-Down, Mini-Squats oder Sprünge etc.). Phase 3 steigert sowohl Dauer, Komplexität als auch Menge der Aufgaben aus Phase 2. Dynamische Bewegungen in voller ROM (Range of Motion) und Joggen oder Entsprechendes können jetzt progressiv gesteigert werden.
Fazit für die Praxis
Es handelt sich um eine sehr strukturierte Arbeit, die die neusten Details und Erkenntnisse in diesem Bereich gut zusammenfasst und eine sehr klare Progression der Intervention liefert. Dies lässt sich sehr einfach anwenden und gut kommunizieren und entspricht der Vorgehensweise in anderen Bereichen (LBP = Low Back Pain etc.). Es fehlen jedoch noch RCTs, um dies eindeutig zu untermauern.
tw
J Athl Train 2021; 56: 805–815
Publication History
Article published online:
16 February 2023
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