Zusammenfassung
Hintergrund Ziel dieser Arbeit war die Darstellung der knöchernen Verbundfestigkeit und Belastbarkeit
einer in der Sinterungstechnik hergestellten 3-dimensionalen Titannetzbeschichtung
einer künstlichen Hüftpfanne. Unter den Extrembedingungen von abriebbedingten Osteolysen
bis hin zu Pfannenperforationen wurden der Grad des verbleibenden Knochens und die
Unversehrtheit der Beschichtung bestimmt. Die Untersuchung sollte Aufschluss darüber
geben, in welchen Schadensstadien nach Paprosky ein Belassen des Implantates mit alleinigem
Wechsel des Inlays aus rein materialtechnischer Sicht einer stabilen Beschichtung
noch vertretbar war.
Material und Methoden In einer retrospektiven Studie wurden 31 aseptisch gelockerte Hüftgelenkspfannen
des Typs Harris-Galante II mit einer durchschnittlichen Standzeit von 19,7 Jahren
(11–27 Jahre) untersucht. Der periazetabuläre Knochenverlust wurde bei der Revisionsoperation
in einer modifizierten Schadensklassifikation nach Paprosky (PAP) erfasst. Die an
der Beschichtung verbleibenden Knochenareale, die knochenfreien Zonen und die beschädigten
Areale des Titannetzes wurden mittels digitaler Flächenmessung bestimmt. Vollhemisphärische
Schnitte von 4 Hüftgelenkspfannen mit einer Standzeit von 16, 20, 22 und 27 Jahren
wurden mit der Diamantschlifftechnik histopathologisch untersucht.
Ergebnisse Der periazetabuläre Knochenverlust führte in 8 Fällen zur Schadensklassifikation
PAP I, in 7 Fällen zu PAP IIa, in 2 Fällen zu PAP IIb, in 9 Fällen zu PAP IIc, in
3 Fällen zu PAP IIIa und in 2 Fällen zu PAP IIIb. Der durchschnittliche Anteil des
Knochens, der nach der Explantation noch fest an der Beschichtung haftete, betrug.
In den Paprosky-I-Schadensfällen 40%, in den Stadien Paprosky IIa und IIb insgesamt
17,9%. Der durchschnittliche Anteil des Knochens der in den Stadien IIc, IIIa und
IIIb nicht mehr im Wirtslager verankerten Implantate betrug 2,21%. Der Beschichtungsschaden
des Titandrahtgeflechtes betrug im Durchschnitt 11% (0–100%) und war ausschließlich
den instabilen Implantaten der Stadien IIc, IIIa und IIIb zuzuordnen. Die histopathologischen
Befunde zeigten einen bis zu 27 Jahre nachweisbaren adaptiven Knochenumbau durch das
Titannetz hindurch bis tief an die Grenzfläche zum soliden Pfannenkern hin. Die Titaneinzeldrähte
waren meist von
lamellärem Knochen umwachsen.
Schlussfolgerung Die Ergebnisse zeigen, dass die Verbindung der Pfannenkernschale aus Tivanium und
der bisher ältesten und unverändert im Sinterungsverfahren hergestellten Beschichtung
in Form eines im Punkt- und Linienkontakt aufgesinterten 3-dimensionalen Netzes aus
Reintitandrähten auch unter den Extrembelastungen der periazetabulären Osteolysen
belastungsstabil bleibt. Die noch knöchern angebundenen Zonen der Beschichtung sind
zwangsläufig einer Mehrbelastung ausgesetzt, da sich die Kraftübertragung nur noch
auf diese Restareale verlagert. Da in den periazetabulären Schadensstadien Paprosky
I, IIa und IIb trotz einer erheblichen Verkleinerung der Anbindungsfläche keine Beschichtungsschäden
in den noch knöchern angebundenen Arealen auftraten, ist die Belassung des Implantates
in situ und seine Weiterverwendung mit alleinigem Austausch des Inlays in diesen Schadensstadien
aus rein materialtechnischer Sicht vertretbar.
Schlüsselwörter
Titandrahtnetzbeschichtung - Schichthaftung - künstliche Hüftpfanne