Aktuelle Urol 2023; 54(02): 106
DOI: 10.1055/a-2012-6942
Referiert und kommentiert

Kommentar zu Urolithiasis bei Kindern und Jugendlichen: Thulium-Faserlaser versus Ho:YAG-Laser

Rezensent(en):
Walter Ludwig Strohmaier
1   Medical School Regiomed, University of Split, Coburg, Deutschland (Ringgold ID: RIN15020)
› Institutsangaben

Aufgrund der Besonderheiten der Anatomie und Physiologie des kindlichen Harnleiters ist die ESWL nach wie vor die Erstlinientherapie für nicht abgangsfähige Harnsteine im Kindesalter. Durch technische Verbesserung und die Miniaturisierung der endoskopischen Instrumente hat aber die Ureterorenoskopie (URS) auch bei Kindern breitere Anwendung gefunden [1]. In den vergangenen Jahren hat sich in der Erwachsenenmedizin der Thuliumfaserlaser in der endourologischen Steintherapie etabliert. Es konnte gezeigt werden, dass damit im Vergleich zum Holmiumlaser eine höhere Ablationsgeschwindigkeit und -effizienz und eine geringere Retropulsionsrate bei gleicher Patientensicherheit erreicht werden kann [2]. In einer randomisierten prospektiven Studie konnte mit dem Thuliumfaserlaser eine höhere Steinfreiheitsrate erzielt werden als mit dem Holmiumlaser [3]. Dies liegt in erster Linie daran, dass mit dem Thuliumfaserlaser leichter Kleinstfragmente bzw. Sand erzielt werden können.

Jaeger et al. haben jetzt ihre Erfahrungen mit dem Thuliumfaserlaser bei Kindern publiziert. Dies ist die erste Publikation zu dieser Technik bei kindlichen Harnsteinen. Dabei konnten die Autoren die Ergebnisse bei Erwachsenen bestätigen. Auch wenn es sich dabei um eine retrospektive Studie handelt und die Serie der mit dem Thuliumfaserlaser behandelten Kinder (n=32) relativ klein war, ist sie durchaus hilfreich, da es eine Vergleichsgruppe (Holmiumlaser, n=93) gab. Einige kritische Anmerkungen sind jedoch erforderlich:

  1. Die Laserzeit war für den Thuliumfaserlaser signifikant länger als für den Holmiumlaser (11 Minuten versus 2 Minuten). So stellt sich die Frage, ob bei einer längeren Laserzeit für den Holmiumlaser die Ergebnisse nicht besser gewesen wären.

  2. Leider liegen keine Angaben darüber vor, ob die Steinzusammensetzung in beiden Gruppen gleich war. Die unterschiedliche Härte verschiedener Steinarten könnte ansonsten ein Bias sein.

  3. Es wurde von den Autoren nicht beschrieben, ob in den beiden Gruppen Fragmente während des Eingriffs extrahiert wurde oder ob sie alle nach „dusting“ in situ belassen wurden.

  4. Ein weiterer Nachteil ist, dass die Autoren die Energieeinstellungen für den Thuliumfaserlaser leider nicht angegeben haben.

Auch wenn diese retrospektiven Ergebnisse vielversprechend sind, wird letztlich erst eine prospektive randomisierte Studie die Überlegenheit des Thuliumfaserlasers auch bei der Behandlung kindlicher Harnsteine beweisen können. Bedacht werden sollte in jedem Fall, dass auch bei der Anwendung des Thuliumfaserlasers Fragmente für eine Steinanalyse gewonnen werden, da die Kenntnis der Steinzusammensetzung gerade im Kindesalter von größter Bedeutung ist, weil Kinder per definitionem Hochrisikosteinbildner sind, die eine obligate Metaphylaxe brauchen [4].



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. April 2023

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