Aktuelle Rheumatologie 2023; 48(03): 169
DOI: 10.1055/a-1992-7992
Für Sie Notiert

Wie wirksam ist die COVID-19-Impfung bei Immunsuppression?

Risk M. et al.
COVID-19 vaccine effectiveness against omicron (B.1.1.529) variant infection and hospitalisation in patients taking immunosuppressive medications: a retrospective cohort study.

Lancet Rheumatol 2022;
4 (11) e775-e784
DOI: 10.1016/S2665-9913(22)00216-8.
 

Verschiedene Untersuchungen belegen, dass die beiden mRNA-Impfstoffe mRNA-1273 (Moderna) und BNT162b2 (Pfizer/BioNTech) immunsupprimierte Menschen vor Infektionen mit der SARS-CoV-2-Deltavariante (B.1.617.2) schützen. Gilt dies auch für die Omikron-Variante (B.1.1.529)? Dieser Frage ging ein US-Forscherteam mithilfe einer retrospektiven Kohortenstudie nach.


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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten mithilfe verschiedener Datenbanken Gesundheitsdaten von 168414 erwachsenen US-Bürgerinnen und -Bürgern aus dem Bundesstaat Michigan aus. Als Studienzeitraum wählten sie dabei Dezember 2021 bis März 2022, also den Zeitraum mit Omikron-Dominanz. Sie prüften, wie gut die beiden mRNA-Vakzinen mit Immunsuppressiva behandelte Menschen vor einer Infektion mit der Omikron-Variante bzw. vor einer COVID-19-bedingten Hospitalisation schützen. Die Immunsuppressiva umfassten dabei konventionelle synthetische DMARDs (disease-modifying antirheumatic drugs), biologische DMARDs sowie Glukokortikoide.

Ergebnisse

Das Studienkollektiv umfasste 162805 immunkompetente Personen, darunter 128375 geimpfte und 34430 ungeimpfte, sowie 5609 (3%) immunsupprimierte Personen, darunter 4863 geimpfte und 746 ungeimpfte. 58% der Studienteilnehmenden waren Frauen und 77% waren europäischer Abstammung. Die immunsupprimierten Menschen infizierten sich unabhängig vom Impfstatus signifikant häufiger mit SARS-CoV-2 als die immunkompetenten und die COVID-19-Hospitalisationsrate der nicht geimpften immunsupprimierten Personen war signifikant höher als die der ungeimpften aber immunkompetenten Personen. Bei den mit Immunsuppressiva behandelten Patientinnen und Patienten zeigte sich: Nach 3 Dosen der BNT162b2- bzw. der mRNA-1273-Vakzine betrug die Schutzwirkung gegenüber der Virusinfektion 50 bzw. 60% (jeweils p<0,0001). Bei den immunkompetenten Personen belief sich die Effektivität der beiden Impfstoffe auf 35 bzw. 57% (jeweils p<0,0001). Die mRNA-Vakzinen schützten zudem vor COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalten: Diesbezüglich errechnete sich für die immunsupprimierten Personen nach 3 Dosen eine Impfeffektivität von 87% und für die immunkompetenten Personen von 92% (jeweils p<0,0001). Bei Berücksichtigung verschiedener Patientenfaktoren inklusive des Impfstatus zeigte sich: Immunsuppressiv wirkende DMARDs (Hazard Ratio 1,39; 95% KI 1,13–1,72), Glukokortikoide (Hazard Ratio 1,48; 95% KI 1,21–1,80) sowie eine Kombination von Immunsuppressiva aus verschiedenen Kategorien (Hazard Ratio 1,58; 95% KI 1,21–2,06), nicht aber immunmodulatorisch wirkende DMARDs, prädisponierten im Vergleich zur Nichteinnahme für eine SARS-CoV-2-Infektion. Immunsuppressiv wirkende DMARDs (Hazard Ratio 2,32; 95% KI 1,23–4,38) und Glukokortikoide (Hazard Ratio 2,93; 95% KI 1,77–4,86) stellten ferner signifikante Risikofaktoren für eine COVID-19-bedingte Hospitalisation dar. Eine Knochenmark- oder Organtransplantation begünstigte sowohl eine SARS-CoV-2-Infektion als auch eine COVID-19-bedingte Hospitalisation.

Fazit

Die beiden mRNA-Impfstoffe, so das Fazit der Forschenden, schützen immunsupprimierte Menschen relativ gut vor einer Infektion mit der Omikron-SARS-CoV-2-Variante und in hohem Maß vor einem COVID-19-bedingten Klinikaufenthalt. Da mit Immunsuppressiva behandelte Personen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung allerdings ein deutlich erhöhtes Risiko für schwere Infektionsverläufe haben, müssen sie immer über einen aktualisierten Impfstatus verfügen und priorisiert geimpft werden, fordern sie.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
01 June 2023

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