Einleitung
Typ-2-Diabetes (T2D) und Adipositas sind eng miteinander verknüpft und gelten beide
als wichtige Risikofaktoren für die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen [1 ]
[2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]. Die Zahl der Menschen mit Diabetes und Adipositas ist in den letzten Jahren stark
gestiegen und wird weiterhin parallel dramatisch zunehmen. Im Jahr 2021 waren 537
Millionen Erwachsene im Alter von 20–79 Jahren bzw. 10 % der Weltbevölkerung in dieser
Altersgruppe von Diabetes betroffen. Darüber hinaus hatten 541 Millionen Erwachsene
eine beeinträchtigte Glukosetoleranz und dadurch ein hohes Risiko, T2D zu entwickeln
[6 ]. In einer Kohortenstudie entwickelten 6,6 % der englischen Bevölkerung ohne T2D
die Erkrankung über einen mittleren Zeitraum von 6,5 Jahren [7 ]. Außerdem sind 90 % der Patienten:innen mit T2D übergewichtig oder adipös [8 ], wobei Patienten:innen asiatischer, chinesischer, arabischer oder afrikanischer
Abstammung bei niedrigeren BMI-Grenzwerten gefährdeter sind, T2D zu entwickeln [7 ]. In Deutschland litten 2021 rund 6,2 Millionen Menschen an Diabetes, wobei Prognosen
zufolge die Zahl bis 2030 auf über 6,5 Millionen steigen wird [6 ]. Auch war Diabetes im Jahr 2021 weltweit für 6,7 Millionen Todesfälle verantwortlich,
davon 151.463 in Deutschland [6 ]. Dabei zeigen Studien, dass sich bereits eine Senkung des glykierten Hämoglobins
(HbA1c ) um 1 % auf viele diabetesbedingte Komplikationen positiv auswirkt, während eine
5–10%ige Gewichtsreduktion sowohl den HbA1c -Wert als auch kardiovaskuläre Risikofaktoren verbessert [9 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]. In der Look AHEAD-Studie hatten Patienten:innen mit T2D und einer mindestens 10%igen
Verringerung des Körpergewichts im ersten Jahr im Vergleich zu solchen mit stabilem
Gewicht oder Gewichtszunahme ein um 24 % geringeres Risiko für das erstmalige Auftreten
eines kombinierten kardiovaskulären Ergebnisses, bestehend aus nicht-tödlichen akuten
Myokardinfarkt oder Schlaganfall, stationäre Angina pectoris, Koronararterien-Bypass-Transplantation,
Carotis-Endarteriektomie, perkutane Koronarintervention, Hospitalisierung wegen kongestiver
Herzinsuffizienz, periphere Gefäßerkrankung sowie kardiovaskulären Tod oder Tod jeglicher
Ursache [13 ]. In Anbetracht der weitreichenden Folgen müssen daher sowohl die Senkung des Blutzuckers
als auch des Körpergewichts therapeutische Ziele sein, die eng miteinander verbunden
sind. Idealerweise sollten innovative therapeutische Ansätze zur Behandlung von T2D
deshalb nicht nur zur Senkung des HbA1c , sondern auch zur Gewichtsabnahme beitragen und eine überlegene Wirksamkeit gegenüber
gegenwärtig verfügbaren Behandlungsoptionen zeigen.
Derzeit zur Behandlung des T2D verfügbare GLP-1-Rezeptoragonisten (RAs) haben sich
als wirksam zur verbesserten HbA1c -Kontrolle erwiesen und zeigen den zusätzlichen Vorteil, dass sie die Gewichtsreduktion
fördern [14 ]. Ungeachtet dessen könnten Agonisten, die sowohl an Rezeptoren des Glukose-abhängigen
insulinotropen Polypeptids (GIP) als auch an GLP-1-Rezeptoren wirken, angesichts der
zusammenhängenden Mechanismen zur Verstärkung der Insulinsekretion, Regulation des
Körpergewichts und direkter sowie indirekter Verbesserung der Insulinsensitivität,
eine attraktive Kombination des Inkretin-Co-Agonismus zur T2D-Behandlung darstellen
[15 ]. Das anfängliche Interesse an der Entwicklung derartiger co-agonistischer Kombinationen
wurde jedoch zunächst gedämpft, da GIP in Studien seine insulinstimulierende Aktivität
bei Patienten:innen mit T2D verlor und eine unzureichende Wirkung auf die Glukosekontrolle
zeigte [16 ]
[17 ]. Die gleichzeitige Gabe von GIP und GLP-1 bei gesunden Personen kann allerdings
additiv wirken und die Insulinsekretion im Vergleich zur separaten Verabreichung der
jeweiligen Inkretine deutlich steigern [18 ]
[19 ]. In Tierversuchen führte eine 1- bis 3-wöchige Therapie mit kombinierten GIP- und
GLP-1-RAs im Vergleich zu Placebo nicht nur zu einer dosisabhängig stärkeren Senkung
des Blutzuckerspiegels, des Körpergewichts, der Nahrungsaufnahme und der Fettmasse,
sondern wirkte auch stärker als äquimolare Dosen von Exenatid oder Liraglutid [20 ]. Der kombinierte Agonismus an GIP- sowie GLP-1-Rezeptoren könnte sich im Vergleich
zu GLP-1-RAs möglicherweise auch synergistisch oder additiv auf Stoffwechsel und Gewichtsregulation
auswirken [21 ].
Basierend auf diesen Prinzipien wurde der subkutane GIP/GLP-1-RA Tirzepatid (LY3298176)
entwickelt. Dabei handelt es sich um ein synthetisches lineares Peptid aus 39 Aminosäuren,
die auf der nativen Sequenz von GIP beruhen [22 ]. Tirzepatid wurde so modifiziert, dass es sowohl an GIP- als auch an GLP-1-Rezeptoren
bindet und diese aktiviert. Der Wirkstoff ist an eine Albumin-bindende C20-Fettdisäureeinheit
gebunden, wodurch die Halbwertszeit auf 5 Tage verlängert und so eine einmal wöchentliche
Dosierung ermöglicht wird [22 ]. Tirzepatid ist bereits in vielen Ländern, einschließlich den USA und Ländern der
EU, für die Behandlung Erwachsener mit unzureichend eingestelltem T2D als Ergänzung
zu Diät und Bewegung zugelassen.
Die klinische Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Tirzepatid wurde in
Phase-1- und Phase-2-Studien demonstriert, in denen das Präparat bei Patienten:innen
mit T2D dosisabhängig den HbA1c -Wert um bis zu 2,4 % und das Körpergewicht um bis zu 11,3 kg senkte [22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ]. Wie für Inkretinmimetika zu erwarten, waren die Nebenwirkungen dosisabhängig und
bestanden hauptsächlich aus gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen,
die beide in der Regel leicht oder mittelschwer waren, hauptsächlich während der Dosiseskalationsperiode
auftraten und im Laufe der Zeit abnahmen [22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ]. Eine dieser Studien verglich verschiedene Tirzepatid-Dosiseskalationsschemata und
zeigte auf, dass niedrigere Anfangsdosen und kleinere Dosissteigerungen mit einem
günstigeren Nebenwirkungsprofil einhergingen [24 ].
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Tirzepatid bei Erwachsenen mit T2D wurde im
SURPASS-Programm klinischer Phase-3-Studien ([Abb. 1 ]) untersucht. Darüber hinaus werden die langfristigen kardiovaskulären Ergebnisse
bei Personen im Alter von ≥40 Jahren mit T2D in der laufenden SURPASS-CVOT-Studie
evaluiert. In diesem Review werden jedoch nur die derzeit verfügbaren klinischen Ergebnisse
mit Tirzepatid in den abgeschlossenen Studien SURPASS-1 bis -5 bei Erwachsenen mit
T2D zusammengefasst. Tirzepatid befindet sich außerdem in Phase 3 der Entwicklung
für die chronische Gewichtskontrolle bei Adipostas und die Behandlung der obstruktiven
Schlafapnoe bei Personen mit Adipositas (ohne T2D) und zur Verringerung unerwünschter
kardiovaskulärer Folgen bei Personen mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion
und Adipositas und ist auch in Phase 2 der Entwicklung als potenzielle Behandlung
für nichtalkoholische Steatohepatitis [26 ]. Kürzlich wurden überdies die ersten Ergebnisse für Tirzepatid als Mittel zur Gewichtsabnahme
bei Menschen mit Adipositas aus der SURMOUNT-1-Studie veröffentlicht [27 ]. Sämtliche letztgenannte Indikationen überschreiten jedoch den Rahmen dieses Übersichtsartikels.
Abb. 1 Das klinische Phase-3-Studienprogramm SURPASS. +, Zusatz zu; ±, mit oder ohne; CV,
kardiovaskulär; CVD, kardiovaskuläre Erkrankung; MET, Metformin; OAD, orale Antidiabetika
(SH, Biguanid, Alpha-Glucosidase-Hemmer, Thiazolidindion, Glinid oder SGLT-2i); SGLT-2i,
Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor (sodium-glucose co-transporter-2 inhibitor);
SH, Sulfonylharnstoff.
Die SURPASS-Studien
Das SURPASS-Phase-3-Programm beinhaltet Studien, die Tirzepatid 5 mg, 10 mg und 15 mg
als Monotherapie, als Zusatztherapie mit anderen Behandlungen und im Vergleich mit
etablierten blutzuckersenkenden Präparaten in Personen mit T2D untersuchten (SURPASS
1–5) [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Zusätzliche Studien (SURPASS J-mono [33 ] und SURPASS J-combo [34 ]) wurden mit japanischen Patienten:innen mit T2D durchgeführt, während SURPASS-AP-combo
nur Patienten:innen aus dem asiatisch-pazifischen Raum einschloss. Derzeit laufen
auch Studien mit T2D-Patienten:innen, die bereits ein Basalinsulin verwenden (um Tirzepatid
als Alternative zum Therapiebeginn mit einem prandialen Insulin zu bewerten; SURPASS-6)
sowie mit pädiatrischen und jugendlichen T2D-Patienten:innen (im Alter von ≥10 Jahren;
SURPASS-PEDS). Diese zusätzlichen SURPASS-Studien werden jedoch in diesem Manuskript
ebenfalls nicht weiter behandelt. Das Studiendesign der SURPASS-1 bis -5-Studien ist
in [Abb. 2 ] dargestellt, während primäre Endpunkte, Teilnehmerzahl, Vergleichspräparate sowie
Behandlungsdauer der SURPASS-Studien in
[Tab. 1 ]
zusammengefasst werden.
Abb. 2 Allgemeines Design der SURPASS-Studien [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Abhängig von der Studie wurden Tirzepatid und das Vergleichspräparat als Monotherapie
(SURPASS-1) oder als Kombinationstherapie (SURPASS-2 bis -5) verabreicht. a Aktive Vergleichspräparate wurden auf Basis akzeptierter Handlungsempfehlungen dosiert
bzw. titriert. b Studien-spezifisch. QW, einmal wöchentlich.
Tab. 1 Hauptcharakteristika der Phase-3-Studien SURPASS-1 bis -5 und -CVOT.
Studie
Studienpopulation
Hintergrundbehandlung
Behandlungsschema
Endpunkte
HbA1c, glykiertes Hämoglobin; KG, Körpergewicht; MACE, schwerwiegende unerwünschte
kardiovaskuläre Ereignisse (major adverse cardiovascular events); MI, Myokardinfarkt;
NBZ, Nüchternblutzucker; SC, subcutan; SGLT2i, Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor
(sodium glucose co-transporter 2 inhibitor); T2D, Typ-2-Diabetes.
SURPASS-1
[28 ]
(randomisierte, doppelblinde, multinationale Parallelgruppenstudie)
478 Erwachsene mit T2D, die durch Diät und Bewegung sowie ohne medikamentöse antidiabetische
Vortherapie unzureichend kontrolliert waren (mittlere Diabetesdauer 4,7 Jahre)
Keine
SC Tirzepatid 5, 10, 15 mg einmal wöchentlich
SC Placebo einmal wöchentlich
Primärer Endpunkt: Mittlere HbA1c -Veränderung vom Ausgangswert in Woche 40
Wichtige sekundäre Endpunkte: mittlere Veränderung des NBZ gegenüber dem Ausgangswert,
Anteil der Teilnehmenden mit HbA1c -Zielwerten <7,0 % (<53 mmol/mol) und < 5,7 % (<39 mmol/mol) sowie mittlere Änderung
des KG gegenüber dem Ausgangswert in Woche 40
SURPASS-2
[30 ]
(randomisierte, offene, multinationale Parallelgruppenstudie)
1878 Erwachsene mit T2D, unter Metformin ≥1500 mg/Tag unzureichend kontrolliert (mittlere
Diabetesdauer 8,6 Jahre)
Metformin
SC Tirzepatid 5, 10, 15 mg einmal wöchentlich
SC Semaglutid 1 mg wöchentlich
Primärer Endpunkt: mittlere HbA1c -Veränderung vom Ausgangswert in Woche 40
Wichtige sekundäre Endpunkte: mittlere Änderung des KG gegenüber dem Ausgangswert,
Anteil der Teilnehmenden mit HbA1c -Zielwerten <7,0 % (<53 mmol/mol) und < 5,7 % (<39 mmol/mol) in Woche 40
SURPASS-3
[31 ]
(randomisierte, offene, multinationale Parallelgruppenstudie)
1437 insulinnaive Erwachsene mit T2D, unzureichend kontrolliert unter Metformin +/-
SGLT2i für ≥3 Monate (mittlere Diabetesdauer 8,4 Jahre)
Metformin +/- SGLT2i
SC Tirzepatid 5, 10, 15 mg einmal wöchentlich
SC Insulin degludec
Primärer Endpunkt: mittlere HbA1c -Veränderung vom Ausgangswert in Woche 52
Wichtige sekundäre Endpunkte: Veränderung von HbA1c und KG gegenüber Ausgangswert sowie Anteil der Teilnehmenden mit erreichten HbA1c -Zielwerten <7,0 % (<53 mmol/mol) in Woche 52
SURPASS-4
[32 ]
(randomisierte, offene, multinationale Parallelgruppenstudie)
1995 Erwachsene mit T2D bei erhöhtem kardiovaskulärem Risiko, unzureichend kontrolliert
unter Metformin +/- Sulfonylharnstoff +/- SGLT2i (mittlere Diabetesdauer 10,5 Jahre)
Metformin +/- Sulfonylharnstoff +/- SGLT2i
SC Tirzepatid 5, 10, 15 mg einmal wöchentlich
SC Insulin glargin
Primärer Endpunkt: mittlere HbA1c -Veränderung vom Ausgangswert in Woche 52
Wichtige sekundäre Endpunkte: Veränderung von KG gegenüber Ausgangswert sowie Anteil
der Teilnehmenden mit erreichten HbA1c -Zielwerten <7,0 % (<53 mmol/mol) in Woche 52
SURPASS-5
[29 ]
(randomisierte, doppelblinde, multinationale Parallelgruppenstudie)
475 Erwachsene mit T2D unter Behandlung mit Insulin glargin +/- Metformin (mittlere
Diabetesdauer 13,3 Jahre)
Insulin glargin +/- Metformin
SC Tirzepatid 5, 10, 15 mg einmal wöchentlich
SC Placebo einmal wöchentlich
Primärer Endpunkt: mittlere HbA1c -Veränderung vom Ausgangswert in Woche 40
Wichtige sekundäre Endpunkte: mittlere Änderung des KG gegenüber dem Ausgangswert,
Anteil der Teilnehmenden mit HbA1c -Zielwerten <7,0 % (<53 mmol/mol) und < 5,7 % (<39 mmol/mol), sowie mittlere Veränderung
des NBZ gegenüber dem Ausgangswert in Woche 40
SURPASS-CVOT
(NCT04255433)
Ca. 12500 Erwachsene (≥ 40 Jahre) mit T2D und bestätigter atherosklerotischer kardiovaskulärer
Erkrankung
Standardtherapie (standard of care)
SC Tirzepatid 5, 10, 15 mg einmal wöchentlich
SC Dulaglutid 1,5 mg einmal wöchentlich
Primärer Endpunkt: Zeit bis zum ersten Auftreten eines MACE-3 Ereignisses (kardiovaskulärer
Tod, MI oder Schlaganfall)
Wirkung von Tirzepatid auf die glykämische Kontrolle und das Körpergewicht
Glykämische Kontrolle
In allen SURPASS-1–5-Studien waren die untersuchten Dosierungen von Tirzepatid mit
mittleren HbA1c -Senkungen von 1,87–2,07 % (Monotherapie) bzw. 1,93–2,59 % (in Kombination mit einer
anderen blutzuckersenkenden Behandlung) entweder in Woche 40 oder 52 (je nach Studienendpunkt)
verbunden. Diese waren durchweg signifikant stärker als die Veränderungen in den Vergleichsgruppen
([Abb. 3 ]), und dies unabhängig von der Hintergrundtherapie und dem Vergleichspräparat. So
zeigte Tirzepatid als Monotherapie eine mittlere HbA1c -Senkung von bis zu 2,07 % gegenüber einem Anstieg von 0,04 % unter Placebo (p <0,0001)
[28 ] und eine mittlere Senkung von bis zu 2,59 % gegenüber 0,93 % unter Placebo, wenn
es in Kombination mit Insulin glargin verabreicht wurde (mit oder ohne Metformin)
(p <0,001) [29 ]. Im Vergleich mit dem GLP-1-RA Semaglutid erzielte Tirzepatid eine mittlere HbA1c -Senkung um 2,09–2,46 % gegenüber 1,86 % (p < 0,001), wenn beide Wirkstoffe zusätzlich
zur Hintergrundtherapie mit Metformin verabreicht wurden [30 ]. Als Zusatz zu einer oralen blutzuckersenkenden Hintergrundtherapie war Tirzepatid
auch Insulin degludec und Insulin glargin überlegen und reduzierte den HbA1c -Wert im Mittel um 1,93–2,58 %, während die beiden Insulinpräparate Senkungen um 1,34 %
bzw. 1,44 % erreichten (p<0,001 für alle Vergleiche) [31 ]
[32 ].
Abb. 3 Primärer Endpunkt: mittlere Veränderung (LS-mean) des HbA1c -Wertes vom Ausgangswert zum Endpunkt in SURPASS-1 bis -5 [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. **p<0,001, ***p<0,0001 für Überlegenheit gegenüber dem Vergleichspräparat. +, Zusatz
zu; ±, mit oder ohne; HbA1c , glykiertes Hämoglobin; LS, least squares; MET, Metformin; SGLT-2i, Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor
(sodium-glucose co-transporter-2 inhibitor); SH, Sulfonylharnstoff; TZP, Tirzepatid.
Im Einklang mit den starken mittleren Senkungen des HbA1c unter Tirzepatid erreichten auch proportional mehr Patienten:innen die vorab festgelegten
HbA1c -Zielwerte im Vergleich zu Patienten:innen unter dem jeweiligen Vergleichspräparat.
Über alle SURPASS-1–5-Studien hinweg erzielten 81–97 % der Patienten:innen mit Tirzepatid
5 mg, 10 mg oder 15 mg einen HbA1c <7 %, was einen deutlich höheren Anteil darstellt als unter aktiven Vergleichspräparaten
oder Placebo ([Abb. 4 ]) [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Bemerkenswert war auch der Anteil an Patienten:innen, die einen normoglykämischen
Bereich (HbA1c <5,7 %) unter den verschiedenen Tirzepatid-Dosierungen erreichten. Auch hier waren
die Anteile bei allen Tirzepatid-Dosen im Vergleich zu Placebo oder Insulintherapie
sowie für Tirzepatid 10 mg und 15 mg im Vergleich zu Semaglutid höher ([Abb. 4 ]) [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Das normoglykämische Ziel eines HbA1c <5,7 % wurde in allen Studien von 43–62 % der Patienten:innen mit Tirzepatid 15 mg
erreicht.
Abb. 4 Prozentsatz der Patienten:innen, die zum Studienendpunkt in SURPASS-1 bis -5 HbA1c -Ziele von a <7,0 % und b <5,7 % erreichten [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. *p<0,05, **p<0,001, ***p<0,0001 gegenüber dem Vergleichspräparat. +, Zusatz zu;
±, mit oder ohne; HbA1c , glykiertes Hämoglobin; MET, Metformin; SGLT-2i, Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor
(sodium-glucose co-transporter-2 inhibitor); SH, Sulfonylharnstoff; TZP, Tirzepatid.
Körpergewicht
Auch bezüglich der Wirkung auf die Gewichtsreduktion erwies sich Tirzepatid in den
SURPASS-1–5-Studien gegenüber allen aktiven Vergleichspräparaten sowie Placebo überlegen
([Abb. 5 ]) [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Unter Tirzepatid 5 mg reduzierten die Patienten:innen unabhängig von der Hintergrundtherapie
im Mittel nach 40 oder 52 Wochen ihr Gewicht um 6,2–7,8 kg, während es zu den gleichen
Zeitpunkten unter Tirzepatid 15 mg 9,5–12,9 kg waren, wobei Semaglutid das einzige
Vergleichspräparat war, welches das Körpergewicht ebenfalls deutlich senkte (−6.2 kg)
[28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Dabei ist bemerkenswert, dass selbst die niedrigste Dosis von Tirzepatid allen
Vergleichspräparaten, einschließlich Semaglutid 1 mg, überlegen war. Unter Tirzepatid
15 mg konnte sogar eine mittlere Gewichtsreduktion im zweistelligen Bereich erzielt
werden, was zuvor mit keiner derzeit verfügbaren antidiabetischen Arzneimitteltherapie
bei T2D erreicht werden konnte. Selbst bei der Hintergrundtherapie mit Insulin glargin
war die Behandlung mit Tirzepatid mit mittleren Gewichtsreduktionen von 6,2–10,9 kg
bis Woche 40 verbunden [29 ]. Von den Patienten:innen unter Tirzepatid-Monotherapie oder mit oralen Antidiabetika
als Hintergrundtherapie konnten >60 % ihr Gewicht um ≥5 % verringern, während 13–43 %
sogar eine Gewichtsabnahme von ≥15 % erreichten ([Abb. 5 ]). Ein Gewichtsverlust von ≥10 % wurde darüber hinaus in jeder einzelnen der SURPASS-1–5-Studien
von bis zu 69 % dieser Patienten:innen erzielt [28 ]
[31 ]. Im Vergleich dazu verloren unter Tirzepatid 5–15 mg 54–85 % der Patienten:innen
≥5 % Gewicht, 23–51 % mehr als ≥10 % Gewicht und 7–32 % mehr als ≥15 % Gewicht, wenn
sie begleitend mit Insulin glargin behandelt wurden [29 ].
Abb. 5 Wirkung auf das Körpergewicht zum Studienendpunkt in SURPASS-1 bis -5. a Mittlere Veränderung (LS mean in %) des Körpergewichts vom Ausgangswert; b Anteil der Patienten:innen, die eine Körpergewichtsreduktion von ≥5 % zum Endpunkt
erreichten; und c Anteile der Patienten:innen, die eine Körpergewichtsreduktion von ≥15 % zum Endpunkt
erreichten [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Statistische Daten der Prozentsätze von Patienten:innen mit erreichten Körpergewichts-bezogenen
Zielen für SURPASS-2 nicht berichtet. *p<0,05, **p<0,001, ***p<0,0001 gegenüber Vergleichspräparat.
+, Zusatz zu; ±, mit oder ohne; HbA1c , glykiertes Hämoglobin; KG, Körpergewicht; LS, least squares; MET, Metformin; SGLT-2i,
Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor (sodium-glucose co-transporter-2 inhibitor);
SH, Sulfonylharnstoff; TZP, Tirzepatid.
Zusätzlich zur Gewichtsreduktion wurde gezeigt, dass Tirzepatid 5 mg, 10 mg und 15 mg
im Vergleich zu Insulin degludec den Leberfettgehalt senkt (p < 0,05 für alle), gemessen
mittels Magnetresonanztomographie in Woche 52 in der SURPASS-3-MRT-Substudie [35 ]. Eingeschlossene Patienten:innen der SURPASS-3-MRT-Substudie (Fettleber-Index von
≥60 zu Studienbeginn), die mit Tirzepatid mit Metformin, mit oder ohne Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor
behandelt wurden, wiesen eine Reduktion des Leberfettgehalts von 30 % bis 47 % gegenüber
dem Ausgangswert auf (p<0,0001 für alle Dosierungen), sowie 67 % bis 81 % der Patienten:innen
erreichten eine ≥30 % Abnahme des Leberfettgehalts in Woche 52.
Blutzuckerselbstkontrolle und kontinuierliche Glukosemessung (continuous glucose monitoring,
CGM)
In SURPASS-1 zeigte das 7-Punkte-Profil zur Blutzuckerselbstkontrolle, das zu Studienbeginn
und in Woche 40 erhoben wurde, dass sich der tägliche mittlere Glukosespiegel gegenüber
dem Ausgangswert unter Tirzepatid-Monotherapie mit 5 mg, 10 mg bzw. 15 mg um –55,7 mg/dL,
–54,3 mg/dL bzw. –55,4 mg/dL verändert hatte verglichen mit –7,6 mg/dL für Placebo
(p<0,0001) [28 ]. Die Glukosewerte vor und 2 Stunden nach der Mahlzeit waren in Woche 40 mit allen
Tirzepatid-Dosen im Vergleich zu Placebo ebenfalls signifikant reduziert (p<0,0001
für beide) [28 ] ([Abb. 6 ]a). In SURPASS-3 wurden die 7-Punkte-Profile zu Studienbeginn und in Woche 52 erhoben
[31 ]. In Woche 52 waren alle Tirzepatid-Dosen mit einer signifikant stärkeren Abnahme
des mittleren Tages- sowie des postprandialen 2-Stunden-Glukosespiegels gegenüber
dem Ausgangswert verbunden als unter Insulin degludec, wobei sowohl Tirzepatid als
auch Insulin degludec zusammen mit einer oralen Antidiabetika-Hintergrundtherapie
verabreicht wurden (p<0,01 für alle Vergleiche) ([Abb. 6 ]b) [31 ]. Darüber hinaus zeigten Daten aus der Substudie SURPASS-3-CGM, dass Tirzepatid Insulin
degludec nach 52 Wochen überlegen war und klinisch bedeutsame Verbesserungen bezüglich
der prozentualen Zeit erzielte, innerhalb welcher der enge Zielbereich von 3,9–7,8 mmol/L
(71–140 mg/dL) (73 % mit gepoolten Tirzepatid-Gruppen von 10 mg und 15-mg) bzw. der
Zielbereich 3,9–10 mmol/L (71–180 mg/dL) (91 % mit Tirzepatid 10 mg und 15 mg) eingehalten
wurde [36 ]. Außerdem verbrachten die Patienten:innen weniger Zeit im hypoglykämischen Bereich
und wiesen eine verringerte glykämische Variabilität im Vergleich zu Insulin degludec
nach 52 Wochen auf [36 ]. Gleichermaßen verbesserten in SURPASS-5 alle Dosen von Tirzepatid das 7-Punkte-Profil
in Woche 40 im Vergleich zum Ausgangswert und zu Placebo signifikant, wenn sie mit
Insulin glargin (mit oder ohne Metformin) verabreicht wurden ([Abb. 6 ]c) [29 ]. Alle Tirzepatid-Dosierungen und -Behandlungsschemata führten in diesen Studien
in Woche 40 oder 52 zu mittleren selbstkontrollierten Blutzuckerwerten von weniger
als 140 mg/dL zwei Stunden nach einer Mahlzeit [28 ]
[29 ]
[31 ].
Abb. 6 7-Punkt-Blutzuckertagesprofil (Selbstmessung) bei Patienten:innen unter Tirzepatid
oder a Placebo (als Monotherapie) zu Studienbeginn und in Woche 40 in SURPASS-1 [28 ]; b Insulin degludec (beides mit Metformin +/- SGLT-2-Inhibitor) zu Studienbeginn und
in Woche 52 in SURPASS-3 [31 ]; oder c Placebo (beides mit Insulin glargin +/- Metformin) zu Studienbeginn und in Woche
40 in SURPASS-5 [29 ]. h, Stunden; SGLT-2i, Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor (sodium-glucose
co-transporter-2 inhibitor).
Kombinierte Endpunkte
Die Studien SURPASS-2-, -3- und -5 untersuchten außerdem die Wirkung von Tirzepatid
auf vorab festgelegte kombinierte Endpunkte bezüglich HbA1c , Gewicht und Hypoglykämie ([Abb. 7 ]) [29 ]
[30 ]
[31 ]. So bestand der kombinierte Endpunkt in SURPASS-2 aus einer HbA1c -Zielwerterreichung von ≤6,5 % mit einem Gewichtsverlust von ≥10 % und ohne eine klinisch
bedeutsame (Blutglukose <54 mg/dL) oder schwere Hypoglykämie [30 ]. Dieser kombinierte Endpunkt wurde von mehr Patienten:innen unter Tirzepatid (32–60 %)
als unter Semaglutid (22 %) erreicht [30 ]. In SURPASS-3 setzte sich der kombinierte Endpunkt hingegen aus einer HbA1c -Zielwerterreichung von ≤6,5 % ohne Gewichtszunahme oder eine klinische bedeutsame
(Blutglukose <54 mg/dL) oder schwere Hypoglykämie, was in Woche 52 69–86 % der Patienten:innen
unter Tirzepatid und nur 12 % unter Insulin degludec erreichten [31 ]. Auch in SURPASS-5 bestand der kombinierte Endpunkt aus einer HbA1c -Zielwerterreichung von ≤6,5 % ohne Gewichtszunahme oder klinisch bedeutsame (Blutglukose
<54 mg/dL) oder schwere Hypoglykämie, was in dieser Studie in Woche 40 67–78 % der
mit Tirzepatid und lediglich 8 % der mit Placebo behandelten Patienten:innen erzielten
[29 ].
Abb. 7 Anteil der Patienten:innen mit erreichten kombinierten Endpunkten in SURPASS-2 [30 ], SURPASS-3 [31 ] und SURPASS-5 [29 ]. Modifizierte Intent-to-treat-Population. **p<0,001, ***p<0,0001 gegenüber Vergleichspräparat.
a Kombinierter Endpunkt für SURPASS-2: HbA1c ≤6,5 % mit ≥10 % Gewichtsverlust und ohne klinisch bedeutsame Hypoglykämie (Blutglukose
<54 mg/dL) oder schwere hypoglykämische Ereignisse in Woche 40. Kombinierter Endpunkt
für SURPASS-3: HbA1c ≤6,5 % ohne Gewichtszunahme oder klinisch bedeutsame Hypoglykämie (Blutglukose <54 mg/dL)
oder schwere hypoglykämische Ereignisse in Woche 52. +, Zusatz zu; ±, mit oder ohne;
HbA1c , glykiertes Hämoglobin; KG, Körpergewicht; KI, Konfidenzintervall; MET, Metformin;
OR, Odds Ratio; SGLT-2i, Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor (sodium-glucose
co-transporter-2 inhibitor); TZP, Tirzepatid.
Verträglichkeitsprofil von Tirzepatid
Hypoglykämie
Eine Zusammenfassung dokumentierter klinisch relevanter Hypoglykämien (definiert als
Blutzuckerspiegel <54 mg/dL) ist in
[Tab. 2 ]
dargestellt. In SURPASS-1 wurden keine klinisch relevanten Hypoglykämien bei Patienten:innen
berichtet, die Tirzepatid (5–15 mg) als Monotherapie erhielten [28 ]. In den Studien SURPASS-2 und -3, in denen die Hintergrundtherapie aus Metformin
oder Metformin mit oder ohne Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor (sodium glucose
co-transporter 2 inhibitor, SGLT2i) bestand, traten hingegen bei allen Tirzepatid-Dosierungen
niedrige Hypoglykämieraten (0,2–1,9 %) auf, vergleichbar mit Semaglutid und zahlenmäßig
geringer als unter Insulin degludec [30 ]
[31 ]. In SURPASS-4 erhielten alle Patienten:innen zusätzlich orale Antidiabetika, und
54 % von diesen nahmen Sulfonylharnstoffe ein. Hier wurde eine klinisch bedeutsame
Hypoglykämie in 9 %, 6 % bzw. 8 % der Patienten:innen berichtet, die Tirzepatid-Dosierungen
von 5 mg, 10 mg bzw. 15 mg erhielten, wohingegen dies bei 19 % der Patienten:innen
mit Insulin glargin der Fall war [32 ]. Die meisten dieser hypoglykämischen Ereignisse wurden bei Patienten:innen mit begleitender
Sulfonylharnstoff-Therapie beobachtet (84–95 % der Ereignisse mit Tirzepatid vs. 68 %
mit Insulin glargin) [32 ]. Im Gegensatz dazu erhielten in SURPASS-5 alle Patienten:innen Insulin glargin.
Klinisch relevante Hypoglykämien traten hier bei 15,5 %, 19,3 % bzw. 14,2 % der Patienten:innen
auf, die begleitend Tirzepatid-Dosierungen von 5 mg, 10 mg bzw. 15 mg erhielten, während
es bei Placebo 12,5 % waren [29 ].
Tab. 2 Raten klinisch bedeutsamer Hypoglykämien (Blutglukose <54 mg/dL) in SURPASS-1 bis
-5.
Studie
(Hintergrundtherapie)
Anzahl (%) der Patienten:innen mit Ereignis
a Die Hypoglykämie wurde vom Prüfarzt nicht als schwer klassifiziert, aber als schwerwiegendes
unerwünschtes Ereignis berichtet.
b Die Hypoglykämie trat während der Dosiseskalationsphase unter 2,5 mg Tirzepatid auf
(Tag 28)
BG, Blutglukose; SGLT-2i, Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor (sodium-glucose
co-transporter-2 inhibitor).
SURPASS-1 [28 ]
(Keine Hintergrundtherapie)
Tirzepatid 5 mg (N=121)
Tirzepatid 10 mg (N=121)
Tirzepatid 15 mg (N=121)
Placebo (N=115)
Hypoglykämie (BG <54 mg/dL)
0
0
0
1 (1)
Schwere Hypoglykämie
0
0
0
0
SURPASS-2 [30 ]
(Metformin)
Tirzepatid 5 mg (N=470)
Tirzepatid 10 mg (N=469)
Tirzepatid 15 mg (N=469)
Semaglutid 1 mg (N=469)
Hypoglykämie (BG <54 mg/dL)
3 (0,6)
1 (0,2)
8 (1,7)
2 (0,4)
Schwere Hypoglykämie
1 (0,2)
0
1 (0,3)a
0
SURPASS-3 [31 ]
(Metformin ± SGLT2i)
Tirzepatid 5 mg (N=358)
Tirzepatid 10 mg (N=360)
Tirzepatid 15 mg (N=359)
Insulin degludec (N=360)
Hypoglykämie (BG <54 mg/dL)
5 (1,4)
4 (1,1)
7 (1,9)
26 (7,3)
Schwere Hypoglykämie
0
0
1 (0,3)b
0
SURPASS-4 [32 ]
(Metformin, SGLT2i und/oder Sulfonylharnstoff)
Tirzepatid 5 mg (N=329)
Tirzepatid 10 mg (N=328)
Tirzepatid 15 mg (N=338)
Insulin glargin (N=1000)
Hypoglykämie (BG <54 mg/dL) oder schwer
29 (8,8)
20 (6,1)
27 (8,0)
191 (19,1)
Schwere Hypoglykämie
1 (0,3)
0
3 (0,9)
11 (1,1)
SURPASS-5 [29 ]
(Insulin glargin ± Metformin)
Tirzepatid 5 mg (N=116)
Tirzepatid 10 mg (N=119)
Tirzepatid 15 mg (N=120)
Placebo (N=120)
Hypoglykämie (BG <54 mg/dL)
18 (15,5)
23 (19,3)
17 (14,2)
15 (12,5)
Schwere Hypoglykämie
0
2 (1,6)
1 (0,8)
0
Gastrointestinale Nebenwirkungen
Im Jahr 2020 bewerteten Frias et al. [24 ] verschiedene Tirzepatid-Dosiseskalationsschemata und stellten fest, dass die Inzidenz
gastrointestinaler Nebenwirkungen von Tirzepatid verringert wurde, wenn niedrigere
Anfangsdosen und kleinere Dosissteigerungen verwendet wurden. Deshalb erhielten im
SURPASS-Phase-3-Studienprogramm alle auf Tirzepatid randomisierten Patienten:innen
eine Anfangsdosis von 2,5 mg, die alle 4 Wochen in 2,5 mg-Schritten bis zum Erreichen
der Zieldosis erhöht wurde.
In SURPASS-1 waren die häufigsten unter der Behandlung aufgetretenen unerwünschten
Ereignisse unter Tirzepatid-Monotherapie gastrointestinale Nebenwirkungen, die bei
38–41 % der Patienten:innen in allen Dosierungen berichtet wurden, während 19 % der
Patienten:innen in der Placebogruppe davon betroffen waren [28 ]. Gastrointestinale Ereignisse waren auch in SURPASS-2 bis -5 unabhängig von der
Hintergrundtherapie die am häufigsten berichteten unerwünschten Ereignisse bei mit
Tirzepatid behandelten Patienten:innen [29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ] und traten im Allgemeinen in SURPASS-2 unter Tirzepatid und Semaglutid ähnlich häufig
auf [30 ]. Die gastrointestinalen Ereignisse waren in der Regel leicht bis mittelschwer im
Schweregrad, traten während der Dosissteigerungsphase am häufigsten auf und nahmen
danach mit der Zeit an Häufigkeit ab [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ].
Andere Nebenwirkungen
Nicht-gastrointestinale Ereignisse traten in SURPASS-1 bei einem ähnlichen Anteil
Patienten:innen unter Tirzepatid-Monotherapie wie unter Placebo auf [28 ]. Unerwünschte Ereignisse, die zum Absetzen des Studienmedikaments führten, wurden
für 3–7 % der mit Tirzepatid behandelten und 3 % der mit Placebo behandelten Patienten:innen
berichtet [28 ].
In SURPASS-1, -3 und -5 wurden keine Fälle von Pankreatitis gemeldet, die durch ein
unabhängiges Expertenkomitee beurteilt wurden [28 ]
[29 ]
[31 ]. Allerdings wurden in SURPASS-2 und -4 bei einer kleinen Anzahl von Patienten:innen,
die Tirzepatid erhielten, von Experten bestätigte Fälle von Pankreatitis berichtet
(jeweils zwei Fälle in den 10-mg- und 15-mg-Gruppen in SURPASS-2 sowie ein, zwei bzw.
drei Fälle in den 5-mg-, 10-mg- bzw. 15-mg-Gruppen in SURPASS-4); in diesen Studien
wurde eine bestätigte Pankreatitis bei drei Patienten:innen, die Semaglutid erhielten,
und bei einem Patienten bzw. einer Patientin, der/die Insulin glargin erhielt, berichtet
[30 ]
[32 ].
Reaktionen an der Injektionsstelle und Überempfindlichkeitsreaktionen wurden in SURPASS-1
bis -4 bei 2–4 % bzw. 1–4 % der mit Tirzepatid behandelten Patienten:innen dokumentiert;
in SURPASS-1, -2, -3 und -5 waren keine derartigen Ereignisse schwerwiegend [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ]. Sofern berichtet, waren unter der Behandlung aufgetretene Anti-Drug-Antikörper
nicht mit schweren oder schwerwiegenden Überempfindlichkeitsreaktionen oder Reaktionen
an der Injektionsstelle verbunden, und es gab ebenso wenig Hinweise auf eine veränderte
Pharmakokinetik oder eine verminderte Wirkung von Tirzepatid [28 ]
[31 ]
[32 ].
Außerdem wurden in keiner der Studien Fälle von medullärem Schilddrüsenkrebs berichtet
[28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ].
Dosisanpassungen
Eine pharmakokinetische Analyse in Probanden mit normaler oder unterschiedlich stark
eingeschränkter Nierenfunktion bestätigte die mittlere Eliminationshalbwertszeit einer
subkutanen 5-mg-Tirzepatid-Einzeldosis von etwa 5 Tagen [37 ]. Auch wurden keine klinisch relevanten Auswirkungen einer Nierenfunktionsstörung
auf die Pharmakokinetik von Tirzepatid beobachtet, und zwar unabhängig vom Stadium
der Nierenfunktionsstörung [37 ]. Dementsprechend ist bei Patienten:innen mit eingeschränkter Nierenfunktion jeglichen
Schweregrades, einschließlich terminaler Niereninsuffizienz, keine Dosisanpassung
erforderlich [37 ].
Auswirkungen von Tirzepatid auf das kardiovaskuläre Risiko
SURPASS-4 bewertete die Wirksamkeit und Sicherheit von Tirzepatid im Vergleich zu
Insulin glargin bei Erwachsenen mit T2D und hohem kardiovaskulärem Risiko, die mit
oralen blutzuckersenkenden Medikamenten unzureichend eingestellt waren, und legte
dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die kardiovaskuläre Sicherheit. Auch wenn SURPASS-4
nicht für die prospektive Analyse des kardiovaskulären Risikos als primärem Endpunkt
ausgelegt war, war der Vergleich des kardiovaskulären Risikos zwischen Tirzepatid
und Insulin glargin als sekundäres sicherheitsbezogenes Studienziel präspezifiziert
[32 ]. Ungeachtet dessen war der adjudizierte zusammengesetzte Endpunkt aus vier schwerwiegenden
unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen (4 major adverse cardiovascular events
= MACE-4; kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Hospitalisierung wegen
instabiler Angina pectoris) bei Patienten:innen unter Tirzepatid (5 %; 5-mg-, 10-mg-
und 15-mg-Dosisgruppen kombiniert) und denen unter Insulin glargin (6 %; Hazard Ratio
0,74, 95%-KI 0,51–1,08) vergleichbar. Anzumerken ist jedoch, dass dieser mit Tirzepatid
15 mg im Vergleich zu Insulin glargin reduziert war (Hazard Ratio 0,50, 95%-KI 0,26–0,95).
In Bezug auf andere MACE traten Koronarinterventionen – einschließlich Koronararterien-Bypass-Transplantation
und perkutane Koronarintervention – bei 3 % unter Tirzepatid (alle Dosierungen) und
4 % unter Insulin glargin in SURPASS-4 auf [32 ]. Transitorische ischämische Attacken wurden bei <1 % der Tirzepatid-Patienten:innen
und bei keinem Patienten bzw. keiner Patientin, der/die Insulin glargin erhielt, berichtet
[32 ]. Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz wurden bei <1 % unter Tirzepatid und
<1 % unter Insulin glargin dokumentiert [32 ]. Ebenso trat der kardiovaskuläre Tod bei <1 % der Patienten:innen unter Tirzepatid
und unter Insulin glargin auf [32 ].
Darüber hinaus wurde eine vorab festgelegte Metaanalyse zur kardiovaskulären Sicherheit
im Rahmen des klinischen Studienprogramms von Tirzepatid durchgeführt [38 ]. Die Metaanalyse poolte Daten von 4887 mit Tirzepatid behandelten und 2328 mit Vergleichspräparaten
(Placebo, Dulaglutid, Semaglutid, Insulin degludec und Insulin glargin) behandelten
Patienten:innen aus SURPASS-1–5 [28 ]
[29 ]
[30 ]
[31 ]
[32 ], SURPASS J-mono [33 ] und einer Phase-2-Studie [25 ] und beinhaltete letztlich 142 Patienten:innen mit MACE-4-Ereignissen (kardiovaskulärer
Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris).
Die Analysen ergaben eine Hazard Ratio von 0,80 (95%-KI 0,57–1,11) für Tirzepatid
im Vergleich zu allen Vergleichspräparaten [38 ]. Die meisten in die Metaanalyse eingeschlossenen MACE-4-Ereignisse wurden in SURPASS-4
berichtet.
Diese Daten legen nahe, dass Tirzepatid nicht mit einem erhöhten kardiovaskulären
Risiko verbunden ist. Derzeit läuft eine große kardiovaskuläre Endpunktstudie. SURPASS-CVOT
(NCT04255433) untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit von Tirzepatid im Vergleich
zu Dulaglutid bei Patienten:innen mit T2D und erhöhtem kardiovaskulärem Risiko (bestätigte
atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung, HbA1c ≥7,0 % und ≤10,0 %, Body-Mass-Index ≥25 kg/m2 ). Diese Studie vergleicht Tirzepatid in einer Dosierung von bis zu 15 mg einmal wöchentlich
mit der einmal wöchentlichen Gabe von Dulaglutid 1,5 mg. SURPASS-CVOT ist somit die
erste Studie zu kardiovaskulären Ergebnissen, die ein neueres Antidiabetikum mit einem
aktiven Vergleichspräparat mit nachgewiesenem kardiovaskulärem Nutzen (Dulaglutid
1,5 mg) vergleicht. Primärer Endpunkt ist die Zeit bis zum ersten Auftreten eines
MACE-3-Ereignisses (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall). Zusätzliche
Endpunkte einschließlich aller Einzelkomponenten des MACE-3; Tod jeglicher Ursache;
MACE-3 plus koronare Revaskularisation oder Krankenhausaufenthalt wegen instabiler
Angina pectoris; Gewichtsänderung; Veränderungen der Lipidspiegel; und Nephropathie
werden berücksichtigt.