Nervenheilkunde 2023; 42(07/08): 486
DOI: 10.1055/a-2050-0025
Gesellschaftsnachrichten

Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie e. V.

Tom Bschor

Preisträgerinnen 2023: Verleihung der Promotionspreise

Jedes Jahr zeichnet die BGPN herausragende Promotionsarbeiten aus. Die Preisträgerinnen 2023 haben ihre Arbeiten im Rahmen der Mittwochsveranstaltung am 10.05.2023 präsentiert. Wir gratulieren ihnen an dieser Stelle noch einmal herzlich und möchten sie und ihre Arbeiten kurz vorstellen.

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Dr. Sonja Radde, Quelle: ©privat
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Dr. Shufan Huo, Quelle: ©privat

Psychiatrie

Dr. Sonja Radde ist Ärztin in Weiterbildung in der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus Berlin. In ihrem Forschungsschwerpunkt beschäftigt sie sich mit transgenerationaler Suizidalität. Während ihres Medizinstudiums an der Charité Berlin publizierte sie u. a. zu Abhängigkeitserkrankungen und arbeitete im Forschungsbereich Interkulturelle Migrations- und Versorgungsforschung.

Sie erhielt den Promotionspreis für ihre Arbeit über „Transgenerationale und familiäre Aspekte von Suizidalität: Familiäre Kommunikation, psychiatrische Symptomschwere und Suizidalität“. Suizid betrifft global 800 000 Menschen jährlich und hinterlässt betroffene Familien. Ein erlebter Suizid sowie dysfunktionale familiäre Kommunikation sind Risikofaktoren für suizidales Verhalten der Hinterbliebenen. Die Arbeit untersucht, wie diese Aspekte das Suizidrisiko beeinflussen. In einer Querschnittsstudie nahmen 52 Personen teil, die einen nahen Menschen durch Suizid verloren hatten. Mittels explorativer Faktorenanalyse wurde ein neuer Fragebogen entwickelt, der die intrafamiliäre Kommunikation über Suizid untersucht. Anschließend erfolgte ein Mediationsmodell. Der Fragebogen TFS-FK erfasst 4 Faktoren der Kommunikation. Die Hypothese, dass dysfunktionale Kommunikation über einen familiären Suizid zu erhöhter Suizidalität führt, konnte nicht bestätigt werden. Es zeigte sich eine Assoziation zu anhaltender Trauerstörung, wahrgenommener Stigmatisierung und Abwendung. Mittels des TFS-FK-Fragebogens kann die familiäre Kommunikation präzise erfasst werden. Die Relevanz einer offen-positiven statt einer tabuisierend-geheimnisvollen Kommunikation nach einem familiären Suizid für eine gemeinsame Trauer stellt wichtige Implikationen für Postventionsstrategien dar.


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Neurologie

Im Fachbereich Neurologie wurde Dr. Shufan Huo ausgezeichnet. Nach ihrem Medizinstudium in Heidelberg promovierte sie an der Charité Berlin. Sie arbeitet als Postdoktorandin im Falcone Lab des Departments für Neurologie der Universität Yale. Ihre Dissertation befasste sich mit dem Thema „Zirkulierende Mikrovesikel und kardiovaskuläres Risiko nach ischämischem Schlaganfall“. Mikrovesikel werden bei Zellaktivierung durch Ausstülpung der Zellmembran freigesetzt und enthalten Oberflächenmarker und teilweise Inhalte der Ursprungszelle. Endotheliale Mikrovesikel sind als Surrogatmarker für endotheliale Dysfunktion etabliert und mit schlechtem kardiovaskulärem Outcome assoziiert. Mikrovesikelkonzentrationen sind nach ischämischen Schlaganfällen erhöht und korrelieren mit der Krankheitsschwere. Ihre Bedeutung im kardiovaskulären Langzeit-Outcome nach ischämischem Schlaganfall war jedoch unklar.

Die Studie PROSpective Cohort with Incident Stroke Berlin (PROSCIS-B) beobachtete Schlaganfallpatienten über 3 Jahre, und der kombinierte Endpunkt umfasste Rezidivschlaganfälle, Myokardinfarkte und Tod. Die Plasmakonzentrationen von endothelialen, leukozytären, monozytären und thrombozytären Mikrovesikeln wurden per Durchflusszytometrie am 4. Tag nach Schlaganfall bestimmt. Zwischen 01/2010 und 06/2013 wurden 571 Patienten mit leichten bis moderaten Schlaganfällen rekrutiert. Es traten 95 Endpunkte auf. Schlaganfallpatienten mit Konzentrationen in den höchsten Quartilen endothelialer oder leukozytärer Mikrovesikel erlitten häufiger einen Endpunkt als Patienten mit niedrigeren Konzentrationen. Dieser Zusammenhang war für thrombozytäre Mikrovesikel schwach und für monozytäre nicht ausgeprägt.

Zusammengefasst hatten Schlaganfallpatienten mit hohen Konzentrationen endothelialer und leukozytärer Mikrovesikel eine langfristig erhöhte Inzidenz sekundärer kardiovaskulärer Ereignisse oder von Tod. Dies unterstreicht die Bedeutung endothelialer Dysfunktion und vaskulärer Inflammation für das Outcome nach Schlaganfall und kann bei der Risikoprädiktion wegweisend sein.


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
07. Juli 2023

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