ZUSAMMENFASSUNG
Praktische Erfahrungen zum therapeutischen Einsatz des radioaktiven Edelgases Radon
(Halbwertszeit knapp 4 Tage) in Kurorten gehen zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts,
als der deutsche Physiker Friedrich Ernst Dorn das Gas entdeckte und als „Radium Emanation“
beschrieb. Eine typische Radonkur besteht aus einer Serie von ca. 10 bis 15 etwa halbstündigen
Expositionen in einem Radonvollbad bzw. einem Radoninhalationsraum, ggf. ergänzt durch
die Ingestion geringer Mengen im Rahmen einer Radontrinkkur. Nach Resorption über
die Haut oder Aufnahme über Lunge bzw. Darm wird Radon, das als Edelgas chemisch inert
ist, beim ersten Passieren der Lunge weitestgehend wieder abgeatmet.
Durch Studien gut belegt sind die lokalen Wirkungen einzelner Alpha-Zerfälle auf Zellen
in der unmittelbaren Umgebung (Reichweite von Alpha-Teilchen: ca. 1 mm), insbesondere
auf sog. dendritische Zellen des Immunsystems in der Haut (Langerhans-Zellen), im
Darm und in der Lunge. Typischerweise wirken dendritische Zellen modulierend auf viele
andere zelluläre Komponenten des Immunsystems im Sinne einer Dämpfung überschießender
(Auto-)Immunreaktionen. Wissenschaftlich am besten untersucht (durch randomisiert
kontrollierte Studien) sind die Wirkungen von Radonkuren auf entzündliche und degenerative
Erkrankungen des Bewegungsapparats, insbesondere Schmerz und Entzündung. Die positiven
Wirkungen sind für Zeiträume bis zu einem Jahr nachweisbar. Empirisch teils über lange
Zeiträume gut dokumentiert sind ähnliche Effekte bei anderen Störungen, bei denen
einem (über-)aktivem Immunsystem wesentliche Bedeutung für die jeweilige Pathologie
zukommt, nicht zuletzt auch bei Autoimmunerkrankungen.
Die zusätzliche Strahlungsbelastung durch eine Radonkur liegt im Streubereich der
natürlichen Strahlenexposition unterschiedlicher Regionen Deutschlands. Die jeweils
quantitativ geringe Strahlendosis im Rahmen einer begrenzten Anzahl von kurzzeitigen
Expositionen kann nicht mit den Wirkungen einer Dauerexposition verglichen werden,
da intermittierende Reize ganz offensichtlich nicht dem im Strahlenschutz postulierten
„linear no threshold“-Prinzip folgen, sondern, wie viele physiologische Variablen,
dem sogenannten Hormesis-Prinzip (etwa vergleichbar dem Heuschnupfen vs. der Hyposensibilisierung
mit dem gleichen Agens).
Die wohldosierte kurmäßige Anwendung des Edelgases Radon in den verschiedenen Applikationsformen
kann, richtig und kompetent eingesetzt, einen hohen Nutzen für Patienten generieren,
dem offensichtlich kein entsprechend erhöhtes Risiko gegenübersteht.
Schlüsselwörter
Intermittierende serielle Radonanwendung - Hormesis - Immunmodulation - Radonkurort