Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2023; 21(03): 1
DOI: 10.1055/a-2043-5670
Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Hans-Peter Friedrichsen
,
Uwe Gröber

trotz zahlreicher Aufklärungskampagnen in den vergangenen 20 Jahren klafft nach wie vor zwischen einer gesunden Ernährung in der Theorie und dem tatsächlichen Ernährungsverhalten in vielen Altersklassen, insb. bei Kindern und Jugendlichen, eine sehr große Lücke. Eine optimale kognitive Leistungsfähigkeit ist in allen Lebensphasen von hohem Stellenwert für die Vitalität. V. a. in der Kindheit und im Adoleszentenalter haben Ernährungseinflüsse entscheidenden Einfluss auf die Hirnentwicklung und kognitive Leistungsfähigkeit. Mikronährstoffe spielen daher nicht nur eine essenzielle Rolle für die allgemeine Zellentwicklung und Zellfunktion, sondern auch bei zahlreichen neurologischen Funktionen, wie der Neurotransmittersynthese, Myelogenese sowie der Bildung von Neurotrophinen. Eine adäquate diätetische Versorgung mit gehirnaktiven (Mikro-)Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralien und ω-3-Fettsäuren ist daher bei Schulkindern von elementarer Bedeutung für eine gesunde Hirnentwicklung. Wir freuen uns, Ihnen nutritive Interventionen vorzustellen, um die Hirngesundheit unserer Kinder und Jugendlichen zu verbessern.

Wie eine aktuelle Studie aus Baltimore bestätigt, haben Personen, die früh im Leben an Prädiabetes erkranken, ein nahezu 3-fach erhöhtes Risiko, im weiteren Lebensverlauf an Demenz zu erkranken. Insofern sind die Ergebnisse einer kürzlich in Deutschland durchgeführten Studie alarmierend. So wurde in der 2. Folgeerhebung der Studie KiGGS Welle 2 (inklusive KiGGS-Modul: EsKiMo II, 2015–2017) das Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen mittels Selbstangaben analysiert. Die Ergebnisse erlauben insb. eine Darstellung des Fast-Food-Konsums der Schulkinder (n=1 353). Danach konsumieren Mädchen im Mittel 57,5 g und Jungen 86,3 g Fast Food pro Tag, das entspricht etwa 400 g bzw. 600 g mikronährstoffarmes Fast Food pro Woche. Die Bedeutung einer optimalen Versorgung mit gehirnaktiven (Mikro-)Nährstoffen stellen wir in einem Grundlagenbeitrag vor.

ω-3-Fettsäuren haben für die kognitive Leistungsfähigkeit eine elementare Bedeutung. ¼ der Fettmasse des menschlichen Gehirns besteht allein aus der Docosahexaensäure (DHA). Epidemiologische und interventionelle Studien zeigen deutliche Zusammenhänge zwischen dem Versorgungsgrad von Kleinkindern, Schulkindern und Jugendlichen mit maritimen ω-3-Fettsäuren und der kognitiven Leistungsfähigkeit. Ärzte, Lehrer und Eltern sollten hierüber laut Dr. Schmiedel viel besser informiert sein.

Hauptquelle für die Bildung von freien Radikalen ist die mitochondriale Atmungskette. Aber auch Faktoren wie Rauchen, UV-Licht, Ozon, Umweltschadstoffe, Medikamente oder traumatische Schädigungen im Bereich der Halswirbelsäule induzieren Oxidativen oder auch Nitrosativen Stress. Bei chronischem Überwiegen von Stickoxid (NO) kann der Komplex IV der mitochondrialen Atmungskette reversibel blockiert werden. Welchen Stellenwert eine Kontrolle der nitrosativen Belastung bei einem Kind von 10 Jahren hat und wie durch Supplementierung u. a. von Vitamin B12 erfolgreich interveniert wird, stellt Dr. Weber anschaulich an einem Patientenbeispiel dar.

In 2 weiteren Beiträgen wird der Einfluss einer guten Versorgung mit pflanzlichen Inhaltsstoffen, den Polyphenolen auf die kognitive Funktion beleuchtet. Ein Großteil der antioxidativen und antiinflammatorischen Wirkungen der Polyphenole ist der Anzahl der OH-Gruppen bei der Entgiftung von ROS, RNS sowie der mitochondrialen Qualitätskontrolle (z. B. Biogenese der Mitochondrien, Mitophagie) geschuldet.

Dank der tatkräftigen Hilfe unserer Autoren können wir Ihnen erneut ein spannendes Heft mit interessanten Beiträgen präsentieren, das hoffentlich Ihren Geschmack trifft.

Dr. med. Hans-Peter Friedrichsen & Apotheker Uwe Gröber



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Article published online:
11 October 2023

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