Schlüsselwörter
Ausbruch - Endoskopie - Transmission - Infektion - Hygiene - Prävention
Keywords
Outbreak - Endoscopy - Transmission - Infection - Hygiene - Prevention
Einleitung
Endoskopische Verfahren werden täglich in großer Anzahl sowohl zu diagnostischen als auch
zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Insbesondere Endoskope der Gastroenterologie werden
dabei in Körperarealen mit einer physiologischerweise hohen Erregerlast verwendet. Daher
werden gastrointestinale Endoskope bei ihrer Anwendung üblicherweise regelhaft mit einer
großen Anzahl an Bakterien, Viren und Pilzen kontaminiert. In den meisten Fällen kommen in der
Gastroenterologie wiederverwendbare Endoskope zum Einsatz, die dann nach ihrer Anwendung am
Patienten vor einer erneuten Nutzung aufbereitet werden müssen. Aufgrund des komplexen Aufbaus
dieser Medizinprodukte erfordert die Endoskopaufbereitung jedoch besondere Expertise und einen
möglichst standardisierten Arbeitsablauf, um das Risiko für eine unzureichende Aufbereitung zu
minimieren [1]
[2].
Trotz großer Sorgfalt bei der Reinigung und Desinfektion im Rahmen der Aufbereitung werden
jedoch seit Jahrzehnten immer wieder Übertragungen von Erregern durch Endoskope beschrieben
[3]
[4]
[5]. Dabei ist davon auszugehen, dass es hier noch eine große Dunkelziffer gibt, da
einzelne Transmissionen von Erregern der physiologischen Flora häufig unerkannt bleiben
dürften. Lediglich die Häufung von Erregernachweisen (nosokomialer Ausbruch; NA) bzw. der
Nachweis von Erregern mit einem besonders auffälligen Resistenzprofil hat eine reelle Chance,
überhaupt erkannt und dann auch publiziert zu werden [6].
Für die Sicherheit von Patienten sind Kenntnisse der Anwender über die Ursachen und Folgen
solcher Ereignisse jedoch zweifelsohne von großer Wichtigkeit. Die vorliegende Arbeit soll
dazu beitragen, eventuelle Wissenslücken zu schließen.
Material und Methodik
Datenbanken
Als primäre Datenquelle für das vorliegende systematische Review diente die Worldwide
Outbreak Database [7]
[8]. Es handelt sich dabei um die größte Sammlung von Beschreibungen von NA aller Art
mit derzeit mehr als 3700 Artikeln, die darin standardisiert und katalogisiert abgelegt
werden. Diese Datenbank wurde am 9. September 2022 anhand folgender Suchbegriffe abgefragt:
„MEDICAL EQUIPMENT/DEVICES“ als „SOURCE“. Als sekundäre Literaturquellen zur
Vervollständigung der Suche dienten anschließend die PubMed sowie die Embase mit folgender
Verknüpfung von MESH-Suchbegriffen:
AND
AND
Abschließend wurden die Literaturverzeichnisse aller auf diese Weise eingeschlossenen
Artikel abermals auf das Vorliegen weiterer, bislang nicht gefundener Artikel
geprüft.
Einschluss- und Ausschlusskriterien
Artikel wurden dann in die weitere Analyse eingeschlossen, wenn sie in einer
begutachteten Zeitschrift erschienen waren, einen klar abgrenzbar beschriebenen und durch
phänotypische und/oder genotypische Verfahren gesicherten NA mit Übertragungen von Erregern
auf Patienten im Rahmen einer ÖGD, einer ERCP oder KOLO beinhalteten und in englischer oder
deutscher Sprache publiziert worden waren. Es gab keine Einschränkungen hinsichtlich des
Zeitraums der Publikation bzw. des Ausbruches selbst.
Ergebnisse aus anderen Übersichtsarbeiten wurden nicht übernommen, da dies mit dem
Risiko einer versehentlich mehrfachen Berücksichtigung einzelner NA einhergeht und damit
einen Selektionsbias darstellen könnte.
Datenakquise
Die folgenden Parameter stellen die wichtigsten Charakteristika in NA dar und wurden von
allen eingeschlossenen Artikeln erhoben:
-
Setting: Land, Jahr des NA, Dauer des NA, medizinische
Fachrichtung, Art der Endoskopie, Anzahl an behandelten Patienten
-
Patienten: Kolonisationen inklusive Ort des
Erregernachweises, Art der nosokomialen Infektion, Häufigkeit eines tödlichen
Verlaufs
-
Erreger: Spezies, ggf. Nachweis auffälliger
Resistenzmechanismen
-
Geräte: Hersteller und Modell des Endoskops sowie der zur
Aufbereitung verwendeten Reinigungs- und Desinfektionsgeräte (RDGs), Art der
Aufbereitung (manuell vs. automatisch)
-
Ursache: Fehler bei der Anwendung, Fehler bei der
Aufbereitung, technisches Versagen, menschliches Versagen
-
Hygienemaßnahmen: Allgemeine Maßnahmen, spezifische
Maßnahmen in Abhängigkeit von der mutmaßlichen oder gesicherten Ursache des NA
Die Datensammlung wurde zunächst von einem Autor (P.M.S.) durchgeführt. Unklare
Sachverhalte wurden anschließend unabhängig von mehreren Autoren (P.M.S., P.C.S. und
R.-P.V.) bewertet und anschließend bis zum Erreichen eines Konsenses diskutiert.
Begriffsdefinitionen
-
Nosokomialer Ausbruch (NA): Abweichend von der für Deutschland in IfSG § 6 Abs. 3
Satz 1 aufgeführten Meldepflicht für das vermehrte Auftreten nosokomialer Infektionen
(!) mit mutmaßlichem epidemiologischem Zusammenhang wurde in der vorliegenden Arbeit ein
Ausbruch auch bereits durch die alleinige Übertragung von Erregern auf Patienten im
Rahmen einer Endoskopie als solcher gewertet, da dies bereits auf das Vorliegen eines
hygienerelevanten Problems hinweist.
-
Attack Rate (syn: Befallsrate): Beschreibt den Anteil tatsächlich Erkrankter an der
Gesamtzahl aller Patienten, die exponiert waren. Die Berechnung der Attack Rate erfolgte
nur für die Untergruppe derjenigen Studien, in denen alle dafür erforderlichen Angaben
von den jeweiligen Autoren benannt wurden.
-
Letalität: Beschreibt den Anteil Verstorbener an der Gesamtzahl der Erkrankten. Die
Berechnung der Letalität erfolgte nur für die Untergruppe derjenigen Studien, in denen
alle dafür erforderlichen Angaben von den jeweiligen Autoren benannt wurden.
Statistische Auswertung
Die Prüfung auf Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen wurde mittels SPSS 26.0
(SPSS Inc., Chicago, IL, USA) durgeführt (Autor M.M.K.). Unterschiede in kategorischen
Variablen wurden mit dem Pearson‘s-χ2-Test ermittelt. Mediane wurden mittels
Wilcoxon-Rangsummen-Test verglichen. Für signifikante verschiedene Ergebnisse wurde eine
Irrtumswahrscheinlichkeit (p) von <0,05 gefordert.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 73 NA in dieses systematische Review eingeschlossen, darunter 24 NA nach
ÖDG, 42 NA nach ERCP und 7 NA nach KOLO. Eine Übersicht über alle NA wird in der
Ergänzungstabelle im Supplement vorgehalten. Die [Tab. 1] gibt einen Überblick über die demografischen Daten aller ausgewerteten NA. Der größte
Anteil betroffener Patienten ergab sich nach KOLO (Attack Rate = 12,8%), gefolgt von 7,1% nach
ERCP und 3,5% nach GÖD (p>0,05). NA nach einer ERCP wiesen jedoch mit 12,7% die höchste
Letalität auf, gefolgt von 10,0% Letalität durch Infektionen nach KOLO und 6,3% nach ÖDG
(p>0,05).
Tab. 1 Nosokomiale Ausbrüche nach gastrointestinaler Endoskopie.
|
ÖDG
|
ERCP
|
KOLO
|
Ausbrüche [n]
|
24
|
42
|
7
|
Ausbrüche durch multiresistente Erreger [n; %]
|
7; 29,2%
|
25; 59,5%
|
0; 0,0%
|
Exponierte Patienten [n]
|
4,103
|
3,172
|
78
|
Patienten mit nachgewiesenen Übertragungen [n]
|
247
|
449
|
12
|
Letalität [%]
|
9/143 (6,3%)
|
26/205 (12,7%)
|
1/10 (10,0%)
|
Attack rate [%]
|
143/4,103 (3,5%)
|
205/2,898 (7,1%)
|
10/78 (12,8%)
|
Art der Wiederaufbereitung
|
|
|
|
Manuelle Aufbereitung [n; %]
|
12; 50,0%
|
8; 19,0%
|
3; 42,9%
|
Maschinelle Aufbereitung [n; %]
|
5; 20,8%
|
21; 50,0%
|
2; 28,6%
|
Keine Angabe [n; %]
|
7; 29,2%
|
13; 31,0%
|
2; 28,6%
|
Ursache für Übertragungen
|
|
|
|
a) Fehler in der Aufbereitung/menschliches Versagen [n; %]
|
11; 45,8%
|
12; 28,6%
|
4; 57,1%
|
b) Schäden am Endoskop/technisches Versagen [n; %]
|
1; 4,2%
|
8; 19,0%
|
0; 0,0%
|
Fehler aus beiden Kategorien [n; %]
|
3; 12,5%
|
9; 21,4%
|
1; 14,3%
|
Andere Ursachen [n; %]
|
9; 37,5%
|
13; 31,0%
|
2; 28,6%
|
Die [Abb. 1] sowie die [Tab. 2] zeigen die Verteilung des Erregerspektrums in NA nach gastrointestinaler Endoskopie,
mitunter wurden dabei auch mehrere Erreger durch ein einzelnes Endoskop zeitgleich übertragen.
Die darin aufgeführten Verteilungen der Erreger waren in Abhängigkeit von der Art des
Endoskops hoch signifikant verschieden (p<0,001). Bei den durch ÖDG übertragenen Erregern
handelte es sich zu einem großen Teil um Enterobakterien. Im Gegensatz dazu kam es via ERCP
vermehrt zur Transmission von Nonfermentern wie Pseudomonaden. Bemerkenswert erscheint der
vergleichsweise hohe Anteil an multiresistenten Bakterien wie von Enterobakterien mit
nachgewiesener Carbepenemase-Produktion ([Abb. 2] und [Tab. 3]).
Abb. 1 Anzahl nosokomialer Ausbrüche nach gastrointestinaler Endoskopie stratifiziert nach
Art des übertragenen Erregers.
Tab. 2 Erregernachweise in nosokomialen Ausbrüchen nach gastrointestinaler
Endoskopie.
|
Gesamt
|
Nonfermenter
[n; %]
|
Enterobakterien
[n; %]
|
Viren
[n; %]
|
Anderer Erreger
[n; %]
|
Mehrere Erreger
[n; %]
|
P-Wert
|
ÖGD
|
24
|
4;
16,7%
|
12;
50,0%
|
3;
12,5%
|
5;
20,8%
|
0;
0%
|
<0,001
|
ERCP
|
42
|
21;
50,0%
|
17;
40,5%
|
0;
0,0%
|
2;
4,8%
|
2;
4,8%
|
KOLO
|
7
|
0;
0,0%
|
3;
42,9%
|
4;
57,1%
|
0;
0,0%
|
0;
0,0%
|
Abb. 2 Anzahl nosokomialer Ausbrüche nach gastrointestinaler Endoskopie durch Bakterien, die
Enzyme zur Ausbildung von Antibiotikaresistenzen produzieren (Carbapenemasen: KPC =
Klebsiella pneumoniae Carbapenemase; OXA = Oxacillinase Carbapenemase; NDM = New Delhi
Metallo-β-Lactamase; VIM = Verona-intergon-encoded Metallo-β-Lactamasen. Sonstige
β-Lactamasen: ESBL = Extended Spectrum β-Lactamasen; AmpC = Ampicillin Klasse C
β-Lactamase; CTX-M = Cefotaxim-München β-Lactamase). Erreger können zeitgleich
verschiedene Resistenzmechanismen aufweisen.
Tab. 3 Nachweise von multiresistenten Erregern in nosokomialen Ausbrüchen nach
gastrointestinaler Endoskopie.
|
Gesamt
|
Carbapenemase-Bildner
[n; %]
|
Erreger mit anderen β-Lactamasen
[n;%]
|
Resistenzen gegenüber Reserverantibiotika
[n; %]
|
Andere Formen der Multiresistenz
[n; %]
|
Verschiedene Resistenzmechanismen
[n; %]
|
P-Wert
|
ÖGD
|
7
|
4;
57,1%
|
1;
14,3%
|
0;
0,0%
|
0;
0,0%
|
2;
28,6%
|
0,816
|
ERCP
|
25
|
9;
36,0%
|
5;
20,0%
|
2;
8,0%
|
1;
4,0%
|
8;
32,0%
|
KOLO
|
0
|
0;
0,0%
|
0;
0,0%
|
0;
0,0%
|
0;
0,0%
|
0;
0,0%
|
Die Aufklärung einer Ausbruchsursache und damit die unmittelbare Beendigung des Geschehens
ist das vorrangige Ziel einer jeden Ausbruchsuntersuchung. In der [Abb. 3] sind die typischen Hazard Analysis and Critical Control Points (HACCP) der
Endoskopaufbereitung in chronologischer Reihenfolge aufgeführt sowie die Häufigkeiten, mit
denen Fehler an den jeweiligen Aufbereitungsschritten nachgewiesen wurden, die dann letztlich
zum NA führten. In der [Tab. 4] sind Angaben zur Häufigkeit und Verteilung von technischem vs. menschlichen Versagen
zusammengefasst. Menschliches Versagen war hier mit 76,5% vs. 30,4% erheblich häufiger die
Ursache für eine unzureichende Aufbereitung (p=0,005). Diese Beobachtung war dabei unabhängig
von der Art des verwendeten Endoskops (p=0,173).
Abb. 3 Ursachen für nosokomiale Ausbrüche nach gastrointestinaler Endoskopie im Rahmen des
Arbeitsablaufs bei der Verwendung und Aufbereitung von Endoskopen nach Hazard Analysis and
Critical Control Points (HACCP) Analyse.
Tab. 4 Gründe für nosokomiale Ausbrüche nach gastrointestinaler Endoskopie.
|
Gesamt
|
Menschliches Versagen
[n; %]
|
Technisches Versagen oder Schäden am Endoskop
[n; %]
|
Fehler in beiden Kategorien
[n; %]
|
P-Wert
|
ÖGD
|
15
|
11;
73,3%
|
1;
6,7%
|
3;
20,0%
|
0,173
|
ERCP
|
29
|
12;
41,4%
|
8;
27,6%
|
9;
31,0%
|
KOLO
|
5
|
4;
80,0%
|
1;
20,0%
|
0;
0,0%
|
Manuelle Aufbereitung
|
17
|
13;
76,5%
|
0;
0,0%
|
4;
23,5%
|
0,005
|
Automatisierte maschinelle Aufbereitung
|
23
|
7;
30,4%
|
8;
34,8%
|
8;
34,8%
|
Diskussion
Die vorliegenden Daten unterstreichen eindringlich die Bedeutung der Krankenhaushygiene
für den Arbeitsbereich der Endoskopie. Immer wieder wurden und werden Übertragungen und
nachfolgend nosokomiale Infektionen nach solchen Untersuchungen beschrieben [9]. Zumindest in einigen Fällen konnten solche Ereignisse auf unzureichende Kenntnisse
und Fähigkeiten des aufbereitenden Personals zurückgeführt werden. So beschreiben
beispielsweise Suresh et al. in einer Umfrage unter 88 Technikern und Mitarbeitern in der
Krankenpflege mangelhafte Kenntnisse bezüglich der Endoskopaufbereitung. Weniger als 15% der
dort Befragten hatten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit in der Endoskopie eine Unterweisung im
Umgang mit dort verwendeten Geräten oder zu Themen der Infektionsprävention erhalten. Trotz
Verfügbarkeit von Standardarbeitsanweisungen (SOPs) zur Aufbereitung wurden daher bei der
Abfrage der tatsächlichen Kenntnisse im Mittel auch nur 62% der Fragen zutreffend beantwortet
[10].
Dies deckt sich mit Beobachtungen anderer, bei denen ebenfalls weniger als die Hälfte der
Mitarbeiter der Endoskopieabteilung zuvor in diese Tätigkeiten ausreichend detailliert
eingewiesen worden waren [11]. Um eine akzeptable Prozess- und damit auch Ergebnisqualität vorhalten zu können,
erscheint es daher unverzichtbar, dass regelmäßig Schulungen zum korrekten Vorgehen bei der
Endoskopanwendung und anschließenden -aufbereitung erfolgen [12]
[13].
Insbesondere nach einer ERCP wurden in den letzten Jahren gehäuft nosokomiale Ausbrüche
durch verunreinigte Endoskope berichtet [14]
[15]
[16]
[17]. Dabei handelt es sich um ein besonders komplex konstruiertes Instrument mit einer
Vielzahl an Bedienelementen, mechanisch beweglichen Anteilen (z.B. Albarran-Hebel),
kleinvolumigen Arbeitskanälen sowie mehreren Klappen und Dichtungen. Die meisten der
verfügbaren Daten über Endoskopie-assoziierte Infektionen beziehen sich auf Duodenoskope,
hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Albarran-Hebel [18]
[19]. Zudem können sich bei der Verwendung oder bei der Reinigung Mikroläsionen am Endoskop
ergeben, die die weitere Aufbereitung erheblich erschweren, da sich darin befindliche
Mikroorganismen oftmals der vollständigen Desinfektion entziehen. Ein weiteres Problem stellt
die Formation von Biofilm durch manche Bakterienspezies in den Arbeitskanälen des Endoskops
dar, die eine suffiziente Inaktivierung von Pathogenen ebenfalls erheblich erschwert [20]
[21]. Ist ein solcher Biofilm erst einmal ausgebildet, muss er besonders sorgfältig und
vollständig – meist mechanisch – entfernt werden, um weiteren Übertragungen vorzubeugen. In
einer kürzlich publizierten Prävalenzstudie wurden in 20% der darin untersuchten Duodenoskope
Kontaminationen mit oraler und gastrointestinaler Flora mit jeweils ≥20 Erregern pro 20 mL
gefunden [17]. Eine weitere US-amerikanische Studie berichtet eine Kontaminationsrate von 5% in 4032
Surveillancekulturen von 106 Endoskopen, darunter 0,6% obligat pathogene Erreger [22]. In einer Metaanalyse zu 13.112 Proben von 925 Duodenoskopen wurde sogar eine
Kontaminationsrate von 15,3% ermittelt [19]. Deshalb sollte die Reinigung speziell auf den Albarran-Hebel eingehen, da dieser mit
mehreren Ausbrüchen in Verbindung gebracht werden konnte [20]
[23]
[24]. Zur Risikominimierung wurde daher von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) ein
Safety Communication Letter mit detaillierten Vorgaben zur Wiederaufbereitung von
Duodenoskopen herausgegeben [25].
Eine Alternative zur Vermeidung von Transmissionen durch Endoskope könnten Einmalendoskope
darstellen, die nach ihrer Verwendung nicht aufbereitet, sondern sofort verworfen werden [26]. In mehreren Studien wurde die Qualität solche Einmalendoskope von den Nutzern bereits
als den mehrfach verwendbaren Geräten äquivalent eingeschätzt [27]. Eine multizentrische französische Studie zur ERCP mit Einmalendoskopen zeigte bei 60
Personen eine erfolgreiche Durchführung der Untersuchung in 95% der Patienten [28]. Eine weitere Studie mit 73 Patienten kommt mit 96,7% zu vergleichbar guten
Ergebnissen [29]. Auch hinsichtlich der Bildqualität, der Bildstabilität sowie der Funktionalität von
den Arbeitskanälen für Luft und Wasser waren Einmalendoskope den mehrfach verwendbaren Geräten
nicht unterlegen [30]. Daten zu Erregerübertragungen durch Einmalendoskope sind bislang nicht verfügbar,
doch es erscheint naheliegend, dass dieses Risiko wohl extrem gering sein dürfte, sofern von
extern keine bereits kontaminierten Flüssigkeiten (z.B. Wasser) verwendet werden.
Auch die Kapselendoskopie gehört zu den Einmalprodukten. Die einmalige Anwendung und der
geringe Bedarf an medizinischem Personal verringert das Risiko der Exposition gegenüber
pathogenen Mikroorganismen und einer möglichen Kreuzinfektion [31]. Auch hier sind Daten zu Erregerübertragungen bislang nicht verfügbar.
Es gibt jedoch auch potenzielle Nachteile, wenn vorrangig Einmalendoskope zum Einsatz
kommen: Kosten und Gesichtspunkte des Umweltschutzes durch eine erhöhte Menge an Abfall. Eine
Übersichtsarbeit von Agrawal et al. gelangt zu der Einschätzung von Mehrkosten in Höhe von
$114 bis $281 durch die Verwendung von Einmalendoskopen [32]. Dabei muss bei der Gesamtkalkulation auch der für eine Aufbereitung ggf.
erforderliche Zeitaufwand berücksichtigt werden, der zwischen 19 Minuten (manuelle
Aufbereitung) und 76 Minuten (automatisierte maschinelle Aufbereitung) betragen kann [33]
[34]. Andererseits müssen je nach Hersteller für die Verwendung von Einmalendoskopen häufig
zusätzliche Komponenten, z.B. zur weiteren Bildverarbeitung, erworben werden. So ergeben sich
in der Kalkulation von Agrawal et al. nach Abwägung aller Einflüsse, inklusive der zu
erwartenden Kosten durch Transmissionen und der Behandlung daraus resultierender nosokomialen
Infektionen, durch die Nutzung von Einmalendoskopen im Vergleich zur Aufbereitung immer noch
Mehrkosten um den Faktor 5 bis 10 [32].
Auch der Umweltschutz ist ein relevanter Gesichtspunkt bei der Bewertung medizinischer
Maßnahmen. Ein Wechsel zu Einmalendoskopen für die Duodenoskopie und die Koloskopie würde die
Abfallmenge in diesem Bereich gegenüber der konventionellen Endoskopie um ca. 19% erhöhen
[35]. Auf der Digestive Disease Week 2021 schätzen Hernandez et al. einen etwa 20-fach
erhöhten Anfall an CO2, wenn Endoskope nach einmaligem Gebrauch für eine ERCP
bereits entsorgt würden [36]. Die Hersteller dieser Produkte sind sich dieser Problematik jedoch durchaus bewusst
und bemühen sich um umweltfreundliche Verbesserungen von Einmalendoskopen mit dem Ziel deren
klimaneutraler Verwendung bis zum Jahr 2030 [37], doch auch dann wird vermutlich nur ein kleiner Anteil der Wertstoffe tatsächlich
wiederverwendet werden können. Daher sollte unserer Ansicht nach gegenwärtig zur
Infektionsprävention lieber verstärkt Wert auf eine gute Ausbildung und Einweisung des
aufbereitenden Personals gelegt werden. Die Erstellung sowie die Überwachung der Einhaltung
von entsprechenden Standardarbeitsanweisungen (SOPs) sind vielerorts bereits verpflichtend.
Für Patienten mit Erkrankungen, die die Aufbereitung von Endoskopen erheblich erschweren, wie
z.B. Prionen bei einer Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, erscheint die Verwendung von
Einmalendoskopen jedoch bereits heute eine sinnvolle Alternative zu sein.