Aktuelle Kardiologie 2023; 12(04): 279-285
DOI: 10.1055/a-2046-8474
Kurzübersicht

Strahlentherapie und Herz

Cardiotoxicity of Radiation Therapy
1   Klinik III für Innere Medizin, Allgemeine und interventionelle Kardiologie, Elektrophysiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin, Universitätsklinik Köln, Köln, Deutschland (Ringgold ID: RIN234273)
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Roman Pfister
1   Klinik III für Innere Medizin, Allgemeine und interventionelle Kardiologie, Elektrophysiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin, Universitätsklinik Köln, Köln, Deutschland (Ringgold ID: RIN234273)
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Zusammenfassung

Die Strahlentherapie ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil der modernen Tumortherapie. Als strahlentherapieassoziierte, kardiovaskuläre Komplikationen können sowohl kurzfristig, vor allem aber viele Jahre nach Ende der Therapie eine koronare Herzerkrankung, eine Herzinsuffizienz, eine Pericarditis constrictiva oder eine Herzklappenerkrankung auftreten. Beschrieben ist dies besonders für Patienten mit Hodgkin-Lymphom, Bronchialkarzinom und linksseitigem Mammakarzinom wegen der meist thorakalen und damit herznahen Bestrahlung.

Ein besonders hohes Risiko für Toxizität besteht bei Patienten mit zusätzlicher Gabe von Anthrazyklinen, hohen Strahlendosen (> 25 Gy Mean Heart Dose, MHD), Krebserkrankung in Kindesalter sowie mehreren zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren. Insbesondere diese Patienten sollten langfristig kardiologisch nachuntersucht werden. Hierzu gehört die transthorakale Echokardiografie (mindestens alle 5 Jahre) und die nicht invasive Koronardiagnostik (alle 5–10 Jahre).

Abstract

Alongside chemotherapy and surgery, radiation therapy remains an important part of today’s cancer treatment. For patients with breast cancer, lung cancer and Hodgkin lymphoma the treatment volume typically includes the heart. These patients are at risk for developing coronary artery disease, heart failure, constrictive pericarditis and valvular disease up to decades after exposure.

High radiation doses (> 25 Gy mean heart dose, MHD), additional chemotherapy with anthracyclines, childhood or adolescence cancer survivors and additional cardiovascular risk factors increase the likelihood for radiation associated cardiovascular toxicity. Especially these patients need a long-term surveillance including echocardiography at least every 5 years and non-invasive diagnostic for coronary artery disease every 5–10 years.

Was ist wichtig
  • Die neuen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zu Kardioonkologie 2022 bieten eine strukturierte Risikostratifizierung von Krebspatienten mit Strahlentherapie und daraus abgeleitete Monitoring- und Nachsorgealgorithmen.

  • Zur Vermeidung von Toxizitäten wird die Optimierung von kardiovaskulären Risikofaktoren sowie die technische Reduktion der Strahlendosis auf das umliegende Herzgewebe empfohlen.

  • Patienten mit (sehr) hohem Risiko für eine kardiovaskuläre Toxizität – > 15 Gy Mean Heart Dose (MHD) + kumulativ Doxorubicin ≥ 100 mg/m2 – nach Strahlentherapie sollten nach 3 und 12 Monaten, dann nach 3 und 5 Jahren und anschließend alle 5 Jahre echokardiografisch untersucht werden sowie nicht invasiv auf koronare Herzkrankheit (KHK) alle 5 Jahre.

  • Patienten mit einem CIED (kardial implantiertes elektrisches Device) sollten vor und nach Strahlentherapie abgefragt werden und bei hohem Risiko für eine Schädigung auch während der Therapie überwacht werden.

  • Bei der Behandlung einer KHK und Klappenerkrankung sollte das erhöhte perioperative Risiko nach Bestrahlung am Thorax berücksichtigt werden und ggf. interventionelle Verfahren bevorzugt werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
09. August 2023

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