Ultraschall Med 2023; 44(01): 103-105
DOI: 10.1055/a-2006-4826
DEGUM-Mitteilungen

Pressekonferenz der DEGUM – Ultraschall in der Schwangerschaft – was ist sinnvoll und was nicht?

 

Wird mein Kind gesund zur Welt kommen? Hat es Fehlbildungen oder angeborene Erkrankungen? Dies sind zentrale Fragen, die werdende Eltern umtreiben. In Deutschland werden zahlreiche pränatale Untersuchungen angeboten. Doch welche sind besonders aussagekräftig? Und wie verlässlich sind die Trisomie-Tests, die neuerdings von den Krankenkassen bezahlt werden? Und wie kann Ultraschall helfen, wenn sich eine Schwangerschaft trotz Kinderwunsch nicht einstellen will? Antworten auf diese Fragen gaben die DEGUM-Experten Professor Dr. med. Christoph Berg, Professor Dr. med. Karl Oliver Kagan und Professor Dr. med. Markus Hoopmann bei einer Online-Pressekonferenz am 7. Dezember 2022. Eine Aufzeichnung gibt auf der Webseite der DEGUM unter www.degum.de/presse/pressekonferenzen.


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Ultraschallversorgung in der Schwangerschaft: DEGUM bemängelt fehlende flächendeckende Expertise

In Deutschland hat jede Schwangere das Anrecht auf 3 Ultraschalluntersuchungen, die im ersten, zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel stattfinden. „Diese Untersuchungen haben sich seit über 25 Jahren bewährt und sind fest im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Allerdings haben sich die Anforderungen an diese Diagnostik in den vergangenen Jahrzehnten potenziert und damit auch die Möglichkeiten der Prävention“, sagte Professor Dr. med. Christoph Berg, Leiter des Schwerpunktes Pränatale Medizin, Gynäkologische Sonografie und Fetalchirurgie an der Universitätsfrauenklinik Köln und DEGUM-Vorstandsmitglied.

Im Rahmen der 3 Ultraschalluntersuchungen werden neben der Anzahl der Feten und der Position der Plazenta auch Auffälligkeiten des fetalen Wachstums und der Fruchtwassermenge festgestellt. Seit 2010 bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen zudem in der 20. Schwangerschaftswoche eine systematische anatomische Untersuchung des Ungeborenen. „Diese sogenannte 2b-Untersuchung dürfen alle Frauenärzte durchführen, die eine Onlineprüfung bei der kassenärztlichen Bundesvereinigung bestanden haben“, erklärte Berg. Das sei in den Augen des Ultraschallexperten keine ausreichende Expertise für diese anspruchsvolle Diagnostik. Hinzu komme, dass der Untersuchende auch über ein ausgezeichnetes Ultraschallgerät verfügen sollte, um Fehlbildungen erkennen zu können. Das müsse, so Berg, zwingend eine weitere Voraussetzung für die 2b-Untersuchung sein.

Die DEGUM bietet in Zusammenarbeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen für Ultraschallanwender ein mehrstufiges Zertifizierungssystem, um damit eine flächendeckende und in ihrer Qualität gesicherte Ultraschalldiagnostik zu gewährleisten. „Im Sinne der Schwangeren wäre eine bessere pränatale Sonografie-Ausbildung sehr wünschenswert“, so Berg. Gerade mal 1090 der insgesamt 19 000 Gynäkologinnen und Gynäkologen in Deutschland haben eine DEGUM-I-Zertifizierung, die – so Berg – ausreichend für die 2b-Untersuchung qualifiziere. 769 Frauenärzte und -ärztinnen haben die Stufe II, 60 die Stufe III. Zu ihnen werden diejenigen Patientinnen überwiesen, bei denen Auffälligkeiten in der 2b-Untersuchung festgestellt wurden, oder die ein besonderes Risiko aufweisen. Damit wird deutlich, dass nur ein Bruchteil der Schwangeren in Deutschland eine Ultraschalluntersuchung durch einen speziell qualifizierten Pränataldiagnostiker erhält.

Zusätzlich zu den in den Mutterschaftsrichtlinien verankerten Ultraschalluntersuchungen nehmen viele Schwangere in Deutschland das Angebot eines speziellen Ersttrimesterscreenings wahr, das allerdings nach wie vor selbst bezahlt werden muss. Die Kosten hierfür betragen bis zu 300 Euro. Das Screening kann zwischen Anfang der 12. und Ende der 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden und besteht aus einer differenzierten sonografischen Untersuchung des Ungeborenen und einem optionalen Bluttest bei der Schwangeren. „Diese Ultraschalluntersuchung hat sich heute international zur wichtigsten Screeninguntersuchung in der Schwangerschaft weiterentwickelt“, sagt Berg. Speziell ausgebildete Ultraschallexperten könnten dabei eine Vielzahl chromosomal und nicht chromosomal bedingter Anomalien diagnostizieren, insbesondere Trisomien, syndromale Krankheitsbilder und Neuralrohrdefekte, aber auch einen Großteil der Herzfehler. „Wird diese frühe Ultraschallfeindiagnostik durch eine Blutentnahme und Blutdruckmessung bei der Mutter ergänzt, kann zusätzlich das Risiko für eine Mutterkuchenschwäche, wie auch für eine Schwangerschaftsvergiftung, abgeschätzt werden und eine entsprechende Prophylaxe initiiert werden“, erklärte der Experte.

Da das Ersttrimesterscreening aber nur von einem Teil der 600 000 gesetzlich versicherten Schwangeren pro Jahr in Anspruch genommen wird, fallen die meisten Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen erst bei der zweiten oder dritten routinemäßigen Ultraschalluntersuchung auf. Zu spät, findet Berg. Dies sei umso bedauerlicher, als dass es für viele fetale Erkrankungen sehr gute vorgeburtliche Behandlungsmethoden gebe und die Wahl eines entsprechend erfahrenen und ausgestatteten Perinatalzentrums die Prognose des Neugeborenen entscheidend verbessern könne, so der Experte. „Es wäre sehr wünschenswert, zumindest eine der 3 Ultraschalluntersuchungen in die Hand der am besten ausgebildeten und ausgerüsteten Untersucher zu geben, präferentiell die Untersuchung im ersten oder zweiten Trimester“, so Berg abschließend.


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NIPT kann den genauen Blick auf das Ungeborene nicht ersetzen

Für eine vorgeburtliche Erbgutanalyse war lange Zeit ein invasiver Eingriff notwendig, bei dem das notwendige Probenmaterial aus dem Fruchtwasser oder aus der Zottenhaut innerhalb der Gebärmutter gewonnen werden musste. Der NIPT dagegen macht sich die Tatsache zunutze, dass kindliche Erbgutstücke auch frei im Blut der Mutter treiben. Diese sogenannte zellfreie DNA kann risikolos gewonnen und auf Unregelmäßigkeiten hin untersucht werden. Erkennungsraten von 95 bis 99 Prozent für die genannten Trisomien und eine Falsch-Positiv-Rate von nur 0,1 Prozent suggerieren leicht, der NIPT stelle eine umfassende vorgeburtliche Gesundheitsprüfung dar. „Die Blutuntersuchung sollte aber keinesfalls als Universaltest für ein gesundes Kind betrachtet werden“, sagte Professor Dr. med. Karl Oliver Kagan, Leiter der Pränatalen Medizin an der Frauenklinik des Universitätsklinikums Tübingen und Leiter der DEGUM-Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe. „Das Testspektrum ist bislang zuverlässig auf die 3 gängigen Trisomien 21, 18 und 13 beschränkt, die je nach Alter der Mutter nur rund ein Achtel bis die Hälfte der Chromosomenstörungen ausmachen.“ Für alle weiteren Chromosomenstörungen sei weiterhin eine Fruchtwasseruntersuchung oder eine Chorionzottenbiopsie notwendig. Und auch ein positiver NIPT müsse unbedingt mit einem dieser invasiven Verfahren bestätigt werden.

Verglichen mit dem NIPT deckt die Ultraschallfeindiagnostik ein wesentlich breiteres Spektrum an kindlichen Gesundheitsstörungen ab. Als Bestandteil des Ersttrimesterscreenings wird sie zwischen dem Anfang der 12. und dem Ende der 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Die Untersuchung kann Hinweiszeichen, sowohl für die häufigen als auch für seltenere Chromosomenstörungen, sichtbar machen. „Der frühe Ultraschall ermöglicht es, das Risiko für genetische Störungen genauer einzuschätzen und sollte daher immer vor einem NIPT oder einer invasiven Diagnostik durchgeführt werden“, so Kagan.

Anders als die genetischen Testverfahren nimmt die Ultraschallfeindiagnostik zudem das ganze Kind in den Blick und erlaubt so auch Aussagen zu Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen, die keine genetische Ursache haben. „Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Spina bifida, der sogenannte offene Rücken“, sagte Kagan. Aber auch Herzfehler – von diesen sind rund 1 Prozent der Ungeborenen betroffen – und eine Vielzahl anderer strukturellerFehlbildungen ließen sich per Ultraschall entdecken. In der Regel ist dies im Rahmen der Organdiagnostik um die 20. Schwangerschaftswoche herum der Fall. In geübter Hand kann aber bereits die Hälfte der schwerwiegenden Fehlbildungen bei der frühen Ultraschalldiagnostik im Rahmen des Ersttrimesterscreenings erkannt werden. Neben einer umfassenden Fehlbildungsdiagnostik erlaubt der frühe Ultraschall auch Aussagen darüber, wie hoch das Risiko für bestimmte Schwangerschaftskomplikationen ist. „Bereits in der 12. bis 14. Schwangerschaftswoche kann mithilfe des Präeklampsie-Screenings das individuelle Risiko für diese Komplikation eingeschätzt werden“, so Kagan. Bei auffälligem Befund kann mit einer täglichen Gabe von Aspirin 150 gegengesteuert und das Risiko der für Mutter und Kind gefährlichen Komplikation halbiert werden. Eine Einschätzung des individuellen Frühgeburtsrisikos wiederum ist durch die sonografische Messung der Gebärmutterhalslänge möglich. Auch hier stehen präventive Maßnahmen zur Verfügung – ein weiterer Grund, so Kagan, weshalb die detaillierte Ultraschalldiagnostik auf keinen Fall aus der Schwangerenvorsorge verdrängt werden dürfe.


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Ungewollt kinderlos – wie Ultraschall bei der Ursachensuche helfen kann

Ungewollte Kinderlosigkeit kann viele Ursachen haben. Diese können sowohl beim Mann als auch bei der Frau liegen und reichen von organischen über hormonelle und psychische Ursachen bis hin zu Lebensstilfaktoren. Entsprechend schwierig gestaltet sich oft die Suche nach der einen, im individuellen Fall maßgeblichen Ursache. „Gerade im gynäkologischen Bereich steht uns jedoch mit dem Ultraschall ein einfaches und schonendes diagnostisches Verfahren zur Verfügung“, sagte Professor Dr. med. Markus Hoopmann, Leiter der gynäkologischen Sonografie an der Frauenklinik des Universitätsklinikums Tübingen. Angeborene oder neu entstandene Auffälligkeiten an der Gebärmutter oder an den Eierstöcken, die einer Schwangerschaft im Wege stehen, lassen sich mithilfe der sonografischen Bildgebung meist zuverlässig feststellen. Dennoch werde die Rolle des Ultraschalls nach wie vor unterschätzt, so Hoopmann. Die Technik werde häufig erst sehr spät eingesetzt, der Leidensweg der Paare damit unnötig verlängert.

Beispiel Endometriose

Als Beispiel für eine gynäkologische Erkrankung, bei der der Mangel an gezielter Diagnostik besonders deutlich werde, nannte Hoopmann die Endometriose. Diese Erkrankung, die 8 bis 15 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter betrifft, ist durch Absiedelungen der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter gekennzeichnet. Je nach Lage und Ausmaß dieser Endometrioseherde leiden die betroffenen Frauen unter mehr oder weniger starken chronischen Schmerzen und häufig auch unter ungewollter Kinderlosigkeit. „Ab dem Beginn der Beschwerden vergehen im Durchschnitt 6 bis 10 Jahre, bis eine Endometriose diagnostiziert wird“, so der Tübinger Gynäkologe. Bei ausgeprägten Beschwerden oder unerfülltem Kinderwunsch könne es sinnvoll sein, die Endometrioseherde operativ zu entfernen. Nicht nur bei der Diagnose, auch bei der Planung einer solchen Operation komme dem Ultraschall eine wichtige Rolle zu. Sowohl die Lage der Herde als auch ihre Ausdehnung lasse sich recht zuverlässig per Ultraschall bestimmen, sodass die Technik die Entscheidung zwischen einem minimalinvasiven Eingriff oder einer aufwendigeren offenen Operation effektiv unterstützen könne.


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Beispiel Gebärmutter- und Eierstockerkrankungen

Auch angeborene Fehlbildungen der Gebärmutter können eine Schwangerschaft erschweren. Häufig liegen sogenannte Septen – also Trennwände – in der Gebärmutterhöhle vor, oder die Gebärmutter ist im oberen Bereich doppelt angelegt. „Vor Beginn der Familienplanung bleiben diese Besonderheiten meist unbemerkt“, sagte Hoopmann. Bei unerfülltem Kinderwunsch fänden sie sich jedoch bei bis zu 7 Prozent, bei wiederholten Fehlgeburten sogar bei bis zu 17 Prozent der betroffenen Frauen. Auch hier könnten mithilfe einer einfachen und nicht invasiven Ultraschalluntersuchung Klarheit gewonnen und die Möglichkeiten einer operativen Behandlung ausgelotet werden.

Nicht zuletzt wird das Thema Fruchtbarkeit auch bei Wucherungen an den Eierstöcken tangiert, obwohl diese den Kinderwunsch nicht direkt betreffen müssen. „Raumforderungen an den Eierstöcken, die nicht mit den normalen zyklischen Veränderungen erklärt werden können, sollten immer diagnostisch abgeklärt werden“, betont Hoopmann. Der erste Schritt hierbei sei idealerweise eine nicht invasive transvaginale Ultraschalluntersuchung. Diese sei extrem hilfreich, um eine potenziell bösartige Wucherung vorab zu bestimmen und daraufhin die Operation planen zu können. Während eine kanzeröse Veränderung großzügig entfernt werden müsse, könne eine gutartige Wucherung deutlich schonender angegangen werden. Sollte sich eine schonend operierte Wucherung jedoch im Nachgang als bösartig herausstellen, sei die Gefahr groß, dass durch den Eingriff Tumorzellen in die Bauchhöhle verschleppt wurden. Auf der anderen Seite sei die Entfernung größerer Teile oder eines ganzen Eierstocks bei Frauen im gebärfähigen Alter immer kritisch abzuwägen. Die Art der Wucherung per Ultraschall zuverlässig einschätzen zu können, erleichtere somit die Abwägung zwischen dem Erhalt des Eierstocks aus Gründen des Kinderwunsches und der Entfernung desselben, um onkologische Sicherheit zu erzielen. „In den Händen eines erfahrenen Experten können hier Erkennungsraten von 97 Prozent erreicht werden“, sagte Hoopmann – ein besonders beeindruckendes Beispiel für die Leistungsfähigkeit der modernen Ultraschalldiagnostik.

Die Pressemitteilungen (inkl. Quellennachweise) finden Sie online unter https://www.degum.de/presse/pressemitteilungen


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Publication History

Article published online:
07 February 2023

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