Aktuelle Kardiologie 2023; 12(03): 185-190
DOI: 10.1055/a-2023-2024
Kurzübersicht

ESC-Leitlinie Ventrikuläre Arrhythmien und plötzlicher Herztod 2022 – was ist neu?

ESC Guidelines 2022 on Ventricular Arrhythmias and Sudden Cardiac Death – What’s New?
Johanna Müller-Leisse
1   Hannover Herzrhythmus Centrum, Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
1   Hannover Herzrhythmus Centrum, Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Die ESC-Leitlinie Ventrikuläre Arrhythmien und plötzlicher Herztod 2022 beinhaltet zahlreiche neue Empfehlungen im Vergleich zur 2015er-Vorgängerversion, unter anderem zur primärprophylaktischen ICD-Implantation bei Kardiomyopathien. Die diagnostische Bedeutung der elektrophysiologischen Untersuchung zur Induzierbarkeit ventrikulärer Tachykardien, der Kardio-MRT zur Beurteilung von Fibrose sowie der humangenetischen Untersuchung zur Identifizierung von pathogenen Mutationen wurde hervorgehoben. Mehrere primär elektrische Erkrankungen erhielten erstmals eigene Abschnitte mit definierten Diagnosekriterien und ebenfalls neuen Empfehlungen zur Primärprävention. Die therapeutische Bedeutung von Katheterablationen wurde insgesamt aufgewertet, mit unterschiedlichen Empfehlungsgraden bei idiopathischen ventrikulären Tachykardien und ventrikulären Tachykardien auf dem Boden einer strukturellen Herzerkrankung. Im folgenden Artikel fassen wir weitere für die klinische Praxis besonders relevante Aspekte aus der neuen Leitlinie zusammen.

Abstract

The ESC guideline on ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death 2022 contains several new recommendations compared to the previous 2015 version. There are new indications for primary preventive ICD therapy in cardiomyopathies with a left ventricular ejection fraction > 35%. For risk stratification, an electrophysiological study with programmed ventricular stimulation, a cardiac MRI and/or genetic testing are indicated in many cases. Primary electrical diseases are given more emphasis in this guideline, with new diagnostic and therapeutic algorithms. Catheter ablation is increasingly recommended for ventricular arrhythmias in patients with idiopathic, ischemic as well as nonischemic ventricular arrhythmias, with different strengths of recommendation. The following article summarizes some of the most relevant new recommendations for clinical practice.

Was ist wichtig?
  • Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) ≤ 40% sowie Patienten mit nicht ischämischer Kardiomyopathie und einer LVEF ≤ 50% erhalten neue Empfehlungen zur primärprophylaktischen ICD-Indikation (ICD: implantierbarer Kardioverter-Defibrillator). Zur Risikostratifizierung werden verstärkt Kardio-MRT, Humangenetik und/oder eine elektrophysiologische Untersuchung empfohlen.

  • Die Katheterablation wird aufgewertet. Die Indikation besteht bei den meisten Patienten mit idiopathischen ventrikulären Tachykardien (VT) sowie bei Patienten mit rezidivierenden ventrikulären Tachykardien bei ischämischer Kardiomyopathie, vor allem bei VT unter chronischer Amiodarontherapie.

  • Die Leitlinie gibt Empfehlungen zur humangenetischen Untersuchung bei Ionenkanalerkrankungen, arrhythmogener rechtsventrikulärer Kardiomyopathie (ARVC) und hypertropher Kardiomyopathie (HCM) sowie bei dilatativer Kardiomyopathie (DCM) mit AV-Überleitungsstörung vor dem 50. Lebensjahr, positiver Familienanamnese für DCM/HNDCM (hypokinetische nicht dilatative Kardiomyopathie) oder dem plötzlichen Herztod vor dem 50. Lebensjahr sowie bei jungem Patientenalter. Die Empfehlungen gelten bei Patienten sowie erstgradigen Verwandten.



Publication History

Article published online:
06 June 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany