Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-2003-1368
Kommentar zu JUNGES FORUM – Digitale Lehre kam gut an
Die COVID-19-Pandemie hat weltweit zu einem tiefgehenden Wandel in der Lehre des Medizinstudiums geführt. Zur Minimierung des Infektionsrisikos der Studierenden und Erhalt der Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitssystems wurde der Präsenzunterricht zu Beginn 2020 vollständig oder überwiegend ausgesetzt. Der Ersatz erfolgte überwiegend mittels digitaler Transformation von klassischen Präsenzformaten wie Vorlesungen, aber auch über digitale Fallbeispiele oder, soweit pandemiebedingt möglich, im Flipped-Classroom-Prinzip mit vorbereitender digitaler Lehre und anschließendem Präsenzunterricht. Die plötzliche Notwendigkeit zur Nutzung digitaler Lehrformate stellte dabei sowohl Lehrende als auch Studierende vor neue Herausforderungen.
In ihrer Studie untersuchten die Autorinnen und Autoren die Bewertung, Präferenzen und Eignung digitaler Lehrformate des Fachbereichs Radiologie mittels zweier Umfragen unter Studierenden und Dozierenden in den USA. Positiv in den Studienergebnissen fällt auf, dass die Mehrzahl der Studierenden auch bei digitalen Lehrformaten einen Lerneffekt hinsichtlich der Sicherheit in der Indikationsstellung und Befundung radiologischer Bilddaten angab. Wenig überraschend zeigte sich jedoch sowohl bei Dozierenden als auch den Studierenden, die an digitalen und Präsenzformaten teilnehmen konnten, eine klare Präferenz für die Präsenzlehre.
Als häufigstes genutztes digitales Lehrformat wurde in den Umfragen die Online-Vorlesung in Echtzeit, als simple Transformation eines Präsenzformates ohne Nutzung möglicher der Online-Lehre inhärenter Vorteile, angegeben. Dies könnte in der pandemiebedingten Notwendigkeit zur raschen Erstellung digitaler Lehrformate und der laut Smith et al. mangelnden Vorerfahrung der Mehrzahl der Dozierenden mit digitaler Lehre bedingt sein. Entsprechend wurde sowohl von Studierenden als auch Lehrenden die Präsenzlehre als interaktiver bewertet und Interaktivität, z. B. über moderierte Chats auch für digitale Vorlesungen oder die Nutzung interaktiver Formate wie durch die Studierenden eigenständig zu bearbeitende digitale Fallbeispiele empfohlen. Dass solch interaktive digitale Lehre auch zeitnah innerhalb der Pandemiesituation umsetzbar war, zeigt das Beispiel „unirad“, ein fallbasiertes Lehrkonzept auf der digitalen Lernplattform „conrad“ der Deutschen Röntgengesellschaft. Mit „unirad“ wurde speziell für die studentische Lehre in Zeiten der Pandemie ein modulares fallbasiertes Kurssystem angeboten, in dem die Studierenden eigenständig anhand von DICOM-Datensätzen an die radiologische Befundung herangeführt werden und für das ein relevanter Wissenszuwachs erfolgreich dokumentiert werden konnte [1].
Auffällig an den Ergebnissen der Umfragen war die starke Fokussierung digitaler radiologischer Lehrformate auf die Allgemeinradiologie mit > 70 %, gefolgt u. a. von Neuroradiologie und interventioneller Radiologie mit jeweils knapp über 20 %. Es stellt sich die Frage, ob dies die besondere Herausforderung digitaler Lehre beispielsweise von Interventionen widerspiegelt. Gerade auch in diesem Bereich bieten sich jedoch innovative digitale Lehrformate wie Simulationen in virtueller Realität an [2].
Als besonders vielversprechend für die Zukunft wurde die Kombination von digitalen Ressourcen mit der Präsenzlehre und die Aufnahme von Veranstaltungen für die spätere Nutzung durch die Studierenden bewertet.
Die relevanteste in der Studie auch benannte Limitation betrifft die niedrigen Fallzahlen. So nahmen bis maximal 33 Lehrende an der Umfrage für Dozierende teil. Die Fragen des studentischen Fragebogens wurden durchschnittlich von ca. 30–40 Studierenden beantwortet. Jedoch wiesen auch ähnliche Umfragen wie von Stoehr et al. mit über 3286 Teilnehmenden aus 12 Ländern vergleichbare Ergebnisse in Hinsicht auf die erfolgreiche rasche Umstellung auf digitale Lehrangebote in der Radiologie und die Kritik mangelnder Interaktionsmöglichkeiten in den angebotenen digitalen Lehrformaten nach [3].
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Lerneffekt auch in lediglich digital transformierten Lehrformaten gegeben war und insbesondere interaktive digitale Lehre sowie Hybridkonzepte aus vorbereitender digitaler und zusätzlicher Präsenzlehre auch für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie vielversprechende Ansätze für die radiologische Lehre im Medizinstudium darstellen.
Publication History
Article published online:
26 May 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
-
Literatur
- 1 Brendlin AS, Molwitz I, Oechtering TH. et al. CoRad-19 – Modular Digital Teaching during the SARS-CoV-2 Pandemic. Rofo 2022; 194: 644-651 DOI: 10.1055/a-1752-0624. (PMID: 35439829)
- 2 Gelmini AYP, Duarte ML, de Assis AM. et al. Virtual reality in interventional radiology education: a systematic review. Radiol Bras 2021; 54: 254-260 DOI: 10.1590/0100-3984.2020.0162. (PMID: 34393293)
- 3 Stoehr F, Muller L, Brady A. et al. How COVID-19 kick-started online learning in medical education – The DigiMed study. PLoS One 2021; 16: e0257394 DOI: 10.1371/journal.pone.0257394. (PMID: 34547031)