Ultraschall Med 2023; 44(02): 214
DOI: 10.1055/a-2045-7973
DEGUM-Mitteilungen

DEGUM: Neue S2e-Leitlinie zur Fraktursonografie erschienen – Knochenbrüche sicher mit Ultraschall diagnostizieren

 

Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM) hat Anfang Februar 2023 in Zusammenarbeit mit 8 weiteren Fachgesellschaften eine neue S2e-Leitlinie zur Fraktursonografie veröffentlicht. Sie gibt einen Überblick, bei welchen Knochenbrüchen der Ultraschall eine Alternative oder Ergänzung zur Röntgenuntersuchung darstellt. Insbesondere bei Kindern eignet sich die Sonografie zur Diagnose, da sie schnell einsetzbar, schmerzarm in der Durchführung und gänzlich frei von ionisierender Strahlung ist. Im Wachstumsalter sieht es die DEGUM als lohnendes Ziel an, etwaige Strahlenbelastungen möglichst weit zu reduzieren.


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Link zur Leitlinie: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/085-003

In den vergangenen Jahren wurden bereits mehrere Publikationen zur Fraktursonografie veröffentlicht [1] [2] [3]. Vor allem beim Bruch des distalen Unterarms in der Nähe des Handgelenks – dem häufigsten Knochenbruch bei Kindern und Jugendlichen [4] – hat sich die Diagnostik mit Ultraschall bereits etabliert. Die neue Leitlinie regt an, bei Kindern bis 12 Jahren, die einen distalen Unterarmbruch erlitten haben, die Sonografie als Standarddiagnostik anzuwenden. Nur bei geplanter operativer Therapie sei zusätzlich eine Röntgenkontrolle erforderlich.

„In der Leitlinie zeigen wir jedoch noch zahlreiche weitere Indikationen für die Fraktursonografie auf“, sagt PD Dr. med. Ole Ackermann, Orthopäde und Unfallchirurg aus Duisburg und DEGUM-Leitlinienkoordinator. Beispiele dafür sind Brüche am Ellenbogen und am Oberarm, ebenso wie Rippen- und Schädelfrakturen bei Kindern und Jugendlichen. „Gerade bei Knochenbrüchen im Wachstumsalter ist der Ultraschall sehr gut geeignet, da die meisten Frakturen in dieser Zeit an einem bestimmten Teil der Röhrenknochen, den sogenannten Metaphysen, entstehen“, so Ackermann. „Diese sind in der Regel der Sonografie gut zugänglich.“

Die neue Leitlinie, an der 8 weitere chirurgische, radiologische und pädiatrische Fachgesellschaften beteiligt waren, hat es sich außerdem zum Ziel gesetzt, etwaige Unsicherheiten in der Ärzteschaft zu beseitigen. „Es gibt klare Vorgaben, wann Ultraschall ausreicht und wann eine Röntgen- oder CT-Kontrolle notwendig ist“, so Ackermann. Die Leitlinie stellt klar: Die Fraktursonografie sei nicht geeignet, die Röntgendiagnostik komplett zu ersetzen, sondern nur bei definierten Indikationen zu ergänzen und überflüssige Aufnahmen mit ionisierenden Strahlen zu vermeiden. Hierbei verweist die Leitlinie auf das ALARA-Prinzip („As low as reasonably achievable“). Es besagt, dass bei gleicher Sicherheit und Effizienz Röntgenstrahlung eingespart werden soll, wenn andere Methoden zur Verfügung stehen, die das gleiche Ergebnis erbringen.

Um Knochenbrüche sicher zu diagnostizieren, müssen die Behandelnden mindestens über ein Mittelklasse-Ultraschallgerät mit einem hochfrequenten Linearschallkopf verfügen, auch darauf geht die Leitlinie ein. Zudem sollten sie eine entsprechende Expertise in der Erkennung von Frakturzeichen und Kenntnisse über den Untersuchungsgang und dessen Dokumentation besitzen. „Die DEGUM bietet hierzu spezialisierte Fortbildungskurse an“, sagt Ackermann. In der medizinischen Ausbildung habe der Ultraschall zudem in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, sodass der ärztliche Nachwuchs über sehr gute sonografische Kenntnisse verfüge. Zertifizierte Ärztinnen und Ärzte mit entsprechender Expertise sind auf der DEGUM-Webseite unter https://www.degum.de/service/zertifizierte-aerzte.html zu finden.

„Insgesamt kann die Fraktursonografie eine schnelle, sichere und kosteneffiziente Methode sein, um Frakturen zu diagnostizieren und zu verfolgen“, ergänzt PD Dr. med. Christian Tesch, Leiter der DEGUM-Sektion Chirurgie, die ebenfalls maßgeblich an der Entstehung der Leitlinie beteiligt war. Es sei jedoch wichtig zu beachten, dass andere bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen oder CT-Scans in bestimmten Situationen erforderlich sein können.

Bei der Fraktursonografie sei bereits seit rund 40 Jahren bekannt, dass beim Anschallen der intakten Kortikalis-Oberfläche, diese sich als relativ scharfe weiße Linie darstellt und beim Vorliegen einer Fraktur diese unterbrochen ist, so Tesch. „Die Sicherheit der Aussage beträgt 95 bis 100 %“, sagt der Hamburger Chirurg. „Seit dieser Zeit untersuchen wir, wie diese Tatsache klinisch zu nutzen ist und seit 20 Jahren wird dieses Wissen in ausgewählten Zentren daraufhin überprüft. Seit 3 Jahren wissen wir um die Evidenz der Fraktursonografie genau Bescheid und für einige Anwendungsbiete konnten wir so sichere Aussagen treffen, dass zum Beispiel die Sonografie bei Frakturen der langen Röhrenknochen der oberen Extremität bei Kindern auch vom GBA auf die Empfehlung zur Übernahme in die BMÄ überprüft wird.“

Die Übernahme in die UV-GOÄ ist bereits erfolgt. Grundbedingung für diese hohe Sicherheit ist das exakte Anschallen der Knochenoberfläche im rechten Winkel, was trainiert werden muss. Dieses Training erfolgt durch entsprechende Kurse der DEGUM-Kursleiter, womit die hohe Qualität der Sonografie sichergestellt werden kann.


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  • Literatur

  • 1 Ackermann O, Wojciechowski P, Dzierzega M. et al. Sokrat II – An International, Prospective, Multicenter, Phase IV Diagnostic Trial to Evaluate the Efficacy of the Wrist SAFE Algorithm in Fracture Sonography of Distal Forearm Fractures in Children. Ultraschall in Med 2019; 40: 349-358
  • 2 Ultraschall statt Röntgen: Baucherkrankungen, Knochenbrüche, Rheuma: Sonografie als erste Wahl, Pressemitteilung der DEGUM, 30.08.2017.
  • 3 Schmid GL, Lippmann S, Unverzagt S. et al. Diagnostik bei Frakturverdacht – Ultraschall im Vergleich zu konventioneller Bildgebung. Systematisches Review und Metaanalyse. Dt Ärztebl 2017; 114: 757-764
  • 4 Kraus R, Schneidmüller D, Röder C. Häufigkeit von Frakturen der langen Röhrenknochen im Wachstumsalter. Dt Ärztebl 2005; 102: 838-842

Publication History

Article published online:
30 March 2023

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Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

  • 1 Ackermann O, Wojciechowski P, Dzierzega M. et al. Sokrat II – An International, Prospective, Multicenter, Phase IV Diagnostic Trial to Evaluate the Efficacy of the Wrist SAFE Algorithm in Fracture Sonography of Distal Forearm Fractures in Children. Ultraschall in Med 2019; 40: 349-358
  • 2 Ultraschall statt Röntgen: Baucherkrankungen, Knochenbrüche, Rheuma: Sonografie als erste Wahl, Pressemitteilung der DEGUM, 30.08.2017.
  • 3 Schmid GL, Lippmann S, Unverzagt S. et al. Diagnostik bei Frakturverdacht – Ultraschall im Vergleich zu konventioneller Bildgebung. Systematisches Review und Metaanalyse. Dt Ärztebl 2017; 114: 757-764
  • 4 Kraus R, Schneidmüller D, Röder C. Häufigkeit von Frakturen der langen Röhrenknochen im Wachstumsalter. Dt Ärztebl 2005; 102: 838-842