Krankenhaushygiene up2date 2024; 19(02): 177-192
DOI: 10.1055/a-2000-5249
Präventionsmaßnahmen

Implementation und Compliance

Abschneiden „alter Zöpfe“ durch soziale Einflussnahme
Thomas von Lengerke
,
Ella Ebadi
Preview

Evidenzbasierte Empfehlungen zur Infektionsprävention bilden den besten verfügbaren Wissenstand zu effektiven Maßnahmen ab. Allein: „Man“ muss es auch tun, um Infektionen zu verhindern und präventiv wirksam zu sein! Gegenüber dem Verändern althergebrachter, nicht-evidenzbasierter und ggf. schädlicher Praxis existieren jedoch häufig Widerstände. In diesem Beitrag lesen Sie, wie Sie durch soziale Einflussnahme die Implementation empfohlener Maßnahmen fördern können.

Kernaussagen
  • Verhalten und damit auch Compliance entsteht im Kontext und in Interaktion mit der Umwelt durch 2 psychische Systeme:

    • indirekt durch das „exekutive System“, mit dem wir uns bewusst, rational und reflektierend mit Zielen und zielrelevanten Verhaltensweisen auseinandersetzen;

    • und direkt durch das „operationale System“, das auf Basis von (halb-)automatischen Prozessen unsere Aufmerksamkeit und Verhalten auf Basis aktueller Bedürfnisse, emotionaler Qualitäten und von Umwelteinflüssen steuert.

  • Ausschließlich das exekutive System kann Nicht-Vorhandenes und damit z.B. auch vermiedene Infektionen psychologisch repräsentieren – motivierte Prävention ist also (bei aller Bedeutung des operationalen Systems) auf das exekutive System angewiesen.

  • Der Sozialpsychologe Robert B. Cialdini hat 7 Prinzipien sozialer Einflussnahme beschrieben, die dem Aufbau guter (im Zusammenhang der Krankenhaushygiene professioneller) Beziehungen, der Beseitigung von Ungewissheit oder dem Anstoßen von Handlungen dienen und vor allem am operationalen System ansetzen.

  • Diese Prinzipien (Gegenseitigkeit, Sympathie, Gemeinschaft, soziale Bewährtheit, Autorität, Knappheit sowie Commitment und Konsistenz), die in diesem Beitrag beschrieben werden, haben ein bisher zu wenig genutztes Potenzial für die Förderung infektionspräventiver und -kontrollierender Compliance in Gesundheitseinrichtungen als einer zentralen Aufgabe von Hygieneteams.

  • Immer sollte – dem Berufsbild und -ethos von Hygieneteams entsprechend – das Patientenwohl die treibende Kraft sein (und nicht gewerbliche Interessen, bezüglich deren Verfolgung die Prinzipien bisher mehrheitlich angewandt worden sind).



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
22. Mai 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany