Dtsch Med Wochenschr 2024; 149(16): 948-954
DOI: 10.1055/a-2057-1840
Dossier

Chronische Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Virusinfektion

Chronic HBV and HDV infection
Giuseppe Rusignuolo
,
Robert Thimme
,
Christoph Neumann-Haefelin
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Eine unbehandelte chronische Hepatitis-B-Virus-Infektion kann bis zur Leberzirrhose und zum hepatozellulären Karzinom fortschreiten, was durch eine rechtzeitige Diagnose und eine antivirale Therapie verhindert werden kann. Eine Heilung ist bisher aber in der Regel nicht möglich. Eine Koinfektion mit dem Hepatitis-D-Virus erhöht das Risiko einer Leberzirrhose. Auch für die Hepatitis D steht inzwischen eine effektive Therapie zur Verfügung.

Abstract

About 0,5% of the population in Germany has a chronic hepatitis B virus (HBV) infection. Untreated, chronic HBV infection can progress to liver cirrhosis and hepatocellular carcinoma (HCC). If diagnosed early, antiviral therapy can effectively prevent liver disease progression, but a cure is currently hardly achievable. About 5% of those chronically infected with HBV are also co-infected with the hepatitis D virus (HDV). HBV/HDV co-infection leads to liver cirrhosis in approximately 50% of patients within 5–10 years. Since 2020, the cell entry inhibitor bulevirtide is available as a specific therapy for HBV/HDV co-infection.

Kernaussagen
  • Für das initiale Screening auf eine chronische HBV-Infektion wird die Bestimmung von HBsAg und anti-HBc empfohlen.

  • Eine Therapieindikation für die chronische HBV-Infektion besteht bei einer HBV-DNA >2000IU/ml und gleichzeitig bestehender entzündlicher Aktivität (erhöhte Transaminasen).

  • Die Therapie der chronischen HBV-Infektion wird meistens mit Nukleosid- bzw. Nukleotidanaloga durchgeführt. Eine zeitlich begrenzte, jedoch nebenwirkungsreiche Therapiealternative steht mit PEG-IFNα zur Verfügung und kann v.a. jungen Patienten angeboten werden.

  • Bei der HBV-Therapie mittels Nukleo(t)sidanaloga handelt es sich um eine langfristige Therapie.

  • Eine Therapiepause kann frühestens nach 3 Jahren evaluiert werden, sofern bestimmte Kriterien erfüllt werden. In jedem Fall sollte eine Therapiepause gründlich mit dem Patienten besprochen werden und nur unter engmaschigen hepatologischen Kontrollen erfolgen.

  • Eine HBsAg-Negativierung, die auch als funktionelle Heilung bezeichnet wird, kann mit den aktuellen Therapien nur sehr selten erreicht werden.

  • Alle Patienten mit chronischer HBV-Infektion sollten zumindest einmalig auf eine HDV-Koinfektion getestet werden.

  • Patienten mit chronischer HDV-Koinfektion und hoher entzündlicher Aktivität oder höhergradiger Fibrose bzw. Zirrhose sollten dringend antiviral behandelt werden.

  • Für die Therapie der chronischen HBV/HDV-Koinfektion steht seit 2020 der virale Eintrittsinhibitor Bulevirtid zur Verfügung. Dieser muss täglich subkutan injiziert und als Dauertherapie eingesetzt werden. Für Patienten mit kompensierter Leberfunktion kann auch eine Kombinationstherapie aus Bulevirtid und PEG-IFNα eingesetzt werden.



Publication History

Article published online:
02 August 2024

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